JULI 1995: Am 4.7. gibt die deutsche Regierung die Entsendung von Bundeswehrsoldaten zur Errichtung eines Feldlazeretts bei Split für die Schnelle Eingreiftruppe bekannt. Am 11.7. nehmen die serbischen Einheiten unter Ratko Mladic mit 1.500 Mann die seit 6.7. angegriffene „UN-Schutzzone" Srebrenica ein, deren 400 niederländische Soldaten (Dutchbat) keinen Widerstand leisten. Fehlkoordinierte Nato-Lufteinsätze halten die Angreifer nicht auf, 42.000 muslimischen Einwohner und eine unbekannte Zahl von Flüchtlingen aus anderen Orten Ostbosniens werden vertrieben. Die Männer werden von den Serben gefangen genommen, 7.079 sind vermisst. Am 12.7. ernennt Boutros-Ghali Thorvald Stoltenberg zu seinem Sonderbeauftragten für Bosnien. Am 14.7. greifen die
Serben mit Zepa eine weitere UN-Schutzzone an, in der sich 16.000 Muslime aufhalten. Am 19.7. zieht die UNO
die Blauhelme aus Zepa ab, tags darauf wird die Stadt endgültig eingenommen, verwüstet und ihre muslimischen Einwohner vertrieben. Am 21.7. beginnt in London eine Bosnien-Konferenz mit 16 Teilnehmerländern. Gegen Einwände Russlands wird beschlossen, die „Schnelle Eingreiftruppe" solle Gorazde notfalls mit Luftangriffen auf die Serben verteidigen. Eine islamische Konferenz von fünfzig Staaten verurteilt in Genf das UN-Waffenembargo, Malaysia erklärt am 23.7., Bosnien-Herzegowina mit Waffen beliefern zu wollen. Am 22.7. wird die von der UNO geschützte Bihac-Enklave von kroatischen und bosnischen Serben zusammen mit Abdics Einheiten angegriffen, worauf sich Kroatien und Bosnien-Herzegowina über eine militärische Zusammenarbeit einigen. Am 24.7. bezieht die Schnelle Eingreiftruppe mit schweren Waffen auf dem Igman-Gebirge Position. Gegen Karadzic, Mladic, „Krajina"-Serbenführer Martic und 21 weitere Serben wird vom Kriegsverbrechertribunal in Den Haag Anklage erhoben. Der Nato-Rat verabschiedet Pläne über Luftangriffe zur Verteidigung von Gorazde. Die Entscheidung über ihre Anforderung liegt nun allein bei UN-Oberbefehlshaber Bernard Janvier. Am 26,7. stimmt der US-Senat mit Dreiviertelmehrheit für die Aufhebung des Waffenembargos gegen Bosnien-Herzegowina. Am 27.7. tritt der
UN-Menschenrechtsbeauftragte Mazowiecki aus Protest gegen die Aufgabe von Srebrenica und Zepa durch die UNO zurück. Am 28.7. schließen in Westbosnien kroatische Truppen eine Mitte des Monats begonnene Offensive mit der Einnahme von Bosansko Grahovo und Glamoc ab und schaffen damit Voraussetzungen für die spätere Offensive gegen Knin. 20.000 Serben fliehen. Das am 19.7. begonnene Vorrücken serbischer Truppen bei Bihac hält an.
AUGUST 1995: Die Nato beschließt am 1.8. die Ausdehnung des für Gorazde angekündigten Schutzes durch Luftstreitkräfte auch auf die übrigen Schutzzonen. Am 4.8. rücken kroatische Truppen in die serbisch kontrollierte „Krajina" ein und bombardieren Knin, das von der Unterstützung durch bosnisch-serbische Truppen abgeschnitten ist. Bosnische Regierungstruppen stoßen Tags darauf im Nordwesten Bosniens vor. Kroatische Truppen aus Istrien sorgen für den Entsatz von Bihac. In der der Operation „Oluja" (Sturm) erobert Kroatien bis zum 6.8. die von Serben kontrollierte Gebiete in Banija, Kordun und Lika im Westen. Unter serbischer Kontrolle bleiben im Osten des Landes Baranja, Ostslawonien und Westsyrmien. 180.000 Serben (nach UNHCR-Angaben) fliehen, zunächst auf serbisch beherrschte Teile Bosnien-Herzegowinas, dann nach Serbien. Am 10.8. legen die USA einen Friedensplan ähnlich dem der Kontaktgruppe von 1994 vor. Neuer US-Vermittler ist der Vizeaußenminister Richard Holbrooke. Luftaufnahmen lassen den Schluss zu, dass bei Srebrenica Massengräber angelegt wurden. Zugleich werden Berichte bekannt über kroatische Übergriffe während des Vorrückens in die „Krajina", auch an nicht geflohenen Serben. Die UN beginnt Mitte des Monats den Abzug ihrer Truppen aus Kroatien. Am 18.8. fordert der kosovo-albanische Ministerpräsident im Exil Bujar Bukoshi die UNO auf, im Kosovo eine Schutzzone zu errichten. Am 23.8. fordert Karadzic, der in einen Machtkampf mit General Mladic verwickelt ist, für die Serben 64 % des bosnischen Territoriums. Am 28.8. werden 38 Menschen bei einem Granateinschlag auf einem Marktplatz in Sarajevo getötet, Tags darauf stellt die UNO fest, dass der Beschuss von einer serbischen Stellung ausging. Ab 30.8. bombardiert die Nato in etwa 500 Einsätzen serbische Stellungen bei Gorazde, Tuzla, Sarajevo, Pale und Mostar. In Belgrad vereinbart Milosevic mit Karadzic und Mladic die gemeinsame Teilnahme an Friedensverhandlungen, wobei Milosevic die oberste Entscheidungsbefugnis zufallt. Am 31.8. verurteilt Russland die Nato-Angriffe. Aus Banja Luka werden weitere Kroaten vertrieben.
SEPTEMBER 1995: Bei den Nato-Luftangriffen beteiligen sich nun auch deutsche Tornado-Flugzeuge mit ECR-Einsätzen (Elektronische Störmanöver). Die Nato stellt den Serben das Ultimatum, bis 4,9. die schweren Waffen von Sarajevo abzuziehen. Nach ergebnislosem Ablauf werden die Angriffe aufgenommen und bis 14.9. fortgesetzt, wobei auch Marschflugkörper zum Einsatz kommen. Am 8.9. treffen in Genf die Außenminister Bosnien-Herzegowinas, Kroatiens und Jugoslawiens mit Holbrooke zusammen und billigen die Teilung von Bosnien-Herzegowina auf der Basis von 49 % an die Serben und 51 % an die bosniakisch-kroatische Föderation. Nachdem die USA auf Griechenland Druck ausgeübt haben, wird dessen Blockade gegen Makedonien abgebrochen, am 13.9. erkennt Griechenland Makedonien offiziell an. Die bosniakisch-kroatische Offensive führt Mitte des Monats zu serbischen Flüchtlingsströmen Richtung Banja Luka. Nach der Einnahme von Bosanska Knipa und Sanski Most fordert die UNO das Einstellen der Offensive. Am 21.9. wird von der UNO festgestellt, dass die Serben ihre am 15.9. gegebene Zusage eines Abzuges der schweren Waffen hinter eine Line von 20 km um Sarajevo einhalten. Am 25.9. einigen sich in Washington die Gegner über die zentralen Verfassungsorgane und die Zuständigkeiten der beiden Einheiten Bosnien-Herzegowinas. Am 29.9. wird die Zufahrt nach Sarajevo freigegeben.