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Verschwörungstheorien: Was ist eine legitime wissenschaftliche Position und was ist Nonsens?
2. April 2020 von Bernd Harder | 8 Kommentare
Ein Gutes mag die „Infodemie“ in Zeiten der Coronakrise haben: Verschwörungstheorien sind praktisch in allen Medien präsent – und vielleicht hört auch der eine oder andere mal hin, den das Thema bislang wenig interessiert hat.
Viele Kolleginnen und Kollegen scheinen sich an unserem „FAQ für Journalisten, Aufklärer und Interessierte“ zu orientieren, zum Beispiel die Mittelländische Zeitung:
Das freut uns.
Was gibt’s Neues? Zunächst möchten wir auf den Artikel
Denn natürlich ist es keine Verschwörungstheorie, dass Staaten auf verschiedene Weise versuchen, während der Coronakrise autoritäre Strukturen aufzubauen und Demokratie zu schwächen – nicht nur Viktor Orban in Ungarn.
Wer sich speziell für diesen Punkt interessiert, kann zum Beispiel den „COVID-19 DemocracyWatch“-Newsletter von openDemocracy abonnieren.
Der Unterschied zwischen seriöser Kritik an den aktuellen Maßnahmen (zum Beispiel gestern bei Spiegel-Online und Zeit-Online) besteht unter anderem darin, dass der Verschwörungsgläubige davon ausgeht, hinter der Corona-Krise stecke ein kohärenter Plan, mit dem sinistre Ziele und Absichten („Bargeldabschaffung“, „Totalüberwachung“ etc.) durchgesetzt werden sollen.
Darauf weist Prof. Michael Butter in diesem Gespräch für den Youtube-Kanal „Politikstunde“ der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) hin:
In einem Interview mit Zeit-Online führt Butter weiter aus:
Ja, meint Butter:
Und nicht zuletzt die Phrase „Cui bono“, mit der Verschwörungsgläubige ganz selbstverständlich vom Profiteur eines Ereignisses auf den Verursacher schließen. Würde das stimmen, müsste wohl Lieferando hinter der Coronakrise stecken.
Die gute Nachricht: Butter ist davon überzeugt, dass Aufklärung wirkt. Deshalb hier noch ein paar weitere Hinweise:
Belltower News gibt Tipps, wie man im persönlichen Nahfeld mit Fake News und Verschwörungstheorien umgeht, „ohne die Menschen vor den Kopf zu stoßen“.
profil hat einen Podcast mit dem Wiener Skeptics in the Pub-Referenten Claus Oberhauser eingespielt (zirka zwölf Minuten).
Allerdings ist die Tonqualität miserabel und der Inhalt auch nicht so wirklich erhellend. Warum zum Beispiel ein Youtube-Video per se unglaubwürdig sein soll (was ist etwa mit der bpb-Politikstunde?) oder warum auch Mediziner derzeit Fake News und Verschwörungstheorien verbreiten, bleibt unklar.
Neben der Videoreihe „Politikstunde“ hat die bpb ebenfalls zwei Podcasts produziert:
Das berichten in der Tat auch Aussteiger aus dieser Szene.
Zum Weiterlesen:
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Verschwörungstheorien: Was ist eine legitime wissenschaftliche Position und was ist Nonsens?
2. April 2020 von Bernd Harder | 8 Kommentare
Ein Gutes mag die „Infodemie“ in Zeiten der Coronakrise haben: Verschwörungstheorien sind praktisch in allen Medien präsent – und vielleicht hört auch der eine oder andere mal hin, den das Thema bislang wenig interessiert hat.
Viele Kolleginnen und Kollegen scheinen sich an unserem „FAQ für Journalisten, Aufklärer und Interessierte“ zu orientieren, zum Beispiel die Mittelländische Zeitung:
Das freut uns.
Was gibt’s Neues? Zunächst möchten wir auf den Artikel
beim Whistleblower-Netzwerk aufmerksam machen.COVID-19: Eine günstige Gelegenheit für autoritäre Staaten
Denn natürlich ist es keine Verschwörungstheorie, dass Staaten auf verschiedene Weise versuchen, während der Coronakrise autoritäre Strukturen aufzubauen und Demokratie zu schwächen – nicht nur Viktor Orban in Ungarn.
Wer sich speziell für diesen Punkt interessiert, kann zum Beispiel den „COVID-19 DemocracyWatch“-Newsletter von openDemocracy abonnieren.
Der Unterschied zwischen seriöser Kritik an den aktuellen Maßnahmen (zum Beispiel gestern bei Spiegel-Online und Zeit-Online) besteht unter anderem darin, dass der Verschwörungsgläubige davon ausgeht, hinter der Corona-Krise stecke ein kohärenter Plan, mit dem sinistre Ziele und Absichten („Bargeldabschaffung“, „Totalüberwachung“ etc.) durchgesetzt werden sollen.
Darauf weist Prof. Michael Butter in diesem Gespräch für den Youtube-Kanal „Politikstunde“ der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) hin:
Es ist völlig legitim zu sagen, wir müssen jetzt aufpassen, dass diese Einschränkung der Grundrechte, die wir gerade erfahren, irgendwann zurückgefahren wird, dass das kein Einfallstor wird für irgendwelche Kräfte in der Wirtschaft, aber auch in der Politik und im Polizei- und Sicherheitsapparat. Das ist wichtig, das zu kritisieren und eine Stimme dagegen zu sein.
Nur man darf diese Kritik nicht delegitimieren dadurch, dass man sie in eine Verschwörungstheorie einpackt, zum Beispiel „Die haben diese Coronakrise nur verursacht, um das alles durchzukriegen.“
In dem Moment, wo man der Überzeugung ist, das ist alles geplant worden, es gibt diese eine Gruppe, die das in Gang gesetzt hat, um dieses und jenes Ziel zu erreichen, dann hat man die Grenze zur Verschwörungstheorie überschritten.
In einem Interview mit Zeit-Online führt Butter weiter aus:
Der Tübinger Kulturwissenschaftler äußert sich auch zu der durchaus schwierigen Frage, ob einschlägige „Alternativmedien“ pauschal als Quelle abzulehnen sind, selbst wenn sie hier und da auch mal mit glaubwürdigen Gästen und Informationen aufwarten?Etwa in dem Fall von Wodarg, dass die wissenschaftlichen Fakten gezielt verdreht werden, um ein größeres Ziel zu erreichen. Fast jeder zweite Artikel auf den einschlägigen Seiten kommt am Ende immer zu der entscheidenden Frage: Wer steckt dahinter? Wem nützt die Corona-Krise? Es geht immer darum, die eigentlichen Drahtzieher zu identifizieren.
Ja, meint Butter:
Als weitere Kennzeichen einer Verschwörungstheorie nennt Butter (in dem Video) eine selektive Pseudoskepsis, die zum Beispiel „die Mainstream-Medien“ unter Generalverdacht stellt, aber jedes Facebook-Gerücht begeistert weiterstreut.Problematisch wird es, wenn diese Positionen von Plattformen wie Rubikon, KenFM oder auch von dem aus Russland gesteuerten Sender Russia Today aufgegriffen und ins eigene Narrativ eingebaut werden […]
Zum Beispiel die Virologin Karin Mölling, eine emeritierte Professorin am angesehenen Max-Planck-Institut für molekulare Genetik in Berlin. Sie hält die strikten Maßnahmen wie das weitreichende Kontaktverbot für übertrieben. Das ist eine legitime wissenschaftliche Position.
Aber Frau Mölling hat dazu KenFM ein Interview gegeben. Auf dieser Internetseite wurde schon behauptet, die Massenmedien seien von Zionisten unterwandert oder die Flüchtlingskrise sei bewusst gesteuert und diene der „Desorganisation“ Deutschlands. Auch zu Corona werden dort seit Wochen Verschwörungstheorien verbreitet.
In so einem Kontext werden Frau Möllings Äußerungen offensichtlich Teil dieser Verschwörungstheorien. Das hätte ihr klar sein müssen.
Und nicht zuletzt die Phrase „Cui bono“, mit der Verschwörungsgläubige ganz selbstverständlich vom Profiteur eines Ereignisses auf den Verursacher schließen. Würde das stimmen, müsste wohl Lieferando hinter der Coronakrise stecken.
Die gute Nachricht: Butter ist davon überzeugt, dass Aufklärung wirkt. Deshalb hier noch ein paar weitere Hinweise:
Belltower News gibt Tipps, wie man im persönlichen Nahfeld mit Fake News und Verschwörungstheorien umgeht, „ohne die Menschen vor den Kopf zu stoßen“.
profil hat einen Podcast mit dem Wiener Skeptics in the Pub-Referenten Claus Oberhauser eingespielt (zirka zwölf Minuten).
Allerdings ist die Tonqualität miserabel und der Inhalt auch nicht so wirklich erhellend. Warum zum Beispiel ein Youtube-Video per se unglaubwürdig sein soll (was ist etwa mit der bpb-Politikstunde?) oder warum auch Mediziner derzeit Fake News und Verschwörungstheorien verbreiten, bleibt unklar.
Neben der Videoreihe „Politikstunde“ hat die bpb ebenfalls zwei Podcasts produziert:
- „Ein Virus, viele Theorien“ mit Karolin Schwarz von Hoaxmap und Jan Rathje von der Amadeu Antonio Stiftung (zirka 30 Minuten).
… in einer antiimperalistischen Deutung zum Beispiel antiamerikanisch argumentieren, indem sie behaupten, dass das Coronavirus eine Waffe „der Imperialisten“ sei, um die ganze Welt weiter zu verknechten.
- „Der Mensch und das Netz“ mit Pia Lamberty und der Netzaktivistin Katharina Nocun (zirka 35 Minuten).
Das berichten in der Tat auch Aussteiger aus dieser Szene.
Zum Weiterlesen:
- Pandemie-Management: Meinungen am Rande des Mainstreams, pharmazeutische zeitung am 30. März 2020
- Wie Corona-Fake-News in Nigeria Leben gefährden, Zeit-Online am 1. April 2020
- Neonazis und Corona: Zwischen Verschwörungstheorien und Nachbarschaftshilfe, Störungsmelder-Blog am 1. April 2020
- Faktencheck & Kommentar zu diesem Corona-Verschwörungsmythos, volksverpetzer am 1. April 2020
- Abrechnung: Xavier Naidoo ist endgültig in der rechten Verschwörungsszene angekommen, volksverpetzer am 1. April 2020
- Desinformation und Corona-Fake-News: Behörden haben RT Deutsch im Visier, Belltower News am 26. März 2020
- Das musst du wissen, um Fake News zu verstehen, perspective daily am 16. März 2017
- GWUP: Corona-Mythen A-Z