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Österreich-Bibliothek feierlich in Banja Luka eröffnet.

Zurich

Der Lustmolch
Österreich – Bosnien: Erst kamen Soldaten, dann Bücher

Von Michael Schmölzer




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Österreich-Bibliothek feierlich in Banja Luka eröffnet.

Banja Luka. Gesammelte Werke von Wolfgang Bauer, Erich Fried und Paul Celan im Nacken, umringt von Wälzern zur Österreichischen Geschichte und Politik, kauern zwei Studenten auf dem Boden und zupfen an ihren Gitarren. Der große Auftritt naht. An der Eingangstür ist ein imposantes Buffet aufgebaut, zur vormittäglichen Stärkung gibt es Brötchen und flaschenweise Slibowitz, Wein und Whisky. Wasser wird nur mit dem Ausdruck von Missbilligung ausgeschenkt. Professoren, Studenten, Interessenten drängeln sich zwischen den Bücherregalen.

An der Universität im serbisch-bosnischen Banja Luka erwartet man hohen Besuch aus Wien, denn die Eröffnung der Österreich-Bibliothek steht an. Flankiert von Magnifizenzen – auch ein bosnischer Minister ist gekommen – hat Emil Brix, Sektionschef im Außenamt, die Ehre, eine Rede zu halten: "Wir brauchen keine Isolation von Teilen Europas", ruft er und verweist auf die schmerzhaften Erfahrungen, die Österreich dereinst als Randstaat am Eisernen Vorhang machen musste. Vor allem im Bereich der Reisefreiheit sei es an der Zeit, dass es gegenüber Bosnien zur Liberalisierung komme, auf Drängen Österreichs seien erste Schritte schon unternommen worden.
Doch bis es soweit ist und Bosnier unbürokratisch ins Ausland können – noch ist für EU-Länder ein Visum erforderlich und das wird nur in Ausnahmefällen erteilt – müssen die jungen Menschen mit imaginären Ortsveränderungen vorlieb nehmen. Botschafter Brix lädt deshalb ein, "Reisen mit Büchern" zu unternehmen und außerdem Orte zu schaffen, "wo wir uns austauschen können".



"Stunde der Einheit"

Dann ist ein weiterer Österreicher, Jörg Hofreiter, seines Zeichens Honorarkonsul Bosnien-Herzegowinas in Graz, am Wort: "Vor 130 Jahren hat Österreich Soldaten geschickt, jetzt schicken wir Bücher", umreißt er die erfreuliche Entwicklung.

Die eben erst eröffnete Bibliothek ist noch im Aufbau begriffen, doch wächst der verfügbare Lesestoff permanent. Nicht zuletzt durch die Bemühungen der Österreich-Kooperation (siehe Artikel rechts), die Werke auch aus Privatbeständen nach Banja Luka schaffen lässt. In den Bücherregalen findet man aber nicht nur Austriaca. So sticht etwa eine Ausgabe der "Berliner Illustrierten" mit dem Titel "Deutschland – Die Stunde der Einheit" ins Auge, auch Fantasy-Romane gibt es einige.

Die bosnischen Germanistik-Studenten, die zur Bibliothekseröffnung gekommen sind, wissen durchaus zwischen österreichisch und deutsch zu differenzieren. "Die Deutschen verhalten sich von oben herab", meint eine junge Frau, schränkt aber sogleich ein: "Die Wiener auch." Die Gefahr, dass eine Germanistik- und eine separate Österreichbibliothek unter den Lesern Verwirrung stiften könnte und eine Zentralstelle für deutschsprachige Bücher praktischer wäre, sehen die Studenten nicht: "Man kann ohnehin im Computer nachsehen, wo was zu finden ist."



Wissen: Österreich-Kooperation

Die Österreich-Kooperation, die vom Wissenschafts-, Unterrichts- und Außenministerium gefördert wird, will die Zusammenarbeit Österreichs mit Ländern aus Mittel-, Ost- und Südosteuropa vorantreiben. Ursprüngliche Hauptaufgabe des Vereins war die Vermittlung von Lektoratenan Universitäten im Ausland. Mittlerweile kümmert sich die Österreich-Kooperation um den Austausch von Fremdsprachenassistenten, die Betreuung der Österreich-Bibliotheken und die Übersetzung und Herausgabe österreichischer Publikationen. 2006 wurde eine Außenstelle in Sarajewo gegründet.

Printausgabe vom Donnerstag, 13. November 2008
 
Es freut mich zu sehen, dass sich Österreich Schritt für Schritt ihre einstigen Ländereien zurückerobert. :)
 
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