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Östliche Föderation - Venizelos & Atatürk

Afroasiatis

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Das Konzept einer türkisch-griechischen (Kon-)föderation war natürlich nicht neu, es gab das schon unter verschiedenen Formen in den letzten Periode des Osmanischen Reiches.

Ende der 1920er ist aber anscheinend zum ersten Mal diese Idee als eine Vereinigung von zwei unabhängigen Nationalstaaten aufgetaucht.

Dass es ab 1928 und der Wiederwahl von Venizelos in GR eine Annäherung zur Türkei gab (bis zum Punkt dass GR die Türkei als den verlässlichsten Partner in der Region betrachtet hat) ist schon allgemein bekannt. Interessant ist aber hier die These, dass diese Annäherung über einen einfachen Aufbau von freundlichen Beziehung hinausging, und die Vereinigung der zwei Staaten in einer konföderativen Form als Endziel hatte.

Dimitris Kitsikis vertritt in seinem Buch "Geschichte des Hellenotürkischen Raums (1928-1973)" genau diese These. Ich weiß nicht, wie viel Recht er hat. Er hat einen sehr starken ideologischen Hintergrund: er glaubt sehr fest an der Vereinigung der zwei Völker und nennt sich selbst als Anhänger des Hellenotürkismus. In seinem Buch bringt er auf jeden Fall Zitate von Venizelos, die auf dieses Ziel hindeuten, so z.B.:

"ihr werdet sehen, innerhalb von 20 Jahren werden wir mit der Türkei den Punkt erreichen, eine Östliche Föderation zu machen" (1933).

Er erwähnt auch die Berichte eines griechischen Abgeordeten (Leon Makkas) nach einer Reise in der Türkei 1931, in dem er über den Glauben von Mustafa Kemal an der gemeinsamne Abstammung der Griechen und der Türken und an der Gründung eines großen griechisch-türkischen Reiches erzählt.

Er schreibt auch über die Perspektive einer balkanischen Föderation, für die eine griechisch-türkische Vereinigung der erste Schritt sein sollte (laut Kitsikis hat besonders Alexandros Papanastasiou daran geglaubt).

Ich habe ansonsten nichts darüber gehört. Weiß vielleicht jemand hier mehr, in wie weit das stimmt?
 
Von allen Nachbarn, misstraue ich die Türken am meisten. Und mit dieser Einsicht stehe ich nicht alleine da. Dementsprechend halte ich gar nichts von einer Föderation. Wieso nicht gleich das Osmanische Reich wieder ausrufen??Unsere Vorfahren haben ihr Leben gelassen, damit Griechenland von den Türken wegkommt und einige Volldeppen fordern förmlich das man wieder den Türken über sein Haupt hat. Ne ne lass mal.

Wenn die Türkei endlich mal von ihrem Größenwahn runterkommt und sich nicht als Herrscher des Balkans und des nahen Ostens aufspielt, ist eine vertiefte Beziehung in Form von Wirtschaft Kultur etc zusammen mit dem Balkan sehr erwünscht. Wäre echt toll, wenn die Türkei und Griechenland ihre Konflikte beiseite legen könnten wie Deutschland und Frankreich es getan haben und die gesamte Region im Südosten vorran bringen würden, ohne vom Westen ausgebeutet zu werden. Ist aber alles wie gesagt unrealistisch, solange kein Umdenken stattfindet und das vorallem in der türkischen Politik
 
Die Idee stammt aus den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Man muss sich in diese Zeit und das damalige Umfeld versetzen. Damals war gerade der erste Weltkrieg zu Ende. Davon dass ein Zweiter folgen würde, hatte man keine Ahnung. Die im Nachhinein als Zwischenkriegszeit genannte Ära, war geprägt von Hunger und Weltwirtschaftskrisen in bis dahin ungeahntem Ausmaß. Das zwischenstaatliche Verhältnis waren vielerorts anders als heute.

In der heutigen Stimmung würde wohl niemand auf die Idee kommen, so etwas vor zu schlagen. Leider.
 
Die Türkei braucht eine starke Armee,was nur bedingt mit Griechenland zu tun hat,ich denke das weißt auch Du.
Die Bosporus Meerenge,geographische Lage,Süßwasservorräte,Armenien,die nicht gelöste Kurden Frage usw.....
Ob sich Frankreich und Deutschland gut verstehen,würde ich nur politisch bejahen,da ist es in der Bevölkerung auch nicht anders als bei Türken und Griechen.
Du solltest auch bedenken wie massiv die Türkei seit seiner Gründung unter diesen negativen Einflüssen unter Druck steht,was sich natürlich auf die Politik wiederspiegelt!
Das was hier vorgeschlagen wurde ist nichts weiter als eine Illusion,jedem das seine!
Ich gebe Dir recht,wir müssen auf jeden Fall mehr miteinander.
Die ersten Schritte sind auch getan,Schüleraustausch usw.kann ich aus meiner Sicht nur begrüssen.
 
Mit der heutigen Situation ist eine solche Föderation sowieso eine sehr problematische Idee. Außer der griechisch-türkischen Streitfragen, gibt es große praktische Probleme. Die Verhältnisse zwischen den beiden Ländern haben sich im Vergleich zu den 20ern dramatisch verändert: wenn damals die Bevölkerung in einem Verhältnis von etwa 1: 2,5 stand, heute ist das 1:7, und könnte noch 1: 10 erreichen bis sie sich stabilisiert. Der Vorsprung, den Griechenland in Bereichen wie Wirtschaft und Bildung hat, wird (naturgemäß) immer kleiner. Die Türkei ist schon heute allein eine kleine Regionalmacht, während GR und Zypern an sich allein kaum Potenzialen haben, eine wichtige Rolle zu spielen. In einer Föderation zwischen den beiden wäre die Türkei der starke Partner und wurde schnell dominieren.

Deswegen würde ich für heute sinnvoller finden, erstmal eine Balkan-Föderation zu gründen, die sich erst danach mit der Türkei vereinigt, so gäbe es ein relatives Gleichgewicht. (Prinzipiell, meine ich. Ob das realisierbar ist, ist eine andere Frage).

Den Thread habe ich aber für die Geschichte dieser Idee geöffnet. Es wäre interessant, wenn das bestätigt wird. Dass gleich nach einem katastrophalen Krieg und der Etablierung der zwei ethnisch sauberen Nationalstaaten nebeneinander, die Eliten der beiden Länder schon Gedanken an einer Vereinigung gemacht haben. Ist vielleicht ein Zeichen dafür, dass die Unteilbarkeit der Region ihnen bewusst war? Dass eine Vereinigung der zwei Seiten des Ägäis früher oder später und in irgendwelcher Form unvermeidbar wäre?

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Die Idee stammt aus den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts.

Die Anfänge dieser Idee in verschiedenen Formen waren eigentlich schon früher, schon in der zweiten Hälfte des 19. Jh., so weit ich weiß. Damals war das aber zu erwarten, weil es noch das Osmanische Reich mit einer großen Zahl an ethnischen Griechen als Staatsangehörigen gab. In den 20ern gab es aber diese Verbindung nicht mehr, deswegen finde ich es als so bemerkenswert, wenn diese Ideen noch lebendig waren.
 
Vielleicht ging es um die vielen Schicksalsschläge die mit dem Bevölkerungsaustausch zusammenhingen,was aus meiner Sicht unmenschlich aber leider zu seiner Zeit notwendig war.
 
Vielleicht ging es um die vielen Schicksalsschläge die mit dem Bevölkerungsaustausch zusammenhingen,was aus meiner Sicht unmenschlich aber leider zu seiner Zeit notwendig war.

Habe ich schon den Gedanken gemacht, ob vielleicht Venizelos mit dieser Annäherung eine Hoffnung auf Entschädigungen für die Flüchtlinge im Kopf hatte. Schließlich waren die kleinasiatischen Flüchtlinge seine Wählerschaft, die waren damals noch massiv für Venizelos. Er scheint aber an dieser Idee weiter zu glauben, auch nachdem es klar wurde, dass es zu solchen Entschädigungen nicht kommt.
 
An und für sich finde ich das eine absolut romantische Idee. :77:

Von allen Nachbarn aber haben wir mit Griechenland die größten Probleme. Selbst mit Syrien ist das so eine Sache. Zwar unterstützt die Türkei dort die Opposition, aber das ist eine fast schon 'tagesaktuelle' politische Geschichte. Mit Griechenland verbindet uns ein jahrzehntelanges Verhältnis, das von Misstrauen geprägt ist.

Die Unterschiede sind heute gewaltig. Der Namenskonflikt mit Makedonien, die indirekte Unterstützung Serbiens im Kosovo-Konflikt, hier spielt auch das Verhältnis von Serben und Bosniaken rein, die angespannten Beziehungen zu Albanien usw. - und das ist nur der Ausschnitt "Balkan" in der Rubrik Außenpolitik. Fast immer standen wir uns gegenüber.

Bei den direkten nachbarschaftlichen Beziehungen muss man differenzieren.

Der Zypernkonflikt - auch wenn viele jetzt mit der Stirn runzeln werden - wird erst dann gelöst, wenn Griechenland und die Türkei ihre bilateralen Probleme aus der Welt geschafft haben. Das meine ich ernst. Die Menschen auf der Insel können sich noch so sehr anstrengen, ohne Ankara und Athen wird sich nichts bewegen.

Im Ägäiskonflikt geht es nicht um ein paar Inselchen, auch wenn viele das glauben. Energiereserven, die unterm Meer liegen, Schiffsverkehr und Überflugrechte sind die drei Hauptbereiche in diesem Interessenkonflikt.

Nach diesen großen zwei Problemfeldern kommt in der Liste erst einmal: nichts.

Die meisten der gegenwärtigen Konflikte - z.B. illegale Grenzübertritte - könnten sofort verändert oder abgestellt werden.

Das Komische an dieser Situation: theoretisch könnten fast alle Konflikte durch ein Zusammenschluss beseitigt werden. Zypernkonflikt? Würde es nicht mehr geben; die Insel als Ganze würde sich der Türkei und Griechenland in einer Konföderation anschließen. Anders ausgedrückt: die größten Gewinner wären die Zyprioten.

Grenzstreitigkeiten? Überflugrechte? Schiffsverkehr? Alles passé. Ist ja dann schließlich "ein Land". Gegenseitige Wettaufrüstung? Fehlanzeige. Es gäbe nur ein Militär, selbst wenn nicht, beide Seiten bekämen vollen Einblick in die Geschäfte, Pläne und Absichten des anderen. Riesige Gelder könnten gespart werden und die Entwicklung von z.B. Waffensystem durch eine Zusammenarbeit billige und effizienter werden.

Auf der anderen Seite gibt es sehr viele Faktoren, die eine solche Idee niemals Wirklichkeit werden lassen wird.

1. Die EU (aber auch die USA) haben kein Interesse an einem solchen Projekt. Ihre Interessen wären sogar gefährdet.
2. Die gr. Innenpolitik: mit aktuell fast 15% Stimmen bei den Faschos ist das alles unmöglich. Die gr. Kirche ist relativ nationalistisch. Sie würde eine massive Gegenpropaganda starten, meiner Meinung nah.
3. Die tr. Innenpolitik: was wird aus den Kurden? Die überwiegende Mehrheit von ihnen ist pro-türkisch. Sie wählen Erdogan mehrheitlich. Müssten sie sich vorher von der Türkei lossagen? Sogar gegen ihren Willen? Die territoriale Integrität der Türkei kann aber nicht Gegenstand der Verhandlung sein, denn dann brauchen wir keine einzelne Zeile mehr zu schreiben. Das Projekt wäre beendet.

Wirtschaftlich würden beide aber gigantisch profitieren.
 
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