E
Emir
Guest
An Appellen vor allem aus dem Ausland fehlt es nicht. Die Bürger sollten neue Politiker wählen, die den alten Streit begraben und zusammenarbeiten, um so die jahrelange Selbstblockade Bosnien-Herzegowinas zu beenden, heißt es in allen Botschaften. Doch die Umfragen sagen für die Wahl der vielen Parlamente und der Staatsspitze am 3. Oktober voraus, dass alles beim Alten bleiben wird.
Der seit dem Bürgerkrieg (1992-1995) geltende Staatsaufbau ist so kompliziert, dass das Land weitgehend unregierbar ist. Gewählt werden die Parlamente in beiden Landeshälften, die von Serben einerseits und Muslimen gemeinsam mit Kroaten andererseits kontrolliert werden. Gewählt werden auch der Präsident des serbischen Landesteils sowie das kollektive bosnische Staatspräsidium, in dem ein Muslim, ein Serbe und ein Kroate sitzen.
Sind diese beiden strikt gegeneinander arbeitenden Landeshälften schon fast unbegrenzt selbständig, so gilt das auch für die zehn Kantone, deren Parlamente ebenfalls zur Wiederwahl stehen. Dann ist da noch die Stadt Brcko an der Schnittstelle zwischen den beiden Landesteilen, die von allen gemeinsam verwaltet wird (Kondominium). Und über dieser komplizierten Konstruktion thront der internationale Beauftragte, der mit seinen fast unbegrenzten Vollmachten Gesetze aufheben und nationalistische Politiker entlassen kann.
Doch es könnte noch schlimmer kommen. Der starke Mann im serbischen Landesteil, der heutige Regierungschef und zukünftige Präsident Milorad Dodik, spielt offen mit Abspaltung. "Bosnien ist ein unmöglicher Staat, der nur in der Vorstellung einiger Ausländer existiert", sagte er in der letzten Woche. Schon in der Vergangenheit hatte er mit einem Referendum unter seinen Landsleuten für die Trennung der Serben von Bosnien und ihrem Anschluss an das benachbarte "Mutterland" Serbien gedroht.
Die Muslime, die knapp die Mehrheit der 3,8 Millionen Einwohner bilden, blieben nichts schuldig. Ihr Führer Haris Silajdzic hat gerade erst in der UN-Vollversammlung schwerste Vorwürfe gegen die Serben im Land erhoben. Er tritt offen für die Abschaffung der sogenannten Republika Srpska und stattdessen für einen zentralisierten Einheitsstaat ein. Die Kroaten (15 Prozent der Bevölkerung) zielen in eine ganz andere Richtung. Sie wollen die muslimisch-kroatische Landeshälfte aufteilen, damit sie allein Territorium im Süden des Landes bekommen.
Die Lage scheint fast ausweglos. Milliarden Finanzhilfen und ein Heer ausländischer Experten und Helfer haben es in eineinhalb Jahrzehnten nicht geschafft, das kleine Balkanland funktionsfähig zu machen. Die Wirtschaft liegt am Boden, doch alles Geld wird vom schwerfälligen und unproduktiven Staatsapparat verbraucht. Ein Standardwitz illustriert das: Wenn man in Sarajevo auf der Straße "Hallo, Herr Minister" ruft, drehen sich alle Passanten um. (dpa)
Volksstimme.de
Der seit dem Bürgerkrieg (1992-1995) geltende Staatsaufbau ist so kompliziert, dass das Land weitgehend unregierbar ist. Gewählt werden die Parlamente in beiden Landeshälften, die von Serben einerseits und Muslimen gemeinsam mit Kroaten andererseits kontrolliert werden. Gewählt werden auch der Präsident des serbischen Landesteils sowie das kollektive bosnische Staatspräsidium, in dem ein Muslim, ein Serbe und ein Kroate sitzen.
Sind diese beiden strikt gegeneinander arbeitenden Landeshälften schon fast unbegrenzt selbständig, so gilt das auch für die zehn Kantone, deren Parlamente ebenfalls zur Wiederwahl stehen. Dann ist da noch die Stadt Brcko an der Schnittstelle zwischen den beiden Landesteilen, die von allen gemeinsam verwaltet wird (Kondominium). Und über dieser komplizierten Konstruktion thront der internationale Beauftragte, der mit seinen fast unbegrenzten Vollmachten Gesetze aufheben und nationalistische Politiker entlassen kann.
Doch es könnte noch schlimmer kommen. Der starke Mann im serbischen Landesteil, der heutige Regierungschef und zukünftige Präsident Milorad Dodik, spielt offen mit Abspaltung. "Bosnien ist ein unmöglicher Staat, der nur in der Vorstellung einiger Ausländer existiert", sagte er in der letzten Woche. Schon in der Vergangenheit hatte er mit einem Referendum unter seinen Landsleuten für die Trennung der Serben von Bosnien und ihrem Anschluss an das benachbarte "Mutterland" Serbien gedroht.
Die Muslime, die knapp die Mehrheit der 3,8 Millionen Einwohner bilden, blieben nichts schuldig. Ihr Führer Haris Silajdzic hat gerade erst in der UN-Vollversammlung schwerste Vorwürfe gegen die Serben im Land erhoben. Er tritt offen für die Abschaffung der sogenannten Republika Srpska und stattdessen für einen zentralisierten Einheitsstaat ein. Die Kroaten (15 Prozent der Bevölkerung) zielen in eine ganz andere Richtung. Sie wollen die muslimisch-kroatische Landeshälfte aufteilen, damit sie allein Territorium im Süden des Landes bekommen.
Die Lage scheint fast ausweglos. Milliarden Finanzhilfen und ein Heer ausländischer Experten und Helfer haben es in eineinhalb Jahrzehnten nicht geschafft, das kleine Balkanland funktionsfähig zu machen. Die Wirtschaft liegt am Boden, doch alles Geld wird vom schwerfälligen und unproduktiven Staatsapparat verbraucht. Ein Standardwitz illustriert das: Wenn man in Sarajevo auf der Straße "Hallo, Herr Minister" ruft, drehen sich alle Passanten um. (dpa)
Volksstimme.de