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Von Johannes Scharnbeck
So den 06.05.2007 03:35
Aus 1 mach 6
Im aktuellen 11FREUNDE-Heft berichten wir vom ersten Länderspiel Montenegros, der letzten ex-jugoslawischen Teilrepublik, die Unabhängigkeit erlangt hat. Doch wie ist es den anderen in den zurückliegenden 15 Jahren ergangen?
Sie waren eine Prophezeiung für den europäischen Fußball – Dejan Savicevic, Robert Prosinecki, Sinisa Mihajlovic, Pedrag Mijatovic, Dragan Stojkovic, Zvonimir Boban, Robert Jarni, Srecko Katanec, Davor Suker, Vladimir Jugovic und Darko Pancev. Der Großteil dieser Elf gehörte zu der legendären Mannschaft von Roter Stern Belgrad, die 1991 den letzten Europapokal der Landesmeister gewann. Sie alle spielten in den Neunzigern erfolgreich bei großen europäischen Klubs und wurden als „Balkan-Brasilianer“ bejubelt – doch der Ritterschlag im jugoslawischen Nationalteam blieb ihnen verwehrt. Der 1991 einsetzende Bürgerkrieg auf dem Balkan zerstörte eine verheißungsvolle Mannschaft und brachte einige der besten Spieler dieses Kontinents um drei große Turniere (EM 1992, WM 1994, EM 1996).
Noch heute behaupten viele, eine gemeinsame jugoslawische Auswahl würde zu den Besten in der Welt gehören. Doch die sechs Teilrepubliken des ehemaligen Jugoslawien sind mittlerweile unabhängige Staaten mit eigenen Nationalteams. Wie haben sich die einzelnen Verbände in den vergangenen 15 Jahren nach dem Ausschluss der jugoslawischen Auswahl von der EM in Schweden geschlagen?
Serbien
Zwischen 1994 und 2003 absolvierten die serbischen und montenegrinischen Nationalspieler ihre Auswahlpartien für die Bundesrepublik Jugoslawien, bis der Staatenbund dann in Serbien und Montenegro umbenannt wurde. Obwohl die Landesauswahl bis 1996 von großen Turnieren ausgeschlossen war, trat das neu gegründete Team am 23. Dezember 1994 zu seinem ersten Länderspiel gegen Brasilien in Porto Alegre an und verlor 2:0.
Die Weltmeisterschaft 1998 in Frankreich, das erste große Turnier für die neue Mannschaft, wurde allerdings zu einem Altherren-Ball. Verdiente Spieler wie Stojkovic und Savicevic sahen die WM als letzte Chance, auf der Bühne des Weltfußballs aufzutrumpfen. Doch das Team konnte die großen Erwartungen nicht erfüllen, bot nur eine gute Partie (in der Vorrunde beim 2:2 gegen Deutschland) und scheiterte im Achtelfinale an den Niederlanden.
Bei der Europameisterschaft 2000 deutete die im Vergleich zur WM nur leicht veränderte Mannschaft an, dass sie wirklich eine verlorene Generation war. Einem packenden 3:3 gegen den ehemaligen Bündnispartner Slowenien (nach 3:0-Rückstand und Platzverweis für Mihajlovic) folgte ein mitreißendes Spiel gegen Spanien, das Jugoslawien nach dreimaliger Führung in der fünften Minute der Nachspielzeit mit 3:4 verlor. Im Viertelfinale deklassierten die Niederlande das Team jedoch mit 1:6.
Der Generationswechsel wurde erst nach der verpassten Teilnahme an der WM 2002 (2001 verlor die Mannschaft unter Nationaltrainer Savicevic sogar gegen Aserbaidschan mit 2:1) und der EM 2004 eingeleitet. Nach einer imposanten Qualifikation für die WM 2006, in der die Abwehr nur ein Gegentor zuließ, startete die Auswahl Serbien und Montenegros als ein Geheimfavorit ins Turnier. Der hoch gelobte Defensivverbund um die „Famous Four“ Krstajic (Schalke), Dragutinovic (FC Sevilla), Vidic (Manchester United) und Gavrancic (Dynamo Kiew) und die starke Offensive um Stankovic (Inter) und Kezman (Fenerbahce) enttäuschte jedoch vollends, und die Mannschaft verlor alle drei Spiele ihrer Gruppe.
So bleibt das Nationalteam weiterhin eine vage Verheißung. Nachdem sich Montenegro im Juni 2006 abspaltete und die Auswahl Serbiens nun in neuen Farben (rote Trikots statt blauen) um die Qualifikation für die EM 2008 spielt, wechseln sich hoffnungsvolle Auftritte – wie das 1:1 gegen Portugal im März – und katastrophale Leistungen – wie die 2:1-Niederlage in Kasachstan – ab. Mittlerweile zeichnen sich die besten Spieler nicht mehr durch ihre Genialität, sondern durch ihre taktische Stärke und Disziplin aus. Auch der neue Nationaltrainer Javier Clemente steht für den Kurs, eher mit kompromissloser Arbeit als mit Zauberfußball in Europa erfolgreich zu sein.
Kroatien
Kroatiens Fußball zehrte am meisten von der Stärke der goldenen Generation um Zvonimir Boban, Robert Prosinecki, Davor Suker, Zvonimir Soldo, Robert Jarni und Allen Boksic. Die Nationalmannschaft durfte nach der Wiederaufnahme durch die FIFA 1992 schon an der Qualifikation für die EM 1996 teilnehmen und erreichte das Turnier in England als Gruppenerster, nachdem sie sogar in Italien gewonnen hatte. Bei der EM ließen die Kockasti (Karierten) vor allem durch einen 3:0-Sieg gegen Europameister Dänemark aufhorchen, verloren dann aber im Viertelfinale nach einem an Härte kaum zu überbietenden Spiel gegen Deutschland.
Den größten Erfolg feierte die Nationalmannschaft bei der WM 1998 in Frankreich. Vor allem Dank eines Davor Suker in Topform, der zudem Torschützenkönig des Turniers wurde, zogen die Kroaten ins Halbfinale ein. In der Runde der letzten Acht hatten sie Deutschland noch mit perfektem Konterfußball 3:0 besiegt, scheiterten dann an Frankreich und gewannen das Spiel um Platz Drei gegen die starken Niederländer. Sechs Monate später belegte Kroatien sogar den dritten Rang in der FIFA-Weltrangliste.
Wie in Serbien und Montenegro verpasste es die sportliche Führung Kroatiens danach, einen Generationswechsel einzuleiten. So scheiterten die Kockasti in der Qualifikation für die EM 2000. Besonders brisant: Kroatien musste in der Gruppe gegen den ehemaligen Kriegsgegner Jugoslawien sowie gegen Mazedonien antreten. Die Spiele gingen jedoch äußerst fair über die Bühne.
Zum letzten Mal machten die kroatischen Oldies dann bei der WM 2002 gegen Italien auf sich aufmerksam, allerdings eher als Anpeitscher. Suker und Prosinecki feuerten ihre Mannschaftskollegen beim 2:1-Sieg gegen die Squadra Azzura von der Ersatzbank an. Nach Niederlagen gegen Mexiko und Ekuador schied Kroatien trotzdem in der Vorrunde aus. Auch bei den folgenden großen Turnieren waren die Kockasti jedes Mal dabei, scheiterten jedoch immer in der Gruppenphase. Die aktuelle Mannschaft und die derzeitige Tabellenführung in der EM-Qualifikation lassen aber auf ein neues starkes kroatisches Nationalteam hoffen. Vor allem die jungen Offensivspieler Kranjcar (Portsmouth), Modric (Dinamo Zagreb), Petric (Basel) und der eingebürgerte Brasilianer Eduardo (Dinamo Zagreb) spielen ansehnlichen Kombinationsfußball. Mit den erfahrenen Kovac-Brüdern und Josip Simunic in der Abwehr zeigt die Mannschaft momentan konstant gute Leistungen und besiegte in der EM-Quali im vergangenen Jahr selbst England mit 2:0.
Slowenien
Slowenien erlangte 1991 die Unabhängigkeit von Jugoslawien, der Fußball in dem kleinen Bergland blühte in den drei Jahren zwischen 1999 und 2002 auf. Der Aufschwung war eng verknüpft mit zwei Namen: Srecko Katanec und Zlatko Zahovic. Katanec, der bekannteste slowenische Fußballer in der Nationalmannschaft Jugoslawiens, formte eine Mannschaft, die genau so spielte wie er als Libero: Taktisch absolut diszipliniert. Aus all den Systemfußballern ragte jedoch Spielmacher Zlatko Zahovic heraus. Während seine Mannschaftskollegen rackerten, setzte er die Glanzlichter und schoss Slowenien zur EM 2000 und zur WM 2002. Nur zwei weitere Spieler erlangten im Schatten von Zahovic einen gewissen Status: Verteidiger Alexander Knavs (früher Kaiserslautern und Bochum, jetzt RB Salzburg) und Milenko Acimovic (früher Tottenham Hotspurs, OSC Lille, jetzt Austria Wien). Bei der EM 2000 setzten die Slowenen, die bis dahin nur als große Wintersportnation wahrgenommen wurden, gegen ihre ehemalige Zentralmacht Jugoslawien ein Ausrufezeichen. Sie entzauberten den Gegner und führten bis zur 66. Minute mit 3:0. Das Spiel endete 3:3, doch die Slowenen feierten das Unentschieden vor allem als einen moralischen Erfolg. Trotz zweier weiterer starker Vorstellungen, einer knappen Niederlage gegen Spanien und einem Remis gegen Norwegen, schied die Mannschaft von Trainer Katanec aus.
Bei der WM 2002 sorgte das Nationalteam nur abseits des Spielfelds für Schlagzeilen. Die beiden wichtigsten Köpfe im slowenischen Fußball waren aneinander geraten: Superstar Zahovic hatte Trainer Katanec übel beschimpft und wurde daraufhin nach Hause geschickt. Nach drei Niederlagen gegen Spanien, Südafrika und Paraguay trat dann auch Katanec zurück – mittlerweile arbeitet er als Nationaltrainer Mazedoniens. Fortan fiel die Nationalmannschaft wieder in den Dornröschenschlaf. Weitere große Turniere wurden verpasst, auch in der aktuellen Qualifikation für die EM 2008 ist Slowenien abgeschlagen und hat sogar gegen Weißrussland verloren. Daran konnte auch Starspieler Klemen Lavric (MSV Duisburg) nichts ändern.
Bosnien-Herzegowina
Erst am 2. April 1997 konnte die bosnisch-herzegowinische Nationalmannschaft ihr Heimdebüt in einem offiziellen Länderspiel geben. Nachdem das Team in der Qualifikation zur WM 1998 schon eine „Heimpartie“ aus Sicherheitsgründen in Bologna austragen musste, wurde die 0:1-Niederlage gegen Griechenland im zerstörten Sarajevo zum ersten Spiel auf bosnischem Boden. Echte Chancen auf eine Teilnahme an einem großen Turnier boten sich trotz der mit vielen guten Bundesligaspielern gespickten Mannschaft lange nicht. Die Auswahl um Sergej Barbarez, Hasan Salihamidzic, Tomislav Piplica und Elvir Baljic (früher Real Madrid, jetzt Galatasaray) erreichte zwar Achtungserfolge wie einen 3:0-Sieg gegen Dänemark (1997), leistete sich dann aber peinliche Pleiten wie eine 4:2-Niederlage gegen Litauen (1998) und ein 2:2-Unentschieden gegen die Färöer-Inseln (1999).
Erst bei der Qualifikation für die EM 2004 spielte die Nationalmannschaft lange erfolgreich und scheiterte erst am letzten Spieltag. Auch bei Qualifikation für die WM 2006 konnten sich die Bosniaken lange berechtigte Hoffnungen auf die erste Teilnahme an einem großen Turnier machen, doch eine Niederlage, erneut am letzten Spieltag gegen Serbien, zerstörte die WM-Träume.
Schon während der letzten Qualifikationsrunde herrschte große Unruhe in der Nationalmannschaft. Viele Spieler (unter ihnen Barbarez und Salihamidzic) kritisierten, bei der Nominierung würde mehr Wert auf die Nationalität als auf die Leistungsstärke gelegt. Da die bosnischen Akteure oftmals doppelte Staatsbürgerschaften besitzen, wurden öfter Spieler ausgewählt, die allein bosnische Staatsangehörige sind. Barbarez und Salihamidzic erklärten daraufhin ihren Rücktritt, und die Krise verschärfte sich, als Anfang dieses Jahres 13 Nationalkicker die Landesauswahl boykottierten und einen Rücktritt der Verbandsführung forderten. Kurz vor den EM-Qualifikationsspielen im März konnten allerdings fünf Spieler überredet werden, wieder aufzulaufen. Die Leistungsträger der aktuellen Nationalmannschaft sind hauptsächlich in Deutschland aktiv: Zvezdan Misimovic (Bochum), Zlatan Bajramovic (Schalke), Ivica Grlic (Duisburg) und Sejad Salihovic (Hoffenheim). Auf dem Weg zur EM 2008 setzt die Nationalelf das alte Auf und Ab fort und belegt in ihrer Qualifikationsgruppe mit deutlichem Abstand Rang Drei hinter der Türkei und Griechenland.
Mazedonien
Irgendwie passt es zu der Geschichte des mazedonischen Fußballs, dass die Nationalmannschaft während ihrer ersten Teilnahme an der Qualifikation zur EM 1996 nur einen Sieg (3:0 gegen Zypern) feiern konnte. Der überragende Stürmer Darko Pancev, der in den Neunzigern auch beim VfB Leipzig und Fortuna Düsseldorf aktiv war, spielte einfach mit nicht einmal annährend so guten Mannschaftskollegen zusammen. Die Leistungen des Nationalteams schwankten daher extrem. Starken Auftritten wie beim 2:2-Unentschieden gegen England in Southampton 2002 folgten blamable Leistungen,wie eine 1:0-Niederlage gegen Andorra im Oktober 2004. Die Mazedonier waren bisher nicht einmal nah dran, sich für ein großes Turnier zu qualifizieren. Seit je her sind Bundesliga-Profis die Aushängeschilder des Nationalteams: Sasa Ciric (früher Nürnberg), Toni Micevski (früher Rostock und Cottbus). Auch im aktuellen Team bilden die in Deutschland aktiven Verteidiger Aleksandar Mitreski (Cottbus), Aleksandar Vasoski (Frankfurt) und Nikolce Noveski (Mainz) den besten Mannschaftsteil. Absoluter Superstar ist jedoch der junge Stürmer Goran Pandev. Dem 23-jährigen Stammspieler von Lazio Rom wird am ehesten zugetraut, in die großen Fußstapfen von Pancev zu treten. Doch auch nach der Verpflichtung des erfolgreichen slowenischen Trainers Katanec steht Mazedoniens Landesauswahl in der Qualifikation zur EM 2008 abgeschlagen auf dem drittletzten Gruppenplatz.
Montenegro
Bei der Weltmeisterschaft 2006 spielte mit Serbien und Montenegro ein Land, das es offiziell gar nicht mehr gab. Denn Montenegro hatte schon im Juni 2006 seine Unabhängigkeit erklärt. Im WM-Kader stand mit Torhüter Jevric auch nur ein Montegriner. Der kleinen Teilrepublik war im Fußball Jugoslawiens jeher nur eine Nebenrolle vergönnt. Auch die größten Spieler des Landes, Dejan Savicevic, Predrag Mijatovic und Anto Drobnjak (früher RC Lens und Bastia), zeigten ihr Können nur in der jugoslawischen Nationalmannschaft. Der Star der neuen Auswahl heißt Mirko Vucinic, ist Ersatzstürmer beim AS Rom und fiel kürzlich nur durch sein Siegtor zum 2:1 im Hinspiel des Viertelfinals der Champions League gegen Manchester United auf. Bei der 1:7-Niederlage im Rückspiel stand er allerdings auch auf dem Platz.
Da Montenegro offizielle Länderspiele erst in der Qualifikation zur WM 2010 bestreiten darf, absolviert der jüngste Staat Europas bis dahin nur Freundschaftsspiele. Die erste Partie am 24. März gewann die Nationalelf mit 2:1 gegen Ungarn. Vlado Jeknic von Wacker Burghausen stand als einziger Profi, der in Deutschland aktiv ist, auf dem Platz in Montenegros Hauptstadt Podgorica. Dabei spielen noch weitere Montenegriner in der 1. und 2. Bundesliga: Milorad Pekovic (Mainz), Dragan Bogavac (Burghausen), Sanibal Orahovac (Karlsruhe) und Djordje Cetkovic (Rostock – übrigens der Neffe von Predrag Mijatovic). Sie alle wurden bisher jedoch nicht nominiert.
Von Johannes Scharnbeck
So den 06.05.2007 03:35
Aus 1 mach 6
Im aktuellen 11FREUNDE-Heft berichten wir vom ersten Länderspiel Montenegros, der letzten ex-jugoslawischen Teilrepublik, die Unabhängigkeit erlangt hat. Doch wie ist es den anderen in den zurückliegenden 15 Jahren ergangen?
Sie waren eine Prophezeiung für den europäischen Fußball – Dejan Savicevic, Robert Prosinecki, Sinisa Mihajlovic, Pedrag Mijatovic, Dragan Stojkovic, Zvonimir Boban, Robert Jarni, Srecko Katanec, Davor Suker, Vladimir Jugovic und Darko Pancev. Der Großteil dieser Elf gehörte zu der legendären Mannschaft von Roter Stern Belgrad, die 1991 den letzten Europapokal der Landesmeister gewann. Sie alle spielten in den Neunzigern erfolgreich bei großen europäischen Klubs und wurden als „Balkan-Brasilianer“ bejubelt – doch der Ritterschlag im jugoslawischen Nationalteam blieb ihnen verwehrt. Der 1991 einsetzende Bürgerkrieg auf dem Balkan zerstörte eine verheißungsvolle Mannschaft und brachte einige der besten Spieler dieses Kontinents um drei große Turniere (EM 1992, WM 1994, EM 1996).
Noch heute behaupten viele, eine gemeinsame jugoslawische Auswahl würde zu den Besten in der Welt gehören. Doch die sechs Teilrepubliken des ehemaligen Jugoslawien sind mittlerweile unabhängige Staaten mit eigenen Nationalteams. Wie haben sich die einzelnen Verbände in den vergangenen 15 Jahren nach dem Ausschluss der jugoslawischen Auswahl von der EM in Schweden geschlagen?
Serbien
Zwischen 1994 und 2003 absolvierten die serbischen und montenegrinischen Nationalspieler ihre Auswahlpartien für die Bundesrepublik Jugoslawien, bis der Staatenbund dann in Serbien und Montenegro umbenannt wurde. Obwohl die Landesauswahl bis 1996 von großen Turnieren ausgeschlossen war, trat das neu gegründete Team am 23. Dezember 1994 zu seinem ersten Länderspiel gegen Brasilien in Porto Alegre an und verlor 2:0.
Die Weltmeisterschaft 1998 in Frankreich, das erste große Turnier für die neue Mannschaft, wurde allerdings zu einem Altherren-Ball. Verdiente Spieler wie Stojkovic und Savicevic sahen die WM als letzte Chance, auf der Bühne des Weltfußballs aufzutrumpfen. Doch das Team konnte die großen Erwartungen nicht erfüllen, bot nur eine gute Partie (in der Vorrunde beim 2:2 gegen Deutschland) und scheiterte im Achtelfinale an den Niederlanden.
Bei der Europameisterschaft 2000 deutete die im Vergleich zur WM nur leicht veränderte Mannschaft an, dass sie wirklich eine verlorene Generation war. Einem packenden 3:3 gegen den ehemaligen Bündnispartner Slowenien (nach 3:0-Rückstand und Platzverweis für Mihajlovic) folgte ein mitreißendes Spiel gegen Spanien, das Jugoslawien nach dreimaliger Führung in der fünften Minute der Nachspielzeit mit 3:4 verlor. Im Viertelfinale deklassierten die Niederlande das Team jedoch mit 1:6.
Der Generationswechsel wurde erst nach der verpassten Teilnahme an der WM 2002 (2001 verlor die Mannschaft unter Nationaltrainer Savicevic sogar gegen Aserbaidschan mit 2:1) und der EM 2004 eingeleitet. Nach einer imposanten Qualifikation für die WM 2006, in der die Abwehr nur ein Gegentor zuließ, startete die Auswahl Serbien und Montenegros als ein Geheimfavorit ins Turnier. Der hoch gelobte Defensivverbund um die „Famous Four“ Krstajic (Schalke), Dragutinovic (FC Sevilla), Vidic (Manchester United) und Gavrancic (Dynamo Kiew) und die starke Offensive um Stankovic (Inter) und Kezman (Fenerbahce) enttäuschte jedoch vollends, und die Mannschaft verlor alle drei Spiele ihrer Gruppe.
So bleibt das Nationalteam weiterhin eine vage Verheißung. Nachdem sich Montenegro im Juni 2006 abspaltete und die Auswahl Serbiens nun in neuen Farben (rote Trikots statt blauen) um die Qualifikation für die EM 2008 spielt, wechseln sich hoffnungsvolle Auftritte – wie das 1:1 gegen Portugal im März – und katastrophale Leistungen – wie die 2:1-Niederlage in Kasachstan – ab. Mittlerweile zeichnen sich die besten Spieler nicht mehr durch ihre Genialität, sondern durch ihre taktische Stärke und Disziplin aus. Auch der neue Nationaltrainer Javier Clemente steht für den Kurs, eher mit kompromissloser Arbeit als mit Zauberfußball in Europa erfolgreich zu sein.
Kroatien
Kroatiens Fußball zehrte am meisten von der Stärke der goldenen Generation um Zvonimir Boban, Robert Prosinecki, Davor Suker, Zvonimir Soldo, Robert Jarni und Allen Boksic. Die Nationalmannschaft durfte nach der Wiederaufnahme durch die FIFA 1992 schon an der Qualifikation für die EM 1996 teilnehmen und erreichte das Turnier in England als Gruppenerster, nachdem sie sogar in Italien gewonnen hatte. Bei der EM ließen die Kockasti (Karierten) vor allem durch einen 3:0-Sieg gegen Europameister Dänemark aufhorchen, verloren dann aber im Viertelfinale nach einem an Härte kaum zu überbietenden Spiel gegen Deutschland.
Den größten Erfolg feierte die Nationalmannschaft bei der WM 1998 in Frankreich. Vor allem Dank eines Davor Suker in Topform, der zudem Torschützenkönig des Turniers wurde, zogen die Kroaten ins Halbfinale ein. In der Runde der letzten Acht hatten sie Deutschland noch mit perfektem Konterfußball 3:0 besiegt, scheiterten dann an Frankreich und gewannen das Spiel um Platz Drei gegen die starken Niederländer. Sechs Monate später belegte Kroatien sogar den dritten Rang in der FIFA-Weltrangliste.
Wie in Serbien und Montenegro verpasste es die sportliche Führung Kroatiens danach, einen Generationswechsel einzuleiten. So scheiterten die Kockasti in der Qualifikation für die EM 2000. Besonders brisant: Kroatien musste in der Gruppe gegen den ehemaligen Kriegsgegner Jugoslawien sowie gegen Mazedonien antreten. Die Spiele gingen jedoch äußerst fair über die Bühne.
Zum letzten Mal machten die kroatischen Oldies dann bei der WM 2002 gegen Italien auf sich aufmerksam, allerdings eher als Anpeitscher. Suker und Prosinecki feuerten ihre Mannschaftskollegen beim 2:1-Sieg gegen die Squadra Azzura von der Ersatzbank an. Nach Niederlagen gegen Mexiko und Ekuador schied Kroatien trotzdem in der Vorrunde aus. Auch bei den folgenden großen Turnieren waren die Kockasti jedes Mal dabei, scheiterten jedoch immer in der Gruppenphase. Die aktuelle Mannschaft und die derzeitige Tabellenführung in der EM-Qualifikation lassen aber auf ein neues starkes kroatisches Nationalteam hoffen. Vor allem die jungen Offensivspieler Kranjcar (Portsmouth), Modric (Dinamo Zagreb), Petric (Basel) und der eingebürgerte Brasilianer Eduardo (Dinamo Zagreb) spielen ansehnlichen Kombinationsfußball. Mit den erfahrenen Kovac-Brüdern und Josip Simunic in der Abwehr zeigt die Mannschaft momentan konstant gute Leistungen und besiegte in der EM-Quali im vergangenen Jahr selbst England mit 2:0.
Slowenien
Slowenien erlangte 1991 die Unabhängigkeit von Jugoslawien, der Fußball in dem kleinen Bergland blühte in den drei Jahren zwischen 1999 und 2002 auf. Der Aufschwung war eng verknüpft mit zwei Namen: Srecko Katanec und Zlatko Zahovic. Katanec, der bekannteste slowenische Fußballer in der Nationalmannschaft Jugoslawiens, formte eine Mannschaft, die genau so spielte wie er als Libero: Taktisch absolut diszipliniert. Aus all den Systemfußballern ragte jedoch Spielmacher Zlatko Zahovic heraus. Während seine Mannschaftskollegen rackerten, setzte er die Glanzlichter und schoss Slowenien zur EM 2000 und zur WM 2002. Nur zwei weitere Spieler erlangten im Schatten von Zahovic einen gewissen Status: Verteidiger Alexander Knavs (früher Kaiserslautern und Bochum, jetzt RB Salzburg) und Milenko Acimovic (früher Tottenham Hotspurs, OSC Lille, jetzt Austria Wien). Bei der EM 2000 setzten die Slowenen, die bis dahin nur als große Wintersportnation wahrgenommen wurden, gegen ihre ehemalige Zentralmacht Jugoslawien ein Ausrufezeichen. Sie entzauberten den Gegner und führten bis zur 66. Minute mit 3:0. Das Spiel endete 3:3, doch die Slowenen feierten das Unentschieden vor allem als einen moralischen Erfolg. Trotz zweier weiterer starker Vorstellungen, einer knappen Niederlage gegen Spanien und einem Remis gegen Norwegen, schied die Mannschaft von Trainer Katanec aus.
Bei der WM 2002 sorgte das Nationalteam nur abseits des Spielfelds für Schlagzeilen. Die beiden wichtigsten Köpfe im slowenischen Fußball waren aneinander geraten: Superstar Zahovic hatte Trainer Katanec übel beschimpft und wurde daraufhin nach Hause geschickt. Nach drei Niederlagen gegen Spanien, Südafrika und Paraguay trat dann auch Katanec zurück – mittlerweile arbeitet er als Nationaltrainer Mazedoniens. Fortan fiel die Nationalmannschaft wieder in den Dornröschenschlaf. Weitere große Turniere wurden verpasst, auch in der aktuellen Qualifikation für die EM 2008 ist Slowenien abgeschlagen und hat sogar gegen Weißrussland verloren. Daran konnte auch Starspieler Klemen Lavric (MSV Duisburg) nichts ändern.
Bosnien-Herzegowina
Erst am 2. April 1997 konnte die bosnisch-herzegowinische Nationalmannschaft ihr Heimdebüt in einem offiziellen Länderspiel geben. Nachdem das Team in der Qualifikation zur WM 1998 schon eine „Heimpartie“ aus Sicherheitsgründen in Bologna austragen musste, wurde die 0:1-Niederlage gegen Griechenland im zerstörten Sarajevo zum ersten Spiel auf bosnischem Boden. Echte Chancen auf eine Teilnahme an einem großen Turnier boten sich trotz der mit vielen guten Bundesligaspielern gespickten Mannschaft lange nicht. Die Auswahl um Sergej Barbarez, Hasan Salihamidzic, Tomislav Piplica und Elvir Baljic (früher Real Madrid, jetzt Galatasaray) erreichte zwar Achtungserfolge wie einen 3:0-Sieg gegen Dänemark (1997), leistete sich dann aber peinliche Pleiten wie eine 4:2-Niederlage gegen Litauen (1998) und ein 2:2-Unentschieden gegen die Färöer-Inseln (1999).
Erst bei der Qualifikation für die EM 2004 spielte die Nationalmannschaft lange erfolgreich und scheiterte erst am letzten Spieltag. Auch bei Qualifikation für die WM 2006 konnten sich die Bosniaken lange berechtigte Hoffnungen auf die erste Teilnahme an einem großen Turnier machen, doch eine Niederlage, erneut am letzten Spieltag gegen Serbien, zerstörte die WM-Träume.
Schon während der letzten Qualifikationsrunde herrschte große Unruhe in der Nationalmannschaft. Viele Spieler (unter ihnen Barbarez und Salihamidzic) kritisierten, bei der Nominierung würde mehr Wert auf die Nationalität als auf die Leistungsstärke gelegt. Da die bosnischen Akteure oftmals doppelte Staatsbürgerschaften besitzen, wurden öfter Spieler ausgewählt, die allein bosnische Staatsangehörige sind. Barbarez und Salihamidzic erklärten daraufhin ihren Rücktritt, und die Krise verschärfte sich, als Anfang dieses Jahres 13 Nationalkicker die Landesauswahl boykottierten und einen Rücktritt der Verbandsführung forderten. Kurz vor den EM-Qualifikationsspielen im März konnten allerdings fünf Spieler überredet werden, wieder aufzulaufen. Die Leistungsträger der aktuellen Nationalmannschaft sind hauptsächlich in Deutschland aktiv: Zvezdan Misimovic (Bochum), Zlatan Bajramovic (Schalke), Ivica Grlic (Duisburg) und Sejad Salihovic (Hoffenheim). Auf dem Weg zur EM 2008 setzt die Nationalelf das alte Auf und Ab fort und belegt in ihrer Qualifikationsgruppe mit deutlichem Abstand Rang Drei hinter der Türkei und Griechenland.
Mazedonien
Irgendwie passt es zu der Geschichte des mazedonischen Fußballs, dass die Nationalmannschaft während ihrer ersten Teilnahme an der Qualifikation zur EM 1996 nur einen Sieg (3:0 gegen Zypern) feiern konnte. Der überragende Stürmer Darko Pancev, der in den Neunzigern auch beim VfB Leipzig und Fortuna Düsseldorf aktiv war, spielte einfach mit nicht einmal annährend so guten Mannschaftskollegen zusammen. Die Leistungen des Nationalteams schwankten daher extrem. Starken Auftritten wie beim 2:2-Unentschieden gegen England in Southampton 2002 folgten blamable Leistungen,wie eine 1:0-Niederlage gegen Andorra im Oktober 2004. Die Mazedonier waren bisher nicht einmal nah dran, sich für ein großes Turnier zu qualifizieren. Seit je her sind Bundesliga-Profis die Aushängeschilder des Nationalteams: Sasa Ciric (früher Nürnberg), Toni Micevski (früher Rostock und Cottbus). Auch im aktuellen Team bilden die in Deutschland aktiven Verteidiger Aleksandar Mitreski (Cottbus), Aleksandar Vasoski (Frankfurt) und Nikolce Noveski (Mainz) den besten Mannschaftsteil. Absoluter Superstar ist jedoch der junge Stürmer Goran Pandev. Dem 23-jährigen Stammspieler von Lazio Rom wird am ehesten zugetraut, in die großen Fußstapfen von Pancev zu treten. Doch auch nach der Verpflichtung des erfolgreichen slowenischen Trainers Katanec steht Mazedoniens Landesauswahl in der Qualifikation zur EM 2008 abgeschlagen auf dem drittletzten Gruppenplatz.
Montenegro
Bei der Weltmeisterschaft 2006 spielte mit Serbien und Montenegro ein Land, das es offiziell gar nicht mehr gab. Denn Montenegro hatte schon im Juni 2006 seine Unabhängigkeit erklärt. Im WM-Kader stand mit Torhüter Jevric auch nur ein Montegriner. Der kleinen Teilrepublik war im Fußball Jugoslawiens jeher nur eine Nebenrolle vergönnt. Auch die größten Spieler des Landes, Dejan Savicevic, Predrag Mijatovic und Anto Drobnjak (früher RC Lens und Bastia), zeigten ihr Können nur in der jugoslawischen Nationalmannschaft. Der Star der neuen Auswahl heißt Mirko Vucinic, ist Ersatzstürmer beim AS Rom und fiel kürzlich nur durch sein Siegtor zum 2:1 im Hinspiel des Viertelfinals der Champions League gegen Manchester United auf. Bei der 1:7-Niederlage im Rückspiel stand er allerdings auch auf dem Platz.
Da Montenegro offizielle Länderspiele erst in der Qualifikation zur WM 2010 bestreiten darf, absolviert der jüngste Staat Europas bis dahin nur Freundschaftsspiele. Die erste Partie am 24. März gewann die Nationalelf mit 2:1 gegen Ungarn. Vlado Jeknic von Wacker Burghausen stand als einziger Profi, der in Deutschland aktiv ist, auf dem Platz in Montenegros Hauptstadt Podgorica. Dabei spielen noch weitere Montenegriner in der 1. und 2. Bundesliga: Milorad Pekovic (Mainz), Dragan Bogavac (Burghausen), Sanibal Orahovac (Karlsruhe) und Djordje Cetkovic (Rostock – übrigens der Neffe von Predrag Mijatovic). Sie alle wurden bisher jedoch nicht nominiert.