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Bücherverbrennung: Menetekel der Verwüstung

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Mirditor

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Bücherverbrennung: Menetekel der Verwüstung

Zum 80. Mal jährt sich heute die Bücherverbrennung der Nazis. Der geistigen Verwüstung folgte der Holocaust.


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Natürlich zeigt der Akt vor allem auch die Ignoranz der Nazis: Man kann Bücher verbrennen. Ideen nicht. In der von Josef Goebbels so symbolträchtig inszenierten Bücherverbrennung vom 10. Mai 1933 in Berlin offenbart sich also wohl auch die berechtigte Angst der Nazis vor der Macht des Geistes, des geschriebenen Worts, vor der Unabhängigkeit des geschulten Intellekts, wenn er in seiner Rede dafür wirbt, "in diesen Flammen nicht nur das Symbol des Niedergangs der alten Festungen, sondern auch des Aufstiegs der neuen Festungen zu erblicken".


In die Geschichte eingegangen ist die Nacht, in der mehr als 25.000 Bücher ein Opfer der Flammen wurden, freilich als Menetekel der Dinge, die noch kommen würden. Ein Satz, den Heinrich Heine 1821 dem Titelhelden seiner Tragödie "Almansor" in den Mund gelegt hatte, sollte sich in den kommenden Jahren als prophetisch erweisen: "Dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen." Die schaurige Logik ist schlüssig: Die Vernichtung des Geistes hat den Boden bereitet für die Vernichtung von Millionen Menschen.


"Zersetzendes Schrifttum"

Die Mordmaschinerie der Nazis gab es im Mai 1933 noch nicht; erst im Jänner dieses Jahres hatten sie die Macht an sich gerissen. Ausgerechnet Studentenverbände begannen darauf, jüdische, kommunistische, pazifistische Autoren zu verfolgen. "Zersetzendes Schrifttum" wurde eingesammelt; am 10. Mai brannten dann in Berlin und 21 anderen Universitätsstädten die Werke von rund 150 verfemten Autoren - darunter Bücher von Walter Benjamin, Ödön von Horvath, Carl von Ossietzky, Joseph Roth, Einstein, Brecht, Kafka, Marx, Schnitzler, Tucholsky, Zweig. "Feuersprüche" sollten den Vandalenakt legitimieren: Sigmund Freuds Werk etwa wurde mit dumpfem Pathos für seine "seelenzerfasernde Überschätzung des Trieblebens" geächtet, Erich Maria Remarque für "literarischen Verrat am Soldaten des Weltkriegs".

"Verbrennt mich!", forderte zwei Tage später wütend der Dichter Oskar Maria Graf, der nicht auf der Liste gestanden war: "Nach meinem ganzen Leben und nach meinem ganzen Schreiben habe ich das Recht, zu verlangen, dass meine Bücher der reinen Flamme des Scheiterhaufens überantwortet werden und nicht in die blutigen Hände und die verdorbenen Hirne der braunen Mordbande gelangen. Verbrennt die Werke des deutschen Geistes! Er selber wird unauslöschlich sein wie eure Schmach!"

Sonst hatte es gegen die Aktion nur vereinzelt Proteste gegeben. Der Exodus der Intellektuellen begann. Nicht allen gelang die Flucht; Erich Mühsam und Carl von Ossietzky wurden ermordet, Walter Benjamin, Ernst Toller, Stefan Zweig nahmen sich im Exil das Leben. Ihre Schriften haben den Naziwahnsinn überdauert.

10. Mai 1933: Bücherverbrennung: Menetekel der Verwüstung > Kleine Zeitung
 
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