Singidunum
011
Serbien und Montenegro hatten in den vergangenen Jahren ein eher angespanntes Verhältnis. Nun mehren sich die Zeichen der Entkrampfung. Die beiden Länder hegen gemeinsame EU-Ambitionen, und in Serbien zeigt sich neuer Pragmatismus.
Zwar haben Serbien und Montenegro eine gemeinsame Grenze und eine fast identische Sprache. Dennoch konnte das Verhältnis der beiden Nachbarn in den vergangenen Jahren nicht eben als nah bezeichnet werden. In Montenegro, wo man sich erst 2006 mit einem Unabhängigkeitsreferendum vom Staatenbund mit Serbien loslöste, zeigte sich die Regierung vor allem um eine Emanzipation vom «grossen Bruder» bemüht. Und in Serbien waren viele Politiker und Kirchenväter von diversen Phantomschmerzen geplagt, so dass sie sich weiterhin für die in Montenegro lebenden Serben ins Zeug legten. Es war daher ein Klima des Misstrauens und der Missgunst, das bis vor kurzem das Verhältnis der beiden Staaten prägte.
Neuer Pragmatismus
Seit wenigen Monaten kann nun aber zwischen den Nachbarn eine Entspannung beobachtet werden. Als Zeichen dieses Trends ist am Montag erstmals seit zehn Jahren der langjährige montenegrinische Regierungschef Milo Djukanovic in offizieller Mission wieder nach Belgrad gereist – eine Reise, die er zuletzt im März 2003 antrat, damals zur Beerdigung des ermordeten serbischen Ministerpräsidenten Zoran Djindjic. Als Brückenbauer zwischen Belgrad und Podgorica agiert nicht nur die neue serbische Führung rund um Präsident Tomislav Nikolic und Ministerpräsident Ivica Dacic, die einer Verbesserung der bilateralen Beziehungen weit mehr Gewicht beimessen als der 2012 abgewählte Ex-Präsident Boris Tadic. Auch das gemeinsame Ziel der EU-Integration hat die Beitrittskandidaten einander nähergebracht.
Es sind vorwiegend wirtschaftliche Interessen, die mehr Kooperation statt Konfrontation nahelegen. So wollen die beiden Länder mit gemeinsamen Projekten die Förderfonds der EU anzapfen, etwa für den Ausbau der Autobahnen oder für die Modernisierung der Eisenbahnlinie zwischen Belgrad und der montenegrinischen Hafenstadt Bar. Auch beim Anlocken ausländischer Direktinvestitionen arbeitet man neuerdings stärker zusammen. So ist jüngst in Serbien mit grossem Wohlwollen zur Kenntnis genommen worden, dass Djukanovic bei einem Treffen mit Vertretern der Vereinigten Arabischen Emirate gar die Werbetrommel rührte für Investitionen in die serbische Rüstungsindustrie. Noch vor kurzem wäre solche ökonomische Nachbarschaftshilfe undenkbar gewesen.
Ungefestigte Identität
All dies ist ein wichtiger Schritt zur Normalisierung. Das gilt vor allem mit Blick auf die Krise von 2008, als Montenegro sehr zur Verärgerung Serbiens die Eigenstaatlichkeit Kosovos anerkannte. Das betrachtet die neue serbische Führung nun nicht mehr länger als unüberwindbares Hindernis für Kooperationen. Beide Regierungen sind sich bewusst, dass ihre Volkswirtschaften zu klein sind für Alleingänge. Politisch verbleiben dennoch Differenzen. Sie kreisen zumeist um die noch ungefestigte Identität Montenegros. Beispiele sind der Status der serbischen Minderheit, der serbischen Sprache und der serbisch-orthodoxen Kirche. Djukanovic, der sich gern als Vater der Nation zelebriert, muss sich dabei den Vorwurf gefallen lassen, wiederholt selber mit dem Appell an antiserbische Reflexe auf Stimmenfang gegangen zu sein.
Zwar haben Serbien und Montenegro eine gemeinsame Grenze und eine fast identische Sprache. Dennoch konnte das Verhältnis der beiden Nachbarn in den vergangenen Jahren nicht eben als nah bezeichnet werden. In Montenegro, wo man sich erst 2006 mit einem Unabhängigkeitsreferendum vom Staatenbund mit Serbien loslöste, zeigte sich die Regierung vor allem um eine Emanzipation vom «grossen Bruder» bemüht. Und in Serbien waren viele Politiker und Kirchenväter von diversen Phantomschmerzen geplagt, so dass sie sich weiterhin für die in Montenegro lebenden Serben ins Zeug legten. Es war daher ein Klima des Misstrauens und der Missgunst, das bis vor kurzem das Verhältnis der beiden Staaten prägte.
Neuer Pragmatismus
Seit wenigen Monaten kann nun aber zwischen den Nachbarn eine Entspannung beobachtet werden. Als Zeichen dieses Trends ist am Montag erstmals seit zehn Jahren der langjährige montenegrinische Regierungschef Milo Djukanovic in offizieller Mission wieder nach Belgrad gereist – eine Reise, die er zuletzt im März 2003 antrat, damals zur Beerdigung des ermordeten serbischen Ministerpräsidenten Zoran Djindjic. Als Brückenbauer zwischen Belgrad und Podgorica agiert nicht nur die neue serbische Führung rund um Präsident Tomislav Nikolic und Ministerpräsident Ivica Dacic, die einer Verbesserung der bilateralen Beziehungen weit mehr Gewicht beimessen als der 2012 abgewählte Ex-Präsident Boris Tadic. Auch das gemeinsame Ziel der EU-Integration hat die Beitrittskandidaten einander nähergebracht.
Es sind vorwiegend wirtschaftliche Interessen, die mehr Kooperation statt Konfrontation nahelegen. So wollen die beiden Länder mit gemeinsamen Projekten die Förderfonds der EU anzapfen, etwa für den Ausbau der Autobahnen oder für die Modernisierung der Eisenbahnlinie zwischen Belgrad und der montenegrinischen Hafenstadt Bar. Auch beim Anlocken ausländischer Direktinvestitionen arbeitet man neuerdings stärker zusammen. So ist jüngst in Serbien mit grossem Wohlwollen zur Kenntnis genommen worden, dass Djukanovic bei einem Treffen mit Vertretern der Vereinigten Arabischen Emirate gar die Werbetrommel rührte für Investitionen in die serbische Rüstungsindustrie. Noch vor kurzem wäre solche ökonomische Nachbarschaftshilfe undenkbar gewesen.
Ungefestigte Identität
All dies ist ein wichtiger Schritt zur Normalisierung. Das gilt vor allem mit Blick auf die Krise von 2008, als Montenegro sehr zur Verärgerung Serbiens die Eigenstaatlichkeit Kosovos anerkannte. Das betrachtet die neue serbische Führung nun nicht mehr länger als unüberwindbares Hindernis für Kooperationen. Beide Regierungen sind sich bewusst, dass ihre Volkswirtschaften zu klein sind für Alleingänge. Politisch verbleiben dennoch Differenzen. Sie kreisen zumeist um die noch ungefestigte Identität Montenegros. Beispiele sind der Status der serbischen Minderheit, der serbischen Sprache und der serbisch-orthodoxen Kirche. Djukanovic, der sich gern als Vater der Nation zelebriert, muss sich dabei den Vorwurf gefallen lassen, wiederholt selber mit dem Appell an antiserbische Reflexe auf Stimmenfang gegangen zu sein.