Grizzly
Problembär
( ... ) Für die allergrößte Überraschung jedoch sorgte an diesem Wochenende Franz Beckenbauer. Denn Beckenbauer, der alles erklären kann, und das auch so, wie er will (Otto Rehhagel: „Wenn er erklärt, der Ball ist eckig, dann glauben ihm das auch alle“), war so sprachlos, wie man ihn noch selten gesehen hat. Dabei sollte er doch nur erklären, was er einmal vor gut 36 Jahren selbst aufgeschrieben hatte.
Ausgerechnet bei der 50-jährigen Jubiläumssendung des ZDF-„Sportstudios“ verzichtete Steinbrecher darauf, Beckenbauer seinen klassischen Part spielen zu lassen: in Erinnerungen schwelgen und dem Publikum den Fußball und das Leben zu erklären. Stattdessen konfrontierte er ihn mit knallharter Recherche. Unter der Woche hatte Beckenbauer angesichts der Debatte über die Dopingvergangenheit in der BRD versichert, man habe früher nicht einmal gewusst, was das Wort „Doping“ bedeute. Im Fußball sei das eh ein sinnloses Unterfangen. Altbekannte Argumente.
Steinbrecher las jedoch am Samstagabend aus Beckenbauers Stern-Aufsatz von 1977 vor: „Medizinisch ist heute in der Bundesliga praktisch noch alles erlaubt, was den Spieler zu Höchst- und Dauerleistung treibt.“ Und weiter: „Die Grenzen zum Doping sind fließend.“ Der alte Beckenbauer kam aus dem Staunen über den jungen Beckenbauer gar nicht mehr heraus: „Das habe ich gesagt? Kann das sein, dass ich einen Doppelgänger habe?“, fragte er recht unbeholfen.
Auf Beckenbauer kann man da nicht zählen. Er löst das Problem mit der Vergangenheit per Persönlichkeitsspaltung. Die für die deutsche Fußballbranche so belastenden Sätze können einfach nicht von ihm gekommen sein. Da muss ein Doppelgänger im Spiel sein. Oder ist es eine Fälschung. Wer erinnert sich nicht an die Hitler-Tagebücher vom Stern. Franz Beckenbauer wird gewiss noch eine plausible Erklärung nachliefern.
Ganzer Text und mehr zum Thema:
Kolumne Press-Schlag: Des Kaisers Doping-Aussagen - taz.de
Ausgerechnet bei der 50-jährigen Jubiläumssendung des ZDF-„Sportstudios“ verzichtete Steinbrecher darauf, Beckenbauer seinen klassischen Part spielen zu lassen: in Erinnerungen schwelgen und dem Publikum den Fußball und das Leben zu erklären. Stattdessen konfrontierte er ihn mit knallharter Recherche. Unter der Woche hatte Beckenbauer angesichts der Debatte über die Dopingvergangenheit in der BRD versichert, man habe früher nicht einmal gewusst, was das Wort „Doping“ bedeute. Im Fußball sei das eh ein sinnloses Unterfangen. Altbekannte Argumente.
Steinbrecher las jedoch am Samstagabend aus Beckenbauers Stern-Aufsatz von 1977 vor: „Medizinisch ist heute in der Bundesliga praktisch noch alles erlaubt, was den Spieler zu Höchst- und Dauerleistung treibt.“ Und weiter: „Die Grenzen zum Doping sind fließend.“ Der alte Beckenbauer kam aus dem Staunen über den jungen Beckenbauer gar nicht mehr heraus: „Das habe ich gesagt? Kann das sein, dass ich einen Doppelgänger habe?“, fragte er recht unbeholfen.
Auf Beckenbauer kann man da nicht zählen. Er löst das Problem mit der Vergangenheit per Persönlichkeitsspaltung. Die für die deutsche Fußballbranche so belastenden Sätze können einfach nicht von ihm gekommen sein. Da muss ein Doppelgänger im Spiel sein. Oder ist es eine Fälschung. Wer erinnert sich nicht an die Hitler-Tagebücher vom Stern. Franz Beckenbauer wird gewiss noch eine plausible Erklärung nachliefern.
Ganzer Text und mehr zum Thema:
Kolumne Press-Schlag: Des Kaisers Doping-Aussagen - taz.de