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Schwierige Vergangenheitsbewältigung
- Kriegsverbrecher in Serbien
Bonn, 15.12.2004, DW-Radio / Serbisch, Filip Slavkovic
Serbien hat Schwierigkeiten mit der Vergangenheitsbewältigung. Das zeigt auch, wie man im Lande mit dem Kriegsverbrecher-Problem umgeht. Ein Background von Filip Slavkovic:
Die zwei jungen Elitesoldaten haben Wache gehalten entlang der einige Hundert Meter langen Kasernemauer als sie, im Hinterem Teil des Hochsicherheitstrakts des größten Armeekomplexes in Belgrad, auf einen der meistgesuchten Kriegsverbrecher im ehemaligen Jugoslawien gestoßen sind. Das unerwartete Treffen wurde den zum Verhängnis - die Kameraden haben sie tot aufgefunden.
So oder so ähnlich passierte es am 5. Oktober dieses Jahres, dem vierten Jahrestag des friedlichen Umsturzes des langjährigen autoritären serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic, der seit mehr als drei Jahren in Haft des Haager Kriegsverbrechertribunals in Den Haag sitzt. Viele der Milosevic-treuen Polizei- und Armee-Offiziere sind noch auf der Flucht von der internationalen Justiz - bis an die 15, so die Haager Ankläger, finden Unterschlupf in Serbien.
Nun fielen offensichtlich die zwei Soldaten zum Opfer der so genannten "Anti-Haag-Lobby". Am Dienstag (14.12.) nämlich veröffentlichte eine eigens für den Fall eingesetzte staatliche Kommission ihren Bericht, der in jedem Detail dem ursprünglichen Bericht der Armeeermittler widersprach. Es gab keinen Streit, die Soldaten haben sich nicht gegenseitig umgebracht - sie wurden von jemandem aus der Kaserne erschossen und dieser jemand kam höchstwahrscheinlich aus dem Tunnel, dessen Eingang unweit der Mordstelle liegt.
Weiter wollten die zivilen Ermittler nicht spekulieren. Doch schon vor einem Monat schrieb die Frau des Außenministers Vuk Draskovic, Danica, - selber eine einflussreiche Politikerin - in einem Zeitungsartikel, sie wusste, wie auch viele Staatsminister auch, dass die Soldaten von den Bodyguards des ehemaligen jugoslawischen Generalstabschefs, Nebojsa Pavkovic, umgebracht wurden. Pavkovic ist wegen Kriegsverbrechen im Kosovo angeklagt und wird, so die Vermutung der Haager Ankläger, durch die nationalistischen Kräfte in der Armee geschützt.
Die Armee bestreitet dies, doch als ihre Ermittler im Fall zweier Soldaten der Lüge überführt wurden, erinnerten sich die Medien an die gesuchten Kriegsverbrecher. In dem geheimen Tunnel, der das halbe Belgrad unterirdisch durchqueren soll, gäbe es genug Platz zumindest für die Meistgesuchten - Pavkovic oder den wegen des Völkermordes von Srebrenica angeklagten bosnisch-serbischen Kriegsarmeechef Ratko Mladic. Wenn die Mörder der Elitesoldaten gefunden werden könnten, so der Tenor, könnte dies auch zu den Haager-Flüchtlingen führen.
Die Belgrader Rechtsexpertin Biljana Kovacevic-Vuco glaubt nicht daran. Gegenüber DW sagte sie: "Das wird sehr lange dauern und ich glaube, dass die Öffentlichkeit das Interesse an dem Fall verlieren wird. Dieser Fall ist meines Erachtens leider noch ein verlorener Fall in dem Versuch, die Wahrheit darüber zu erfahren, was in diesem Lande passiert."
http://www.dw-world.de/dw/article/0,1564,1430702,00.html
- Kriegsverbrecher in Serbien
Bonn, 15.12.2004, DW-Radio / Serbisch, Filip Slavkovic
Serbien hat Schwierigkeiten mit der Vergangenheitsbewältigung. Das zeigt auch, wie man im Lande mit dem Kriegsverbrecher-Problem umgeht. Ein Background von Filip Slavkovic:
Die zwei jungen Elitesoldaten haben Wache gehalten entlang der einige Hundert Meter langen Kasernemauer als sie, im Hinterem Teil des Hochsicherheitstrakts des größten Armeekomplexes in Belgrad, auf einen der meistgesuchten Kriegsverbrecher im ehemaligen Jugoslawien gestoßen sind. Das unerwartete Treffen wurde den zum Verhängnis - die Kameraden haben sie tot aufgefunden.
So oder so ähnlich passierte es am 5. Oktober dieses Jahres, dem vierten Jahrestag des friedlichen Umsturzes des langjährigen autoritären serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic, der seit mehr als drei Jahren in Haft des Haager Kriegsverbrechertribunals in Den Haag sitzt. Viele der Milosevic-treuen Polizei- und Armee-Offiziere sind noch auf der Flucht von der internationalen Justiz - bis an die 15, so die Haager Ankläger, finden Unterschlupf in Serbien.
Nun fielen offensichtlich die zwei Soldaten zum Opfer der so genannten "Anti-Haag-Lobby". Am Dienstag (14.12.) nämlich veröffentlichte eine eigens für den Fall eingesetzte staatliche Kommission ihren Bericht, der in jedem Detail dem ursprünglichen Bericht der Armeeermittler widersprach. Es gab keinen Streit, die Soldaten haben sich nicht gegenseitig umgebracht - sie wurden von jemandem aus der Kaserne erschossen und dieser jemand kam höchstwahrscheinlich aus dem Tunnel, dessen Eingang unweit der Mordstelle liegt.
Weiter wollten die zivilen Ermittler nicht spekulieren. Doch schon vor einem Monat schrieb die Frau des Außenministers Vuk Draskovic, Danica, - selber eine einflussreiche Politikerin - in einem Zeitungsartikel, sie wusste, wie auch viele Staatsminister auch, dass die Soldaten von den Bodyguards des ehemaligen jugoslawischen Generalstabschefs, Nebojsa Pavkovic, umgebracht wurden. Pavkovic ist wegen Kriegsverbrechen im Kosovo angeklagt und wird, so die Vermutung der Haager Ankläger, durch die nationalistischen Kräfte in der Armee geschützt.
Die Armee bestreitet dies, doch als ihre Ermittler im Fall zweier Soldaten der Lüge überführt wurden, erinnerten sich die Medien an die gesuchten Kriegsverbrecher. In dem geheimen Tunnel, der das halbe Belgrad unterirdisch durchqueren soll, gäbe es genug Platz zumindest für die Meistgesuchten - Pavkovic oder den wegen des Völkermordes von Srebrenica angeklagten bosnisch-serbischen Kriegsarmeechef Ratko Mladic. Wenn die Mörder der Elitesoldaten gefunden werden könnten, so der Tenor, könnte dies auch zu den Haager-Flüchtlingen führen.
Die Belgrader Rechtsexpertin Biljana Kovacevic-Vuco glaubt nicht daran. Gegenüber DW sagte sie: "Das wird sehr lange dauern und ich glaube, dass die Öffentlichkeit das Interesse an dem Fall verlieren wird. Dieser Fall ist meines Erachtens leider noch ein verlorener Fall in dem Versuch, die Wahrheit darüber zu erfahren, was in diesem Lande passiert."
http://www.dw-world.de/dw/article/0,1564,1430702,00.html