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Bezahlen im Stadion

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Die vergessenen Millionen der Fußballfans

Wer in einem Bundesligastadion Bier und Bratwurst kaufen will, kann dies kaum noch mit Bargeld tun. Die Vereine sehen in den neuen Bezahlsystemen Vorteile - sie streichen rund zehn Millionen Euro aus verjährten Kartenguthaben ein.

Von Katharina Klein

Mit Münzen und Scheinen kommt der Fußballfan in modernen Stadien nicht mehr weit. Für Bier und Wurst in der Halbzeitpause braucht der Fan eine Bezahlkarte. Barzahlung ist nur noch in sechs Bundesliga-Stadien uneingeschränkt möglich, in zwölf Stadien wird dagegen mit Karten gezahlt. Ein Grund dafür ist, dass die Vereine auf stille Zusatzeinnahmen hoffen. Denn viele Fans nutzen ihre Kartenguthaben nicht ganz aus und lassen den Rest verfallen.
Allein der FC Bayern München kam so in der Saison 2009/2010 über die Tochtergesellschaft Allianz Arena Payment GmbH an 2,4 Millionen Euro, wie dem Geschäftsbericht zu entnehmen ist. Viele Fans vergessen entweder das Guthaben oder wollen sich für die Rückgabe nicht anstellen. Übrig bleibt oft der sogenannte Schlummergroschen: 88 Prozent der Fans haben nach dem Spiel noch Guthaben auf der Karte, fand die Euro Kartensysteme GmbH in einer Umfrage heraus. Fast jeder zweite Befragte stellt sich wegen der langen Schlangen nicht für die Kartenrückgabe an: Bis zu 20 Minuten müssen Fans an den Rückgabeautomaten warten. In der Veltins-Arena auf Schalke kamen 2009 so nicht abgeholte Schlummergroschen in Höhe von 681.000 Euro zusammen.
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© dapd


Currywurst und andere „Fußballnahrung” gibt es oft nur gegen Kartenzahlung

Die Vereine mit Kartenzahlsystemen halten sich mit Details bedeckt, deshalb lässt sich über die gesamten Einnahmen der Bundesliga nur mutmaßen. Bayern und Schalke kommen zusammen auf gut 3 Millionen Euro. Die beiden Vereine haben je Saison zusammen rund 2,2 Millionen Zuschauer. Da alle Vereine mit Kartenzahlsystemen mehr als 8 Millionen Zuschauer haben, lässt sich schätzen, dass die Gesamteinnahmen aus den verjährten Guthaben eine Größenordnung von mehr als 10 Millionen Euro haben.
Es gibt kein einheitliches Bezahlsystem in der Liga

Die Fans etablieren bereits Tauschbörsen im Internet, um die Karten besser zu nutzen. Die Betreiber geben zwar an, dass Guthaben überwiesen werden kann, doch das meist nur gegen Gebühr. Wer sich vornimmt, beim nächsten Stadionbesuch das Guthaben aufzuladen, wird in einigen Stadien enttäuscht. Schon in der folgenden Saison kann es zu spät sein. Manche Karten sind nur ein Jahr gültig. Danach haben die Fans zwei Jahre Zeit, an Pfand und Restguthaben zu kommen oder das Guthaben auf eine neue Karte umzubuchen.
Für die Fans sind die Karten auch deshalb umständlich, weil es kein einheitliches System gibt. Die Karten der geschlossenen Systeme wie in München oder Schalke gelten nur dort. Andere Stadien wie das Fritz-Walter-Stadion in Kaiserslautern, der Dortmunder Signal Iduna Park, die Hoffenheimer Rhein-Neckar-Arena und das Kölner Rhein-Energie-Stadion entschieden sich für das halboffene Bezahlsystem des Betreiberunternehmens Payment Solution Services GmbH. Es bietet den Karteninhabern die Möglichkeit, mit ihren Karten in diesen vier Bundesligastadien zu zahlen.
Augsburg hat das gleiche System, hat sich der Gruppe aber noch nicht angeschlossen. Außerhalb der Stadien kann man mit den Karten jedoch wenig anfangen. Anders ist das bei offenen Systemen wie in Leverkusen und Mainz mit der Geldkarte der Sparkassen und in Stuttgart mit der VfB-Fankarte. Der Besitzer kann die Karte auch außerhalb des Stadions verwenden: Die VfB-Fankarte ist eine Mastercard-Prepaid-Karte, die an allen MasterCard-Akzeptanzstellen gültig ist. Der Geldkarte-Chip ist auf den meisten Girokarten enthalten. Mit den Guthaben kann man zum Beispiel Parktickets oder Zigaretten bezahlen.
„Mittelfristig wird vermutlich jedes Stadion umstellen“

Der Anlass für die Umstellung war in vielen Fällen die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland: Viele Stadien wurden renoviert. Bei der Gelegenheit stellten die Betreibergesellschaften die Bezahlsysteme um, weil Bargeldzahlung für Handel und Gastronomie mit Kosten verbunden ist. In einigen Stadien mit Kartenzahlung ist Bargeld im Gästebereich noch willkommen.
„Mittelfristig wird vermutlich jedes Stadion auf ein elektronisches Bezahlsystem umstellen“, vermutet Frederik Herr von Payment Solution. Die Stadionbetreiber hätten die Lukrativität erkannt. In manchen Stadien betrug die Umsatzsteigerung nach der Umstellung fast 100 Prozent: „Von durchschnittlichen 1,70 Euro pro Person ist der Umsatz auf 3,60 Euro gestiegen“, sagt Meinolf Sprink von Bayer 04 Leverkusen.
„Der Bezahlvorgang konnte auf 8 verringert werden“

Die Investitionskosten in Höhe von geschätzten 550.000 Euro bei einer Stadionkapazität von 30.000 „sind nach zwei bis fünf Jahren ausgeglichen“, sagt Ingo Limburg, Marketingleiter der Geldkarte. Andere Fachleute bestätigen, dass weitere Vereine die Kartenzahlung in ihren Stadien einführen wollen. Die Vereine schreiben der Kartenzahlung neben den Kostenvorteilen auch den Vorzug zu, dass sich an den Verkaufsständen die Wartezeiten verringern. „Der Bezahlvorgang konnte von ehemals 25 Sekunden auf 8 verringert werden“, sagt Sprink von Bayer Leverkusen.
Die Aussicht auf die Millionen Euro Einnahmen aus verjährten Guthaben dürfte aber auch eine wichtige Rolle spielen. Damit es dabei bleibt, hat sich der Branchenführer Bayern München eine besondere Konstellation einfallen lassen: Auch in der Allianz-Arena können sich die Fans Pfand und Restguthaben der Karte auszahlen lassen. Für Besucher, die mit dem Auto kommen, ist das jedoch schwierig: Nur mit der Bayern-Bezahlkarte können sie die Parkgebühr von 10 Euro begleichen.
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