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Britische Botschaft im Iran gestürmt

BenKafka

Corvus albus
Demonstranten in der iranischen Hauptstadt Teheran haben das Gelände der britischen Botschaft am Dienstag gleich zweimal gestürmt. Trotz der Anwesenheit von Polizei und Spezialkräften kletterten Hunderte Demonstranten über die Botschaftsmauer, wie Augenzeugen berichteten.
Sie drangen am Dienstag auf das Grundstück der Vertretung vor und entfernten die britische Flagge und ersetzten sie durch eine iranische Fahne, wie ein Reporter berichtete. Zuvor hatten die Demonstranten vor der Botschaft aus Protest gegen die neuen britischen Sanktionen gegen den Iran die Ausweisung des britischen Botschafters verlangt. Wie auf im Staatsfernsehen übertragenen Bildern zu sehen war, warfen die Protestierenden zudem Fensterscheiben mit Steinen ein und zündeten britische und israelische Flaggen an. Sie riefen „Tod England“ und „Geh weg, England“.
Am Abend nochmals gestürmt

Die Studenten auf dem Gelände waren den Angaben zufolge auch in einige Botschaftsbüros gelangt. Sie zerrissen Dokumente und zerstörten Bilder der britischen Königin Elizabeth II. Erst eine halbe Stunde später waren Polizisten auf den Botschaftsmauern zu sehen, wie sie weitere Demonstranten davon abhielten, auf das Gelände vorzudringen. Nach und nach gelang es ihnen, die meisten Demonstranten von dem Gelände zu vertreiben.
Am Dienstagabend stürmten Demonstranten ein zweites Mal die Botschaft. Wie im iranischen Fernsehen zu sehen war und von Zeugen bestätigt wurde, gelangten sie trotz starker Polizeipräsenz in das Gebäude. Das Fernsehen zeigte Bilder von Demonstranten, die durch den Haupteingang der Botschaft drängten.
Auch Gästehäuser gestürmt

Mehrere hundert Demonstranten stürmten am Dienstag laut Berichten staatlicher Medien eine zweite diplomatische Einrichtung Großbritanniens in Teheran. Wie die Nachrichtenagentur IRNA meldete, befinden sich auf dem Gelände im Norden der Hauptstadt Gästehäuser für britische Diplomaten sowie deutsche, britische und französische Schulen. Die Demonstranten hätten dort „vertrauliche Dokumente und Spionagedokumente beschlagnahmt“, hieß es. IRNA berichtete weiter, die Demonstranten würden dort Ausländer „beschützen“, ohne weitere Angaben zu machen. Ein britischer Diplomat sagte, alle Briten, die sich auf dem Gelände befänden, seien in Sicherheit.
Briten mahnen Pflicht zum Botschaftsschutz ein

„Wir sind empört“, hieß es in einer Erklärung des Außenministeriums in London nach der Erstürmung der Botschaft. „Das ist völlig unannehmbar, und wir verurteilen es.“ Zuvor hatte die Regierung in London erklärt, sie werde „kraftvoll“ reagieren, sollte Teheran tatsächlich den Botschafter ausweisen.
„Nach internationalem Recht hat die iranische Regierung die klare Pflicht, Diplomaten und Botschaften in ihrem Land zu schützen, und wir erwarten, dass sie umgehend handelt, um die Situation unter Kontrolle zu bringen und die Sicherheit unseres Personals und unseres Eigentums sicherzustellen“, hieß es in dem Statement des Ministeriums.
Paris und Rom: Völlig inakzeptabel

Auch in Paris und Rom sorgten die Attacken für Kritik. „Einmal mehr hat das iranische Regime den Beweis für die geringe Wertschätzung geliefert, die es für internationales Recht hat“, sagte der französische Außenminister Alain Juppe am Dienstag in Paris. In der Erklärung heißt es weiter: „Unter diesen völlig inakzeptablen Umständen zeigt Frankreich Solidarität mit Großbritannien.“ Juppe sprach von einer „skandalösen Verletzung der Wiener Konvention“.
Italien bezeichnete den Angriff als sehr schwerwiegenden und absolut nicht hinnehmbaren Vorgang. Außenminister Giulio Terzi erwartet, „dass die iranischen Behörden schnellstmöglich die Kontrolle der Lage wieder übernehmen“, heißt es in einer Mitteilung seines Ministeriums. Terzi drückte seine „volle Solidarität“ mit der britischen Regierung aus.
Parlament: Beziehungen auf Eis

Als Reaktion auf neue britische Sanktionen gegen den iranischen Energie- und Bankensektor hatte das Parlament in Teheran am Sonntag mit großer Mehrheit eine Einschränkung der diplomatischen Beziehungen zu London beschlossen. Insgesamt 179 der 206 anwesenden Abgeordneten stimmten einer Vorlage des außenpolitischen Ausschusses zu, die binnen zweier Wochen die Ausweisung des britischen Botschafters aus Teheran und die Abberufung des iranischen Botschafters aus London vorsieht.
Zudem sollen die „Wirtschafts- und Handelsbeziehungen auf ein Minimum“ begrenzt werden. Der von der konservativen Geistlichkeit beherrschte Wächterrat segnete die Entscheidung am Montag ab, wie die russische Agentur RIA Nowosti berichtete.
Neben Großbritannien hatten auch die USA und Kanada am Montag als Reaktion auf den jüngsten Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), der erstmals „glaubwürdige Hinweise“ auf eine militärische Dimension des iranischen Atomprogramms auflistet, weitere Sanktionen gegen Teheran verhängt. Mit den USA unterhält der Iran seit mehr als 30 Jahren keine diplomatischen Beziehungen mehr. Die Beziehungen zu Kanada wurden bereits eingeschränkt.
Kommt Ölembargo?

Die deutsche Regierung erwägt einem Zeitungsbericht zufolge, sich für ein Ölembargo der EU gegen Teheran starkzumachen. Die Forderung gehört nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ (Montag-Ausgabe) zu einer Liste konkreter deutscher Vorschläge an die EU-Partner zur Verschärfung der Sanktionen gegen den Iran. Nach dem Willen Berlins sollen dem Zeitungsbericht zufolge auch Firmen im Automobilbereich sowie im Transport- und Logistiksektor auf die Sanktionsliste der Europäer kommen.
Außerdem solle der Export von Technologien verboten werden, die der Iran zum Abhören von Kommunikation benutzen könnte. Überdies sollten Exportkreditversicherungen im Iran-Handel nur noch für Produkte erteilt werden dürfen, die direkt der Bevölkerung zugutekommen, also etwa Lebensmittel.
 
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