Im Wettkampf um den "jugoslawischen Thron" gab es weder in Slowenien noch in Kroatien Könige, und nur die Dynastie in Montenegro war Serbiens einziger ernsthafter Konkurrent. Es stimmt zwar, dass anfangs Nikola für die Vereinigung zwischen den beiden Königreichen Serbien und Montenegro war. Er war sogar bereit, den Thron zugunsten des serbischen Herrschers abzutreten, ebenso wie sein Vorgänger Prinz Danilo. Aber wie es halt so ist wenn die Macht und Politik immer schmackhafter und verführerischer wird, wuchsen im Laufe der Zeit auch seine Ambitionen. Er verheiratete geschickt seine Kinder, stärkte dadurch den politischen Einfluss, gewann an Popularität unter den Menschen, bekam auch unter dem Volk den informellen Titel "Kaiser der Helden" verpasst. Es war schwer vorstellbar, dass er als Herrscher eines kleinen Landes seine Herrschaft im benachbarten Serbien durchsetzen könnte. Und es war auch schwer vorstellbar, dass Montenegro das "Piemont der Serben" sein würde, da die anderen Serben westlich der Drina das Königreich Serbien als ihr Mutterland betrachteten und sich ihnen anschliessen wollten. Montenegro konnte sich also nur durch einen weiteren Krieg territorial vergrössern, expandieren und dadurch mehr an Macht gewinnen.
König Nikola erkannte dies und wandte sich langsam der Idee der Existenz zweier unabhängiger serbischer Staaten zu. Er erklärte sich sogar zum König, um sich mit dem Herrscher Serbiens gleichzusetzen und ihn wissen zu lassen, dass er Montenegro nicht einfach an andere übergeben würde. Trotz allem hat er dem "Serbentum" nicht abgeschworen, ebenso wie zu dieser Zeit fast ganz Montenegro.
Andrija Radovic (ehemaliger Ministerpräsident Montenegros) als einer der grössten Befürworter der Vereinigung Serbiens und Montenegros sah als Idee sogar vor, dass die serbische Dynastie gemeinsam Jugoslawien regieren sollten, und abwechselnd ein Mitglied der Familie Petrovic und der Familie Karadjordjevic den Thron besetzen sollte. Aber niemand in der Politik nahm diesen Vorschlag so richtig ernst. Nach dem ersten Weltkrieg wurde Montenegros Isolation durch Spannungen im benachbarten Albanien verstärkt, dass nun im Fokus internationaler Meinungsverschiedenheiten war. Die serbische Armee hatte Ende 1918 grosse Teile von Nordalbanien besetzt und viele Dörfer im Tal des Drin zerstört. Dieses Vorgehen war aber von den Franzosen gebilligt, die sich ein starkers Nachkriegs-Serbien wünschten und vorhatten, Albanien aufzuteilen. Die Amerikaner genau das Gegenteil, sie waren die grössten Befürworter eines unabhängigen Albaniens.
Diese komplizierten Auseinandersetzungen lenkten jedoch die Aufmerksamkeit von anderen Vorgängen in anderen Ländern ab. Unterdessen bildeten sich in Montenegro zwei konkurrierende politische Lager, doch es gab kein etabliertes Forum, auf dem sie ihren Wettstreit hätten austragen können. Das panserbische Lager (massgeblich durch Radovic beeinflusst) drängte sowohl auf eine Vereinigung mit Serbien als auch auf die Schaffung eines jugoslawischen Staates unter der Führung Belgrads. Diese Kräfte gingen davon aus, dass die montenegrinische Verfassung aus der Vorkriegszeit hinfällig war, und versuchten ihre Ziele durch ein einseitiges Vorgehen durchzusetzen. Übrigens, das ist ein klassisches Beispiel für selbst ernannte Demokraten, die aber keine Geduld für demokratische Prozesse aufbringen bereit sind.
Es ist auch interessant, wenn man den einen Punkt vom US Präsident Wilsons "14-Punkte-Programm" liest, dass vor allem Grossbritannien als auch Frankreich die Leitlinien der Alliierten Politik repräsentieren, dass sowohl Rumänien, Serbien und Montenegro geräumt werden sollen und die besetzten Gebiete zurückgeben werden mussten. Serbien sollte ein freier und sicherer Zugang zur See gewährt werden und die Beziehung der verschiedenen Balkanstaaten untereinander sollten durch freundschaftliche Übereinkunft geregelt werden. Aber unter den Bedingungen die im November 1918 herrschten, war sicherlich nicht an eine "freundschaftliche Übereinkunft" zu denken. Nikola hatte im Exil trotz aller Bedenken seine Beitrittsbereitschaft zum neuen jugoslawischen Staat bekundet, angelehnt dass der neue föderative jugoslawische Staat dem Modell des Deutschen Reiches ähneln sollte, in dem mehrere regierende Monarchen ihre Königswürde hätten erhalten können.
Aber die politischen Gruppen bekamen keine Chance, gleichberechtigt miteinander zu konkurrieren. Übrigens, es war auch Serbien dass Podgorica und nicht die Königstadt Cetinje, zum Tagungsort der Grossen Nationalversammlung bestimmten (einer der Wurzeln, wieso sich im Laufe der Jahrzehnte gerade in Cetinje eine antiserbische Bastion herauskristallisierte, die hunderte Jahre zuvor als serbische Sparta galt), und zu dem Zeitpunkt gab es nur sehr wenige ausländische Beobachter, die von den Wahlen erfuhren und die Grosse Nationalversammlung war etwas ganz anderes als die konstitutionelle Skupstina, die der König einberufen hatte. Politik kennt keine Gnade, nicht mal unter der Familie, geschweige unter verschiedenen konkurrierenden Dynastien.