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Byzantinisches Reich

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Opala

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Geschichte [Bearbeiten]


Die Spätantike: Das Oströmische Reich [Bearbeiten]

Siehe Hauptartikel: Spätantike

Kaiser Konstantin I. der Große


Die Wurzeln des Byzantinischen Reiches liegen in der römischen Spätantike (284 bis 641). Der römische Kaiser Konstantin der Große, der das Christentum privilegierte (Konstantinische Wende), baute die alte griechische Gründung Byzanz im Jahr 330 großzügig aus und machte sie als Nova Roma (Neues Rom) wohl im bewussten Gegensatz zu Rom (das spätestens seit der kurzen Herrschaft des Kaisers Maxentius nicht mehr ständige Residenzstadt war) zur „Hauptstadt“ der Osthälfte des Römischen Reiches bzw. zur Kaiserresidenz. Der offizielle Name wurde jedoch schnell durch die in der Umgangssprache gebräuchliche Bezeichnung Konstantinopel ersetzt, und auch der Name „Byzanz“ hielt sich noch über Jahrhunderte. Konstantinopel blieb auch unter den nachfolgenden Kaisern Verwaltungszentrum, wenn sich auch gerade in der Frühzeit nicht alle Kaiser dort längere Zeit aufhielten. So verbrachten Julian (der letzte heidnische Kaiser des Imperiums) und Valens auch längere Zeit in Antiochia am Orontes im Osten des Reiches. Nach dem Tod des Kaisers Theodosius I. 395, der als letzter Kaiser über das gesamte Imperium herrschte, wurde das Römische Reich in eine östliche und eine westliche Hälfte unter seinen beiden Söhnen Honorius und Arcadius aufgeteilt. Diese Teilung gilt traditionell als ein möglicher Anfangspunkt des Byzantinischen Reiches. Solche Reichsteilungen hatte es zwar schon früher gegeben, aber diesmal erwies sie sich als endgültig: Arcadius, der in Konstantinopel residierte, gilt daher oft als erster Kaiser des Oströmischen beziehungsweise Frühbyzantinischen Reiches. Dennoch galten weiterhin alle Gesetze in beiden Reichshälften (sie wurden meist im Namen beider Kaiser erlassen), und der Konsul des jeweils anderen Teiles wurde anerkannt. Der „Beginn“ des Byzantinischen Reiches wird daher nicht von allen Historikern auf das Jahr 395 datiert. Manche sehen bereits Konstantin, die meisten aber erst Herakleios als den ersten byzantinischen Herrscher an.[1]

Die Reichsteilung von 395


Im späten 4. Jahrhundert, zur Zeit der beginnenden Völkerwanderung, war zunächst die östliche Reichshälfte Ziel germanischer Verbände wie der West- und der Ostgoten. In der Schlacht von Adrianopel erlitt das oströmische Heer 378 eine schwere Niederlage gegen die Goten, die 382 von Theodosius I. südlich der Donau Land zugewiesen bekamen. Seit Beginn des 5. Jahrhunderts richteten sich die germanischen und hunnischen Angriffe dann aber zunehmend auf das militärisch schwächere Westreich.[2] Vereinzelt musste sich Ostrom der Angriffe des neupersischen Sassanidenreichs erwehren, des einzigen gleichrangigen Konkurrenten Roms, mit dem aber zwischen 387 und 502 fast durchgängig Frieden herrschte (siehe hierzu Römisch-Persische Kriege). 410 wurde die Stadt Rom zum ersten Mal von den Westgoten erobert, was einen deutlichen Schock auf die Römer hatte, während die östliche Reichshälfte, abgesehen vom Balkanraum, weitgehend unbehelligt blieb. Ostrom versuchte allerdings mitunter durchaus, das Westreich zu unterstützen. So wurde die erfolglose Flottenexpedition gegen die Vandalen 467/68 wesentlich von Ostrom getragen.
Allerdings hatte das Reich unter Kaiser Leo I. (457-74) schwer mit dem Problem der germanischen Hilfstruppen zu kämpfen. Meistens handelte es sich bis Ende des 5. Jahrhunderts bei dem amtierenden magister militum (Heermeister, einem hochrangigen General) um einen Germanen. Doch konnte das Problem dann um 480 durch die Heranziehung der Isaurier in den Militärdienst gelöst werden, die ein Gegengewicht zu den Germanen bildeten. Im oströmischen Heer kämpften fortan wieder überwiegend Reichsangehörige. Die Kaiser konnten ihre Stellung im Osten auch innenpolitisch stabilisieren. Während der letzte weströmische Kaiser Romulus Augustulus im Jahr 476 von dem germanischen Heerführer Odoaker abgesetzt wurde (der letzte von Ostrom anerkannte Kaiser war allerdings Julius Nepos, der 480 in Dalmatien verstarb), erstarkte das Ostreich zusehends. Die Germanenreiche erkannten seither den oströmischen Kaiser als ihren nominellen Oberherren an. Kaiser Anastasios I. stärkte zudem die Finanzkraft des Reiches, was der späteren Expansionspolitik Ostroms zugute kam.

Justinian I., Mosaikbild aus St. Vitale in Ravenna


Im 6. Jahrhundert eroberten unter Kaiser Justinian I. (527-565) die beiden oströmischen Feldherren Belisar und Narses große Teile der weströmischen Provinzen – Italien, Nordafrika und Südspanien – zurück und stellten damit das Imperium Romanum für kurze Zeit fast in seinem alten Umfang wieder her. Doch die Kriege gegen die Königreiche der Vandalen und Goten im Westen und gegen das mächtige Sassanidenreich unter Chosrau I. im Osten sowie ein Ausbruch der so genannten Justinianischen Pest, die ab 541 die ganze Mittelmeerwelt heimsuchte, zehrten erheblich an der Substanz des Reiches.[3] Während der Regierungszeit Justinians wurde auch die Hagia Sophia erbaut, für lange Zeit die größte Kirche der Christenheit und der letzte große Bau des Altertums. Justinians lange Herrschaft markiert eine wichtige Übergangszeit vom spätantiken zum mittelbyzantinischen Staat, auch wenn man Justinian, den „letzten römischen Imperator“ (G. Ostrogorsky), sicherlich noch zur Antike zu zählen hat. Unter seinen Nachfolgern nahm dann auch die Bedeutung und Verbreitung der lateinischen Sprache im Reich immer weiter ab, und Kaiser Maurikios gab mit der Einrichtung der Exarchate in Karthago und Ravenna den spätantiken Grundsatz der Trennung von zivilen und militärischen Kompetenzen auf.

Das Restaurationswerk Justinians I.


Justinian hinterließ seinen Nachfolgern leere Kassen; die folgenden Kaiser waren kaum imstande, den neuen außenpolitischen Herausforderungen erfolgreich zu begegnen, die ab der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts auftraten. In der Regierungszeit Justins II., der einen Krieg mit Persien provozierte und infolge der darauffolgenden Niederlagen einen Nervenzusammenbruch erlitt, besetzten die Langobarden ab 568 große Teile von Italien. Währenddessen drangen die Slawen seit etwa 580 in den Balkanraum ein und besiedelten ihn bis zum Ende des 7. Jahrhunderts größtenteils. Mit dem gewaltsamen Tod des Kaisers Maurikios im Jahr 602, der 591 einen vorteilhaften Frieden mit den Sassaniden hatte schließen können und energisch gegen die Slawen vorgegangen war, eskalierte die militärische Krise. Seit 603 erlangten die sassanidischen Perser unter Großkönig Chosrau II. zeitweilig die Herrschaft über die meisten östlichen Provinzen. Bis 619 hatten sie sogar Ägypten und Syrien, und somit die reichsten oströmischen Provinzen, erobert. Ostrom schien am Rande des Untergangs zu stehen, da auf dem Balkan auch die Awaren und ihre slawischen Untertanen auf byzantinisches Gebiet vordrangen. Die Wende kam, als Kaiser Herakleios (610-641) in mehreren Feldzügen auf persisches Gebiet vordrang und ein persisches Heer schließlich Ende 627 in der Schlacht bei Ninive entscheidend schlug. Persien schloss Frieden mit Ostrom und versank aufgrund innerer Machtkämpfe bald im Chaos. Nach dieser Anstrengung waren die Kräfte des Oströmischen Reichs jedoch erschöpft, und auch die Senatsaristokratie, die ein wesentlicher Träger der antiken Traditionen gewesen war, war stark geschwächt worden.[4]

Die islamische Expansion


Der arabischen Expansion, die von den durch ihren neuen muslimischen Glauben angetriebenen Arabern in den 30er Jahren des 7. Jahrhunderts einsetzte, hatte Herakleios nicht mehr viel entgegenzusetzen. In der entscheidenden Schlacht am Jarmuk am 20. August 636 unterlagen die Oströmer einem Heer des zweiten Kalifen Umar ibn al-Chattab, und der ganze Südosten des Reichs, einschließlich Syriens und Palästinas, ging mit einem Schlag verloren.[5] Im Gegensatz zu seinem langjährigen Rivalen, dem Sassanidenreich, das trotz heftiger Gegenwehr unterging, konnte sich das Oströmische bzw. Byzantinische Reich jedoch immerhin erfolgreich gegen eine vollständige islamische Eroberung verteidigen; es musste sich aber nach Kleinasien zurückziehen. Dabei führte die militärische Krise und der endgültige Verlust der reichsten Provinzen zu einer massiven Veränderung im Reich, in dem nun Griechisch endgültig das Lateinische verdrängte.
Was das Reich an Gebieten verlor, gewann es an Gleichförmigkeit. Die antike Zivilisation war seit Jahrhunderten von der Existenz zahlreicher größerer und kleinerer Städte – póleis – geprägt gewesen; diese Zeit endete nun. Die meisten Städte wurden aufgegeben oder schrumpften auf die Größe von befestigten Dörfern, den so genannten kastra. Die verlorenen südlichen bzw. orientalischen Provinzen unterschieden sich kulturell nicht unerheblich vom Norden und gehörten seit dem 5. Jahrhundert mehrheitlich den orientalisch-orthodoxen, monophysitischen Kirchen an, die mit der griechisch-orthodoxen Kirche der nördlichen Provinzen seit 451 im Streit lagen. Dieser Konflikt war vielleicht einer der Gründe für die baldige Akzeptanz der neuen muslimischen Herren in Syrien und Ägypten, was aber in der neueren Forschung wieder stark umstritten ist. Der unter kaiserlicher Kontrolle verbliebene Norden gelangte jedenfalls zu größerer Geschlossenheit und höherer Kampfbereitschaft.
Der Preis für das Überleben war jedoch der Verlust von zwei Drittel des Reiches und der meisten Steuereinkünfte. Die spätantiken Strukturen von Staat und Gesellschaft verschwanden in dieser Zeit zu großen Teilen. Es verwundert ohnehin, dass Byzanz den nachfolgenden, Jahrzehnte andauernden Kampf ums Überleben gegen eine enorme feindliche Übermacht überstand. Mit dazu bei trug wohl das berühmte System von Militärprovinzen, die so genannten Themen. Diese wurde vermutlich erst nach der Regierungszeit des Herakleios geschaffen, anders als in der älteren Forschung oft vermutet, um den ständigen Angriffen und dem Verfall des städtischen Lebens außerhalb der Hauptstadt zu begegnen. Tendenzen, die bereits seit langem vorhanden waren, kamen nach 636 in vielen Bereichen von Staat und Gesellschaft voll zum Tragen. Zugleich endeten zahlreiche Produktionsstränge – die spätantike Phase des Oströmischen Imperiums gelangte an ihr Ende, und es entstand das Byzantinische Reich des Mittelalters.[6]

Die mittelbyzantinische Epoche [Bearbeiten]


Das 8. und 9. Jahrhundert: Abwehrkämpfe und Bilderstreit [Bearbeiten]

Im Verlauf des 7. Jahrhunderts verlor Byzanz infolge der Islamischen Expansion auch die Seeherrschaft im östlichen Mittelmeer und konnte zudem nur mit Mühe Kleinasien halten, wo es immer wieder zu arabischen Überfällen kam, während auf dem Balkan Slawen und Bulgaren das Reich bedrängten und die kaiserliche Herrschaft auf einige wenige Orte begrenzten. Die Zeit von der Mitte des 7. bis ins 8. Jahrhundert war weitgehend von Abwehrkämpfen geprägt, in denen die Initiative fast ausschließlich bei den Feinden von Byzanz lag. Kaiser Konstans II. verlegte seine Residenz von 661–668 ins sizilianische Syrakus, vielleicht, um von dort aus die Seeherrschaft gegen die Araber zu sichern, doch kehrten seine Nachfolger wieder in den Osten zurück. Im Jahr 679 musste Kaiser Konstantin IV. Pogonatos das neugegründete Bulgarenreich anerkennen. 674–678 kam es sogar zur Belagerung Konstantinopels durch die Araber, die aber durch den Einsatz des so genannten Griechischen Feuers, das sogar auf dem Wasser brannte, zurückgeschlagen werden konnten. Das Reich blieb in der Folgezeit auf den Balkan und Kleinasien beschränkt, hinzu kamen noch Gebiete in Italien sowie bis 698 in Nordafrika.[7]

Die Themen in den 650er Jahren


Kaiser Justinian II., in dessen Regierungszeit Byzanz wenigstens teilweise wieder in die Offensive ging, war der letzte Monarch der herakleischen Dynastie. In einer später oft wiederholten Praxis wurden slawische Siedler vom Balkan nach Kleinasien deportiert und dort angesiedelt. Ziel war eine Stärkung der Grenzverteidigung, es kam in der Folgezeit aber auch immer wieder zu Desertionen; ebenso wurden teils Bevölkerungsgruppen von Kleinasien auf den Balkan transferiert. Justinian fiel 695 jedoch einer Verschwörung zum Opfer, wurde verstümmelt und ins Exil geschickt, wo er eine Prinzessin aus dem Volke der Chasaren heiratete. Er gelangte schließlich mit bulgarischer Unterstützung wieder an die Macht, bevor er 711 umgebracht wurde.

Solidus mit dem Bildnis von Leo III. und seinem Sohn Konstantin V.


Die wohl bedrohlichste Belagerung Konstantinopels durch die Araber fand 717–18 statt; nur dank der Fähigkeiten Kaiser Leos III., der erfolgreichen Flottenoperationen (wobei die Byzantiner wieder das Griechische Feuer einsetzten) und eines extrem harten Winters, der den Arabern schwer zu schaffen machte, konnte sich die Hauptstadt halten. Auf dem Balkan befand sich Byzanz ebenfalls in der Defensive, konnte aber Griechenland nach und nach von den Slawen zurückgewinnen, die seit dem 7. Jahrhundert in die Sklaviniai eingezogen waren. Dafür erwuchs dem Reich ein neuer Gegner, nämlich in Gestalt der Bulgaren, die nun erfolgreich eine eigene Staatsbildung anstrebten.
Kaiser Leo III. entfachte jedoch auch, wohl aus ernsthafter persönlicher Überzeugung, 730 den so genannten Bilderstreit, der über 110 Jahre andauern sollte und mehrmals Bürgerkriege aufflackern ließ, zuletzt den von 843 bis 872 währenden Krieg gegen die Paulikianer.[8] Allerdings sind die Schriften der bilderfeindlichen Autoren nach dem Sieg der Ikonodulen vernichtet worden, sodass die Quellen für diese Zeit fast ausschließlich aus der Perspektive des Siegers geschrieben wurden und dementsprechend problematisch sind. Ausgelöst durch einen Vulkanausbruch in der Ägäis, ließ Leo 726 die Ikone über dem Chalketor entfernen. Die militärischen Erfolge Leos ermöglichten es ihm offenbar, ohne größeren Widerstand statt der Ikonen (die in der Ostkirche allerdings damals auch keine so große Rolle wie heute spielten) durch Kreuzesdarstellungen zu ersetzen, die von allen Byzantinern anerkannt werden konnten. Dass Leo zur Abkehr von der Bilderverehrung durch Einflüsse aus dem islamischen Bereich angeregt wurde, wird heute eher skeptisch gesehen, waren doch die ikonoklastischen Kaiser auch überzeugte Christen, die eben deshalb die Ikonen ablehnten, weil sie der Meinung waren, dass das göttliche Wesen sich so nicht einfangen ließ. Zudem war das Kreuz, das die Ikonen ersetzen sollte, im islamischen Bereich geächtet. Die moderne Forschung geht auch heute nicht mehr davon aus, dass Leo ein regelrechtes Bilderverbot erließ oder dass es gar zu schweren Unruhen kam, wie die ikonodulen Quellen unterstellen. Offenbar wurde diese Phase des Bilderstreits kaum mit der Härte geführt, wie die zweite Phase im 9. Jahrhundert.[9]
Leo führte im Inneren mehrere Reformen durch und war auch militärisch sehr erfolgreich. So ging er in Kleinasien offensiv gegen die Araber vor, wobei sein Sohn Konstantin sich als fähiger Kommandeur erwies. Als Konstantin seinem Vater schließlich 741 als Konstantin V. auf den Thron nachfolgte, setzte er, nachdem er einen Aufstand seines Schwagers Artabasdos niedergeschlagen hatte, die bilderfeindliche Politik Leos fort und schrieb zu diesem Zweck sogar mehrere theologische Abhandlungen. Durch das Konzil von Hiereia 754 sollte die Bilderverehrung auch formal abgeschafft werden. Obwohl militärisch erfolgreich (sowohl gegen Araber wie auch gegen die Bulgaren), wird Konstantin in den meisten Quellen als grausamer Herrscher beschrieben – wohl zu Unrecht und offenbar aufgrund seiner Einstellung gegen die Ikonen. Leo IV., Konstantins Sohn, betrieb eine eher gemäßigte bilderfeindliche Politik, musste sich jedoch mehrerer Umsturzversuche erwehren und starb nach nur fünfjähriger Herrschaft 780. Für seinen minderjährigen Sohn Konstantin VI. übernahm dessen Mutter Irene die Regentschaft; bald allerdings zeigte sich, dass diese nicht beabsichtigte, die Macht abzugeben.[10] Konstantin wurde später geblendet und verstarb an den Folgen. Irene betrieb wieder eine bilderfreundliche Politik und versuchte ohne Erfolg, die Kaiserkrönung Karls des Großen zu verhindern. 802 wurde Irene, die politisch eher ungeschickt agiert hatte (wofür aber die Grundlagen der späteren makedonische Renaissance gelegt wurden), gestürzt, womit die durch Leo III. begründete Syrische Dynastie (nach dem Herkunftsland Leos III.) endete. Erst Michael II., der 820 den Thron bestieg, sollte es gelingen, wieder eine Dynastie, die Amorische Dynastie oder Phrygische Dynastie (nach dem Herkunftsort bzw. -land des Kaisers), zu begründen.
Außenpolitisch war auf dem Balkan gegen die Bulgaren vorerst wenig auszurichten. 811 wurde sogar ein byzantinisches Heer unter Führung Kaiser Nikephoros’ I. durch den Bulgarenkhagan Krum vernichtet, Nikephoros fiel im Kampf. Erst Leo V. konnte sich mit Khan Omurtag vertraglich einigen. Im 9. und vor allem im 10. Jahrhundert wurden dennoch einige bedeutende außenpolitische Erfolge erzielt, auch wenn unter der Amorischen Dynastie (ab Michael II.) Byzanz zunächst Gebietsverluste hinnehmen musste (Kreta und Sizilien an die Araber). Unter Michaels Sohn und Nachfolger, Theophilos, kam es schließlich zu einem letzten Aufflackern des Ikonoklasmus, welcher aber unter Michael III. (842–867), dem letzten Kaiser der Amorischen Dynastie, endgültig überwunden wurde. In Michaels Regierungszeit vollzog sich die Annahme des Christentums durch die Bulgaren – und zwar in dessen östlicher Form, womit die byzantinische Kultur, die nun immer mehr aufblühte, auch zur Leitkultur für das Bulgarische Reich wurde. Der Bilderstreit wurde endgültig beendet, während in Kleinasien mehrere Siege über die Araber gelangen. Flottenexpeditionen nach Kreta und sogar Ägypten wurden unternommen. Byzanz hatte die Phase der reinen Abwehrkämpfe damit überwunden.

Die makedonische Dynastie: Byzanz wieder als Großmacht [Bearbeiten]


Themeneinteilung um 950


Michael erhob 866 Basileios zum Mitkaiser, doch ließ Basileios Michael im folgenden Jahr ermorden, bestieg selbst den Thron und begründete damit die Makedonische Dynastie. Michaels Andenken wurde stark verunglimpft – zu Unrecht, wie die neuere Forschung betont. Kulturell erlebte Byzanz jedoch wieder eine neue Blüte (so genannte Makedonische Renaissance) wie etwa zur Zeit Konstantins VII., der von Romanos I. Lakapenos zunächst von den Regierungsgeschäften ausgeschlossen worden war. Außenpolitisch gewann das Reich zudem nach und nach an Boden: Unter Nikephoros II. Phokas wurde Kreta zurückerobert; die Grenzssicherung im Osten lag nun weitgehend in den Händen der Akriten. Johannes I. Tzimiskes, wie Nikephoros II. nur als Regent für die Söhne Romanos’ II. regierend, weitete den byzantinischen Einfluss bis nach Syrien und kurzzeitig sogar bis nach Palästina aus, während die Bulgaren niedergehalten wurden. Byzanz schien wieder auf dem Weg zur regionalen Hegemonialmacht zu sein.

Byzanz und Europa um das Jahr 1000


Das Reich erreichte unter den makedonischen Kaisern des 10. und frühen 11. Jahrhunderts seinen Machthöhepunkt. Durch die im Jahre 987 vollzogene Heirat der Schwester von Kaiser Basileios II. mit dem ruthenischen Großfürsten Wladimir I. breitete sich der orthodoxe Glaube allmählich auf dem Gebiet der heutigen Staaten Ukraine, Weißrussland und Russland aus. Die russische Kirche unterstand dem Patriarchen von Konstantinopel. Basileos II. eroberte in jahrelangen Kämpfen das Erste Bulgarische Reich, was ihm den Beinamen Bulgaroktónos („Bulgarentöter“) einbrachte. Im Jahre 1018 wurde Bulgarien eine byzantinische Provinz, und auch im Osten wurde Basileios expansiv tätig.[11]
Trotzdem durchlief das Byzantinische Reich bald darauf eine Schwächeperiode, die in hohem Grade durch das Wachstum des Landadels verursacht wurde, der das Themensystem untergrub. Ein Problem dabei war, dass das stehende Heer durch teils unzuverlässige Söldnerverbände ersetzt wurde bzw. ersetzt werden musste (was sich 1071 in der Schlacht von Manzikert gegen türkische Seldschuken bereits bitter rächen sollte). Bloß mit seinen alten Feinden, wie dem Kalifat der Abbasiden konfrontiert, hätte es sich vielleicht erholen können, aber um die gleiche Zeit erschienen neue Eindringlinge: die Normannen, die Süditalien eroberten (Fall von Bari 1071), und die Seldschuken, die hauptsächlich an Ägypten interessiert waren, aber auch Raubzüge nach Kleinasien, dem wichtigsten Rekrutierungsgebiet für die byzantinische Armee, unternahmen. Nach der Niederlage von Kaiser Romanos IV. im Jahr 1071 bei Mantzikert gegen Alp Arslan, den seldschukischen Sultan, ging der Großteil Kleinasiens verloren, unter anderem auch, da innere Kämpfe um den Kaiserthron ausbrachen und keine gemeinsame Abwehr gegen die Seldschuken errichtet wurde. Die bedeutendste Provinz ging aber nicht unmittelbar nach der Niederlage verloren, vielmehr begann der Einfall der Seldschuken erst drei Jahre danach, als der neue Kaiser sich nicht an die Abmachungen hielt, die zwischen Romanos VI. und dem Sultan getroffen worden waren. Dies lieferte den Seldschuken einen Vorwand zur Invasion.

Die Zeit der Komnenenkaiser [Bearbeiten]


Alexios I. Komnenos



Das Byzantinische Reich um 1081 n.Chr.


Das nächste Jahrhundert der byzantinischen Geschichte wurde durch die Dynastie Alexios I. Komnenos, geprägt, der 1081 an die Macht gelangte und anfing, die Armee auf Basis eines Feudalsystems wiederherzustellen. Es gelangen ihm bedeutende Fortschritte gegen die Seldschuken und auf dem Balkan gegen die Petschenegen. Sein Ruf nach westlicher Hilfe brachte ungewollt den Ersten Kreuzzug hervor, denn statt der Söldner, um die der Kaiser gebeten hatte, kamen selbstständige Ritterheere, die unabhängig von seinen Befehlen agierten.[12] Alexios verlangte, dass jeder der Kreuzfahrerfürsten, der mit seinem Heer durch Byzanz zu ziehen gedachte, ihm den Lehenseid leisten sollte. Obwohl diese Unterwerfung von den meisten Kreuzfahrerfürsten akzeptiert und der Lehenseid geleistet wurde, vergaßen sie den Schwur gegenüber Alexios doch recht bald.
Weiterhin gestalteten sich die Beziehungen nach dem Ersten Kreuzzug, in dessen Verlauf es bereits zu jenen Spannungen gekommen war, zunehmend feindselig. Für weiteren Konfliktstoff sorgte der Briefwechsel zwischen dem fatimidischen Herrscher Ägyptens und dem byzantinischen Kaiser Alexios. In einem Brief, den Kreuzfahrer zu lesen bekamen, distanzierte sich Kaiser Alexios ausdrücklich von den lateinischen Eroberern des Heiligen Landes, was verständlich war angesichts der traditionell guten und strategisch wichtigen Beziehungen zwischen den Fatimiden und Byzanz, aber auch dadurch begründet war, dass den Byzantinern das Konzept eines „Heiligen Krieges“ eher fremd war.
Ab dem 12. Jahrhundert wurde die Republik Venedig – paradoxerweise einst bis etwa ins 9. Jahrhundert selbst ein Vorposten byzantinischer Kultur im Westen – zu einer ernsten Bedrohung für die Integrität des Reiches. Die gegen militärische Unterstützung beim Kampf gegen Normannen und Seldschuken erworbenen Handelsvorrechte, versuchte Manuel durch Verhaftung aller Venezianer zurückzunehmen. Ähnlich versuchten die Kaiser gegen die anderen italienischen Händler vorzugehen. 1185 wurden zahlreiche Lateiner in einem pogromartigen Massaker umgebracht. Dennoch erlebte Byzanz in dieser Zeit auch eine kulturelle Blüte. Unter Kaiser Johannes II. Komnenos (1118–1143), dem Sohn des Alexios I., und dessen Sohn Manuel I. Komnenos (1143–1180) gelang es, die byzantinische Stellung in Kleinasien und auf dem Balkan zu festigen.[13] Manuel I. Komnenos hatte sich nicht nur mit den Angriffen des normannischen Königreiches in Süditalien und dem Zweiten Kreuzzug (1147–1149) auseinanderzusetzen, er betrieb auch eine ehrgeizige Westpolitik, die auf territoriale Gewinne in Italien und Ungarn abzielte; dabei geriet er auch in Konflikt mit Kaiser Friedrich I. Barbarossa. Im Osten konnte er gegen die Seldschuken Erfolge erzielen. Sein Versuch, ihr Reich völlig zu unterwerfen, endete allerdings in der vernichtenden Niederlage in der Schlacht von Myriokephalon 1176.

Das Byzantinische Reich am Ende der Komnenischen Periode


In der Folge konnten die Seldschuken ihre Macht auf die benachbarten muslimischen Reiche in Kleinasien und auch gegen Byzanz zur Mittelmeerküste hin ausdehnen. Andronikos I., der letzte Komnenenkaiser, errichtete eine kurze, aber brutale Schreckensherrschaft (1183–85), in deren Folge aber auch das von Alexios I. begründete Regierungssystem, das vor allem auf der Einbindung der Militäraristokratie beruhte, zusammenbrach. Damit verkamen auch die schlagkräftigen und straff organisierten Streitkräfte, mit denen das Reich unter Alexios, Johannes und Manuel ein letztes Mal erfolgreich in die Offensive gegangen war. Das Reich wurde unter den nachfolgenden Kaisern aus dem Hause Angelos von schweren inneren Krisen erschüttert, die schließlich dazu führten, dass sich Alexios IV. an die Kreuzfahrer wandte und sie dazu bewog, für ihn und seinen Vater um den Thron zu kämpfen. Als die erhoffte Bezahlung ausblieb, kam es zur Katastrophe: Unter dem Einfluss Venedigs eroberten und plünderten die Ritter des Vierten Kreuzzugs 1204 Konstantinopel und gründeten das kurzlebige Lateinische Kaiserreich. Dies bewirkte eine dauerhafte Schwächung der byzantinischen Macht und sorgte dafür, dass sich die Kluft zwischen den orthodoxen Griechen und den katholischen Lateinern weiter vertiefte.

Die spätbyzantinische Zeit [Bearbeiten]

Nach der Eroberung Konstantinopels durch die Teilnehmer des 4. Kreuzzugs 1204 entstanden drei byzantinische Nachfolgestaaten: das Kaiserreich Nikaia, wo Kaiser Theodor I. Laskaris im Exil die byzantinische Tradition aufrecht erhielt, das Despotat Epirus und das Kaiserreich Trapezunt, das sich unter den Nachkommen der Komnenen bereits vor der Eroberung Konstantinopels abgespalten hatte. Theodoros I. Laskaris und seinem Nachfolger Johannes III. Dukas Batatzes gelang es, in Westkleinasien ein wirtschaftlich blühendes Staatswesen aufzubauen und die Grenze zu den Seldschuken, die sich seit ihrer Niederlage gegen die Mongolen 1243 im Niedergang befanden, zu stabilisieren. Gestützt auf diese Machtbasis konnten die Laskariden erfolgreich auch in Europa expandieren, Thrakien und Makedonien erobern und die Konkurrenten um die Rückgewinnung Konstantinopels (das Reich von Epiros, das nach einer Niederlage gegen die Bulgaren 1230 stark geschwächt war, und das Bulgarenreich, das auch durch einen Mongoleneinfall 1241 stark beeinträchtigt wurde) aus dem Feld schlagen.

Die Reichsgrenze von 1270 einschließlich der Vasallenstaaten (Despotat Epirus, Thessalien) stellte die größte territoriale Ausdehnung des Byzantinischen Reiches nach dessen Restauration 1261 dar, die allerdings nach der Katastrophe von 1204 und der Plünderung Konstantinopels durch die Kreuzfahrer an die alte Größe des Reiches nicht mehr anknüpfen konnte.


Nach der kurzen Regierung des hochgebildeten Theodoros II. Laskaris übernahm der erfolgreiche Feldherr Michael VIII. Palaiologos die Regentschaft für den minderjährigen Johannes IV. Laskaris, den er schließlich blenden und in ein Kloster schicken ließ, und begründete so die neue Dynastie der Palaiologen, die das Reich bis zu seinem Untergang regieren sollte.
Kaiser Michael VIII. konnte eine Allianz seiner Gegner (Despotat Epiros, Fürstentum Achaia, Königreich Sizilien, Serbien und Bulgarien) in der Schlacht von Pelagonia in Makedonien 1259 besiegen und durch einen glücklichen Zufall Konstantinopel 1261 zurückerobern. Das Reich war somit wiederhergestellt, aber große Teile des ehemaligen Reichsgebietes unterstanden nicht mehr der Kontrolle der Reichsregierung, denn die Herrscher, die sich nach dem Zusammenbruch im Jahr 1204 in diesen Teilgebieten etabliert hatten, waren nicht geneigt, sich Konstantinopel unterzuordnen. Auch Konstantinopel war nicht mehr die glanzvolle Metropole von einst: Die Einwohnerzahl war erheblich geschrumpft, ganze Stadtviertel waren verfallen, und beim Einzug des Kaisers waren zwar noch reichlich die Spuren der Eroberung von 1204 zu sehen, aber nirgendwo sah man Zeichen des Wiederaufbaus. Byzanz war nicht mehr die alte Großmacht, sondern nur noch ein Staat von höchstens regionaler Bedeutung.[14] Zudem war die Kluft zwischen den Byzantinern und den Lateinern erheblich vergrößert worden. Michael VIII. Palaiologos’ Hauptsorge galt aber nun der Sicherung des europäischen Besitzstandes und vor allem der Hauptstadt gegen erneute Kreuzzugsversuche aus dem Westen (vor allem durch Karl I. Anjou, der die Staufer in Unteritalien ablöste); deshalb ging Michael VIII. 1274 auch die innenpolitisch höchst umstrittene Union von Lyon mit der Westkirche ein, um den Papst von der Unterstützung von Kreuzzügen abzuhalten. Als Karl I. Anjou dennoch einen Angriff vorbereitete, setzte die byzantinische Diplomatie 1282 einen Aufstand in Sizilien in Gang, die Sizilianische Vesper. Daneben aber vernachlässigten die Palaiologen die Grenzverteidigung im Osten, was den verschiedenen türkischen Staaten, die sich während des Machtzerfalls des Sultanats der Rum-Seldschuken unabhängig machten, die Expansion nach Westkleinasien ermöglichte, das sukzessive bis in die 1330er Jahre fast vollständig dem Reich verloren ging.

„Ostrom zwischen dem Serbischen Großreich im Westen und dem Reich der Osmanen im Osten.“ Die Karte der politischen Lage des Balkans um 1350, verdeutlicht den für das Oströmische Reich so katastrophalen Zusammenbruch seiner territorialen Basis. Bis auf Thrakien, das mit Adrianopel bereits um 1360 vollständig an die Osmanen verloren geht, einigen Ägäisinseln und dem Despotat Mistra, das vollständige Wegbrechen der äußeren Peripherie von 1270, sowohl im europäischen, wie auch im asiatischen Reichsteil.


Während sich in Kleinasien auf dem ehemaligen Reichsgebiet verschiedene türkische Beyliks etablierten (Mentesche, Aydin, Germiyan, Saruhan, Karasi, Teke, Candar, Karaman, Hamid, Eratna und die Osmanen in Bithynien), stießen die Palaiologen in einer letzten, kraftvollen Offensive gegen die lateinische Herrschaft in Griechenland, und annektierten bis 1336 ganz Thessalien und 1337 das durch die Familie Orsini dominierte Despotat Epirus. Unterdessen sah sich Kaiser Johannes V. Palaiologos mit den Folgen der Großen Pestpandemie (1347–1351) konfrontiert, die das Fundament des Staates erschütterten, zudem leistete sich das Reich mehrere Bürgerkriege, die längsten (1321–1328) zwischen Andronikos II. Palaiologos und seinem Enkel Andronikos III. Palaiologos. Diesem Vorbild folgend, trugen ebenso Johannes V. Palaiologos und Johannes VI. Kantakuzenos mehrere Machtkämpfe (1341–47 und 1353–54) gegeneinander aus; dabei suchten beide Parteien die Hilfe der Nachbarn (Serben, Bulgaren, aber auch Aydın und Osmanen). Dies ermöglichte dem Serbenreich unter Stefan IV. Dušan den Aufstieg zur beherrschenden Macht des Balkans in den Jahren 1331–1355. So gerieten die Bulgaren nach der Schlacht von Küstendil 1330 in ein Abhängigkeitsverhältnis zu Serbien, außerdem errang Stefan bis 1348 die Hegemonie über weite Teile Makedoniens, Albaniens, Despotat Epirus und Thessaliens, die unter der Suzeränität des Kaisers standen. Mit seiner Krönung zum Zaren der Serben und Selbstherrscher der Rhōmaíoi, beanspruchte dieser auch den byzantinischen Kaiserthron und die Herrschaft über Konstantinopel. Es gelang ihm aber nicht einmal, die zweite byzantinische Hauptstadt Thessaloníki zu erobern, und sein Großserbisches Reich zerfiel bereits nach seinem Tod 1355 in ein Konglomerat mehr oder weniger unabhängiger serbischer Fürstentümer (Despotate).
Während also die christliche Staatenwelt des Balkans zerstritten war und sich gegenseitig befehdete, setzten sich seit 1354 die Osmanen in Europa fest und expandierten in das byzantinische Thrakien, das sie in den 1360er Jahren großteils eroberten. Ein präventiver Schlag des südserbischen Königs Vukašin Mrnjavčević im Bund mit dem bulgarischen Zaren Iwan Schischman von Weliko Tarnowo gegen das Zentrum der osmanischen Herrschaft in Europa, Adrianopel, endete, trotz zahlenmäßiger Überlegenheit, in der Niederlage an der Maritza 1371. Der Sieg über die beiden slawischen Balkanmächte brachte dem Sultan Teile Südbulgariens, das serbische Makedonien und die Hegemonie über weite Teile des Balkans ein. Schließlich zwang er 1373 den bulgarischen Herrscher, das Supremat der Osmanen anzuerkennen. Diesem Beispiel folgten das zu einem Kleinstaat gewordene Byzanz (Konstantinopel samt Umland, Thessaloniki mit Umland, Thessalien, einige Ägäisinseln, Despotat Morea) und das Nordserbische Reich des Fürsten Lazar Hrebeljanović, der ebenfalls ein Vasall der Osmanen wurde. Mehrmals ersuchte Byzanz den Westen um Hilfe und bot dafür sogar die Kirchenunion an, so 1439 auf dem Konzil von Ferrara und Florenz, was jedoch am Widerstand der byzantinischen Bevölkerung scheiterte („Lieber den Sultansturban als den Kardinalshut“).
Nach der Schlacht auf dem Amselfeld 1389 und der Niederlage der westlichen Kreuzfahrer bei Nikopolis 1396, schien die Lage des Reiches aussichtslos. Erst die vernichtende Niederlage der Osmanen gegen den mächtigen Turkmenen Tamerlan, der den Byzantinern wohlgesinnt war (bei dem Versuch Konstantinopel 1402 zu belagern, erschienen Tamerlans Unterhändler in Sultans Bayezid I. Lager und forderten ihn auf, dem christlichen Kaiser seine Gebiete zurückzugeben, die er ihm „gestohlen“ habe), bei Angora 1402 und das als Resultat der Schlacht entstandene Chaos im Osmanenreich, gewährten den Griechen eine letzte Atempause. Doch die Möglichkeit, den Todesstoß durch die Osmanen abzuwenden, hatte das Reich durch den Entzug der dafür notwendigen territorialen Basis und Ressourcen nicht mehr, so blieb ihm nichts anderes übrig als der Weg der Diplomatie. Die Gebietsverluste gingen dennoch weiter, da sich die europäischen Mächte auf kein Hilfskonzept für das bedrohte Byzanz einigen konnten. Besonders nach 1402 sahen sie dafür keine Notwendigkeit, befand sich doch das einst potente Türkenreich im Zustand der inneren Auflösung, ein Irrtum, dem viele im Westen erlagen und zudem die einmalige Chance vergaben, die Gefahr, die von der beträchtlich geschwächten Osmanlı Dynastie ausging, für alle Zeit auszuschalten.
Sultan Murad II., unter dem die Konsolidierungsphase des osmanischen Interregnums ihr Ende fand, nahm die Expansionspolitik seiner Vorfahren erneut auf. Er ließ Konstantinopel 1422 erfolglos belagern, wandte sich zum Ausgleich gegen Südgriechenland, indem er einen Plünderungszug gegen die kaiserliche Sekundogenitur, das Despotat von Morea schickte. 1430 annektierte er Teile des „fränkisch“ dominierten Epirus durch die Einnahme von Janina, während sich Fürst Carlo II. Tocco, als dessen Lehnsnehmer, in Arta mit dem „Rest“ abzufinden hatte (die Dynastie der Tocco wurde durch die Osmanen bis 1480 ganz aus dem heutigen Griechenland – Epirus, Ionische Inseln – verdrängt, wodurch die Herrschaft der „Franken“ über Zentralgriechenland, die seit 1204 bestand, bis auf wenige venezianische Festungen, endgültig ein Ende fand). Noch im gleichen Jahr besetzte er das seit 1423 venezianisch dominierte Thessaloníki, welches die Handelsrepublik Vendig vom Andronikos Palaiologos, einem Sohn Kaiser Manuels erwarb, da jener im Glauben war, die Stadt alleine gegen die Türken nicht behaupten zu können. Alsbald zog er gegen das Königreich Serbien des Fürsten Georg Branković, der formell ein Vasall der Hohen Pforte war, da sich dieser weigerte seine Tochter Mara dem Sultan zur Frau zu geben.

Die Belagerung Konstantinopels durch den türkischen Sultan Mehmed II. im Jahr 1453


Eine osmanische Strafexpedition Richtung Donau ließ die serbische Festung Smederevo 1439 zerstören und Belgrad 1440 erfolglos belagern. Der osmanische Rückschlag bei Belgrad rief seine christlichen Gegner auf den Plan. Unter der Führung Papst Eugens IV., der sich mit der Kirchenunion von Florenz von 1439 am Ziel sah, wurde erneut für einen Kreuzzug gegen die „Ungläubigen“ geplant. Ungarn, Polen, Serbien, Albanien, sogar das türkische Emirat Karaman in Anatolien, gingen eine anti-osmanische Allianz ein, doch durch den Ausgang der Schlacht bei Warna 1444 unter König Wladyslaw von Polen und Ungarn und der zweiten Schlacht auf dem Amselfeld 1448 unter dem ungarischen Reichsverweser Johann Hunyadi, zerschlugen sich endgültig alle Hoffnungen der Christen das Byzantinische Reich vor einer osmanischen Annexion zu entsetzen.
Am 29. Mai 1453, nach knapp zweimonatiger Belagerung, fiel die Reichshauptstadt an Mehmed II.. Der letzte byzantinische Kaiser, Konstantin XI., starb während der Kämpfe um die Stadt.
Der 29. Mai gilt auch heute noch bei den Griechen als Unglückstag, denn es begann die lange türkische Fremdherrschaft, während der nach teilweiser Sprachübernahme nur die Religion als bindende Kraft erhalten blieb. Die Anfangs- und Enddaten der Unabhängigkeit der Hauptstadt, 395 und 1453, galten lange auch als zeitliche Grenzen des Mittelalters. Bis 1461 wurden auch die restlichen Städte – wie Trapezunt am östlichen Schwarzen Meer und Mystras auf der Halbinsel Morea – erobert. Lediglich Monemvasia unterstellte sich 1464 dem Protektorat von Venedig. Die Stadt stellte staatsrechtlich das dar, was vom „Römischen Reich“ im Lauf der Jahrhunderte übrig blieb. Der Fall von Byzanz war einer der Wendepunkte von weltgeschichtlicher Bedeutung. Das Byzantinische Reich, das sich als eines der langlebigsten der Weltgeschichte erwiesen hatte, war damit untergegangen; mit ihm ging eine über 2000-jährige Ära zu Ende.

Das Wesen von Byzanz [Bearbeiten]


Selbstverständnis [Bearbeiten]

Die Byzantiner – und die Griechen bis ins 19. Jahrhundert hinein – betrachteten und bezeichneten sich selbst als Römer (Ῥωμαῖοι, Rhōmaîoi, zeitgenössische Aussprache: Romäi), das Wort Griechen (Έλληνες, Héllēnes/Éllines) wurde fast nur für die vorchristlichen, heidnischen griechischen Kulturen und Staaten verwendet. Um 1400 jedoch bezeichneten sich die Byzantiner zunehmend als Hellenen.
Die heute üblichen Bezeichnungen Byzantiner und Byzantinisches Reich sind modernen Ursprungs. Zeitgenossen sprachen immer von der Βασιλεία τῶν Ῥωμαίων (Basileía tōn Rhōmaíōn/Vasilía ton Romäon „Reich der Römer“) oder der Ῥωμαικὴ Αὐτοκρατορία (Rhōmaikḗ Autokratoría/Romaikí Aftokratoría „Römische Selbstherrschaft, Römisches Kaiserreich“). Nach ihrem Selbstverständnis waren sie nicht die Nachfolger des Römischen Reiches – sie waren das Römische Reich an sich, deutlich wird dies auch dadurch, dass die Bezeichnungen „Oströmisches“ und „Weströmisches Reich“ modernen Ursprungs sind und es nach zeitgenössischer Auffassung nur ein Reich unter zwei Kaisern gab, solange beide Reichsteile existierten. Staatsrechtlich war das auch korrekt, da es keinen Einschnitt wie im Westen gegeben hatte und Byzanz in einem intakten, an die Spätantike erinnernden Zustand fortlebte, der sich erst nach und nach veränderte und zu einer Gräzisierung des Staates unter Herakleios führte. Allerdings war bereits vorher die vorherrschende Identität des Oströmischen Reiches griechisch. Altgriechisch und seit der Wende um 600 das Mittelgriechische, lautlich dem heutigen Griechisch schon fast identisch, ersetzte nicht nur seit Herakleios Latein als Amtssprache, sondern war auch die Sprache der Kirche, der Literatur und aller Handelsgeschäfte.
Resultierend aus diesen Wurzeln war das Reich zunächst geprägt von hellenistischer Kultur, römischem Staatswesen und christlicher Religion. Das Oströmische bzw. Byzantinische Reich verlor seinen römisch-spätantiken Charakter erst im Laufe der arabischen Eroberungen im 7. Jahrhundert. Es sah sich Zeit seines Bestehens als unmittelbar und einzig legitimes, weiterbestehendes Römisches Kaiserreich und leitete daraus einen Anspruch auf Oberhoheit über alle christlichen Staaten des Mittelalters ab. Dieser Anspruch war aber spätestens seit etwa dem Jahr 600 nicht mehr durchsetzbar, wurde aber in der Staatstheorie konsequent aufrechterhalten. Das konnte soweit gehen, dass die kaiserlichen Beamten von venezianischen Händlern Zölle auf Waren verlangten, die längst nicht mehr zum Reich gehörten.

Ethnien [Bearbeiten]

Das Byzantinische Reich war zwar ein polyethnischer Staat, der außer Griechen auch Armenier, Illyrer und Slawen sowie in frühbyzantinischer Zeit auch Syrer und Ägypter einschloss, aber die meisten Gebiete, über die er sich erstreckte, waren seit Jahrhunderten hellenisiert, also dem griechischen Kulturkreis angeschlossen. Hier lagen bedeutende Zentren des Hellenismus wie Konstantinopel, Antiochia, Ephesos, Thessaloníki und Alexandria, und hier bildete sich auch die orthodoxe Form des Christentums heraus.
Das Gebiet des heutigen Griechenlands spielte im Byzantinischen Reich lange keine sonderlich bedeutende Rolle, da die neben der Hauptstadt wirtschaftlich und militärisch bedeutsamsten Gebiete die orientalischen Provinzen des Reiches waren. Als diese verloren gingen, spielte Kleinasien eine wichtige Rolle, erst seit dem Hochmittelalter auch wieder vor allem der Balkan. Als Kleinasien nach 1071 teilweise und im 14. Jahrhundert endgültig an türkische Invasoren fiel, begann der Abstieg von der Groß- zur Regionalmacht und schließlich zum Kleinstaat.

Innere Struktur [Bearbeiten]

Das Byzantinische Reich besaß – im Gegensatz zu den meisten anderen Reichen des Mittelalters – auch nach dem Einfall der Araber noch lange eine recht straff organisierte Bürokratie, deren Zentrum Konstantinopel war. Daher konnte Ostrogorsky von einem Staat im modernen Sinne sprechen. Das Reich verfügte weiter über einen effizienten Verwaltungsapparat und ein organisiertes Finanzwesen, sowie über eine stehende Armee. Kein Reich westlich des Kaiserreichs China konnte etwa über so große Beträge verfügen wie Byzanz. Die wirtschaftliche Kraft und Ausstrahlung von Byzanz war so groß, dass der goldene Solidus zwischen dem 4. und 11. Jahrhundert die Leitwährung im Mittelmeerraum war.[15] Der Kaiser wiederum herrschte de facto fast uneingeschränkt über Reich und Kirche, und dennoch war in keinem anderen Staat eine so große Aufstiegsmöglichkeit in die Aristokratie gegeben wie in Byzanz, welches eine Mischung aus römischem Staatswesen, griechischer Kultur und christlichem Glauben (G. Ostrogorsky) darstellte und sich immer noch dem Gedanken der antiken „Universalmacht“ verpflichtet fühlte.

40 Nummi und 5 Nummi des Kaiser Anastasios I.


Nur Byzanz, so die zeitgenössische Vorstellung, war die Wiege des „Wahren Glaubens“ und der Zivilisation. In der Tat war das kulturelle Niveau in Byzanz zumindest bis ins Hochmittelalter hinein höher als in allen anderen Reichen des Mittelalters, abgesehen vielleicht vom islamischen Bereich. Dabei spielte auch der Umstand eine Rolle, dass in Byzanz wesentlich mehr vom antiken Erbe bewahrt wurde als in Westeuropa; ebenso war der Bildungsstandard lange Zeit höher als im Westen.
In weiten Teilen wissen wir nur wenig über das „Neue Rom“. Relativ wenige Aktenstücke sind uns überliefert, und in Teilen schweigt auch die byzantinische Geschichtsschreibung, die in der Spätantike mit Prokopios von Caesarea einsetzte und im Mittelalter mit Michael Psellos, Johannes Skylitzes, Anna Komnena und Niketas Choniates über einige hervorragende Vertreter verfügte. Ansonsten stehen uns auch andere profane Schriften zur Verfügung, so etwa das Werk des Philotheos, das wichtige Informationen zum mittelbyzantinischen Rangsystem enthält.[16] Wenn uns daher für einige Zeiträume nur „kirchliche“ Quellen zur Verfügung stehen, so darf dies nicht zu der Annahme verleiten, Byzanz sei ein theokratischer Staat gewesen. Die Religion war wohl oft bestimmend, aber die Quellenlage ist in Teilen und besonders für die Periode vom 7. bis 9. Jahrhundert zu dürftig, um ein klares Bild zu erhalten. Umgekehrt hat sich die Forschung heute auch von der Vorstellung eines byzantinischen Cäsaropapismus, in dem der Kaiser fast absolut über die Kirche geherrscht habe, verabschiedet.

Das kulturelle Fortwirken von Byzanz [Bearbeiten]

Nach dem Fall Konstantinopels 1453 brachten Flüchtlinge aus Byzanz, darunter zahlreiche Gelehrte, ihr naturwissenschaftlich-technisches Wissen und die alten Schriften der griechischen Denker in die westeuropäischen Städte und trugen dort maßgeblich zur Entfaltung der Renaissance bei. Am längsten bestand die byzantinische Kultur auf dem damals venezianischen Kreta fort, die als sogenannte „Byzantinische Renaissance“ in die Historie einging. Diese Reste autonomer hellenistisch-byzantinischer Kultur wurden mit der Eroberung der Insel durch die Türken 1669 vernichtet.
Bis heute wirkt die byzantinische Kultur vor allem im Ritus der östlich-orthodoxen Kirchen fort. Durch byzantinische Missionsarbeit verbreitete sich das orthodoxe Christentum bei vielen slawischen Völkern und ist bis in die Gegenwart die vorherrschende Konfession in Osteuropa und Griechenland, in Teilen von Südosteuropa und Kaukasien sowie bei den meisten arabischen Christen. Die byzantinische Kultur und Denkweise hat alle orthodoxen Völker tief geprägt.
Die slawischen Reiche auf dem Balkan und am Schwarzen Meer übernahmen neben der orthodoxen Kirche auch profane byzantinische Bräuche. Vor allem Russland, die Ukraine und Weißrussland, aber auch in etwas kleinerem Maße Bulgarien sollten das Erbe des Byzantinischen Reiches fortführen.
Schon im 9. Jahrhundert kamen die Rus mit Byzanz in Kontakt, wodurch sich – trotz immer wiederkehrender Versuche von Seiten der Rus, Konstantinopel zu erobern – intensive wirtschaftliche und diplomatische Beziehungen zwischen dem Byzantinischen Reich und dem Reich der Kiewer Rus entwickelten, die 988 zum Übertritt der Rus zum orthodoxen Glauben führten. In den folgenden Jahrhunderten wurden auf ostslawischem Gebiet zahlreiche prachtvolle Kirchen nach byzantinischem Vorbild gebaut, byzantinische Priester und Mönche standen bei der Entwicklung der kyrillischen Schrift aus dem griechischen Alphabet Pate und machten die Bewohner der Rus mit rudimentärer griechischer Philosophie vertraut. So hat russische Architektur und Kunst neben (meist späteren) skandinavischen und genuin slawischen vor allem byzantinische Wurzeln. Dasselbe betrifft in vollem Maße auch die Architektur und die Kunst der Ukraine und Weißrusslands.
Nach dem Untergang des Byzantinischen Reichs übernahm dann das russische Moskowiterreich in vielen Teilen byzantinisches Zeremoniell. Der Patriarch von Moskau errang bald eine ähnlich prominente Stellung innerhalb der orthodoxen Kirche wie vormals der Patriarch von Konstantinopel. Moskau sah sich bald als Drittes Rom in der Nachfolge Konstantinopels. Iwan III., Herrscher des Großfürstentums Moskau, heiratete die Nichte von Konstantin XI., Zoe, und übernahm den byzantinischen Doppeladler als Wappentier. Iwan IV., genannt „der Schreckliche“, war der erste moskowitische Herrscher, der sich schließlich offiziell zum Zaren krönen ließ.
Die beinah kontinuierlich betriebene panslawistische Hegemonialpolitik Russlands kann in diesem Sinne als Fortwirken des römisch-byzantinischen Gedankens eines universalen Kaiserreichs interpretiert werden. Die russische Außenpolitik richtete sich vor allem gegen das Osmanische Reich und hatte bis in das 20. Jahrhundert hinein die Rückeroberung Konstantinopels für die orthodoxe Christenheit zum Ziel.
Aber auch die osmanischen Sultane betrachteten sich als legitime Erben des Byzantinischen Reiches, obwohl die seldschukischen und osmanischen Türken jahrhundertelang Erzfeinde der Rhomäer waren und das Byzantinische Reich letztlich vernichteten. Schon Sultan Mehmet II. bezeichnete sich als „Kayser-i Rum“ (Kaiser von Rom) - die Sultane stellten sich somit ganz bewusst in die Kontinuität des (Ost-)Römischen Reiches, um sich zu legitimieren. Das Osmanische Reich, das sich in der Auseinandersetzung mit Byzanz entwickelte, hatte mit diesem mehr als nur den geografischen Raum gemeinsam. Der Historiker Arnold J. Toynbee bezeichnete das Osmanische Reich - allerdings sehr umstritten - als Universalstaat des „christlich-orthodoxen Gesellschaftskörpers“. Eine staatsrechtliche Fortsetzung fand das Byzantinische Reich in ihm jedenfalls nicht.

Rezeption [Bearbeiten]

Die ältere, westliche Forschungsmeinung sah in Byzanz oft nur eine dekadente, halborientale „Despotie“, so etwa Edward Gibbon. Dieses Bild wurde durch John B. Bury, Cyril Mango, Ralph-Johannes Lilie, John Haldon und andere längst verworfen. Es wird inzwischen immer darauf hingewiesen, dass Byzanz als Vermittler von kulturellen Werten und dem Wissen der Antike Unschätzbares geleistet habe. Es war zudem der „Schutzschild“ Europas über viele Jahrhunderte hinweg, erst gegenüber den Persern und Steppenvölkern, später gegenüber dem Islam. Ironischerweise konnte das Byzantinische Reich diese Funktion erst nach der verheerenden Plünderung Konstantinopels durch die Kreuzfahrer im Jahr 1204 nicht mehr wahrnehmen.
 
Hagia Sophia




Die Hagia Sophia



Die Hagia Sophia bei Nacht



Mihrab



Innenansicht



Die Hagia Sophia um 1880


Die Hagia Sophia (aus dem griechischen Ἅγια Σοφία „heilige Weisheit“, türkisch Aya Sofya oder Ayasofya) oder Sophienkirche ist eine ehemalige Kirche, spätere Moschee und heute ein Museum (Ayasofya Camii Müzesi, „Hagia-Sophia-Moschee-Museum“) in Istanbul. Sie wurde im 4. Jahrhundert n. Chr. erbaut und war die Hauptkirche des byzantinischen Reiches und religiöser Mittelpunkt der Orthodoxie.
Als Krönungskirche der byzantinischen Kaiser (seit 641) und Ort wichtiger historischer Geschehnisse ist die Hagia Sophia in besonderer Weise mit der Geschichte des Byzantinischen Reiches verbunden. Ihr Bau war von hoher Bedeutung für die frühe orthodoxe Christenheit und das Byzantinische Reich. Sie gilt vielen orthodoxen Christen noch heute als spezielles Heiligtum. Nach der osmanischen Eroberung wurde die Hagia Sophia Hauptmoschee der Osmanen. Gleich gegenüber dem Sultanspalast, dem Topkapı Sarayı gelegen, diente sie den osmanischen Eroberern als Vorbild der imperialen Moscheen in Istanbul und Edirne.
Die Hagia Sophia ist das letzte bedeutende Bauwerk der römischen Spätantike und zugleich das erste Beispiel einer spezifisch byzantinischen Architektur, in der die Kuppel zum prägenden Element des Kirchenbaus wurde.


Baugeschichte [Bearbeiten]


Vorgängerbauten [Bearbeiten]

Schon unter Kaiser Konstantin I., um 325, wurde mit dem Bau der ersten Kirche begonnen, zunächst vermutlich als Palastaula, vollendet wurde sie unter Constantius II.. Die Kirche hatte bis in Frühzeiten keinen Namen sondern wurde einfach Megálē Ekklēsíā (griechisch: Μεγάλη Ἐκκλησία "Große Kirche") genannt.
Diese Kirche brannte im Juni 404 bei einem Aufstand der Anhänger des Patriarchen von Konstantinopel Johannes Chrysostomos nieder, als dieser durch Kaiserin Eudoxia abgesetzt worden war.
Von Theodosius II. am gleichen Ort wieder aufgebaut, wurde sie 532, bald nach Beginn der Herrschaft von Kaiser Justinian I., während des so genannten Nika-Aufstands erneut niedergebrannt; kurz darauf wurde sie auf seine Anweisung neu errichtet. Hierbei scheute der Kaiser keine Kosten: 145 Tonnen Gold bezahlte Justinian für den Wiederaufbau[1]. Die Details der Baugeschichte hat vor allem Prokopios von Caesarea überliefert, der um 560 in seinem Werk De aedificiis (I,1) über die zahlreichen Bauwerke berichtete, die unter Justinians Herrschaft im Imperium Romanum errichtet wurden; das Werk entstand offenbar im Auftrag des Kaisers, der darin teils panegyrisch gelobt wird.

Ein Weltwunder in fünf Jahren Bauzeit [Bearbeiten]


Längsschnitt der Hagia Sophia



Grundriss der Hagia Sophia, in der oberen Hälfte die Empore, in der unteren das Erdgeschoss






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Themenübersicht zum Byzantinischen Reich


Die stärkste Feste des Mittelalters Bibliographie



Als Konstantin der Große sich entschließt, die Hauptstadt des Imperium Romanum nach dem Osten zu verlegen, wo seine Wahl schließlich auf das kleine Byzantion fällt, kann man seinen außerordentlichen Scharfsinn nicht verkennen. Die Stadt hat eine einmalige strategische Lage, denn sie ist von drei Seiten vom Wasser umgeben: vom Goldenen Horn im Norden, vom Bosporos im Osten und von der Propontis im Süden. Somit braucht sie eine Besfestigung nur im Westen.


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Tafel von Jacques Person, aus Ranuccio Bianchi Bandinelli: „Roma. La fine
dell’arte antica“, 1. ital. Ausgabe, Mailand 1970.


Im Jahre 324 wird mit der Vergrößerung Byzantions begonnen und schon am 11. Mai 330 wird sie mit dem Namen Constantinopolis (Stadt des Konstantin) eingeweiht. Sie erhält 328 eine Mauer - von der heute keine Spur mehr vorhanden ist -, aber da sich die Stadt sehr schnell vergrößert und dies nur nach dem Westen tun kann, wird unter Kaiser Theodosius II (408 - 450) eine neue Landmauer zum Schutz gegen die Barbaren nötig.

Diese Mauern verlaufen von Norden nach Süden und haben eine Länge von etwa 6 km. Sie bestehen aus einem drei-gliedrigen System, nämlich der Hauptmauer, der Vormauer und dem Graben. Zusammen ist dieser Wall etwa 60 m breit.


allgemein_maueransicht.jpg
Allgemeine Maueransicht, aus Fritz Krischen: „Die Landmauer von Konstantinopel“,
Teil 1, Berlin 1938.


Der Graben ist etwa 20 m breit, 7 - 8 m tief und kann in einzelnen Abschnitten, welche durch Schotte gegliedert sind, mit Wasser gefüllt werden. Möglicherweise ist er nicht von Anfang an gemauert. Hinter ihm befindet sich eine Brustwehr.


Mauer-schott.jpg
Gemauertes Schott im Graben beim Goldenen Tor. Zustand 1996.
Photo Gabriele Pasch.


Die Vormauer besteht zunächst aus einem Laufgang von 13 - 17 m Breite, dahinter erhebt sich die eigentliche Vormauer in einer Höhe von 8 Metern. Ihr Durchmesser beträgt 3,20 m. Jedoch ist sie nicht massiv, denn in ihr befinden sich Kasematten zum Abstellen von Geschützen. Sie ist im Abstand von 50 - 100 m mit Türmen versehen.
Die Hauptmauer besteht ebenfalls zunächst aus einem Umgang, der etwa 13 - 20 m breit ist und wo - für den Feind nicht sichtbare - Truppenverschiebungen stattfinden können. Die eigentliche Hauptmauer erhebt sich in 12 Metern Höhe und ist 5 m dick massiv. Sie ist in regelmäßigen Abständen mit 96 Türmen versehen, welche so angeordnet sind, daß sie die Zwischenräume der Vormauertürme decken.

Die Türme der Hauptmauer haben eine Grundfläche von 11 x 10 m und einen hohen Sockel von 9 - 13 m. Der erste Stock dient zur Waffenlagerung, oben befindet sich eine mit Zinnen versehene Plattform. Die Höhe der Türme beträgt 24 m, wobei ihre Form ohne jeden strategischen Grund rechteckig oder achteckig sein kann.


Mauer-Kpl-Hauptmauer.jpg
Türme der Hauptmauer im südlichen Mauerteil. Zustand 1991.
Photo Gabriele Pasch.


In der Hauptmauer befinden sich mehrere Ausfallpforten, denen allen ein kleineres Tor in der Vormauer entspricht.


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Ausfallpforte. Aus Fritz Krischen.


Das Wichtigste von diesen Toren ist das auf einer Anhöhe im Süden gelegene sogenannte Goldene Tor oder Porta Aurea, das einzige Tor mit drei Durchgängen, von denen der mittlere dem Kaiser vorbehalten ist, wenn er im Triumpfzug heimkehrt. Das Goldene Tor hat eine Breite von 66 m mit einer Höhe von 20 m.


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Goldenes Tor. Aus Fritz Krischen.


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Goldenes Tor im Zustand von 1996.
Photo Gabriele Pasch.


Die Landmauer Konstantinopels hat im Norden in der Blachernenregion, dort wo sich die Mauerlinie etwas vorwölbt, einen antikeren - nicht mehr erhaltenen - Mauertypus. Hieran wird die theodosianische Landmauer angeschlossen.
Unter Kaiser Manuel I Komnenos (1143 - 80) wird 100 m westlich dieser älteren eine neue Mauer errichtet, welche mit 13 dichtstehenen Türmen versehen wird. Diese Komnenen-Mauer hat keinen Graben und ihre Türme sind halbrund.



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Komnenen-Mauer im Zustand von 1991.
Photo Gabriele Pasch.


Die Mauertechnik der Landmauer von Konstantinopel ist sehr typisch: sie besteht aus einer Schalenkonstruktion, d. h. die Außenseiten aus Kalkstein dienen zur Aufnahme eines regellos eingebrachten Füllwerks. Diese Außenseiten werden dann in einem gewissen Abstand durch horizontale Ziegellagen kastenartig miteinander verbunden, wobei ein lebhafter optischer Eindruck entsteht.

Die Landmauer von Konstantinopel ist mit keiner anderen Festungsanlage des europäischen Mittelalters vergleichbar. In allen anderen derartigen Anlagen - z. B. in der Aurelianischen Mauer in Rom - findet man niemals drei Niveaus, die Vormauer fehlt gänzlich und ein kleiner Graben kommt nur in seltenen Fällen vor.
Sehr viele Völker belagern diesen Wall in über tausend Jahren, nach den Arabern auch die Bulgaren und Russen. Jedoch erst 1453 können die Türken sie mit großer Mühe nach siebenwöchiger Belagerung überwinden, obwohl Konstantinopel zu diesem Zeitpunkt fast entvölkert ist und somit die Mauer nur ungenügend verteidigt werden kann.
Den Landmauern Konstantinopels kommt eine weltgeschichtliche Bedeutung zu. „Man male sich einmal aus, dieser Damm hätte im 7., 8. Jahrhundert dem mächtigen Ansturm des Arabertums nicht widerstanden... wer weiß, ob Karl Martell dann siegreich geblieben und Europa nicht eine Provinz des Kalifats geworden wäre.“ (Fritz Krischen)
 
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