Krajisnik
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Von Ronald Heinemann
Was vom großserbischen Traum des Slobodan Milosevic als Rest-Jugoslawien übrig blieb, wurde von der EU auch noch zwangsverheiratet: Die ungleichen Brüder Serbien und Montenegro besiegelten 2003 den gemeinsamen Staatenbund. Nun ergeht es dem seltsamen Paar nicht anders, als Titos Reich - ihm droht der Zerfall.
REUTERS
Serben-Führer Milosevic: Politik des Hasses und der verbrannten Erde
Als Slobodan Milosevic 1987 an die Spitze des serbischen Staates trat, schrieb er: "Wir werden dieses Europa nicht als Lakaien betreten. Wir wollen die entwickelten Länder Europas nicht einholen, indem wir zur Privatwirtschaft und zum parlamentarischen System zurückkehren. Wir werden Europa als gleichberechtigte Partner betreten. Und wir werden es auf unsere eigene jugoslawische, sozialistische Weise machen".
Die jugoslawische, sozialistische Weise des Slobodan Milosevic - sie sollte die blutigste werden, die Europa seit dem Ende des 2. Weltkrieges erlebt hat: Eine Politik des Hasses und der verbrannten Erde - 13 Jahre lang.
Rückblick: Nach dem Tod der jugoslawischen Integrationsfigur Tito gerät der Vielvölkerstaat in die Wirtschaftskrise; es beginnt - wie im gesamten sozialistischen Ostblock - der Zerfall. Doch als rings um den Balkan 1989 die Mauern Risse bekommen, errichtet Milosevic neue. Während die Brudernationen plötzlich von Freiheit und Demokratie sprechen, versammelt Milosevic seine Anhänger zu Tausenden auf dem Amselfeld und stellt die serbische Frage. Ab 1991 erklären Slowenien, Kroatien und Bosnien ab 1991 ihre Unabhängigkeit - und durchkreuzen des reaktionären Diktators großserbischen Traum.
Die kroatische Unabhängigkeitserklärung vom 25. Juni 1991 bezahlen 10.000 Menschen mit dem Leben. Rund 300.000 werden vertrieben, als die Jugoslawische Bundesarmee und serbische Freischärler gegen die Abtrünnigen vorgehen. Am 3. März 1992 sagt sich Bosnien-Herzegowina von der Sozialistischen Förderativen Republik Jugoslawien los. Die Folge: Ein drei Jahre andauernder Bürgerkrieg zwischen Serben, Kroaten und Muslimen eskaliert. Die Uno entsendet tausende Blauhelm-Soldaten. Doch erst die Luftangriffe der USA gegen serbische Stellungen zwingen Belgrad am 21. November 1995 zum Friedensabkommen von Dayton. Der Krieg in Bosnien-Herzegowina forderte 200.000 Tote, mehr als 2 Millionen Menschen wurden ihrer Heimat beraubt.
Angst vor Machtverlust
Dayton sichert Milosevic den Verbleib im Amt. Gleichzeitig nehmen Gewaltaktionen durch serbische Sondereinheiten im Kosovo zu. Zielscheibe des nationalistischen Hasses sind diesmal die in der Provinz lebenden Albaner. Im Frühjahr 1998 eskaliert der Konflikt mit der kosovarischen Rebellenbewegung UCK - und Slobodan Milosevic beginnt den Bogen zu überspannen. Als er im Februar 1999 bei Gesprächen im französischen Rambouillet die Präsenz einer internationalen Schutztruppe im Kosovo mit Bewegungsfreiheit in ganz Jugoslawien ablehnt, verliert die Nato-Führung in Brüssel die Geduld: Am 24. März 1999 beginnt das westliche Verteidigungsbündnis einen massiven Luftkrieg gegen das Land. UN-Beobachter sprechen diesmal von 5.000 Toten und einer Million Flüchtlingen.
Aus Angst vor dem Machtverlust stimmt Milosevic am 3. Juni 1999 einem G-8 Friedensplan über den Abzug der serbischen Sicherheitskräfte und einem Einmarsch der 50.000 Soldaten starken Kosovo-Force (Kfor) zu. Seine Tage als kommunistischer Herrscher des Balkans sind zu diesem Zeitpunkt bereits gezählt.
Das Volk kriegsmüde, die Wirtschaft durch jahrelange Isolation am Boden, die Städte ausgebombt. Milosevic soll die jugoslawischen Präsidentschaftswahlen am 24. September 2000 nicht unbeschadet überstehen. Mit einer klaren Mehrheit gewinnt das Bündnis Demokratische Opposition Serbiens (DOS) mit Vojislav Kostunica an der Spitze. Als das Bundeswahlkomitee Kostunicas Sieg nicht anerkennt, entbrennt - erstmals - auch in Serbien eine Welle der Gewalt. Hunderttausende gehen auf die Straße und stürmen die Parlamentsgebäude. Die jugoslawische Armee verhält sich neutral. Wenige Tage später erkennt Milosevic seine Niederlage an, Kostunica ist neuer Präsident.
Zwei Monate später geht Kostunicas DOS-Partei aus den ersten serbischen Parlamentswahlen als klarer Sieger hervor. Regierungschef wird Zoran Djindjic. Eine seiner ersten Amtshandlungen: die Festnahme von Slobodan Milosevic am 1. April 2001. Nur wenige Monate später lässt Djindjic den serbischen Diktator in einer Nacht- und Nebelaktion ausfliegen. Ziel: das Jugoslawien-Tribunal im holländischen Den Haag. Doch mit dieser Aktion handelt sich Djindjic massiven Ärger aus den eigenen Reihen ein. Bis zuletzt hatte Serbiens Regierung eine Überstellung Milosevic auf die Anklagebank der Uno-Richter boykottiert. Präsident Kostunica bezeichnete den Schritt gar als "verfassungswidrig".
DPA
Spurensicherung am Tatort: Am 12. März 2003 wurde Serbiens Premier Djindjic vor dem Belgrader Parlament erschossen
Djindjic bleibt keine zwei Jahre im Amt. Durch Kriegswirren und acht Jahre UN-Embargo hatte sich unter Milosevic in Serbien eine hoch profitable Kriegsökonomie entwickelt. Die auf dem Balkan mächtige Mafia war zuletzt eng mit dem staatlichen Sicherheitsapparat verwoben, finanzierte durch Waffen- und Drogenhandel das diktatorische Regime. Djindjic, der bislang nur zögerlich gegen die kriminellen Strukturen im eigenen Haus vorgegangen war, fällt am Morgen des 12. März 2003 einem Attentat zum Opfer. Die Killer kommen aus den Reihen einer dem Innenministerium unterstehenden Spezialeinheit.
Zusammenarbeit mit Serbien lieber heute als morgen beenden
Heute: Was unter Slobodan Milosevic unter der Bezeichnung Jugoslawien schon nicht funktioniert hatte, wurde von der EU kurzerhand zwangsverheiratet: Montenegro, das sich dank internationaler Rückendeckung schon 1998 von Belgrad lossagen konnte, besiegelte im Februar 2003 mit Serbien den Staatenbund. Nur gemeinsam, stellten die Kommissare aus Brüssel klar, sei eine Annäherung des Westbalkans an Europa möglich. Insgeheim aber fürchtete man, ein staatlicher Alleingang beider Länder führe unweigerlich zur weiteren Destabilisierung der Region. Überdies war die Status-Frage des Kosovo noch immer nicht geklärt.
AP
Mazedoniens Regierungschef Djukanovic: Zusammenarbeit mit Serbien lieber heute als morgen beenden
Zwei Jahre nach Unterzeichnung des Belgrader Abkommens hat das bizarre Staatenpaar schon den Gang zum Scheidungsrichter angetreten: Während Serbiens derzeitiger Regierungschef Vojislav Kostunica aus Angst vor weiteren Unabhängigkeitsrufen aus dem Kosovo am Schulterschluss mit Montenegro festhält, will der Premier der Adriarepublik, Milo Djukanovic, die Zusammenarbeit mit Serbien lieber heute als morgen beenden. Dabei erklärt die Verfassungscharta des Doppelstaates ein Unabhängigkeitsreferendum Serbiens oder Montenegros frühestens für 2006 als zulässig.
Wenngleich sich die beiden südslawischen Völker in ethnischer und religiöser Hinsicht nahe stehen, de facto sind beide Staaten seit jeher unabhängig - das politische und wirtschaftliche Ungleichgewicht könnte nicht größer sein: Serbien und Montenegro haben unterschiedliche Wirtschafts- Rechts- und Steuersysteme. An der Adria entschied man sich schon 2002 für den Euro als Zahlungsmittel. Serbien rechnet in Dinaren. Weder gibt es ein gemeinsames Staatswappen, noch eine offizielle Hauptstadt.
Auch spielt die serbisch-montenegrinische Regierung in der aktuellen Tagespolitik nur eine untergeordnete Rolle. Der gemeinsame Staatspräsident Svetozar Marovic ist zwar in Brüssel ein gerngesehener Repräsentant. Wichtige Entscheidungen aber werden nur von den nachgeordneten Regierungen in Belgrad und Podgorica getroffen.
Im März dieses Jahres lief das Mandat der bisher von beiden Seiten nur delegierten 126 Abgeordneten ab. Im Monat zuvor hätten die rund 8 Millionen Einwohner Serbiens und Montenegros erstmalig die Möglichkeit gehabt, das staatenübergreifende Parlament regulär zu wählen. Der Union hätte dieser demokratische Akt wenigstens den Anschein einer Legitimation verliehen. Doch Montenegros Staatschef Milo Djukanovic verhinderte den Wahlgang. Ob er wiederholt wird, ist derzeit noch fraglich.
AP
Serbiens Premier Kostunica: Neuerdings bemüht Kriegsverbrecher auszuliefern
In Serbien hingegen ist man im Hinblick auf eine gemeinsame EU-Mitgliedschaft derzeit schwer bemüht. Kostunica, der sich Jahre lang dagegen sträubte, mutmaßliche Kriegsverbrecher an das Haager Tribunal auszuliefern, hat seit Oktober 2004 rund ein Dutzend Angeklagter dazu gebracht, sich "freiwillig" zu stellen. Vor wenigen Tagen erst überredete der nationalkonservative Serbien-Premier Ex-Armeechef Nebojsa Pavkovic, den Gang vor das UN-Gericht anzutreten. Die Ankläger der Vereinten Nationen werfen Pavkovic Gräueltaten gegen ethnische Albaner im Kosovo-Krieg vor.
Die Kooperation mit den Haager Richtern hat sich für Vojislav Kostunica als politischer Triumph erwiesen: Am 25. April beschlossen die Außenminister der Europäischen Union die Aufnahme von Verhandlungen über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen. Die Türen zur lang ersehnten EU-Mitgliedschaft wären damit für Serbien und Montenegro immerhin geöffnet.
Was vom großserbischen Traum des Slobodan Milosevic als Rest-Jugoslawien übrig blieb, wurde von der EU auch noch zwangsverheiratet: Die ungleichen Brüder Serbien und Montenegro besiegelten 2003 den gemeinsamen Staatenbund. Nun ergeht es dem seltsamen Paar nicht anders, als Titos Reich - ihm droht der Zerfall.
REUTERS
Serben-Führer Milosevic: Politik des Hasses und der verbrannten Erde
Als Slobodan Milosevic 1987 an die Spitze des serbischen Staates trat, schrieb er: "Wir werden dieses Europa nicht als Lakaien betreten. Wir wollen die entwickelten Länder Europas nicht einholen, indem wir zur Privatwirtschaft und zum parlamentarischen System zurückkehren. Wir werden Europa als gleichberechtigte Partner betreten. Und wir werden es auf unsere eigene jugoslawische, sozialistische Weise machen".
Die jugoslawische, sozialistische Weise des Slobodan Milosevic - sie sollte die blutigste werden, die Europa seit dem Ende des 2. Weltkrieges erlebt hat: Eine Politik des Hasses und der verbrannten Erde - 13 Jahre lang.
Rückblick: Nach dem Tod der jugoslawischen Integrationsfigur Tito gerät der Vielvölkerstaat in die Wirtschaftskrise; es beginnt - wie im gesamten sozialistischen Ostblock - der Zerfall. Doch als rings um den Balkan 1989 die Mauern Risse bekommen, errichtet Milosevic neue. Während die Brudernationen plötzlich von Freiheit und Demokratie sprechen, versammelt Milosevic seine Anhänger zu Tausenden auf dem Amselfeld und stellt die serbische Frage. Ab 1991 erklären Slowenien, Kroatien und Bosnien ab 1991 ihre Unabhängigkeit - und durchkreuzen des reaktionären Diktators großserbischen Traum.
Die kroatische Unabhängigkeitserklärung vom 25. Juni 1991 bezahlen 10.000 Menschen mit dem Leben. Rund 300.000 werden vertrieben, als die Jugoslawische Bundesarmee und serbische Freischärler gegen die Abtrünnigen vorgehen. Am 3. März 1992 sagt sich Bosnien-Herzegowina von der Sozialistischen Förderativen Republik Jugoslawien los. Die Folge: Ein drei Jahre andauernder Bürgerkrieg zwischen Serben, Kroaten und Muslimen eskaliert. Die Uno entsendet tausende Blauhelm-Soldaten. Doch erst die Luftangriffe der USA gegen serbische Stellungen zwingen Belgrad am 21. November 1995 zum Friedensabkommen von Dayton. Der Krieg in Bosnien-Herzegowina forderte 200.000 Tote, mehr als 2 Millionen Menschen wurden ihrer Heimat beraubt.
Angst vor Machtverlust
Dayton sichert Milosevic den Verbleib im Amt. Gleichzeitig nehmen Gewaltaktionen durch serbische Sondereinheiten im Kosovo zu. Zielscheibe des nationalistischen Hasses sind diesmal die in der Provinz lebenden Albaner. Im Frühjahr 1998 eskaliert der Konflikt mit der kosovarischen Rebellenbewegung UCK - und Slobodan Milosevic beginnt den Bogen zu überspannen. Als er im Februar 1999 bei Gesprächen im französischen Rambouillet die Präsenz einer internationalen Schutztruppe im Kosovo mit Bewegungsfreiheit in ganz Jugoslawien ablehnt, verliert die Nato-Führung in Brüssel die Geduld: Am 24. März 1999 beginnt das westliche Verteidigungsbündnis einen massiven Luftkrieg gegen das Land. UN-Beobachter sprechen diesmal von 5.000 Toten und einer Million Flüchtlingen.
Aus Angst vor dem Machtverlust stimmt Milosevic am 3. Juni 1999 einem G-8 Friedensplan über den Abzug der serbischen Sicherheitskräfte und einem Einmarsch der 50.000 Soldaten starken Kosovo-Force (Kfor) zu. Seine Tage als kommunistischer Herrscher des Balkans sind zu diesem Zeitpunkt bereits gezählt.
Das Volk kriegsmüde, die Wirtschaft durch jahrelange Isolation am Boden, die Städte ausgebombt. Milosevic soll die jugoslawischen Präsidentschaftswahlen am 24. September 2000 nicht unbeschadet überstehen. Mit einer klaren Mehrheit gewinnt das Bündnis Demokratische Opposition Serbiens (DOS) mit Vojislav Kostunica an der Spitze. Als das Bundeswahlkomitee Kostunicas Sieg nicht anerkennt, entbrennt - erstmals - auch in Serbien eine Welle der Gewalt. Hunderttausende gehen auf die Straße und stürmen die Parlamentsgebäude. Die jugoslawische Armee verhält sich neutral. Wenige Tage später erkennt Milosevic seine Niederlage an, Kostunica ist neuer Präsident.
Zwei Monate später geht Kostunicas DOS-Partei aus den ersten serbischen Parlamentswahlen als klarer Sieger hervor. Regierungschef wird Zoran Djindjic. Eine seiner ersten Amtshandlungen: die Festnahme von Slobodan Milosevic am 1. April 2001. Nur wenige Monate später lässt Djindjic den serbischen Diktator in einer Nacht- und Nebelaktion ausfliegen. Ziel: das Jugoslawien-Tribunal im holländischen Den Haag. Doch mit dieser Aktion handelt sich Djindjic massiven Ärger aus den eigenen Reihen ein. Bis zuletzt hatte Serbiens Regierung eine Überstellung Milosevic auf die Anklagebank der Uno-Richter boykottiert. Präsident Kostunica bezeichnete den Schritt gar als "verfassungswidrig".
DPA
Spurensicherung am Tatort: Am 12. März 2003 wurde Serbiens Premier Djindjic vor dem Belgrader Parlament erschossen
Djindjic bleibt keine zwei Jahre im Amt. Durch Kriegswirren und acht Jahre UN-Embargo hatte sich unter Milosevic in Serbien eine hoch profitable Kriegsökonomie entwickelt. Die auf dem Balkan mächtige Mafia war zuletzt eng mit dem staatlichen Sicherheitsapparat verwoben, finanzierte durch Waffen- und Drogenhandel das diktatorische Regime. Djindjic, der bislang nur zögerlich gegen die kriminellen Strukturen im eigenen Haus vorgegangen war, fällt am Morgen des 12. März 2003 einem Attentat zum Opfer. Die Killer kommen aus den Reihen einer dem Innenministerium unterstehenden Spezialeinheit.
Zusammenarbeit mit Serbien lieber heute als morgen beenden
Heute: Was unter Slobodan Milosevic unter der Bezeichnung Jugoslawien schon nicht funktioniert hatte, wurde von der EU kurzerhand zwangsverheiratet: Montenegro, das sich dank internationaler Rückendeckung schon 1998 von Belgrad lossagen konnte, besiegelte im Februar 2003 mit Serbien den Staatenbund. Nur gemeinsam, stellten die Kommissare aus Brüssel klar, sei eine Annäherung des Westbalkans an Europa möglich. Insgeheim aber fürchtete man, ein staatlicher Alleingang beider Länder führe unweigerlich zur weiteren Destabilisierung der Region. Überdies war die Status-Frage des Kosovo noch immer nicht geklärt.
AP
Mazedoniens Regierungschef Djukanovic: Zusammenarbeit mit Serbien lieber heute als morgen beenden
Zwei Jahre nach Unterzeichnung des Belgrader Abkommens hat das bizarre Staatenpaar schon den Gang zum Scheidungsrichter angetreten: Während Serbiens derzeitiger Regierungschef Vojislav Kostunica aus Angst vor weiteren Unabhängigkeitsrufen aus dem Kosovo am Schulterschluss mit Montenegro festhält, will der Premier der Adriarepublik, Milo Djukanovic, die Zusammenarbeit mit Serbien lieber heute als morgen beenden. Dabei erklärt die Verfassungscharta des Doppelstaates ein Unabhängigkeitsreferendum Serbiens oder Montenegros frühestens für 2006 als zulässig.
Wenngleich sich die beiden südslawischen Völker in ethnischer und religiöser Hinsicht nahe stehen, de facto sind beide Staaten seit jeher unabhängig - das politische und wirtschaftliche Ungleichgewicht könnte nicht größer sein: Serbien und Montenegro haben unterschiedliche Wirtschafts- Rechts- und Steuersysteme. An der Adria entschied man sich schon 2002 für den Euro als Zahlungsmittel. Serbien rechnet in Dinaren. Weder gibt es ein gemeinsames Staatswappen, noch eine offizielle Hauptstadt.
Auch spielt die serbisch-montenegrinische Regierung in der aktuellen Tagespolitik nur eine untergeordnete Rolle. Der gemeinsame Staatspräsident Svetozar Marovic ist zwar in Brüssel ein gerngesehener Repräsentant. Wichtige Entscheidungen aber werden nur von den nachgeordneten Regierungen in Belgrad und Podgorica getroffen.
Im März dieses Jahres lief das Mandat der bisher von beiden Seiten nur delegierten 126 Abgeordneten ab. Im Monat zuvor hätten die rund 8 Millionen Einwohner Serbiens und Montenegros erstmalig die Möglichkeit gehabt, das staatenübergreifende Parlament regulär zu wählen. Der Union hätte dieser demokratische Akt wenigstens den Anschein einer Legitimation verliehen. Doch Montenegros Staatschef Milo Djukanovic verhinderte den Wahlgang. Ob er wiederholt wird, ist derzeit noch fraglich.
AP
Serbiens Premier Kostunica: Neuerdings bemüht Kriegsverbrecher auszuliefern
In Serbien hingegen ist man im Hinblick auf eine gemeinsame EU-Mitgliedschaft derzeit schwer bemüht. Kostunica, der sich Jahre lang dagegen sträubte, mutmaßliche Kriegsverbrecher an das Haager Tribunal auszuliefern, hat seit Oktober 2004 rund ein Dutzend Angeklagter dazu gebracht, sich "freiwillig" zu stellen. Vor wenigen Tagen erst überredete der nationalkonservative Serbien-Premier Ex-Armeechef Nebojsa Pavkovic, den Gang vor das UN-Gericht anzutreten. Die Ankläger der Vereinten Nationen werfen Pavkovic Gräueltaten gegen ethnische Albaner im Kosovo-Krieg vor.
Die Kooperation mit den Haager Richtern hat sich für Vojislav Kostunica als politischer Triumph erwiesen: Am 25. April beschlossen die Außenminister der Europäischen Union die Aufnahme von Verhandlungen über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen. Die Türen zur lang ersehnten EU-Mitgliedschaft wären damit für Serbien und Montenegro immerhin geöffnet.