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aus dem neuen Spiegel 15/2005 Seite 141
Ärzte in Deutschland sind Pfuscher und verantwortlich für die meisten Sterbefälle.
"Wir brauchen einen Ärzte-TÜV"
Matthias Rothmund, 62, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, über fehlerhafte Behandlungen im Krankenhaus und die Notwendigkeit einer "Fehlerkultur"
SPIEGEL: Sie schrieben vorige Woche in einem Artikel, dass Fehler im Krankenhaus zu den zehn häufigsten Todesursachen gehören. Sie rangierten damit vor Brustkrebs, Aids und Verkehrsunfällen. Haben Sie genaue Zahlen dazu?
Rothmund: Leider gibt es keine statistischen Erhebungen in Deutschland. Aber überall, wo Menschen arbeiten, werden Fehler gemacht. Das gilt auch für Ärzte und andere Mitarbeiter.
SPIEGEL: Hochgerechnet aus Erhebungen aus den USA müssten hierzulande mindestens 15 000 Patienten pro Jahr durch fehlerhafte Behandlungen in Krankenhäusern sterben.
Rothmund: Ja, Zahlen in dieser Größenordnung muss man vermuten. Deswegen brauchen wir dringend eine Fehlerkultur: Wir dürfen nicht weiter Probleme unter den Teppich kehren, sondern müssen offen darüber reden.
SPIEGEL: Wie könnte das aussehen?
Rothmund: In vielen Kliniken im Ausland gibt es "Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzen", wo über alle Sterbefälle geredet wird, um Schwachstellen herauszufinden. Solche Konferenzen sind bei uns leider viel zu selten.
SPIEGEL: Mitunter halten Mitarbeiter der Flugsicherung Vorträge vor Krankenhauspersonal. Ist das sinnvoll?
Rothmund: Die Fluggesellschaften sind uns Ärzten Jahrzehnte voraus, was Fehlervermeidung angeht. Die haben alle sicherheitsrelevanten Bereiche mit Netz und doppeltem Boden abgesichert. Mir hat hier gerade ein Kollege gesagt: "Wenn ein Pilot mit einer zweimotorigen Maschine feststellt, dass ein Triebwerk nicht funktioniert, dann startet er eben nicht. Ein Arzt dagegen würde wahrscheinlich losoperieren, selbst wenn nicht alles stimmt." Genau das müssen wir ändern.
SPIEGEL: Bräuchte man so etwas wie einen Ärzte-TÜV?
Rothmund: Ja. Man wird hierzulande mit Anfang 30 Facharzt, und dann wird man nie wieder geprüft. Das ist ein unhaltbarer Zustand. In Kanada gibt es regelmäßige Evaluationen, um zu sehen, wie kompetent Ärzte sind. Das Ergebnis dabei lautet grob vereinfacht: 90 Prozent der Geprüften bestehen den Test; 5 Prozent schaffen es beim zweiten Mal; aber bei 5 Prozent der Ärzte sind die Schwächen nicht zu beheben. Die sollten sich einen anderen Beruf suchen.
Ärzte in Deutschland sind Pfuscher und verantwortlich für die meisten Sterbefälle.
"Wir brauchen einen Ärzte-TÜV"
Matthias Rothmund, 62, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, über fehlerhafte Behandlungen im Krankenhaus und die Notwendigkeit einer "Fehlerkultur"
SPIEGEL: Sie schrieben vorige Woche in einem Artikel, dass Fehler im Krankenhaus zu den zehn häufigsten Todesursachen gehören. Sie rangierten damit vor Brustkrebs, Aids und Verkehrsunfällen. Haben Sie genaue Zahlen dazu?
Rothmund: Leider gibt es keine statistischen Erhebungen in Deutschland. Aber überall, wo Menschen arbeiten, werden Fehler gemacht. Das gilt auch für Ärzte und andere Mitarbeiter.
SPIEGEL: Hochgerechnet aus Erhebungen aus den USA müssten hierzulande mindestens 15 000 Patienten pro Jahr durch fehlerhafte Behandlungen in Krankenhäusern sterben.
Rothmund: Ja, Zahlen in dieser Größenordnung muss man vermuten. Deswegen brauchen wir dringend eine Fehlerkultur: Wir dürfen nicht weiter Probleme unter den Teppich kehren, sondern müssen offen darüber reden.
SPIEGEL: Wie könnte das aussehen?
Rothmund: In vielen Kliniken im Ausland gibt es "Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzen", wo über alle Sterbefälle geredet wird, um Schwachstellen herauszufinden. Solche Konferenzen sind bei uns leider viel zu selten.
SPIEGEL: Mitunter halten Mitarbeiter der Flugsicherung Vorträge vor Krankenhauspersonal. Ist das sinnvoll?
Rothmund: Die Fluggesellschaften sind uns Ärzten Jahrzehnte voraus, was Fehlervermeidung angeht. Die haben alle sicherheitsrelevanten Bereiche mit Netz und doppeltem Boden abgesichert. Mir hat hier gerade ein Kollege gesagt: "Wenn ein Pilot mit einer zweimotorigen Maschine feststellt, dass ein Triebwerk nicht funktioniert, dann startet er eben nicht. Ein Arzt dagegen würde wahrscheinlich losoperieren, selbst wenn nicht alles stimmt." Genau das müssen wir ändern.
SPIEGEL: Bräuchte man so etwas wie einen Ärzte-TÜV?
Rothmund: Ja. Man wird hierzulande mit Anfang 30 Facharzt, und dann wird man nie wieder geprüft. Das ist ein unhaltbarer Zustand. In Kanada gibt es regelmäßige Evaluationen, um zu sehen, wie kompetent Ärzte sind. Das Ergebnis dabei lautet grob vereinfacht: 90 Prozent der Geprüften bestehen den Test; 5 Prozent schaffen es beim zweiten Mal; aber bei 5 Prozent der Ärzte sind die Schwächen nicht zu beheben. Die sollten sich einen anderen Beruf suchen.