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Durch die Presse gehen in den letzten Wochen die Millionen Schmiergeld Zahlungen u.a. von Siemens in Russland, Hochtief und seine Mafia Partner in Albanien und dann natürlich der VW Skandal, wo das Finanzamt auch noch die Lust Reisen der VW Leute anerkennt und jede Art von Mafiöser Struktur. Bei VW bestanden Phantasie Konten, wo jede Art von Prostituierten Service abgerechnet wurde.
Da ist doch der Balkan gerade zu harmlos, gegen solche Zustände.
Justiz dehnt Ermittlungen aus
Polizei durchsucht VW-Büro von Hartz
Ehemaliger Personalvorstand soll Geld des Automobilkonzerns veruntreut haben
Von Hans Leyendecker
München - Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat in der VW-Affäre gegen den früheren Personalchef Peter Hartz wegen Verdachts der Untreue ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Am Freitagmorgen durchsuchten Fahnder des Landeskriminalamts Hannover und Staatsanwälte Hartz' Büros in Wolfsburg und stellten Beweismaterial sicher. Die Auswertung wird Wochen dauern.
Bereits vor Monaten hatten die Braunschweiger Ermittler Verfahren gegen den einstigen Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Klaus Volkert, den ehemaligen Personalmanager Klaus-Joachim Gebauer und den einstigen Skoda-Vorstand Helmuth Schuster wegen Verdachts der Untreue, des Betruges oder der Beihilfe zur Untreue eingeleitet. Gegen alle Beschuldigten, das gilt auch für Hartz, gibt es bislang nur einen Anfangsverdacht.
Der 64-jährige Hartz steht im Verdacht, etwa ein Jahrzehnt lang ein Selbstbedienungssystem von Betriebsräten bei Volkswagen gebilligt und möglicherweise sogar unterstützt zu haben. Mit Hilfe so genannter "Ersatzbelege" sollen Luxus- und Lustreisen von Betriebsräten und Managern abgerechnet worden sein.
Prostituierte und in einigen Fällen auch Handgeld für Betriebsräte seien so bezahlt worden. Das Geld wurde über eine spezielle Kostenstelle von Hartz verbucht. Allein von 2001 bis 2003 sollen nach Feststellungen der Ermittler für solche Touren Ersatzbelege in Höhe von 940 000 Euro ausgestellt worden sein.
Sonderkonten für Lustreisen
In der vergangenen Woche hatte die Staatsanwaltschaft nach einer sechsstündigen Vernehmung von Hartz noch mitgeteilt, dass kein Anfangsverdacht bestehe. Hartz hatte eingeräumt, dass die Kontrolle ungenügend gewesen sei, er habe aber keine Kenntnis vom Selbstbedienungssystem gehabt. Diese Aussage bezweifelt die Staatsanwaltschaft inzwischen. Der Tarifpolitiker, mit dessen Namen bei VW vor allem die Einführung der Vier-Tage-Woche und bundesweit die Hartz-Reform verbunden ist, war im Sommer im Zusammenhang mit der Korruptionsaffäre zurückgetreten. Der Arbeitsmarktreformer hatte die Verantwortung für die Machenschaften anderer übernommen.
Am Donnerstag hatte Gebauer vor der Staatsanwaltschaft Braunschweig ausgesagt und in seiner Vernehmung Hartz belastet. So soll ihn Hartz mehrmals aufgefordert haben, dem ehemaligen Betriebsratschef Volkert jeden Gefallen zu erfüllen. Er sei unter anderem von Hartz instruiert worden, neben seinem privaten Konto ein weiteres Konto einzurichten, über das dann die Zahlungen von VW unauffällig abgewickelt werden konnten. Ohne Nachfragen oder Beanstandungen seien die Ersatzbelege von der Personalabteilung Topmanagement abgezeichnet und zur Anweisung freigegeben worden. Auch beschlagnahmte Konto-Unterlagen legen den Verdacht nahe, dass diese Form der sehr speziellen Betriebsratsbetreuung nicht ohne Kenntnis des Personalvorstandes erfolgen konnte. Keine Rolle spielt bei den Ermittlungen, dass Gebauer auch für Hartz Prostituierte organisiert haben soll.
Nach Darstellung Gebauers soll das System der Selbstbedienung mit Hilfe großzügigster Spesenregelungen auch anderen Vorstandsmitgliedern bekannt gewesen sein. Über die Größenordnung der Ausgaben seien allerdings nur wenige im Haus informiert gewesen. VW-Chef Bernd Pischetsrieder hatte in der Vergangenheit betont, dass ihm die offiziellen Reisen des Betriebsrates bekannt gewesen seien. Klar sei auch gewesen, dass der Konzern die Reisen bezahle, aber er habe nicht gewusst, dass von dem Geld auch Prostituierte bezahlt worden seien.
Nach der gestrigen Durchsuchung erklärte ein VW-Sprecher, der Konzern werde alles zur Aufklärung der Affäre tun. Pischetsrieder habe "mehrfach betont, dass alle Hintergründe der Affäre ohne Rücksicht auf Personen und Positionen aufgeklärt werden". Deshalb habe VW die Ermittlungen bei der Staatsanwaltschaft in Gang gesetzt und eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft eingeschaltet. (Seiten 4 und 5)
(SZ vom 8.10.2005)
http://www.sueddeutsche.de/sz/2005-10-08/politik/artikel/HFG-2005-10-08-001-6xXcQc6uVwuOguHn2KPSQA/
Korruptionsaffäre beim Volkswagen-Konzern
Lustgewinn zum Wohl des Unternehmens
Der zurückgetretene VW-Personalvorstand Peter Hartz bestreitet, das wahre Ausmaß der Missstände beim Autobauer gekannt zu haben
Von Hans Leyendecker
München - Bislang war das Verhältnis zwischen der Volkswagen AG und der Braunschweiger Staatsanwaltschaft in der VW-Affäre ziemlich einseitig: Die Revisions-Experten des Konzerns stellten für die Ermittler Material zusammen, beförderten es in einem VW-Kombi nach Braunschweig, und die Strafverfolger werteten das von VW gelieferte Material aus. Am Freitag ging es so zu wie in einem normalen Verfahren: Die Ermittler forschten selbst im Betrieb. Im Morgengrauen suchten sie die Konzernzentrale des Wolfsburger Konzerns heim und stöberten in den Arbeitsräumen des ehemaligen Personalvorstands Peter Hartz nach Beweismitteln. Zuvor hatten sie ein Ermittlungsverfahren gegen Hartz wegen des Verdachts der Untreue eingeleitet.
Der 64-jährige Hartz ist der prominenteste Beschuldigte in einer Affäre, in der es um Lustreisen für Betriebsräte, Tarnfirmen von Managern und auch um das Modell VW geht, in dem Arbeitnehmervertreter und Personalvorstand kräftig miteinander kungelten. Der Name Hartz ist nicht nur mit VW verbunden, sondern auch mit dem Umbau des deutschen Sozialstaats. Gemeinsam mit Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte der damalige VW-Personalvorstand am 16. August 2002 im Französischen Dom zu Berlin sein Projekt präsentiert, mit dem Deutschland Wege aus der Arbeitslosigkeit finden sollte. Vor genau drei Monaten, auf dem ersten Höhepunkt des VW-Skandals, bot Hartz dem Aufsichtsrat seinen Rücktritt an, und sein Wunsch wurde akzeptiert.
Schon seit einer Weile laufen Ermittlungen gegen den früheren VW-Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Klaus Volkert, den früheren Skoda-Vorstand Helmuth Schuster und den ehemaligen VW-Personalmanager Klaus-Joachim Gebauer wegen Verdachts der Untreue, des Betruges oder der Beihilfe zur Untreue. Jetzt bekam auch Hartz ein Aktenzeichen.
Zwischen Rotlichtmilieu und Chefzimmern mit viel Auslauf spielt einer der ungewöhnlichsten Wirtschaftskrimis der Nachkriegszeit, und es ist noch nicht abzusehen, wann die - von einer Sonderkommission des Landeskriminalamts Niedersachsen unterstützten - Braunschweiger Strafverfolger ihre Ermittlungen abgeschlossen haben werden.
Die Staatsanwaltschaft erwägt, für einen in Bordell-Geschichten angeblich verstrickten Politiker die Aufhebung der Immunität zu beantragen, um ein Verfahren einleiten zu können. Aber in seinem Fall ist noch unklar, ob eventuelle Vorwürfe gegen ihn verjährt sind oder nicht.
Bewegung in die Ermittlungen kam durch Aussagen der Hauptakteure. Zunächst hatte, Anfang September, Volkert sich offenbart. Er hatte von Lustreisen berichtet, die VW bezahlt hatte, Fehler eingestanden und den Staatsanwälten die alten Regeln bei der ¸¸kooperativen Konfliktbewältigung" (Volkert) zwischen Management und Betriebsrat erläutert. Den Verdacht, er sei durch Zuwendungen gekauft worden, wies er energisch zurück. Eine weitere Vernehmung Volkerts ist für November geplant.
Hartz war Ende September als Zeuge befragt worden und hatte zugegeben, dass das Geld für Reisen von Betriebsratsmitgliedern unzureichend geprüft worden sei. Er bestritt aber, das System von Selbstbedienung, Begünstigung und Lustgewinn en detail gekannt oder gar gefördert zu haben.
Am Donnerstag dieser Woche erschien dann Gebauer mit seinem Anwalt Wolfgang Kubicki bei der Staatsanwältin Hildegard Wolff, 41. Die Aussage dauerte von 10.30 Uhr bis 15.10 Uhr, und es war nur eine Teilaussage. Die Beteiligten verabredeten, sich schon bald erneut zu treffen. Die Ermittler hatten zu diesem Zeitpunkt bereits die Einleitung eines Verfahrens gegen Hartz geplant und auch schon den Durchsuchungsbeschluss erwirkt. Die Aussagen Gebauers bestärkten sie in ihrem Vorgehen.
Gebauer hatte am 1. Januar 1973 bei VW angefangen. Am 1. März 1997 übernahm er die Leitung ¸¸Personalprojekte im Geschäftsbereich Personal". Er war bei VW viele Jahre das Bindeglied zwischen Vorstand und Betriebsrat. Jetzt schilderte er seine Erfahrungen mit Hartz. Nachdem der Saarländer 1993 Personalvorstand geworden sei, habe er ihn, Gebauer, aufgefordert, sich um Betriebsratschef Volkert zu kümmern und dessen Wünsche zu erfüllen.
Volkert soll zwar 360 000 Euro jährlich verdient haben; aber nach Meinung von Hartz, so behauptet Gebauer, war das zu wenig. Weil er eine vergleichbare Verantwortung wie ein Vorstandsmitglied gehabt habe, ohne entsprechend entlohnt worden zu sein, habe Volkert Spesen wie ein Vorstand machen dürfen. Für Volkert, behauptet Gebauer, habe es ¸¸kein Limit" gegeben. Er sei ¸¸der mächtigste Mann im Konzern" gewesen.
Was kein Limit bei VW bedeutete, hatte Gebauer zuvor dem Magazin Stern in einem Interview geschildert. Bei von VW bezahlten Lustreisen, die zum Teil nur pro forma einen geschäftlichen Hintergrund gehabt hätten, sei der Schlachtruf ertönt: ¸¸Gebauer, wo bleiben die Weiber?" Auf vielen Reisen von Betriebsräten organisierte Gebauer die Versorgung der Herren mit Damen aus dem Milieu. Der VW-Firmenflieger stand für Flüge in ferne Länder zur Verfügung, bei denen es im Wesentlichen um Lustgewinn ging. Eine Indien-Tour kostete Hunderttausende, aber das war angeblich zum Wohl des Unternehmens. Damit kein Kontrolleur im Haus die Touren nachvollziehen konnte, wurden die Kosten über die besondere Kostenstelle von Hartz ¸¸1860 diverse" abgewickelt.
Gebauer, dessen Monatsgehalt 7214 Euro brutto und 3446,68 Euro netto betrug, stellte regelmäßig Ersatzbelege mit dem Vermerk aus: ¸¸Im Interesse des Gesamtbetriebsausschusses ausgegeben." Das genügte. Zwischen 2001 und 2003 reichte Gebauer Ersatzbelege über 940 000 Euro ein. Besonders viel Geld gab das Unternehmen für eine Geliebte Volkerts aus, die Brasilianerin Adriana B., die Volkert 1998 kennen gelernt hatte und die - nach Aussage Gebauers - auf Kosten von VW zu Treffen mit Volkert eingeflogen wurde. 40 bis 50 Rendevous von Volkert und Frau B. habe er organisiert. Den Ermittlern teilte Gebauer mit, dass VW zunächst Honorar für Frau B. nach Brasilien für angebliche Dienste überwiesen habe. Weil am Zuckerhut die Steuern hoch seien, sei im Oktober 2003 bei der Sparkasse Gifhorn-Wolfsburg ein Konto für die Dame eingerichtet worden, auf das VW bis Ende 2004 jedes Quartal 23 008 Euro überwiesen habe. Das Geld für die angebliche Mitarbeiterin sei als Betriebsausgabe von der Steuer abgesetzt worden.
Der Fall hat viele Facetten. Die Ermittler prüfen, ob die Betriebsräte käuflich waren. Ein Unternehmen kann die eigenen Mitarbeiter zwar nicht bestechen, aber eine Begünstigung der Betriebsräte ist nach dem Betriebsverfassungsgesetz verboten und könnte strafbar sein.
Die merkwürdigen Geldflüsse und Gebauers Auftrag lassen den Verdacht zu, dass einige der Arbeitnehmervertreter zumindest geschmiert wurden, damit sie bei der Vertretung der Arbeitnehmerinteressen geschmeidig waren. Aber Gebauer und auch Volkert bestreiten diesen Verdacht. Nach Gebauers Darstellung sollte Volkert als mächtiger Mann im Unternehmen und als Mitglied des Aufsichtsratspräsidiums bei Laune gehalten werden. Die anderen begünstigten Arbeitnehmervertreter hätten halt zu seiner Entourage gehört. Klingt merkwürdig, aber mächtig war der Gesamtbetriebsratsvorsitzende schon.
Als der Spanier Jose Ignacio Lopez von General Motors zu VW kam und Einkaufschef wurde, soll ihm VW-Betriebsratschef Volkert die Machtverhältnisse so erklärt haben: Auf den Platz vor dem Verwaltungsgebäude passten 20 000 Leute, und wenn die alle den Namen ¸¸Lopez" rufen würden, sei der weg.
Ein Betriebsrat als Boss der Bosse? Vieles, was die Staatsanwälte in diesen Tagen zusammentragen, macht noch keinen rechten Sinn. Warum überwies der im Juni von VW fristlos entlassene Skoda-Vorstand Schuster im Dezember vorigen Jahres 100 000 Euro auf ein Konto der tschechischen Metallgewerkschaft ZU OS Kovo Skoda Auto? Das Geld floss wenige Monate, bevor Schusters Vertragsverlängerung als Skoda-Vorstand anstand. Die tschechischen Metallgewerkschafter bestreiten, dass es sich um Schmiergeld gehandelt habe. Das Geld sei für die Rekonstruktion eines Kulturhauses gebraucht worden. In Prag erregt der Fall nicht sonderlich Aufsehen.
Anderswo sind die Ermittler weniger gnädig. Ein indisches Gericht erließ jüngst Haftbefehl gegen Schuster, weil dieser vom indischen Unionsstaat Andhra Pradesh umgerechnet zwei Millionen Euro erhalten haben soll, ohne die zugesagte Gegenleistung erbracht zu haben. Schuster hatte der Regierung von Andhra Pradesh den Bau eines VW-Werks zugesagt. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig bat die indischen Kollegen um Übersendung des Haftbefehls. Auch Schuster war ein Lebemann und auch er hatte einen Ruf zu verlieren.
Quelle: Süddeutsche Zeitung
Nr.232, Samstag, den 08. Oktober 2005 , Seite 5
Da ist doch der Balkan gerade zu harmlos, gegen solche Zustände.
Justiz dehnt Ermittlungen aus
Polizei durchsucht VW-Büro von Hartz
Ehemaliger Personalvorstand soll Geld des Automobilkonzerns veruntreut haben
Von Hans Leyendecker
München - Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat in der VW-Affäre gegen den früheren Personalchef Peter Hartz wegen Verdachts der Untreue ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Am Freitagmorgen durchsuchten Fahnder des Landeskriminalamts Hannover und Staatsanwälte Hartz' Büros in Wolfsburg und stellten Beweismaterial sicher. Die Auswertung wird Wochen dauern.
Bereits vor Monaten hatten die Braunschweiger Ermittler Verfahren gegen den einstigen Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Klaus Volkert, den ehemaligen Personalmanager Klaus-Joachim Gebauer und den einstigen Skoda-Vorstand Helmuth Schuster wegen Verdachts der Untreue, des Betruges oder der Beihilfe zur Untreue eingeleitet. Gegen alle Beschuldigten, das gilt auch für Hartz, gibt es bislang nur einen Anfangsverdacht.
Der 64-jährige Hartz steht im Verdacht, etwa ein Jahrzehnt lang ein Selbstbedienungssystem von Betriebsräten bei Volkswagen gebilligt und möglicherweise sogar unterstützt zu haben. Mit Hilfe so genannter "Ersatzbelege" sollen Luxus- und Lustreisen von Betriebsräten und Managern abgerechnet worden sein.
Prostituierte und in einigen Fällen auch Handgeld für Betriebsräte seien so bezahlt worden. Das Geld wurde über eine spezielle Kostenstelle von Hartz verbucht. Allein von 2001 bis 2003 sollen nach Feststellungen der Ermittler für solche Touren Ersatzbelege in Höhe von 940 000 Euro ausgestellt worden sein.
Sonderkonten für Lustreisen
In der vergangenen Woche hatte die Staatsanwaltschaft nach einer sechsstündigen Vernehmung von Hartz noch mitgeteilt, dass kein Anfangsverdacht bestehe. Hartz hatte eingeräumt, dass die Kontrolle ungenügend gewesen sei, er habe aber keine Kenntnis vom Selbstbedienungssystem gehabt. Diese Aussage bezweifelt die Staatsanwaltschaft inzwischen. Der Tarifpolitiker, mit dessen Namen bei VW vor allem die Einführung der Vier-Tage-Woche und bundesweit die Hartz-Reform verbunden ist, war im Sommer im Zusammenhang mit der Korruptionsaffäre zurückgetreten. Der Arbeitsmarktreformer hatte die Verantwortung für die Machenschaften anderer übernommen.
Am Donnerstag hatte Gebauer vor der Staatsanwaltschaft Braunschweig ausgesagt und in seiner Vernehmung Hartz belastet. So soll ihn Hartz mehrmals aufgefordert haben, dem ehemaligen Betriebsratschef Volkert jeden Gefallen zu erfüllen. Er sei unter anderem von Hartz instruiert worden, neben seinem privaten Konto ein weiteres Konto einzurichten, über das dann die Zahlungen von VW unauffällig abgewickelt werden konnten. Ohne Nachfragen oder Beanstandungen seien die Ersatzbelege von der Personalabteilung Topmanagement abgezeichnet und zur Anweisung freigegeben worden. Auch beschlagnahmte Konto-Unterlagen legen den Verdacht nahe, dass diese Form der sehr speziellen Betriebsratsbetreuung nicht ohne Kenntnis des Personalvorstandes erfolgen konnte. Keine Rolle spielt bei den Ermittlungen, dass Gebauer auch für Hartz Prostituierte organisiert haben soll.
Nach Darstellung Gebauers soll das System der Selbstbedienung mit Hilfe großzügigster Spesenregelungen auch anderen Vorstandsmitgliedern bekannt gewesen sein. Über die Größenordnung der Ausgaben seien allerdings nur wenige im Haus informiert gewesen. VW-Chef Bernd Pischetsrieder hatte in der Vergangenheit betont, dass ihm die offiziellen Reisen des Betriebsrates bekannt gewesen seien. Klar sei auch gewesen, dass der Konzern die Reisen bezahle, aber er habe nicht gewusst, dass von dem Geld auch Prostituierte bezahlt worden seien.
Nach der gestrigen Durchsuchung erklärte ein VW-Sprecher, der Konzern werde alles zur Aufklärung der Affäre tun. Pischetsrieder habe "mehrfach betont, dass alle Hintergründe der Affäre ohne Rücksicht auf Personen und Positionen aufgeklärt werden". Deshalb habe VW die Ermittlungen bei der Staatsanwaltschaft in Gang gesetzt und eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft eingeschaltet. (Seiten 4 und 5)
(SZ vom 8.10.2005)
http://www.sueddeutsche.de/sz/2005-10-08/politik/artikel/HFG-2005-10-08-001-6xXcQc6uVwuOguHn2KPSQA/
Korruptionsaffäre beim Volkswagen-Konzern
Lustgewinn zum Wohl des Unternehmens
Der zurückgetretene VW-Personalvorstand Peter Hartz bestreitet, das wahre Ausmaß der Missstände beim Autobauer gekannt zu haben
Von Hans Leyendecker
München - Bislang war das Verhältnis zwischen der Volkswagen AG und der Braunschweiger Staatsanwaltschaft in der VW-Affäre ziemlich einseitig: Die Revisions-Experten des Konzerns stellten für die Ermittler Material zusammen, beförderten es in einem VW-Kombi nach Braunschweig, und die Strafverfolger werteten das von VW gelieferte Material aus. Am Freitag ging es so zu wie in einem normalen Verfahren: Die Ermittler forschten selbst im Betrieb. Im Morgengrauen suchten sie die Konzernzentrale des Wolfsburger Konzerns heim und stöberten in den Arbeitsräumen des ehemaligen Personalvorstands Peter Hartz nach Beweismitteln. Zuvor hatten sie ein Ermittlungsverfahren gegen Hartz wegen des Verdachts der Untreue eingeleitet.
Der 64-jährige Hartz ist der prominenteste Beschuldigte in einer Affäre, in der es um Lustreisen für Betriebsräte, Tarnfirmen von Managern und auch um das Modell VW geht, in dem Arbeitnehmervertreter und Personalvorstand kräftig miteinander kungelten. Der Name Hartz ist nicht nur mit VW verbunden, sondern auch mit dem Umbau des deutschen Sozialstaats. Gemeinsam mit Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte der damalige VW-Personalvorstand am 16. August 2002 im Französischen Dom zu Berlin sein Projekt präsentiert, mit dem Deutschland Wege aus der Arbeitslosigkeit finden sollte. Vor genau drei Monaten, auf dem ersten Höhepunkt des VW-Skandals, bot Hartz dem Aufsichtsrat seinen Rücktritt an, und sein Wunsch wurde akzeptiert.
Schon seit einer Weile laufen Ermittlungen gegen den früheren VW-Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Klaus Volkert, den früheren Skoda-Vorstand Helmuth Schuster und den ehemaligen VW-Personalmanager Klaus-Joachim Gebauer wegen Verdachts der Untreue, des Betruges oder der Beihilfe zur Untreue. Jetzt bekam auch Hartz ein Aktenzeichen.
Zwischen Rotlichtmilieu und Chefzimmern mit viel Auslauf spielt einer der ungewöhnlichsten Wirtschaftskrimis der Nachkriegszeit, und es ist noch nicht abzusehen, wann die - von einer Sonderkommission des Landeskriminalamts Niedersachsen unterstützten - Braunschweiger Strafverfolger ihre Ermittlungen abgeschlossen haben werden.
Die Staatsanwaltschaft erwägt, für einen in Bordell-Geschichten angeblich verstrickten Politiker die Aufhebung der Immunität zu beantragen, um ein Verfahren einleiten zu können. Aber in seinem Fall ist noch unklar, ob eventuelle Vorwürfe gegen ihn verjährt sind oder nicht.
Bewegung in die Ermittlungen kam durch Aussagen der Hauptakteure. Zunächst hatte, Anfang September, Volkert sich offenbart. Er hatte von Lustreisen berichtet, die VW bezahlt hatte, Fehler eingestanden und den Staatsanwälten die alten Regeln bei der ¸¸kooperativen Konfliktbewältigung" (Volkert) zwischen Management und Betriebsrat erläutert. Den Verdacht, er sei durch Zuwendungen gekauft worden, wies er energisch zurück. Eine weitere Vernehmung Volkerts ist für November geplant.
Hartz war Ende September als Zeuge befragt worden und hatte zugegeben, dass das Geld für Reisen von Betriebsratsmitgliedern unzureichend geprüft worden sei. Er bestritt aber, das System von Selbstbedienung, Begünstigung und Lustgewinn en detail gekannt oder gar gefördert zu haben.
Am Donnerstag dieser Woche erschien dann Gebauer mit seinem Anwalt Wolfgang Kubicki bei der Staatsanwältin Hildegard Wolff, 41. Die Aussage dauerte von 10.30 Uhr bis 15.10 Uhr, und es war nur eine Teilaussage. Die Beteiligten verabredeten, sich schon bald erneut zu treffen. Die Ermittler hatten zu diesem Zeitpunkt bereits die Einleitung eines Verfahrens gegen Hartz geplant und auch schon den Durchsuchungsbeschluss erwirkt. Die Aussagen Gebauers bestärkten sie in ihrem Vorgehen.
Gebauer hatte am 1. Januar 1973 bei VW angefangen. Am 1. März 1997 übernahm er die Leitung ¸¸Personalprojekte im Geschäftsbereich Personal". Er war bei VW viele Jahre das Bindeglied zwischen Vorstand und Betriebsrat. Jetzt schilderte er seine Erfahrungen mit Hartz. Nachdem der Saarländer 1993 Personalvorstand geworden sei, habe er ihn, Gebauer, aufgefordert, sich um Betriebsratschef Volkert zu kümmern und dessen Wünsche zu erfüllen.
Volkert soll zwar 360 000 Euro jährlich verdient haben; aber nach Meinung von Hartz, so behauptet Gebauer, war das zu wenig. Weil er eine vergleichbare Verantwortung wie ein Vorstandsmitglied gehabt habe, ohne entsprechend entlohnt worden zu sein, habe Volkert Spesen wie ein Vorstand machen dürfen. Für Volkert, behauptet Gebauer, habe es ¸¸kein Limit" gegeben. Er sei ¸¸der mächtigste Mann im Konzern" gewesen.
Was kein Limit bei VW bedeutete, hatte Gebauer zuvor dem Magazin Stern in einem Interview geschildert. Bei von VW bezahlten Lustreisen, die zum Teil nur pro forma einen geschäftlichen Hintergrund gehabt hätten, sei der Schlachtruf ertönt: ¸¸Gebauer, wo bleiben die Weiber?" Auf vielen Reisen von Betriebsräten organisierte Gebauer die Versorgung der Herren mit Damen aus dem Milieu. Der VW-Firmenflieger stand für Flüge in ferne Länder zur Verfügung, bei denen es im Wesentlichen um Lustgewinn ging. Eine Indien-Tour kostete Hunderttausende, aber das war angeblich zum Wohl des Unternehmens. Damit kein Kontrolleur im Haus die Touren nachvollziehen konnte, wurden die Kosten über die besondere Kostenstelle von Hartz ¸¸1860 diverse" abgewickelt.
Gebauer, dessen Monatsgehalt 7214 Euro brutto und 3446,68 Euro netto betrug, stellte regelmäßig Ersatzbelege mit dem Vermerk aus: ¸¸Im Interesse des Gesamtbetriebsausschusses ausgegeben." Das genügte. Zwischen 2001 und 2003 reichte Gebauer Ersatzbelege über 940 000 Euro ein. Besonders viel Geld gab das Unternehmen für eine Geliebte Volkerts aus, die Brasilianerin Adriana B., die Volkert 1998 kennen gelernt hatte und die - nach Aussage Gebauers - auf Kosten von VW zu Treffen mit Volkert eingeflogen wurde. 40 bis 50 Rendevous von Volkert und Frau B. habe er organisiert. Den Ermittlern teilte Gebauer mit, dass VW zunächst Honorar für Frau B. nach Brasilien für angebliche Dienste überwiesen habe. Weil am Zuckerhut die Steuern hoch seien, sei im Oktober 2003 bei der Sparkasse Gifhorn-Wolfsburg ein Konto für die Dame eingerichtet worden, auf das VW bis Ende 2004 jedes Quartal 23 008 Euro überwiesen habe. Das Geld für die angebliche Mitarbeiterin sei als Betriebsausgabe von der Steuer abgesetzt worden.
Der Fall hat viele Facetten. Die Ermittler prüfen, ob die Betriebsräte käuflich waren. Ein Unternehmen kann die eigenen Mitarbeiter zwar nicht bestechen, aber eine Begünstigung der Betriebsräte ist nach dem Betriebsverfassungsgesetz verboten und könnte strafbar sein.
Die merkwürdigen Geldflüsse und Gebauers Auftrag lassen den Verdacht zu, dass einige der Arbeitnehmervertreter zumindest geschmiert wurden, damit sie bei der Vertretung der Arbeitnehmerinteressen geschmeidig waren. Aber Gebauer und auch Volkert bestreiten diesen Verdacht. Nach Gebauers Darstellung sollte Volkert als mächtiger Mann im Unternehmen und als Mitglied des Aufsichtsratspräsidiums bei Laune gehalten werden. Die anderen begünstigten Arbeitnehmervertreter hätten halt zu seiner Entourage gehört. Klingt merkwürdig, aber mächtig war der Gesamtbetriebsratsvorsitzende schon.
Als der Spanier Jose Ignacio Lopez von General Motors zu VW kam und Einkaufschef wurde, soll ihm VW-Betriebsratschef Volkert die Machtverhältnisse so erklärt haben: Auf den Platz vor dem Verwaltungsgebäude passten 20 000 Leute, und wenn die alle den Namen ¸¸Lopez" rufen würden, sei der weg.
Ein Betriebsrat als Boss der Bosse? Vieles, was die Staatsanwälte in diesen Tagen zusammentragen, macht noch keinen rechten Sinn. Warum überwies der im Juni von VW fristlos entlassene Skoda-Vorstand Schuster im Dezember vorigen Jahres 100 000 Euro auf ein Konto der tschechischen Metallgewerkschaft ZU OS Kovo Skoda Auto? Das Geld floss wenige Monate, bevor Schusters Vertragsverlängerung als Skoda-Vorstand anstand. Die tschechischen Metallgewerkschafter bestreiten, dass es sich um Schmiergeld gehandelt habe. Das Geld sei für die Rekonstruktion eines Kulturhauses gebraucht worden. In Prag erregt der Fall nicht sonderlich Aufsehen.
Anderswo sind die Ermittler weniger gnädig. Ein indisches Gericht erließ jüngst Haftbefehl gegen Schuster, weil dieser vom indischen Unionsstaat Andhra Pradesh umgerechnet zwei Millionen Euro erhalten haben soll, ohne die zugesagte Gegenleistung erbracht zu haben. Schuster hatte der Regierung von Andhra Pradesh den Bau eines VW-Werks zugesagt. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig bat die indischen Kollegen um Übersendung des Haftbefehls. Auch Schuster war ein Lebemann und auch er hatte einen Ruf zu verlieren.
Quelle: Süddeutsche Zeitung
Nr.232, Samstag, den 08. Oktober 2005 , Seite 5