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Gast829627
Guest
Bosnien ethnopolitisch
Bosnien (sagte Literatur-Nobelpreisträger Ivo Andrić in einer Novelle) ist ein zemlja mržnje, ein Land des Hasses – nicht weil die Einwohner das so wollen, sondern weil der Haß von außerhalb hereingetragen, verbreitet, instrumentalisiert wird. Dass so etwas überhaupt möglich ist, hat etwas mit den ethnischen Verhältnissen in Bosnien zu tun. Seit Jahrhunderten leben dort „Bosnier“ (45%), „Serben“ (35%), „Kroaten“ (17%) und andere. Ethnisch sind sie alle Südslaven, die ein und dieselbe Sprache sprechen. Ihr Problem (und das Problem mit ihnen) ist, dass ihre divergierenden Konfessionszugehörigkeiten ethnisch interpretiert, nationalistisch verfestigt und aggressiv politisiert werden: Man ist Katholik, also „Kroate“, man ist Orthodoxer, also „Serbe“ – man will weder „Kroate“ noch „Serbe“ sein und erinnert sich daran, dass die eigenen Vorfahren Ende des 15. Jahrhunderts massenhaft und freiwillig zum Islam konvertierten, und bezeichnet sich als „Muslim“.
Diese sekundäre Aufsplitterung eines einigen Demos in drei unterschiedliche Ethnien, die entlang konfessioneller Scheidungen Identitäten entwickeln und Politik betreiben, war immer wieder eine „Einladung“ an die aggressiven Nationalismen der Nachbarländer, sich in Bosnien einzumischen. Der Erste Weltkrieg startete 1914 bekanntlich durch die „Schüsse von Sarajevo“, hinter denen serbische Nationalisten steckten. Der Bürgerkrieg in Ex-Jugoslawien griff nach Bosnien-Hercegovina über, nachdem die Präsidenten von Kroatien und Serbien (Jugoslawien), Franjo Tudjman und Slobodan Milošević, im März 1991 die Teilung Bosniens unter ihren Ländern vereinbarten, welcher sich die bosnischen Muslime widersetzten.
Bosnien im Zweiten Weltkrieg
Im März 1941 wurde das Königreich Jugoslawien von Deutschland und seinen Verbündeten angegriffen, besiegt und territorial zerschlagen. In der geographischen Mitte des Landes entstand der „Unabhängige Staat Kroatien“ (NDH), der die historischen Regionen des vormaligen „Dreieinigen Königreichs Slawonien, Kroatien und Dalmatien“ umfasste, dazu noch das frühere Bosnien-Hercegovina. Einzige politische Kraft im NDH waren die nach dem Vorbild der italienischen Faschisten geschaffenen Ustaše (Aufständische), eine nationalistische, terroristische Bewegung unter ihrem poglavnik (Führer) Ante Pavelić, deren Chefideologe, der Schriftsteller Mile Budak, verkündete, wie man mit z. B. mit den zahlreichen Serben in Kroatien und Bosnien verfahren werden: „Ein Drittel töten, ein Drittel vertreiben, ein Drittel umtaufen“, d.h. in dem erwähnten ethno-konfessionellen Sinne zu Kroaten machen.
Was Budak explizit nicht gesagt hatte, musste auch nicht gesagt werden – dass nämlich die Ustaše für die bosnischen Muslime ebenso wenig übrig hatten und mit ihnen auf ähnliche Weise verfuhren. Das hatte solange kaum Bedeutung, wie das Kriegsglück noch auf deutscher Seite war und die diversen Partisanenbewegungen geringe Erfolge verzeichneten; es änderte sich nach dem Fiasko von Stalingrad (1942/43) und der Kapitulation Italiens (8. September 1943): Deutschland musste seine Truppen auf dem Balkan „umgruppieren“, also ausdünnen, weil man an der Ostfront immer mehr Soldaten benötigte. Angesichts des enorm erstarkenden Partisanen-Widerstands durfte man die militärische Präsenz im Grunde nicht mindern, behalf sich aber mit der Aufstellung von „Hilfstruppen“ bei der lokalen Bevölkerung, darunter auch die bosnischen Muslime.
Bosnien (sagte Literatur-Nobelpreisträger Ivo Andrić in einer Novelle) ist ein zemlja mržnje, ein Land des Hasses – nicht weil die Einwohner das so wollen, sondern weil der Haß von außerhalb hereingetragen, verbreitet, instrumentalisiert wird. Dass so etwas überhaupt möglich ist, hat etwas mit den ethnischen Verhältnissen in Bosnien zu tun. Seit Jahrhunderten leben dort „Bosnier“ (45%), „Serben“ (35%), „Kroaten“ (17%) und andere. Ethnisch sind sie alle Südslaven, die ein und dieselbe Sprache sprechen. Ihr Problem (und das Problem mit ihnen) ist, dass ihre divergierenden Konfessionszugehörigkeiten ethnisch interpretiert, nationalistisch verfestigt und aggressiv politisiert werden: Man ist Katholik, also „Kroate“, man ist Orthodoxer, also „Serbe“ – man will weder „Kroate“ noch „Serbe“ sein und erinnert sich daran, dass die eigenen Vorfahren Ende des 15. Jahrhunderts massenhaft und freiwillig zum Islam konvertierten, und bezeichnet sich als „Muslim“.
Diese sekundäre Aufsplitterung eines einigen Demos in drei unterschiedliche Ethnien, die entlang konfessioneller Scheidungen Identitäten entwickeln und Politik betreiben, war immer wieder eine „Einladung“ an die aggressiven Nationalismen der Nachbarländer, sich in Bosnien einzumischen. Der Erste Weltkrieg startete 1914 bekanntlich durch die „Schüsse von Sarajevo“, hinter denen serbische Nationalisten steckten. Der Bürgerkrieg in Ex-Jugoslawien griff nach Bosnien-Hercegovina über, nachdem die Präsidenten von Kroatien und Serbien (Jugoslawien), Franjo Tudjman und Slobodan Milošević, im März 1991 die Teilung Bosniens unter ihren Ländern vereinbarten, welcher sich die bosnischen Muslime widersetzten.
Bosnien im Zweiten Weltkrieg
Im März 1941 wurde das Königreich Jugoslawien von Deutschland und seinen Verbündeten angegriffen, besiegt und territorial zerschlagen. In der geographischen Mitte des Landes entstand der „Unabhängige Staat Kroatien“ (NDH), der die historischen Regionen des vormaligen „Dreieinigen Königreichs Slawonien, Kroatien und Dalmatien“ umfasste, dazu noch das frühere Bosnien-Hercegovina. Einzige politische Kraft im NDH waren die nach dem Vorbild der italienischen Faschisten geschaffenen Ustaše (Aufständische), eine nationalistische, terroristische Bewegung unter ihrem poglavnik (Führer) Ante Pavelić, deren Chefideologe, der Schriftsteller Mile Budak, verkündete, wie man mit z. B. mit den zahlreichen Serben in Kroatien und Bosnien verfahren werden: „Ein Drittel töten, ein Drittel vertreiben, ein Drittel umtaufen“, d.h. in dem erwähnten ethno-konfessionellen Sinne zu Kroaten machen.
Was Budak explizit nicht gesagt hatte, musste auch nicht gesagt werden – dass nämlich die Ustaše für die bosnischen Muslime ebenso wenig übrig hatten und mit ihnen auf ähnliche Weise verfuhren. Das hatte solange kaum Bedeutung, wie das Kriegsglück noch auf deutscher Seite war und die diversen Partisanenbewegungen geringe Erfolge verzeichneten; es änderte sich nach dem Fiasko von Stalingrad (1942/43) und der Kapitulation Italiens (8. September 1943): Deutschland musste seine Truppen auf dem Balkan „umgruppieren“, also ausdünnen, weil man an der Ostfront immer mehr Soldaten benötigte. Angesichts des enorm erstarkenden Partisanen-Widerstands durfte man die militärische Präsenz im Grunde nicht mindern, behalf sich aber mit der Aufstellung von „Hilfstruppen“ bei der lokalen Bevölkerung, darunter auch die bosnischen Muslime.