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Die Finanzkrise fordert ihren Tribut - Frankreich in Revolutionsstimmung

Mastakilla

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Generalstreik in Frankreich[h1]Gemeinsamer Frust über Sarkozy[/h1]
Mehr als eine Million Menschen haben in Frankreich gegen die Politik von Präsident Sarkozy protestiert. Das öffentliche Leben kam größtenteils zum Erliegen. Sogar Angestellte der Pariser Börse machten ihrer Wut auf der Straße Luft.
Von Christoph Wöß, BR-Hörfunkstudio Paris.
[Bildunterschrift: "Süßes Frankreich - Land meiner Leiden": Slogan auf der Demo in Paris ]
"Sarko, man merkt es eben doch", skandieren die Jugendlichen auf den Straßen von Clermont-Ferrand. Einen "schwarzen Donnerstag" wollten sie dem französischen Präsidenten bescheren, der sich kürzlich darüber lustig gemacht hatte, dass man es gar nicht mehr wahrnehme, wenn in Frankreich gestreikt wird.
Von wegen, war die Botschaft von Millionen Franzosen, "wenn wir protestieren, dann spürt man das im ganzen Land". In vielen Städten standen U- und S-Bahnen still, blieb die Post liegen, gab es in Krankenhäusern nur einen Notdienst. Die Streikenden haben die Nase voll davon, wie ihr Präsident mit der Wirtschaftskrise umgeht.
[h2]Milliarden für Unternehmen - Millionen Arbeitslose[/h2]
26 Milliarden Euro hat Nicolas Sarkozy für die Unternehmen locker gemacht, die ins Trudeln geraten sind. Wieso die Mitarbeiter dann nicht mehr verdienen, können viele nicht verstehen. Ein alter Mann, der heute an den Protesten teilnahm, kritisierte: "Wenn man bei den Beschäftigten mit jedem Centime herumknausert und gleichzeitig auf der anderen Seite den Banken Milliarden Euro aus öffentlichen Mitteln gibt - das ist doch unanständig."
Unanständig finden viele auch, dass Sarkozy zentrale Wahlversprechen bisher nicht eingelöst hat. Einen spürbaren Rückgang der Arbeitslosigkeit hatte er angekündigt. Doch jetzt sind mehr Menschen ohne Job als bei seinem Amtsantritt im Mai 2007. Aber es ist nicht nur die Politik des Präsidenten, gegen die die Franzosen heute in Massen auf die Straßen gegangen sind, sondern auch die Politik privater Unternehmen.
Bilder: Frankreich im Generalstreik Leere Bahnsteige, Großdemonstrationen und Sarkozy-Darsteller [mehr] [h2]Selbst die Börse streikt [/h2]
Mitten im zweiten Arrondissement von Paris ereignete sich etwas, was es seit zwei Jahrzehnten nicht mehr gegeben hat, und was in Zeiten der Finanzkrise zusätzliche Brisanz erfährt: Mitarbeiter der Börse von Paris protestieren gegen die Beschäftigungspolitik ihres Hauses.
Eine Euronext-Mitarbeiterin empörte sich: "Euronext hat mehr als 23 Prozent Gewinn gemacht - und jetzt setzt man ein Drittel der Mitarbeiter auf die Straße. Zur Begründung sagt man uns, dass die Pariser Börse für das Defizit der Börse in New York aufkommen muss."
[Bildunterschrift: Wie hier am Gare de Lyon in Paris fiel die Hälfte der Pendlerzüge aus. U- und S-Bahnen standen still...]
[Bildunterschrift: ...während überall im Land, hier in Montpellier, Großdemonstrationen stattfanden.]

[h2]Gewerkschaften gelang die Kanalisierung der Wut [/h2]
Mehrere Millionen Menschen waren auf Frankreichs Straßen, aber bemerkenswerter als ihre Zahl ist, welch unterschiedlichen Berufsgruppen sie angehören. Ob sie frustriert sind, weil die Einkommensentwicklung hinter der Inflation hinterherhinkt, weil sie Angst um ihren Arbeitsplatz haben oder, weil sie finden, dass den Unternehmen unter dem Vorwand der Krise zu große Geschenke gemacht werden. Ihr Frust eint sie.
Und diesen Frust haben die Gewerkschaften, die sich sonst in herzlicher Abneigung zugetan sind, kanalisiert. Der Chef der mächtigen CGT, Bernard Thibault, erwartet, dass Sarkozy nun reagiert: "Er muss hinnehmen, dass wir in dieser Diskussion eine andere Auffassung haben, und dass unser Land unserer Meinung nach andere Hilfsmittel braucht. Ich kann nicht akzeptieren, dass sich der Präsident nach dem Motto verhält: Ich habe nichts gesehen, ich habe nichts gehört, und ich habe nichts zu sagen."
[h2]Sarkozy bleibt unsichtbar [/h2]
[Bildunterschrift: Viele Sarkozy-Darsteller, das Original erschien aber nicht in der Öffentlichkeit ]
Tatsächlich hat sich der Hausherr im Elysée den ganzen Tag über nicht blicken lassen. Sein Sprecher sagt, Sarkozy habe den Protest aufmerksam verfolgt. Seinen Premierminister hat er mitteilen lassen, der Reformkurs werde fortgesetzt. Es wäre aber nicht das erste Mal, wenn schließlich doch noch am einen oder anderen Detail nachgebessert würde. Spurlos dürfte der heutige Protesttag jedenfalls kaum an Sarkozy vorübergehen. Dazu war der Streik zu deutlich zu bemerken.
 
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