Bosanski Srbin
Srpski Bosanac
Da scheinbar einige der Meinung sind das es Bosniaken in Bosnien schon immer gegeben hätte und die anderen Ethnien später zugewandert sind denen möchte ich diesen Artikel zeigen.
Und bevor hier jeman schreibt von wegen ich bin ein CEDO oder sonst was erst mal lesen.
Mir geht es nur darum das geschichtliche Fakten nicht verdreht werden egal ob das Serben, Kroaten oder Bosniaken sind.
Die geschichtliche Islamisierung der Bevölkerung in Bosnien :
1. Der geschichtliche Kontext
Der Kriegszug von Sultan Mehmet dem Eroberer der im Jahre 1463 auch Bosnien erfasste, und dem auch der letzte bosnische König Stjepan Tomasevic zum Opfer fiel, war nicht die Katastrophe selbst sondern nur ein Akt eines langwierigen Dramas die 140 Jahre andauerte. Bosnien ist nicht „widerspruchslos“ gefallen, in nur wenigen Tagen, wie das in der pathetischen Phraseologie der romantisch narrativen Geschichtsschreibung behauptet wurde, Bosnien fiel fast anderthalb Jahrhunderte, zersetzt durch innere Widersprüche und ausgezerrt von der planmäßigen Penetration des osmanischen Faktors von außen.
Im 16. Jahrhundert befand sich das Osmanische Reich hinsichtlich seiner Eroberungen und der inneren Stabilität in einem rasanten Aufschwung. Es breitete sich über drei Kontinente aus. In Europa verlief die osmanische Grenze weit im Norden und Nordwesten – Wien war nicht mehr weit.
Erfolgreich die Macht der großen Feudalherren zerschlagend, errichtete Sultan Süleyman el Kanuni, der Gesetzgeber – in Europa bekannt als Süleyman der Prächtige – einen starken zentralistischen Staat mit stabilen Gesetzen und einem straffen Verwaltungsapparat, über militärischen Rückhalt verfügte er im entwickelten militärischen Kleinadel.
Bosnien und Herzegowina nahm im 16. Jahrhundert völlig die territorial-administrative, gesellschaftlich-ökonomische und kulturelle Physiognomie einer Provinz des Reiches an. Von der ersten Verwaltungseinheit, dem bosnischen Sandzak (bereits 1463 gegründet), über eine Reihe anderer, je nach Verlauf der Eroberungen und der Festigung einzelner Territorien schrittweise entstehender Sandzaks, wurde 1580 der bosnische Paschaluk gegründet. Dessen Gebiet erstreckte sich zu Beginn weit über die Grenzen des heutigen Bosnien-Herzegowina hinaus, um sich in späteren Jahrhunderten, mit dem Verfall der türkischen Macht und dem Verlust eroberter Gebiete, in etwa auf die heutigen Grenzen Bosnien-Herzegowinas zurückzuziehen.
2. Einleitung
Die Eroberung vom größten Teil des mittelalterlichen Königreichs Bosniens durch Sultan Mehmet II. war vermutlich nicht der erste Kontakt bosnischer Bewohner mit dem Islam. Die frühe arabische Expansion im Mittelmeerraum durfte sowohl einige muslimische Kauflaute als auch Räuber an die Küste Dalmatiens geführt haben. Der Sklavenhandel brachte bosnische Sklaven im Spätmittelalter übers ganze westliche Mittelmeer. Ob es jedoch Sklaven gab die durch den Übertritt zum Islam freigelassen wurden und dann in ihre Heimat zurückkehrten kann man nur spekulieren. Die historische Bedeutung solcher Kontakte kann mit guten Gewissen als sehr gering eingeschätzt werden denn Kontakte sind eins, massenhafte Konversion etwas anderes.
Die massenhafte Konversion eines großen Teils der bosnischen Bevölkerung unter den Osmanen ist das wichtigste und entscheidendste Charakteristikum in der neuzeitlichen Geschichte Bosniens.
Über die Gründe für diesen Religionswechsel und über die Frage wie dieser Prozess vor sich ging sind zahlreiche Theorien aber auch Mythen entstanden. Auch heute noch ist dies ein heikles Thema in der Diskussion über die Geschichte des Landes.
Bis die Historiker in den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts ernsthafte Studien osmanischer Verwaltungsakten unternahmen, stand wesentliches Material gar nicht zur Verfügung.
So konnten in den letzten Jahrzehnten durch fundierte Vorstellungen einige der am weitesten verbreiteten Mythen begraben werden.
4.a) Die Islamisierung, Vorwort
Die erste Spaltung in der Religion der damaligen Bewohner Bosniens kam mit der Ankunft der katholischen Missionare aus Dalmatien, und der byzantinischen vom Osten. Die Kluft zwischen der katholischen und der orthodoxen Religion vertiefte sich besonders im 12. Jahrhundert als der serbisch-orthodoxe Mönch Sava die Kirche nach den Weisungen seiner Lehrer, der griechischen Mönche vom Berg Athos, reformierte.
Die dritte Gruppe der Christen waren Angehörige der bosnischen Kirche.
Mit der Ankunft der Osmanen änderte sich das religiöse und ethnische Bild Bosniens völlig. Das Ziel der Osmanen war nicht die Assimilation bzw. die Verbreitung des Islam, sondern die Unterjochung des Landes. Dadurch konnten sich die bosnischen Menschen anpassen und ihre Lebensart und Bräuche weiter aufrechterhalten.
Im Osmanischen Reich wurden die Nichtmoslems in Götzendiener und die Kitabi eingeteilt. Unter dem Namen Kitabi wurden alle zusammengefasst die eine geschriebene Offenbarung (Kitab) empfangen haben. Den unterworfenen Götzendienern ließ man die Wahl zwischen der Bekehrung zum Islam und dem Tode. Die unterworfenen Christen konnten durch die Zahlung einer Kopfsteuer dem Tode entgehen und ihrer Lehre treu bleiben.
Die Gründe für den Übertritt eines großen Teil der bosnischen Bevölkerung zum Islam und die Frage wie dieser Prozess vor sich ging, sind deswegen auch heute noch eine heikle Angelegenheit. Von einigen Autoren wurde betont, dass die bosnischen Adligen zum Islam übergetreten waren um sich ihre ökonomischen Privilegien zu sichern und um ihre Güter behalten zu können. Eine andere Gruppe von Autoren wies daraufhin, dass die alten Konflikte zwischen Katholiken und Anhängern der bosnischen Kirche – zwischen Ungarn und Kroatien auf der einen und Bosnien auf der anderen Seite – zu diesem Islamisierungsprozess beigetragen haben.
Die genauen Vorgänge des Islamisierungsprozesses, sowie die Gründe für die Konvertierung der Bosnier zum Islam werden in nächsten Kapitel näher beleuchtet.
4.b) Die möglichen Konvertierungsursachen
Über die Islamisierung, als wichtigstes Charakteristikum bosnischer Geschichte der Neuzeit, sind viele Mythen entstanden. Die meisten darüber wie und wann es zu der Islamisierung kam. Tatsache ist jedoch, dass bis in die vierziger Jahren des 20. Jahrhundert gar keine ernsthaften Analysen der osmanischen Verwaltungsurkunden angestellt wurden. In den letzten Jahrzehnten entstanden jedoch fundierte Vorstellungen darüber, wodurch einige der am meisten verbreiteten Mythen und Märchen begraben wurden. Die besten Informationen dazu lieferten die osmanischen Steuerlisten (defter), die den Grundbesitz registrierten und die Menschen nach ihrer Religion einteilten. Dadurch entstand ein ziemlich genaues Bild über die Ausbreitung des Islam in Bosnien.
Zwei der wichtigsten und sich widersprechenden Stereotypen über das Vordringen der orientalisch-islamischen Zivilisation nach Bosnien und die Islamisierung, sind jenes von der zwangsweisen Massenislamisierung und das Märchen von Bogumilen, oder Mitgliedern der bosnischen Kirche welche geschlossen und freiwillig zum Islam übergetreten sein sollen.
Was das erste Stereotyp betrifft, ist folgendes zu sagen: Wenn wir auch den prinzipiellen Standpunkt des Koran unbeachtet lassen, der das Aufzwingen der Religion durch Gewalt gegenüber anderen „Religionen des Buches“ verbietet, und uns ständig alle Schrecken des durch die türkische Invasion hervorgerufenen Schocks vor Augen führen, so bleibt immer die Tatsache bestehen, dass die systemimmanenten Mittel, derer sich die osmanische Herrschaft zur Integration der neuen Länder bediente, alles andere als eine sprachliche, religiöse und ethnische Zwangsassimilierung war. Um dies zu verstehen braucht man nur Balkanländer die Jahrhunderte lang unter osmanischer Herrschaft standen, wie Serbien, Bulgarien oder Griechenland zu bereisen, um zu verstehen, dass keine Assimilierungspolitik seitens osmanischer Verwaltung durchgeführt wurde.
Auch wenn man außer Acht lässt, dass ein Großteil der Bosnier zum Zeitpunkt der osmanischen Eroberung dem katholischen Glauben angehörte – zur Zeit des letzten bosnischen Königs Stjepan Tomasevic, welcher Mitglieder der bosnischen Kirche verfolgen ließ, und zur Zeit seines Vorgängers, konnten die Franziskaner die ersten großen missionarischen Erfolge verbuchen (nicht zuletzt wegen des Verzichts auf inquisitorische Maßnahmen); auch die Tatsache, dass die beliebte Königin Katharina den katholischen Glauben angenommen hatte, bewegte viele krstjani dazu ihren Glauben zu wechseln - bleiben immer noch die osmanischen Steuerlisten die bezeugen, dass die Konvertierung zum Islam langsam verlief, vieler Generationen bedurfte und keine Sache des Massenübertritts von wem auch immer war.
Auch die Vorstellung, es habe zu dieser Zeit eine Massenansiedlung von Muslimen aus dem Ausland gegeben, kann mit ruhigen Gewissen fallengelassen werden. Zwar siedelten die Osmanen Türken in anderen Teilen der Balkanhalbinsel an, doch diese Politik wurde nicht in Bosnien angewendet. Das geht deutlich aus den Steuerlisten hervor.
Klar spielte die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage eine Rolle beim Übertritt zum Islam (diese Theorie ist zu allgemein um widerlegt zu werden), doch die allseits beliebte Theorie die Menschen hätten den Islam angenommen um der jährlich zu bezahlenden Kopfsteuer für Christen zu entgehen muss ebenfalls fallengelassen werden. Diese Steuer betrug im 16. Jahrhundert jährlich 4 Dukaten für die Reichen, 2 Dukaten für die Mittleren und 1 Dukat für die Armen. Zum Vergleich: zu dieser Zeit konnte man mit einem venezianischen Dukaten in Venedig ungefähr 20 Kilo Weizen kaufen, mit einem österreichischen Dukaten etwas mehr. Dieser Tarif konnte jedoch in Kriegszeiten erhöht werden. Viele der trübsinnigen Berichte über unterdrückte Christen in Bosnien stammen aus Zeiten in denen Steuern für Feldzüge gegen die Venezianer oder die Habsburger stark angehoben wurden. Doch in Kriegszeiten konnten diese Steuern auch auf Muslime ausgeweitet werden. Ihnen zu entgehen kann also kein allzu starker Grund für eine Konversion gewesen sein. Man muss auch erwähnen, dass die Muslime im Unterschied zu den Christen, den Zakat (bosnisch Zekjat) zahlen mussten. Dies war die Almosenabgabe die zu den grundlegenden Verpflichtungen im Islam gehört.
Die Psychologie des Übertritts zum Islam ist leichter zu verstehen wenn man sich klarmacht, dass der Katholizismus in vielen Teilen Bosniens kaum von einer Kirchenorganisation gestützt war.
Wenn man die Tatsache berücksichtigt, dass sich der katholische Glaube sozusagen erst am Vorabend der türkischen Eroberung so richtig durchsetzte und viele ehemalige Anhänger der bosnischen Kirche durch die repressive Politik des letzten bosnischen Königs ihnen gegenüber – die bosnische Kirche war zu dieser Zeit stark mit dem gegen den Herrscher rebellierenden Adel verbunden , so dass während der entsprechenden Gegenmaßnahmen auch die bosnische Kirche betroffen wurde – zu einem Übertritt zum Katholizismus gezwungen oder vertrieben wurden, dann rundet sich das Bild langsam ab.
Der letzte bosnische König Stjepan Tomasevic verlor, die aus religiösen Gründen für Ungarn wichtige und unter seiner Herrschaft stehende, serbische Stadt Smederevo an die Türken. Die ungarischen Herrscher sahen in diesem Verlust einen Verrat des bosnischen Königs. Um sich von der „Schuld“ des Verrats reinzuwaschen bzw. um seine Treue an die römisch-katholische Kirche und den Papst zu beteuern, vertrieb König Tomasevic alle „Häretiker“, die nicht konvertieren wollten. Man spricht von 42 000 vertriebenen aus Bosnien und 36 000 islamisierten „Häretikern“. Dem kroatischen Historiker Ivo Pilar nach wurden die geflüchteten krstjani zu Verbündeten der Osmanen, die den Vertriebenen die Rückkehr nach Bosnien und den zum Katholizismus Konvertierten die Glaubensfreiheit versprachen.
Ein Grund für die Islamisierung Bosniens konnten auch die diskriminierenden Gesetze für Nichtmuslime sein, der Kanun-i Rajah. Zum Beispiel durften sie kein Pferd reiten und keine Waffen tragen. Auch die Kleidung der Muslime war für die Christen verboten. Diese Gesetze wurden jedoch kaum befolgt. Quellen aus dem 17. Jahrhundert zeigen, dass sich christliche Priester und Kaufleute fast genauso kleideten wie die Muslime, Waffen trugen und auf Pferden ritten. Andere Verbote, wie das, christliche Kirchen zu bauen oder zu reparieren, wurden aufgehoben, entweder durch eine Sondergenehmigung oder durch das allgemeine Privileg, das den Franziskanern einmal eingeräumt und dann von jedem Sultan bestätigt wurde. Dieses Privileg wird im Kapitel über die Stellung der christlichen Bevölkerung näher behandelt. Trotzdem war offensichtlich, dass christliche Rajah muslimischen Höhergestellten Ehrerbietung und Unterordnung schuldeten, nicht nur, weil sie einen höheren sozialen Rang einnahmen, sondern auch, weil sie Muslime waren. Das wichtigste Prinzip jedoch konnte die Tatsache sein, dass Christen nicht gegen Muslime Klage erheben konnten, und dass ihre Aussage vor Gericht nicht gegen Muslime verwendet wurde. Dies konnte ein Grund für den Glaubenswechsel sein denn es durfte sicherlich als bitter empfunden worden sein, wenn die betroffenen Christen und Muslime gesellschaftlich auf derselben Stufe standen – wenn beide Städter oder beide Dorfbewohner waren.
Die meisten der großen Städte, die sich auf der osmanischen Balkanhalbinsel entwickelten, waren vorwiegend muslimisch und voll von muslimischen Einrichtungen und Bauten. Orte die Sitz eines Sandzak-Begs wurden, wie Banja Luka, Travnik und Livno entwickelten schneller einen muslimischen Charakter. In Mostar und Sarajevo jedoch, die sich überhaupt erst Mitte des 15. Jahrhunderts zu entwickeln begannen, war der Islam von dem Augenblick an, als die Türken kamen, überwältigend präsent.
In Bosnien führten alle Wege nach Sarajevo welches die größte Stadt Bosniens war und auch heute noch ist. Die Stadt war von allen Seiten des Landes gut erreichbar. Die Stadt wurde im Miljacka-Tal errichtet. In der Talsohle wurde das Handelszentrum, genannt carsija (Markt), gebaut, und auf Berghängen dicht aneinandergereiht die Stadtviertel. Zur Zeit der napoleonischen Kriege hatte Sarajevo ca. 80 000 Einwohner. Gegründet wurde es von Isa Beg Ishakovic im Jahre 1457. Im 16. und 17. Jahrhundert entwickelte sich die Stadt zu einer ausgeprägt orientalischen Stadt, und zum Zentrum von Macht und Reichtum, voller schöner Häuser und Gärten, Moscheen, Kasernen, Bäder und Konaks (eine Art Motel). Sarajevo war ein Knotenpunkt im Handel zwischen Ost und West. In türkischen Quellen wurde die Stadt als „Kriegsherd und Perle unter anderen Städten“ bezeichnet, in serbischen Kirchennotizen als „von Gott begnadetes Fleckchen“.
Seine Blütezeit, sowohl in kultureller als auch in architektonischer Hinsicht, erlebte Sarajevo zwischen 1521 und 1541, als Husrev Beg Statthalter des Sanzdak Bosnien war.
Husrev Beg war Sohn eines Konvertiten aus der Region Trebinje in der Herzegowina. Er baute die schöne Moschee, die seinen Titel trägt („Begova Dzamija“, „die Moschee des Beg“), eine Medresse (islamische Schule), eine Bibliothek, ein Hamam, zwei Hans (Gasthöfe) und einen bedeutenden Tuchmarkt. Es war üblich, dass reiche Männer Ländereien auf Dauer vergaben, damit Institutionen dieser Art Einkommen und Unterhalt hatten. Diese Art frommer Stiftung (sowohl türkisch als auch bosnisch Vakuf genannt) war lebenswichtig für die Entwicklung aller osmanischen Städte und trug dazu bei, die Einrichtungen der Stadt mit denen des Islam zu verknüpfen und verflechten. Gazi Husrev-Begs Vakuf war der reichste von allen und bestand bis ins 20. Jahrhundert. Um 1530 beherbergte die Stadt eine durchweg muslimische Bevölkerung. Ihr zunehmender Einfluss auf die Umgebung zeigt sich in der Tatsache, dass 46 % des dazugehörenden Verwaltungsbezirks auch muslimisch waren. Die Einwohner Sarajevos genossen verschiedene Privilegien und Steuerermäßigungen. Einige Historiker sind sogar der Ansicht, dass Sarajevo eine freie Stadt oder Stadtrepublik war. Das Leben dort war ein verhältnismäßig gutes, nicht nur nach den Maßstäben der Balkanhalbinsel.
Es ist also verständlich, dass viele Bosnier gern zum Islam übertraten, um daran teilzuhaben.
Ein weiterer Faktor spielte schließlich noch eine Rolle bei der Islamisierung Bosniens: der Zustrom bereits islamisierter Slawen (aber keine Türken) von außerhalb der Grenzen Bosniens. Einige kamen schon in den ersten Jahren als Spahis aus Serbien, Makedonien und Bulgarien. Aber in größerer Zahl kamen sie Ende des 17. Jahrhunderts, als der Rückzug der Osmanen aus Regionen in Dalmatien, Kroatien, Slawonien und Ungarn, die sie lange besetzt gehalten hatten, viele muslimische Bewohner dieser Gegenden mitriss. Einige der Familien waren zweifellos selbst bosnischer Abstammung. Ihre Vorfahren hatte sich nach osmanischen Eroberungen als Spahis dort niedergelassen. Mit den neuen Zuzug wuchs die muslimisch slawische Bevölkerung Bosniens.
ZUSAMMENFASSUNG
Es war deutlich zu erkennen, dass die Gründe für die Islamisierung Bosniens vielschichtig waren. Zum einen spielten die diskriminierenden Gesetze gegenüber der christlichen Bevölkerung eine Rolle und zum anderen die Anziehungskraft des Islam und des damit verbundenen Wohlstand in den muslimisch dominierten Städten. Die sich rasch entwickelnden Städte wurden zu Zentren der islamischen Kultur und Religion in denen die Menschen eher dazu neigten den Islam anzunehmen. Der wichtigste Grund für das Aufgeben des Christentum und den Übertritt zum Islam scheint die mangelnde kirchliche Organisation des Christentums gewesen zu sein. Die bosnische Kirche war zum Zeitpunkt der Eroberung durch die Osmanen kaum präsent und die katholische hatte keine sehr lange Tradition in Bosnien.
Die ländlichen Gebiete Bosniens wurden kaum von Priestern versorgt. Hier war das Christentum kaum mehr als eine Handvoll volkstümlichen Bräuche und Zeremonien. Vom volkstümlichen Christentum zum volkstümlichen Islam war kein großer Schritt. Ohne die lenkende Präsenz einer Kirche, die vor der Gefahr für die unsterbliche Seele gewarnt hätte, ließ sich der Übergang leicht vollziehen.
Eine Zwangsislamisierung sowie eine mögliche Massenkonvertierung können auf jeden Fall ausgeschlossen werden. Der Islamisierungsprozess dauerte zog sich über mehrere Generationen dahin und das Osmanische Reich befolgte keine bewusste Islamisierungspolitik. Pastir
19.12.05, 02:00
ÜBER DIE STELLUNG DER CHRISTEN IN OTTOMANISCHEN BOSNIEN:
5a.) Stellung der Christen im osmanischen Bosnien, allgemein
Im 17. Jahrhundert war die osmanische Vasallenkavallerie aus dem alten Lehnssystem militärisch überholt. Viel wichtiger wurden Infanteriesoldaten mit modernen Feuerwaffen sowie die Artillerie. Man brauchte Geld um die Soldaten zu bezahlen. Deswegen wurden die Timar-Lehen der Feudalzeit bei ihrem Rückfall in eine Kombination von Privatbesitz und Steuerpachtung verwandelt. Dadurch veränderte sich die osmanische Gesellschaft in der Provinz vollkommen. Während Abgaben von Bargeld früher nur Notmaßnahmen waren, wurden sie nun zur Regel. Sowohl die Steuerpächter als auch Istanbul erfanden eine Vielzahl von neuen Steuern und förderten Armut und häufige Unruhen. Viele Bauern verließen ihre Höfe und wurden zu Banditen. Das Reich verrottete im Innern.
Dazu kam es alle zwei Generationen zu einem größeren Krieg. So verwickelten sich die Osmanen in den vierziger Jahren des 17. Jahrhunderts in einen langen Krieg gegen Venedig, der bis 1669 dauerte. Da Bosnien direkt an venezianisches Gebiet angrenzte wurde es von diesem Krieg enorm belastet. Zusätzlich zu den neuen Steuern kam eine Inflation dazu.
Der Krieg und die damit verbundenen Verwüstungen wirkten sich auch direkt auf die christliche Bevölkerung Bosniens aus. So berichtete der katholische Bischof Marijan Maravic im Jahre 1655, dass mehr als 2000 katholische Familien „im Gegenwärtigen Krieg“ aus Bosnien geflohen sind.
Der entscheidende Krieg von dem sich das osmanische Reich nie wieder ganz erholte, war der gegen die Habsburger von 1683 – 1699. Das Jahr 1683 verlief für die Osmanen katastrophal.
Die Habsburger eroberten die osmanischen Gebiete Ungarns so, dass Tausende von Spahis und ungarischen Bauern, welche zum Islam übergetreten waren, ihre Höfe aufgeben mussten und südwärts auf bosnischen Territorium flohen.
Gleichzeitig vertrieben habsburgische Kräfte die Muslime aus der Lika im heutigen Kroatien, dem westlichsten Teil der damaligen osmanischen Provinz Bosnien. Bis 1687 waren rund 30000 vertrieben und die 1700 Zurückgebliebenen wurden gezwungen zum Katholizismus überzutreten. Dieser Flüchtlingsstrom wirkte sich auf Umfang und Zusammensetzung der bosnischen Bevölkerung aus. Man schätze, dass durch diesen Krieg insgesamt 130 000 Muslime nach Bosnien kamen.
Einige von den Flüchtlingen, vor allem Spahis, die alles verloren hatten, waren sehr verbittert. Wahrscheinlich entstand mit ihnen die neue Feindseeligkeit gegen das Christentum in Bosnien.
Die Begleiterscheinungen dieses sozial und ökonomisch regressiven Prozesses sind größer werdende Antagonismen zwischen Christentum und Islam. Die hartnäckigen Versuche Österreichs, Russlands und Venedigs, die christliche Bevölkerung (katholische und orthodoxe) Bosniens und der Herzegowina für ihre Ziele und Aktionen zu gewinnen arteten in einem immer größer werdendem Unmut der einheimischen muslimischen Bevölkerung gegenüber Christen. Nach erfolglosen Aktionen türkischer Truppen gegen venezianische Besitzungen in Dalmatien gelang es den Venezianern eine Reihe von Orten zu besetzen die heute kroatisches Territorium sind (Zemunik, Novi Grad, Obrovac, Karin, Nadin, Ostrovica, Solin und Klis). Da die Verteidigung dieser Gebiete für die Venezianer zu einem Problem wurden zogen sie unter falschen Versprechungen eine Vielzahl an christlichen Flüchtlingen aus Bosnien und Herzegowina an, und bemühten sich diese als Grenzkämpfer zu gewinnen. Unter diesem venezianischen „Spezialkrieg“ (räuberische Einfälle der Grenzkämpfer auf bosnisches Territorium), durch den das osmanische Reich nur indirekten Schaden davon trug, litt hauptsächlich die einheimische Bevölkerung auf beiden Seiten der Grenze, sowohl
Der Krieg gegen die Habsburger aus dem Jahre 1788 hatte ernsthaftere Folgen als alle bisherigen. Joseph II. von Österreich und Katharina die Große von Russland waren übereingekommen, den Osmanen die Länder auf der Balkanhalbinsel abzunehmen und sie untereinander aufzuteilen. Darin war das geopolitische Muster festgelegt welches schließlich dazu führte, dass 1878 die k.u.k. Bosnien besetzte und es 30 Jahre später annektierte. Zu Beginn des Krieges von 1788 zeigte Joseph II., dass er ernsthaft an Herrschaft dachte, nicht nur an Eroberung, als er verkündete, dass er bereit sei, allen Muslimen Religionsfreiheit zu gewähren wenn sie die Waffen niederlegten. So marschierten Anfang 1788 österreichische Truppen in Bosnien ein, aber ihre Träume von einem begeisterten Empfang als Befreier erfüllten sich nicht. Eine kleine Zahl von Bosniern meldete sich freiwillig zur Österreichischen Armee. Aber im übrigen leisteten bosnische Christen (hauptsächlich orthodoxe) wie Muslime in der Grenzregion hartnäckig Widerstand gegen die Österreicher, und die Armee der Habsburger blieb in einer fünfmonatigen Belagerung der Festung Dubica stecken.
Im folgenden Jahr waren dann die Österreicher besser organisiert und überrannten fast ganz Bosnien. Der diplomatische Druck der anderen europäischen Großmächte zwang die Habsburger jedoch ihre Armee zurückzuziehen. Dafür musste der Sultan dem österreichischen Kaiser den offiziellen Status eines „Protektor“ der Christen unter osmanischer Herrschaft gewähren.
Die steuerliche Last der Kriege, die das Osmanische Reich an anderen Orten führte, trug die gesamte Provinz, da jedoch die christliche Bevölkerung von einem Kriegsdienst befreit war, trugen nur die Muslime die militärische Last dieser Kriege. Die Bedeutung der bosnischen Streitkräfte für die osmanische Armee zeigt sich in einer Liste von 1553 bosnischen Spahis, die im Russlandfeldzug von 1711 Dienst taten. Jeder dieser Feudalherren nahm eine Gefolgschaft von Dienstmannen mit. Von den Kämpfen in Persien kehrten 1727 von 5200 muslimischen Männern nur 500 zurück.
Eingespannt in fremde Interessen und Pläne glitt Bosnien und Herzegowina in immer mehr größer werdende ökonomische und kulturelle Rückständigkeit und vor allem geistige Gespaltenheit. Die Widersprüche zwischen Muslimen, Orthodoxen und Katholiken wurden immer größer.
5.b) Der Kontext der bosniakisch-muslimischen Kultur
Die Islamisierung von einem großen Teil der bosnischen Bevölkerung fand auch einen tiefen Eingang in die soziale Hierarchie. Aus diesem Grund konnte die orientalische Kultur starke Wurzeln schlagen, wobei sie mit ihrem Geist teilweise auch das Alltagsleben und künstlerische Schaffen der nichtmuslimischen Bevölkerungsanteile durchdrang.
Dies wurde vor allem an der großen Anzahl hervorragender Bauwerke sichtbar. Es wurden auch Grund- und Mittelschulen gegründet in denen die geistigen und wissenschaftlichen Disziplinen des Islam gelehrt wurden.
Ab dem 18. Jahrhundert, als das Osmanische Reich einem raschen Verfall entgegenstrebt, die Expansionskraft verliert und der bosnische Paschaluk nach der erfolglosen Belagerung Wiens zur Grenzzone des Reiches wird, begann die Dekadent dieser Kultur, was sich zuallererst an den immer ärmer werdenden Formen der Monumentalkunst ablesen lässt. Gleichzeitig entwickelt sich durch diese Dekadenz und geistige Entfernung vom kulturellen Mutterland auf dem Gebiet des Schriftwesens und der Literatur ein der Kulturtradition der Muslime sehr wichtiges Phänomen – die Aljamiado-Literatur (Literatur in der Muttersprache und in arabischer Schrift).
Die größte Konzentration und den stärksten Aufschwung der orientalischen Kultur erlebten die Städte. Die schönsten Kulturdenkmäler dieser Epoche finden wir in der Monumentalarchitektur und im sakralen und profanen Bauwesen, in zahlreichen Moscheen, Grabdenkmälern, Springbrunnen, Herbergen, Schul-, Verwaltungs- und Wohnbauten, Markthallen, öffentlichen Bädern, Uhrtürmen, Brunnen und nicht zuletzt Brücken. Die größten und bekanntesten dieser Brücken entstanden im 16. Jahrhundert.
5.c) Der Kontext der kroatisch-katholischen Kultur
Dass kein allgemeiner Zwang auf Einzelne ausgeübt wurde den katholischen Glauben aufzugeben heißt nicht, dass die christlichen Kirchen nicht behindert und unter Druck gesetzt wurden. Gerade die katholische Kirche wurde, obwohl sie den für die Fortführung ihrer Arbeit notwendigen Rechtsstatus bekam, mit tiefen Misstrauen beobachtet.
Ihre Priester galten als potentielle Spione fremder Mächte, und das nicht ohne Grund: ein venezianischer Regierungsbeauftragter verzeichnete im Jahre 1500 einen Bericht aus dem ersichtlich wurde, dass manche Franziskaner die militärischen Absichten der Osmanen analysierten.
Unmittelbar nach der osmanischen Eroberung Bosniens war die Lage der katholischen Kirche Bosnien und Herzegowinas ziemlich bedrückend. Kirchen und Klöster wurden zerstört. Ein Teil des Glaubensvolks floh auf das von Ungarn gehaltene Territorium. Die Franziskanerinstitution stand vor einem drohenden Untergang. In dieser Situation kam es im Frühsommer 1463 zu einem denkwürdigen Ereignis – zur Begegnung des bosnischen Kustoden Petar Andjelo Zvizdovic mit Sultan Mehmed el Fatih im Feldlager von Miodraz. Der osmanische Herrscher, vielleicht der mächtigste Mann seiner Zeit, stand vor der Wahl, nämlich: entweder diesem armseligen ruhhan („Geist“) jegliche Bedeutung und Identität abzusprechen oder sie, so marginal und ungefährlich sie war, anzuerkennen und zu unterstützen. Das Resultat dieses Treffens war eine Sultansurkunde, mit der bosnischen Franziskanern und Katholiken das Recht auf religiöse (eo ipso: kulturelle, politische, ethnische) Identität auf ihr Leben garantiert wurde.
Dieser kaiserliche Befehl begründete trotz vieler späterer Verletzungen den Rechtsstatus der Franziskaner und des katholischen, später kroatischen Volkes Bosniens und der Herzegowina.
Als im September 1697 Prinz Eugen von Savoyen den Osmanen eine schwere Niederlage bei Zenta zufügte, stieß er mit erstaunlicher Geschwindigkeit mit einer kleinen Armee von 6000 Mann ins Herz Bosniens vor. Das war ein Kriegszug, in dem dort, wo das Heer vorbeikam, alles geplündert, niedergebrannt und ausgemerzt wurde.
Am 22. Oktober erreichten sie Sarajevo. Die Stadt wurde völlig niedergebrannt. Prinz Eugen hielt in seinem militärischen Tagebuch folgendes fest:
„Ich machte Front zur Rechten der Stadt und entsandte eine Abteilung zum Plündern; die Türken hatten zwar ihre besten Sachen in Sicherheit gebracht, aber es fand sich noch genügend Beute. Gegen Abend brach ein Feuer aus. Die Stadt ist groß und völlig offen und hat 120 schöne Moscheen...Man hat die Stadt völlig niedergebrannt und auch die ganze Umgebung. Unsere Trupps, die den Feind verfolgten, haben Beute eingebracht, und auch Frauen und Kinder, nachdem sie etliche Türken getötet hatten. Die Christen kommen in großer Zahl, bitten um Schutz und kommen mit all ihrer Habe ins Lager, denn sie wollen das Land verlassen und sich uns anschließen. Ich hoffe alle, die sich in diesen Land befinden, über die Save zurückzuführen.“
Sarajevo brauchte lange Zeit um sich von diesen Verwüstungen zu erholen. Immerhin soll 1807 die Bevölkerungszahl bei 60 000 gelegen haben. Das ist weniger als vor der Verwüstung von 1697, aber immer noch beeindruckend, wenn man sie vergleicht mit der Einwohnerzahl von Belgrad 1838 (12 963) oder Zagreb 1851 (14 000).
Für die bosnischen Katholiken, vor allem für die Mittelschicht, stellten diese Ereignisse eine wahre Katastrophe dar, von der sie sich lange nicht erholen konnten. Aus Angst vor Rache verließ ein grossteil der katholischen Bevölkerung Mittel- und Nordbosnien. Die Ausmaße und Tiefe dieser Katastrophe kann man nur erahnen. Nach dem Rückzug des Savoyarden blieben in Bosnien nicht einmal 30 000 Katholiken.
Von besonderer Bedeutung im kulturellen Leben der katholischen Bosnier (heute Kroaten) war das Wirken der bosnischen Franziskaner bzw. ihres Ordenstaates Bosna Argentina, das sich unter komplexen historischen Umständen zu einer Organisationsform entwickelt, die im System der katholischen Kirche eine absolute Ausnahme darstellt. Überdies ist es in der Geschichte Bosniens die einzige Institution, die eine Kontinuität mit dem Mittelalter und dem bosnischen Königtum aufrechterhält.
Die reguläre Hierarchie der katholischen Kirche wurde erst 1881 in Bosnien eingeführt, nachdem Österreich-Ungarn Bosnien von den Osmanen übernommen hatte. Der neuernannte Bischof (Josip Stadler) versuchte sofort, alle Pfarren von den Franziskanern zu übernehmen. Dieser damals aufgebrochene Gegensatz zwischen diesen beiden kirchlichen Strukturen ist bis heute nicht überwunden und geht zuweilen in heftige und offene Konflikte über.
Die bedeutendste kulturelle Leistung der katholisch-bosnischen Bevölkerung in diesem Zeitraum war die literarische Tätigkeit der Franziskaner. Diese gehörten damals zu den gebildetesten Menschen Bosniens. Der Begründer der Franziskanerliteratur war Matija Divkovic (1563 – 1631). Wenn man von Divkovic als Begründer spricht, denkt man in erster Linie an jenen wichtigen Zweig dieser Literatur, der in der Volkssprache und nach den Bedürfnissen des Volkes entstand.
Die Lage der Franziskaner, die nicht zuletzt durch ihre Ablehnung der inquisitorischen Maßnahmen im 13. Jahrhundert eine gute Beziehung zur bosnischen Bevölkerung geknüpft hatten, verschärfte sich zunehmend ab dem Zeitpunkt, als das Osmanische Reich innerlich schwächer wurde und auf militärischen Gebiet entscheidende Schlachten, wie jene vor Wien (1683), verlor.
Als Österreich seine politische Propaganda und nachrichtendienstliche Aktivität in Bosnien und Herzegowina verstärkte, wobei man sich der Missstimmung der Franziskaner und Katholiken gegenüber der osmanischen Regierung bediente, verschlechterte sich ihre Lage noch mehr.
5.d) Der Kontext der serbisch-orthodoxen Kultur
Die damaligen Vorläufer der heutigen serbisch-orthodoxen Kirche waren vor der Ankunft der Osmanen auf dem Gebiet des eigentlichen Bosnien kaum aktiv. In der Herzegowina hatte eine viel größere Gewichtung. Im 14. und 15. Jahrhundert waren die meisten Adligen in der Herzegowina orthodoxe Christen, und damit vermutlich die Mehrheit der Bevölkerung ebenfalls. In dem von starken katholischen Aktivitäten geprägten Jahrhundert vor der osmanischen Eroberung gewann die katholische Kirche in der Herzegowina zwischenzeitlich an Boden und errichtete vier Franziskanerklöster. Im 16. und 17. Jahrhundert nahm dieser Einfluss vor allem in der östlichen Herzegowina wieder ab.
Einige katholische Berichte aus den fünfziger Jahren des 15. Jahrhunderts sprechen von einem Wettstreit der beiden Kirchen um die Seelen, aber das spiegelt vor allem zwei Dinge: wie weit die Franziskaner in die Herzegowina eingedrungen waren, und dass sie mit den Orthodoxen um die Reste der bosnischen Kirche konkurrierten.
Nach der Ankunft der Osmanen änderte sich das Bild jedoch schnell. Von etwa 1480 an werden orthodoxe Priester und Gläubige in vielen Teilen Bosniens erwähnt, wo vorher nie von ihnen die Rede war.
Im 16. Jahrhundert wurden mehrere orthodoxe Klöster errichtet (Tavna, Lomnica, Papraca, Ozren und Gostovic). Diese Neugründungen sind besonders überraschend, wenn man bedenkt, dass der Kanun-i Rajah den Bau neuer Kirchen verbot. Die osmanischen Behörden haben offenbar jedes Mal eine besondere Genehmigung erteilt.
Das Leben der bosnisch-herzegowinischen Orthodoxen (Serben) wurde, sowohl politisch als auch kulturell, von der Zugehörigkeit zur nationalen serbisch-orthodoxen Kirche geprägt.
Die erste Periode der osmanischen Herrschaft (16. und 17. Jahrhundert) war eine Zeit lebhafter Aktivität in Religion, Kirchenbau, Kultur und Bildung. Neue Kirchengemeinden wurden gegründet.
Gegen das 18. Jahrhundert zu, als die Rolle des Osmanischen Reiches auf der internationalen Bühne rasch an Bedeutung verlor und Österreich und Russland sich immer stärker in die Balkanpolitik einmischen, begannen die Patriarchen von Pec eine antiosmanische Politik zu betreiben, wobei sie sich an österreichische und russische politische Kombinationen anschlossen. Deshalb wurde das Patriarchat im Jahr 1766 aufgehoben. Ab dieser Zeit verschlechterte sich die allgemeine Lage der orthodoxen Bevölkerung.
Nach der Aufhebung des Patriarchats von Pec wurden alle wichtigen Kirchenpositionen nicht mehr mit einheimischer Priesterschaft, sondern mit griechischen Klerus besetzt. Diese kümmerten sich im großen und ganzen nur um die Mehrung ihres Besitzes und trugen (da sie bis zum Ende der osmanischen Herrschaft in Bosnien verblieben) erheblich zur kulturellen Stagnation ihres Kirchenvolks bei.
Obwohl die orthodoxe Kirche auch unter Demütigungen und Bedrückungen zu leiden hatte, kann man sicher sagen, dass die orthodoxe Kirche vom osmanischen Regime im Vergleich zur katholischen begünstigt wurde. Für ihre Gläubigen lagen die Ursprünge der religiösen Autorität innerhalb des osmanischen Reiches. Die Katholiken suchten ihre Außerhalb und waren sicher eher geneigt, die Eroberung Bosniens durch eine katholische Macht als Befreiung anzusehen.
Die Stellung der serbisch orthodoxen Kirche wurde durch die allgemeine Haltung der Hohen Pforte gegenüber der Ostkirche bestimmt, die nach der Eroberung Konstantinopels (1453) von Mehmet II. dem Eroberer festgelegt worden war.
5.e) Juden und Roma in Bosnien
Von zwei Bevölkerungsteilen war bisher noch kaum die Rede, obwohl sie schon früh in Bosnien präsent waren: den Roma, die wahrscheinlich vor der osmanischen Eroberung da waren, und den Juden, die innerhalb des ersten Jahrhunderts der osmanischen Herrschaft kamen.
Die beiden Bevölkerungsgruppen haben natürlich wenig gemeinsam, abgesehen von der Tatsache, dass sich beide ihre Identität erhalten haben, währen sie über zahlreiche Länder verstreut waren.
In beiden Fällen ist auch der Unterschied zwischen der Behandlung, die sie im Osmanischen Reich erfahren haben, und der, die ihnen in Nord- und Westeuropa zuteil wurde, verblüffend.
Diejenigen Autoren, die automatisch von der Grausamkeit und Intoleranz der osmanischen Herrschaft ausgehen, sollten sich die Geschichte dieser beiden Minderheiten einmal genauer ansehen.
Zuerst wanderten ab dem 15. Jahrhundert Roma zu und ließen sich in fast allen Städten nieder und gründeten eigene Vororte. In der Mitte des 16. Jahrhunderts kam es zu einer Ansiedlung der sephardischen Juden, die aus ihrer Heimat in Spanien durch die Zwangschristianisierung und Unterdrückung durch die römisch-katholische Kirche der Jahre 1492 bis 1496 vertrieben worden waren. Die Sephardim sprachen Ladino (judoö-espanol) und unterschieden sich von den askenasischen Juden, die in kleineren Gruppen oder einzeln wesentlich später, nämlich im 19. Jahrhundert kamen. Die Sephardim siedelten sich in den Städten an und beschäftigten sich mit Handel, Handwerk und Heilkünsten. Sie lebten unhörbar und isoliert, bewahrten ihre Tradition und schufen ihre kulturellen Erzeugnisse in der Muttersprache und auf Hebräisch (seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch in der bosnischen Landessprache).
Pastir
19.12.05, 02:01
6.) Bibliographie
ALBRECHT Wilhelm, Grundriss des osmanischen Staatsrechtes, Berlin 1907.
BABIC Anto, Uvod u istoriju srednjovjekovne bosanske drzave, in: Akademija nauka i umjetnosti Bosne i Hercegovine (Hrsg.), Bd. 17, Prilozi za istoriju Bosne i Hercegovine i Drustvo i privreda srednjovjekovne bosanske drzave, Sarajevo 1987, S. 11 – 20.
BABUNA Aydin, Die nationale Entwicklung der bosnischen Muslime, Frankfurt am Main 1996.
CIRKOVIC Sima, Bosanska crkva u bosanskoj drzavi, in: Akademija nauka i umjetnosti Bosne i Hercegovine (Hrsg.), Bd. 17, Prilozi za istoriju Bosne i Hercegovine i Drustvo i privreda srednjovjekovne bosanske drzave, Sarajevo 1987, S. 191 – 254.
LOVRENOVIC Ivan, Bosnien und Herzegowina, Eine Kulturgeschichte, Wien – Bozen 1998.
MALCOLM Noel, Geschichte Bosniens, Frankfurt am Main 1996.
OKUKA Milos – SOSE Meho, Bosna i Hercegovina prije 100 godina u rijeci i slici, Tuzla 2004.
STIMAC Zrinka, Die bosnische Kirche, Versuch eines religionswissenschaftlichen Zugangs, Frankfurt am Main 2004
Und bevor hier jeman schreibt von wegen ich bin ein CEDO oder sonst was erst mal lesen.
Mir geht es nur darum das geschichtliche Fakten nicht verdreht werden egal ob das Serben, Kroaten oder Bosniaken sind.
Die geschichtliche Islamisierung der Bevölkerung in Bosnien :
1. Der geschichtliche Kontext
Der Kriegszug von Sultan Mehmet dem Eroberer der im Jahre 1463 auch Bosnien erfasste, und dem auch der letzte bosnische König Stjepan Tomasevic zum Opfer fiel, war nicht die Katastrophe selbst sondern nur ein Akt eines langwierigen Dramas die 140 Jahre andauerte. Bosnien ist nicht „widerspruchslos“ gefallen, in nur wenigen Tagen, wie das in der pathetischen Phraseologie der romantisch narrativen Geschichtsschreibung behauptet wurde, Bosnien fiel fast anderthalb Jahrhunderte, zersetzt durch innere Widersprüche und ausgezerrt von der planmäßigen Penetration des osmanischen Faktors von außen.
Im 16. Jahrhundert befand sich das Osmanische Reich hinsichtlich seiner Eroberungen und der inneren Stabilität in einem rasanten Aufschwung. Es breitete sich über drei Kontinente aus. In Europa verlief die osmanische Grenze weit im Norden und Nordwesten – Wien war nicht mehr weit.
Erfolgreich die Macht der großen Feudalherren zerschlagend, errichtete Sultan Süleyman el Kanuni, der Gesetzgeber – in Europa bekannt als Süleyman der Prächtige – einen starken zentralistischen Staat mit stabilen Gesetzen und einem straffen Verwaltungsapparat, über militärischen Rückhalt verfügte er im entwickelten militärischen Kleinadel.
Bosnien und Herzegowina nahm im 16. Jahrhundert völlig die territorial-administrative, gesellschaftlich-ökonomische und kulturelle Physiognomie einer Provinz des Reiches an. Von der ersten Verwaltungseinheit, dem bosnischen Sandzak (bereits 1463 gegründet), über eine Reihe anderer, je nach Verlauf der Eroberungen und der Festigung einzelner Territorien schrittweise entstehender Sandzaks, wurde 1580 der bosnische Paschaluk gegründet. Dessen Gebiet erstreckte sich zu Beginn weit über die Grenzen des heutigen Bosnien-Herzegowina hinaus, um sich in späteren Jahrhunderten, mit dem Verfall der türkischen Macht und dem Verlust eroberter Gebiete, in etwa auf die heutigen Grenzen Bosnien-Herzegowinas zurückzuziehen.
2. Einleitung
Die Eroberung vom größten Teil des mittelalterlichen Königreichs Bosniens durch Sultan Mehmet II. war vermutlich nicht der erste Kontakt bosnischer Bewohner mit dem Islam. Die frühe arabische Expansion im Mittelmeerraum durfte sowohl einige muslimische Kauflaute als auch Räuber an die Küste Dalmatiens geführt haben. Der Sklavenhandel brachte bosnische Sklaven im Spätmittelalter übers ganze westliche Mittelmeer. Ob es jedoch Sklaven gab die durch den Übertritt zum Islam freigelassen wurden und dann in ihre Heimat zurückkehrten kann man nur spekulieren. Die historische Bedeutung solcher Kontakte kann mit guten Gewissen als sehr gering eingeschätzt werden denn Kontakte sind eins, massenhafte Konversion etwas anderes.
Die massenhafte Konversion eines großen Teils der bosnischen Bevölkerung unter den Osmanen ist das wichtigste und entscheidendste Charakteristikum in der neuzeitlichen Geschichte Bosniens.
Über die Gründe für diesen Religionswechsel und über die Frage wie dieser Prozess vor sich ging sind zahlreiche Theorien aber auch Mythen entstanden. Auch heute noch ist dies ein heikles Thema in der Diskussion über die Geschichte des Landes.
Bis die Historiker in den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts ernsthafte Studien osmanischer Verwaltungsakten unternahmen, stand wesentliches Material gar nicht zur Verfügung.
So konnten in den letzten Jahrzehnten durch fundierte Vorstellungen einige der am weitesten verbreiteten Mythen begraben werden.
4.a) Die Islamisierung, Vorwort
Die erste Spaltung in der Religion der damaligen Bewohner Bosniens kam mit der Ankunft der katholischen Missionare aus Dalmatien, und der byzantinischen vom Osten. Die Kluft zwischen der katholischen und der orthodoxen Religion vertiefte sich besonders im 12. Jahrhundert als der serbisch-orthodoxe Mönch Sava die Kirche nach den Weisungen seiner Lehrer, der griechischen Mönche vom Berg Athos, reformierte.
Die dritte Gruppe der Christen waren Angehörige der bosnischen Kirche.
Mit der Ankunft der Osmanen änderte sich das religiöse und ethnische Bild Bosniens völlig. Das Ziel der Osmanen war nicht die Assimilation bzw. die Verbreitung des Islam, sondern die Unterjochung des Landes. Dadurch konnten sich die bosnischen Menschen anpassen und ihre Lebensart und Bräuche weiter aufrechterhalten.
Im Osmanischen Reich wurden die Nichtmoslems in Götzendiener und die Kitabi eingeteilt. Unter dem Namen Kitabi wurden alle zusammengefasst die eine geschriebene Offenbarung (Kitab) empfangen haben. Den unterworfenen Götzendienern ließ man die Wahl zwischen der Bekehrung zum Islam und dem Tode. Die unterworfenen Christen konnten durch die Zahlung einer Kopfsteuer dem Tode entgehen und ihrer Lehre treu bleiben.
Die Gründe für den Übertritt eines großen Teil der bosnischen Bevölkerung zum Islam und die Frage wie dieser Prozess vor sich ging, sind deswegen auch heute noch eine heikle Angelegenheit. Von einigen Autoren wurde betont, dass die bosnischen Adligen zum Islam übergetreten waren um sich ihre ökonomischen Privilegien zu sichern und um ihre Güter behalten zu können. Eine andere Gruppe von Autoren wies daraufhin, dass die alten Konflikte zwischen Katholiken und Anhängern der bosnischen Kirche – zwischen Ungarn und Kroatien auf der einen und Bosnien auf der anderen Seite – zu diesem Islamisierungsprozess beigetragen haben.
Die genauen Vorgänge des Islamisierungsprozesses, sowie die Gründe für die Konvertierung der Bosnier zum Islam werden in nächsten Kapitel näher beleuchtet.
4.b) Die möglichen Konvertierungsursachen
Über die Islamisierung, als wichtigstes Charakteristikum bosnischer Geschichte der Neuzeit, sind viele Mythen entstanden. Die meisten darüber wie und wann es zu der Islamisierung kam. Tatsache ist jedoch, dass bis in die vierziger Jahren des 20. Jahrhundert gar keine ernsthaften Analysen der osmanischen Verwaltungsurkunden angestellt wurden. In den letzten Jahrzehnten entstanden jedoch fundierte Vorstellungen darüber, wodurch einige der am meisten verbreiteten Mythen und Märchen begraben wurden. Die besten Informationen dazu lieferten die osmanischen Steuerlisten (defter), die den Grundbesitz registrierten und die Menschen nach ihrer Religion einteilten. Dadurch entstand ein ziemlich genaues Bild über die Ausbreitung des Islam in Bosnien.
Zwei der wichtigsten und sich widersprechenden Stereotypen über das Vordringen der orientalisch-islamischen Zivilisation nach Bosnien und die Islamisierung, sind jenes von der zwangsweisen Massenislamisierung und das Märchen von Bogumilen, oder Mitgliedern der bosnischen Kirche welche geschlossen und freiwillig zum Islam übergetreten sein sollen.
Was das erste Stereotyp betrifft, ist folgendes zu sagen: Wenn wir auch den prinzipiellen Standpunkt des Koran unbeachtet lassen, der das Aufzwingen der Religion durch Gewalt gegenüber anderen „Religionen des Buches“ verbietet, und uns ständig alle Schrecken des durch die türkische Invasion hervorgerufenen Schocks vor Augen führen, so bleibt immer die Tatsache bestehen, dass die systemimmanenten Mittel, derer sich die osmanische Herrschaft zur Integration der neuen Länder bediente, alles andere als eine sprachliche, religiöse und ethnische Zwangsassimilierung war. Um dies zu verstehen braucht man nur Balkanländer die Jahrhunderte lang unter osmanischer Herrschaft standen, wie Serbien, Bulgarien oder Griechenland zu bereisen, um zu verstehen, dass keine Assimilierungspolitik seitens osmanischer Verwaltung durchgeführt wurde.
Auch wenn man außer Acht lässt, dass ein Großteil der Bosnier zum Zeitpunkt der osmanischen Eroberung dem katholischen Glauben angehörte – zur Zeit des letzten bosnischen Königs Stjepan Tomasevic, welcher Mitglieder der bosnischen Kirche verfolgen ließ, und zur Zeit seines Vorgängers, konnten die Franziskaner die ersten großen missionarischen Erfolge verbuchen (nicht zuletzt wegen des Verzichts auf inquisitorische Maßnahmen); auch die Tatsache, dass die beliebte Königin Katharina den katholischen Glauben angenommen hatte, bewegte viele krstjani dazu ihren Glauben zu wechseln - bleiben immer noch die osmanischen Steuerlisten die bezeugen, dass die Konvertierung zum Islam langsam verlief, vieler Generationen bedurfte und keine Sache des Massenübertritts von wem auch immer war.
Auch die Vorstellung, es habe zu dieser Zeit eine Massenansiedlung von Muslimen aus dem Ausland gegeben, kann mit ruhigen Gewissen fallengelassen werden. Zwar siedelten die Osmanen Türken in anderen Teilen der Balkanhalbinsel an, doch diese Politik wurde nicht in Bosnien angewendet. Das geht deutlich aus den Steuerlisten hervor.
Klar spielte die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage eine Rolle beim Übertritt zum Islam (diese Theorie ist zu allgemein um widerlegt zu werden), doch die allseits beliebte Theorie die Menschen hätten den Islam angenommen um der jährlich zu bezahlenden Kopfsteuer für Christen zu entgehen muss ebenfalls fallengelassen werden. Diese Steuer betrug im 16. Jahrhundert jährlich 4 Dukaten für die Reichen, 2 Dukaten für die Mittleren und 1 Dukat für die Armen. Zum Vergleich: zu dieser Zeit konnte man mit einem venezianischen Dukaten in Venedig ungefähr 20 Kilo Weizen kaufen, mit einem österreichischen Dukaten etwas mehr. Dieser Tarif konnte jedoch in Kriegszeiten erhöht werden. Viele der trübsinnigen Berichte über unterdrückte Christen in Bosnien stammen aus Zeiten in denen Steuern für Feldzüge gegen die Venezianer oder die Habsburger stark angehoben wurden. Doch in Kriegszeiten konnten diese Steuern auch auf Muslime ausgeweitet werden. Ihnen zu entgehen kann also kein allzu starker Grund für eine Konversion gewesen sein. Man muss auch erwähnen, dass die Muslime im Unterschied zu den Christen, den Zakat (bosnisch Zekjat) zahlen mussten. Dies war die Almosenabgabe die zu den grundlegenden Verpflichtungen im Islam gehört.
Die Psychologie des Übertritts zum Islam ist leichter zu verstehen wenn man sich klarmacht, dass der Katholizismus in vielen Teilen Bosniens kaum von einer Kirchenorganisation gestützt war.
Wenn man die Tatsache berücksichtigt, dass sich der katholische Glaube sozusagen erst am Vorabend der türkischen Eroberung so richtig durchsetzte und viele ehemalige Anhänger der bosnischen Kirche durch die repressive Politik des letzten bosnischen Königs ihnen gegenüber – die bosnische Kirche war zu dieser Zeit stark mit dem gegen den Herrscher rebellierenden Adel verbunden , so dass während der entsprechenden Gegenmaßnahmen auch die bosnische Kirche betroffen wurde – zu einem Übertritt zum Katholizismus gezwungen oder vertrieben wurden, dann rundet sich das Bild langsam ab.
Der letzte bosnische König Stjepan Tomasevic verlor, die aus religiösen Gründen für Ungarn wichtige und unter seiner Herrschaft stehende, serbische Stadt Smederevo an die Türken. Die ungarischen Herrscher sahen in diesem Verlust einen Verrat des bosnischen Königs. Um sich von der „Schuld“ des Verrats reinzuwaschen bzw. um seine Treue an die römisch-katholische Kirche und den Papst zu beteuern, vertrieb König Tomasevic alle „Häretiker“, die nicht konvertieren wollten. Man spricht von 42 000 vertriebenen aus Bosnien und 36 000 islamisierten „Häretikern“. Dem kroatischen Historiker Ivo Pilar nach wurden die geflüchteten krstjani zu Verbündeten der Osmanen, die den Vertriebenen die Rückkehr nach Bosnien und den zum Katholizismus Konvertierten die Glaubensfreiheit versprachen.
Ein Grund für die Islamisierung Bosniens konnten auch die diskriminierenden Gesetze für Nichtmuslime sein, der Kanun-i Rajah. Zum Beispiel durften sie kein Pferd reiten und keine Waffen tragen. Auch die Kleidung der Muslime war für die Christen verboten. Diese Gesetze wurden jedoch kaum befolgt. Quellen aus dem 17. Jahrhundert zeigen, dass sich christliche Priester und Kaufleute fast genauso kleideten wie die Muslime, Waffen trugen und auf Pferden ritten. Andere Verbote, wie das, christliche Kirchen zu bauen oder zu reparieren, wurden aufgehoben, entweder durch eine Sondergenehmigung oder durch das allgemeine Privileg, das den Franziskanern einmal eingeräumt und dann von jedem Sultan bestätigt wurde. Dieses Privileg wird im Kapitel über die Stellung der christlichen Bevölkerung näher behandelt. Trotzdem war offensichtlich, dass christliche Rajah muslimischen Höhergestellten Ehrerbietung und Unterordnung schuldeten, nicht nur, weil sie einen höheren sozialen Rang einnahmen, sondern auch, weil sie Muslime waren. Das wichtigste Prinzip jedoch konnte die Tatsache sein, dass Christen nicht gegen Muslime Klage erheben konnten, und dass ihre Aussage vor Gericht nicht gegen Muslime verwendet wurde. Dies konnte ein Grund für den Glaubenswechsel sein denn es durfte sicherlich als bitter empfunden worden sein, wenn die betroffenen Christen und Muslime gesellschaftlich auf derselben Stufe standen – wenn beide Städter oder beide Dorfbewohner waren.
Die meisten der großen Städte, die sich auf der osmanischen Balkanhalbinsel entwickelten, waren vorwiegend muslimisch und voll von muslimischen Einrichtungen und Bauten. Orte die Sitz eines Sandzak-Begs wurden, wie Banja Luka, Travnik und Livno entwickelten schneller einen muslimischen Charakter. In Mostar und Sarajevo jedoch, die sich überhaupt erst Mitte des 15. Jahrhunderts zu entwickeln begannen, war der Islam von dem Augenblick an, als die Türken kamen, überwältigend präsent.
In Bosnien führten alle Wege nach Sarajevo welches die größte Stadt Bosniens war und auch heute noch ist. Die Stadt war von allen Seiten des Landes gut erreichbar. Die Stadt wurde im Miljacka-Tal errichtet. In der Talsohle wurde das Handelszentrum, genannt carsija (Markt), gebaut, und auf Berghängen dicht aneinandergereiht die Stadtviertel. Zur Zeit der napoleonischen Kriege hatte Sarajevo ca. 80 000 Einwohner. Gegründet wurde es von Isa Beg Ishakovic im Jahre 1457. Im 16. und 17. Jahrhundert entwickelte sich die Stadt zu einer ausgeprägt orientalischen Stadt, und zum Zentrum von Macht und Reichtum, voller schöner Häuser und Gärten, Moscheen, Kasernen, Bäder und Konaks (eine Art Motel). Sarajevo war ein Knotenpunkt im Handel zwischen Ost und West. In türkischen Quellen wurde die Stadt als „Kriegsherd und Perle unter anderen Städten“ bezeichnet, in serbischen Kirchennotizen als „von Gott begnadetes Fleckchen“.
Seine Blütezeit, sowohl in kultureller als auch in architektonischer Hinsicht, erlebte Sarajevo zwischen 1521 und 1541, als Husrev Beg Statthalter des Sanzdak Bosnien war.
Husrev Beg war Sohn eines Konvertiten aus der Region Trebinje in der Herzegowina. Er baute die schöne Moschee, die seinen Titel trägt („Begova Dzamija“, „die Moschee des Beg“), eine Medresse (islamische Schule), eine Bibliothek, ein Hamam, zwei Hans (Gasthöfe) und einen bedeutenden Tuchmarkt. Es war üblich, dass reiche Männer Ländereien auf Dauer vergaben, damit Institutionen dieser Art Einkommen und Unterhalt hatten. Diese Art frommer Stiftung (sowohl türkisch als auch bosnisch Vakuf genannt) war lebenswichtig für die Entwicklung aller osmanischen Städte und trug dazu bei, die Einrichtungen der Stadt mit denen des Islam zu verknüpfen und verflechten. Gazi Husrev-Begs Vakuf war der reichste von allen und bestand bis ins 20. Jahrhundert. Um 1530 beherbergte die Stadt eine durchweg muslimische Bevölkerung. Ihr zunehmender Einfluss auf die Umgebung zeigt sich in der Tatsache, dass 46 % des dazugehörenden Verwaltungsbezirks auch muslimisch waren. Die Einwohner Sarajevos genossen verschiedene Privilegien und Steuerermäßigungen. Einige Historiker sind sogar der Ansicht, dass Sarajevo eine freie Stadt oder Stadtrepublik war. Das Leben dort war ein verhältnismäßig gutes, nicht nur nach den Maßstäben der Balkanhalbinsel.
Es ist also verständlich, dass viele Bosnier gern zum Islam übertraten, um daran teilzuhaben.
Ein weiterer Faktor spielte schließlich noch eine Rolle bei der Islamisierung Bosniens: der Zustrom bereits islamisierter Slawen (aber keine Türken) von außerhalb der Grenzen Bosniens. Einige kamen schon in den ersten Jahren als Spahis aus Serbien, Makedonien und Bulgarien. Aber in größerer Zahl kamen sie Ende des 17. Jahrhunderts, als der Rückzug der Osmanen aus Regionen in Dalmatien, Kroatien, Slawonien und Ungarn, die sie lange besetzt gehalten hatten, viele muslimische Bewohner dieser Gegenden mitriss. Einige der Familien waren zweifellos selbst bosnischer Abstammung. Ihre Vorfahren hatte sich nach osmanischen Eroberungen als Spahis dort niedergelassen. Mit den neuen Zuzug wuchs die muslimisch slawische Bevölkerung Bosniens.
ZUSAMMENFASSUNG
Es war deutlich zu erkennen, dass die Gründe für die Islamisierung Bosniens vielschichtig waren. Zum einen spielten die diskriminierenden Gesetze gegenüber der christlichen Bevölkerung eine Rolle und zum anderen die Anziehungskraft des Islam und des damit verbundenen Wohlstand in den muslimisch dominierten Städten. Die sich rasch entwickelnden Städte wurden zu Zentren der islamischen Kultur und Religion in denen die Menschen eher dazu neigten den Islam anzunehmen. Der wichtigste Grund für das Aufgeben des Christentum und den Übertritt zum Islam scheint die mangelnde kirchliche Organisation des Christentums gewesen zu sein. Die bosnische Kirche war zum Zeitpunkt der Eroberung durch die Osmanen kaum präsent und die katholische hatte keine sehr lange Tradition in Bosnien.
Die ländlichen Gebiete Bosniens wurden kaum von Priestern versorgt. Hier war das Christentum kaum mehr als eine Handvoll volkstümlichen Bräuche und Zeremonien. Vom volkstümlichen Christentum zum volkstümlichen Islam war kein großer Schritt. Ohne die lenkende Präsenz einer Kirche, die vor der Gefahr für die unsterbliche Seele gewarnt hätte, ließ sich der Übergang leicht vollziehen.
Eine Zwangsislamisierung sowie eine mögliche Massenkonvertierung können auf jeden Fall ausgeschlossen werden. Der Islamisierungsprozess dauerte zog sich über mehrere Generationen dahin und das Osmanische Reich befolgte keine bewusste Islamisierungspolitik. Pastir
19.12.05, 02:00
ÜBER DIE STELLUNG DER CHRISTEN IN OTTOMANISCHEN BOSNIEN:
5a.) Stellung der Christen im osmanischen Bosnien, allgemein
Im 17. Jahrhundert war die osmanische Vasallenkavallerie aus dem alten Lehnssystem militärisch überholt. Viel wichtiger wurden Infanteriesoldaten mit modernen Feuerwaffen sowie die Artillerie. Man brauchte Geld um die Soldaten zu bezahlen. Deswegen wurden die Timar-Lehen der Feudalzeit bei ihrem Rückfall in eine Kombination von Privatbesitz und Steuerpachtung verwandelt. Dadurch veränderte sich die osmanische Gesellschaft in der Provinz vollkommen. Während Abgaben von Bargeld früher nur Notmaßnahmen waren, wurden sie nun zur Regel. Sowohl die Steuerpächter als auch Istanbul erfanden eine Vielzahl von neuen Steuern und förderten Armut und häufige Unruhen. Viele Bauern verließen ihre Höfe und wurden zu Banditen. Das Reich verrottete im Innern.
Dazu kam es alle zwei Generationen zu einem größeren Krieg. So verwickelten sich die Osmanen in den vierziger Jahren des 17. Jahrhunderts in einen langen Krieg gegen Venedig, der bis 1669 dauerte. Da Bosnien direkt an venezianisches Gebiet angrenzte wurde es von diesem Krieg enorm belastet. Zusätzlich zu den neuen Steuern kam eine Inflation dazu.
Der Krieg und die damit verbundenen Verwüstungen wirkten sich auch direkt auf die christliche Bevölkerung Bosniens aus. So berichtete der katholische Bischof Marijan Maravic im Jahre 1655, dass mehr als 2000 katholische Familien „im Gegenwärtigen Krieg“ aus Bosnien geflohen sind.
Der entscheidende Krieg von dem sich das osmanische Reich nie wieder ganz erholte, war der gegen die Habsburger von 1683 – 1699. Das Jahr 1683 verlief für die Osmanen katastrophal.
Die Habsburger eroberten die osmanischen Gebiete Ungarns so, dass Tausende von Spahis und ungarischen Bauern, welche zum Islam übergetreten waren, ihre Höfe aufgeben mussten und südwärts auf bosnischen Territorium flohen.
Gleichzeitig vertrieben habsburgische Kräfte die Muslime aus der Lika im heutigen Kroatien, dem westlichsten Teil der damaligen osmanischen Provinz Bosnien. Bis 1687 waren rund 30000 vertrieben und die 1700 Zurückgebliebenen wurden gezwungen zum Katholizismus überzutreten. Dieser Flüchtlingsstrom wirkte sich auf Umfang und Zusammensetzung der bosnischen Bevölkerung aus. Man schätze, dass durch diesen Krieg insgesamt 130 000 Muslime nach Bosnien kamen.
Einige von den Flüchtlingen, vor allem Spahis, die alles verloren hatten, waren sehr verbittert. Wahrscheinlich entstand mit ihnen die neue Feindseeligkeit gegen das Christentum in Bosnien.
Die Begleiterscheinungen dieses sozial und ökonomisch regressiven Prozesses sind größer werdende Antagonismen zwischen Christentum und Islam. Die hartnäckigen Versuche Österreichs, Russlands und Venedigs, die christliche Bevölkerung (katholische und orthodoxe) Bosniens und der Herzegowina für ihre Ziele und Aktionen zu gewinnen arteten in einem immer größer werdendem Unmut der einheimischen muslimischen Bevölkerung gegenüber Christen. Nach erfolglosen Aktionen türkischer Truppen gegen venezianische Besitzungen in Dalmatien gelang es den Venezianern eine Reihe von Orten zu besetzen die heute kroatisches Territorium sind (Zemunik, Novi Grad, Obrovac, Karin, Nadin, Ostrovica, Solin und Klis). Da die Verteidigung dieser Gebiete für die Venezianer zu einem Problem wurden zogen sie unter falschen Versprechungen eine Vielzahl an christlichen Flüchtlingen aus Bosnien und Herzegowina an, und bemühten sich diese als Grenzkämpfer zu gewinnen. Unter diesem venezianischen „Spezialkrieg“ (räuberische Einfälle der Grenzkämpfer auf bosnisches Territorium), durch den das osmanische Reich nur indirekten Schaden davon trug, litt hauptsächlich die einheimische Bevölkerung auf beiden Seiten der Grenze, sowohl
Der Krieg gegen die Habsburger aus dem Jahre 1788 hatte ernsthaftere Folgen als alle bisherigen. Joseph II. von Österreich und Katharina die Große von Russland waren übereingekommen, den Osmanen die Länder auf der Balkanhalbinsel abzunehmen und sie untereinander aufzuteilen. Darin war das geopolitische Muster festgelegt welches schließlich dazu führte, dass 1878 die k.u.k. Bosnien besetzte und es 30 Jahre später annektierte. Zu Beginn des Krieges von 1788 zeigte Joseph II., dass er ernsthaft an Herrschaft dachte, nicht nur an Eroberung, als er verkündete, dass er bereit sei, allen Muslimen Religionsfreiheit zu gewähren wenn sie die Waffen niederlegten. So marschierten Anfang 1788 österreichische Truppen in Bosnien ein, aber ihre Träume von einem begeisterten Empfang als Befreier erfüllten sich nicht. Eine kleine Zahl von Bosniern meldete sich freiwillig zur Österreichischen Armee. Aber im übrigen leisteten bosnische Christen (hauptsächlich orthodoxe) wie Muslime in der Grenzregion hartnäckig Widerstand gegen die Österreicher, und die Armee der Habsburger blieb in einer fünfmonatigen Belagerung der Festung Dubica stecken.
Im folgenden Jahr waren dann die Österreicher besser organisiert und überrannten fast ganz Bosnien. Der diplomatische Druck der anderen europäischen Großmächte zwang die Habsburger jedoch ihre Armee zurückzuziehen. Dafür musste der Sultan dem österreichischen Kaiser den offiziellen Status eines „Protektor“ der Christen unter osmanischer Herrschaft gewähren.
Die steuerliche Last der Kriege, die das Osmanische Reich an anderen Orten führte, trug die gesamte Provinz, da jedoch die christliche Bevölkerung von einem Kriegsdienst befreit war, trugen nur die Muslime die militärische Last dieser Kriege. Die Bedeutung der bosnischen Streitkräfte für die osmanische Armee zeigt sich in einer Liste von 1553 bosnischen Spahis, die im Russlandfeldzug von 1711 Dienst taten. Jeder dieser Feudalherren nahm eine Gefolgschaft von Dienstmannen mit. Von den Kämpfen in Persien kehrten 1727 von 5200 muslimischen Männern nur 500 zurück.
Eingespannt in fremde Interessen und Pläne glitt Bosnien und Herzegowina in immer mehr größer werdende ökonomische und kulturelle Rückständigkeit und vor allem geistige Gespaltenheit. Die Widersprüche zwischen Muslimen, Orthodoxen und Katholiken wurden immer größer.
5.b) Der Kontext der bosniakisch-muslimischen Kultur
Die Islamisierung von einem großen Teil der bosnischen Bevölkerung fand auch einen tiefen Eingang in die soziale Hierarchie. Aus diesem Grund konnte die orientalische Kultur starke Wurzeln schlagen, wobei sie mit ihrem Geist teilweise auch das Alltagsleben und künstlerische Schaffen der nichtmuslimischen Bevölkerungsanteile durchdrang.
Dies wurde vor allem an der großen Anzahl hervorragender Bauwerke sichtbar. Es wurden auch Grund- und Mittelschulen gegründet in denen die geistigen und wissenschaftlichen Disziplinen des Islam gelehrt wurden.
Ab dem 18. Jahrhundert, als das Osmanische Reich einem raschen Verfall entgegenstrebt, die Expansionskraft verliert und der bosnische Paschaluk nach der erfolglosen Belagerung Wiens zur Grenzzone des Reiches wird, begann die Dekadent dieser Kultur, was sich zuallererst an den immer ärmer werdenden Formen der Monumentalkunst ablesen lässt. Gleichzeitig entwickelt sich durch diese Dekadenz und geistige Entfernung vom kulturellen Mutterland auf dem Gebiet des Schriftwesens und der Literatur ein der Kulturtradition der Muslime sehr wichtiges Phänomen – die Aljamiado-Literatur (Literatur in der Muttersprache und in arabischer Schrift).
Die größte Konzentration und den stärksten Aufschwung der orientalischen Kultur erlebten die Städte. Die schönsten Kulturdenkmäler dieser Epoche finden wir in der Monumentalarchitektur und im sakralen und profanen Bauwesen, in zahlreichen Moscheen, Grabdenkmälern, Springbrunnen, Herbergen, Schul-, Verwaltungs- und Wohnbauten, Markthallen, öffentlichen Bädern, Uhrtürmen, Brunnen und nicht zuletzt Brücken. Die größten und bekanntesten dieser Brücken entstanden im 16. Jahrhundert.
5.c) Der Kontext der kroatisch-katholischen Kultur
Dass kein allgemeiner Zwang auf Einzelne ausgeübt wurde den katholischen Glauben aufzugeben heißt nicht, dass die christlichen Kirchen nicht behindert und unter Druck gesetzt wurden. Gerade die katholische Kirche wurde, obwohl sie den für die Fortführung ihrer Arbeit notwendigen Rechtsstatus bekam, mit tiefen Misstrauen beobachtet.
Ihre Priester galten als potentielle Spione fremder Mächte, und das nicht ohne Grund: ein venezianischer Regierungsbeauftragter verzeichnete im Jahre 1500 einen Bericht aus dem ersichtlich wurde, dass manche Franziskaner die militärischen Absichten der Osmanen analysierten.
Unmittelbar nach der osmanischen Eroberung Bosniens war die Lage der katholischen Kirche Bosnien und Herzegowinas ziemlich bedrückend. Kirchen und Klöster wurden zerstört. Ein Teil des Glaubensvolks floh auf das von Ungarn gehaltene Territorium. Die Franziskanerinstitution stand vor einem drohenden Untergang. In dieser Situation kam es im Frühsommer 1463 zu einem denkwürdigen Ereignis – zur Begegnung des bosnischen Kustoden Petar Andjelo Zvizdovic mit Sultan Mehmed el Fatih im Feldlager von Miodraz. Der osmanische Herrscher, vielleicht der mächtigste Mann seiner Zeit, stand vor der Wahl, nämlich: entweder diesem armseligen ruhhan („Geist“) jegliche Bedeutung und Identität abzusprechen oder sie, so marginal und ungefährlich sie war, anzuerkennen und zu unterstützen. Das Resultat dieses Treffens war eine Sultansurkunde, mit der bosnischen Franziskanern und Katholiken das Recht auf religiöse (eo ipso: kulturelle, politische, ethnische) Identität auf ihr Leben garantiert wurde.
Dieser kaiserliche Befehl begründete trotz vieler späterer Verletzungen den Rechtsstatus der Franziskaner und des katholischen, später kroatischen Volkes Bosniens und der Herzegowina.
Als im September 1697 Prinz Eugen von Savoyen den Osmanen eine schwere Niederlage bei Zenta zufügte, stieß er mit erstaunlicher Geschwindigkeit mit einer kleinen Armee von 6000 Mann ins Herz Bosniens vor. Das war ein Kriegszug, in dem dort, wo das Heer vorbeikam, alles geplündert, niedergebrannt und ausgemerzt wurde.
Am 22. Oktober erreichten sie Sarajevo. Die Stadt wurde völlig niedergebrannt. Prinz Eugen hielt in seinem militärischen Tagebuch folgendes fest:
„Ich machte Front zur Rechten der Stadt und entsandte eine Abteilung zum Plündern; die Türken hatten zwar ihre besten Sachen in Sicherheit gebracht, aber es fand sich noch genügend Beute. Gegen Abend brach ein Feuer aus. Die Stadt ist groß und völlig offen und hat 120 schöne Moscheen...Man hat die Stadt völlig niedergebrannt und auch die ganze Umgebung. Unsere Trupps, die den Feind verfolgten, haben Beute eingebracht, und auch Frauen und Kinder, nachdem sie etliche Türken getötet hatten. Die Christen kommen in großer Zahl, bitten um Schutz und kommen mit all ihrer Habe ins Lager, denn sie wollen das Land verlassen und sich uns anschließen. Ich hoffe alle, die sich in diesen Land befinden, über die Save zurückzuführen.“
Sarajevo brauchte lange Zeit um sich von diesen Verwüstungen zu erholen. Immerhin soll 1807 die Bevölkerungszahl bei 60 000 gelegen haben. Das ist weniger als vor der Verwüstung von 1697, aber immer noch beeindruckend, wenn man sie vergleicht mit der Einwohnerzahl von Belgrad 1838 (12 963) oder Zagreb 1851 (14 000).
Für die bosnischen Katholiken, vor allem für die Mittelschicht, stellten diese Ereignisse eine wahre Katastrophe dar, von der sie sich lange nicht erholen konnten. Aus Angst vor Rache verließ ein grossteil der katholischen Bevölkerung Mittel- und Nordbosnien. Die Ausmaße und Tiefe dieser Katastrophe kann man nur erahnen. Nach dem Rückzug des Savoyarden blieben in Bosnien nicht einmal 30 000 Katholiken.
Von besonderer Bedeutung im kulturellen Leben der katholischen Bosnier (heute Kroaten) war das Wirken der bosnischen Franziskaner bzw. ihres Ordenstaates Bosna Argentina, das sich unter komplexen historischen Umständen zu einer Organisationsform entwickelt, die im System der katholischen Kirche eine absolute Ausnahme darstellt. Überdies ist es in der Geschichte Bosniens die einzige Institution, die eine Kontinuität mit dem Mittelalter und dem bosnischen Königtum aufrechterhält.
Die reguläre Hierarchie der katholischen Kirche wurde erst 1881 in Bosnien eingeführt, nachdem Österreich-Ungarn Bosnien von den Osmanen übernommen hatte. Der neuernannte Bischof (Josip Stadler) versuchte sofort, alle Pfarren von den Franziskanern zu übernehmen. Dieser damals aufgebrochene Gegensatz zwischen diesen beiden kirchlichen Strukturen ist bis heute nicht überwunden und geht zuweilen in heftige und offene Konflikte über.
Die bedeutendste kulturelle Leistung der katholisch-bosnischen Bevölkerung in diesem Zeitraum war die literarische Tätigkeit der Franziskaner. Diese gehörten damals zu den gebildetesten Menschen Bosniens. Der Begründer der Franziskanerliteratur war Matija Divkovic (1563 – 1631). Wenn man von Divkovic als Begründer spricht, denkt man in erster Linie an jenen wichtigen Zweig dieser Literatur, der in der Volkssprache und nach den Bedürfnissen des Volkes entstand.
Die Lage der Franziskaner, die nicht zuletzt durch ihre Ablehnung der inquisitorischen Maßnahmen im 13. Jahrhundert eine gute Beziehung zur bosnischen Bevölkerung geknüpft hatten, verschärfte sich zunehmend ab dem Zeitpunkt, als das Osmanische Reich innerlich schwächer wurde und auf militärischen Gebiet entscheidende Schlachten, wie jene vor Wien (1683), verlor.
Als Österreich seine politische Propaganda und nachrichtendienstliche Aktivität in Bosnien und Herzegowina verstärkte, wobei man sich der Missstimmung der Franziskaner und Katholiken gegenüber der osmanischen Regierung bediente, verschlechterte sich ihre Lage noch mehr.
5.d) Der Kontext der serbisch-orthodoxen Kultur
Die damaligen Vorläufer der heutigen serbisch-orthodoxen Kirche waren vor der Ankunft der Osmanen auf dem Gebiet des eigentlichen Bosnien kaum aktiv. In der Herzegowina hatte eine viel größere Gewichtung. Im 14. und 15. Jahrhundert waren die meisten Adligen in der Herzegowina orthodoxe Christen, und damit vermutlich die Mehrheit der Bevölkerung ebenfalls. In dem von starken katholischen Aktivitäten geprägten Jahrhundert vor der osmanischen Eroberung gewann die katholische Kirche in der Herzegowina zwischenzeitlich an Boden und errichtete vier Franziskanerklöster. Im 16. und 17. Jahrhundert nahm dieser Einfluss vor allem in der östlichen Herzegowina wieder ab.
Einige katholische Berichte aus den fünfziger Jahren des 15. Jahrhunderts sprechen von einem Wettstreit der beiden Kirchen um die Seelen, aber das spiegelt vor allem zwei Dinge: wie weit die Franziskaner in die Herzegowina eingedrungen waren, und dass sie mit den Orthodoxen um die Reste der bosnischen Kirche konkurrierten.
Nach der Ankunft der Osmanen änderte sich das Bild jedoch schnell. Von etwa 1480 an werden orthodoxe Priester und Gläubige in vielen Teilen Bosniens erwähnt, wo vorher nie von ihnen die Rede war.
Im 16. Jahrhundert wurden mehrere orthodoxe Klöster errichtet (Tavna, Lomnica, Papraca, Ozren und Gostovic). Diese Neugründungen sind besonders überraschend, wenn man bedenkt, dass der Kanun-i Rajah den Bau neuer Kirchen verbot. Die osmanischen Behörden haben offenbar jedes Mal eine besondere Genehmigung erteilt.
Das Leben der bosnisch-herzegowinischen Orthodoxen (Serben) wurde, sowohl politisch als auch kulturell, von der Zugehörigkeit zur nationalen serbisch-orthodoxen Kirche geprägt.
Die erste Periode der osmanischen Herrschaft (16. und 17. Jahrhundert) war eine Zeit lebhafter Aktivität in Religion, Kirchenbau, Kultur und Bildung. Neue Kirchengemeinden wurden gegründet.
Gegen das 18. Jahrhundert zu, als die Rolle des Osmanischen Reiches auf der internationalen Bühne rasch an Bedeutung verlor und Österreich und Russland sich immer stärker in die Balkanpolitik einmischen, begannen die Patriarchen von Pec eine antiosmanische Politik zu betreiben, wobei sie sich an österreichische und russische politische Kombinationen anschlossen. Deshalb wurde das Patriarchat im Jahr 1766 aufgehoben. Ab dieser Zeit verschlechterte sich die allgemeine Lage der orthodoxen Bevölkerung.
Nach der Aufhebung des Patriarchats von Pec wurden alle wichtigen Kirchenpositionen nicht mehr mit einheimischer Priesterschaft, sondern mit griechischen Klerus besetzt. Diese kümmerten sich im großen und ganzen nur um die Mehrung ihres Besitzes und trugen (da sie bis zum Ende der osmanischen Herrschaft in Bosnien verblieben) erheblich zur kulturellen Stagnation ihres Kirchenvolks bei.
Obwohl die orthodoxe Kirche auch unter Demütigungen und Bedrückungen zu leiden hatte, kann man sicher sagen, dass die orthodoxe Kirche vom osmanischen Regime im Vergleich zur katholischen begünstigt wurde. Für ihre Gläubigen lagen die Ursprünge der religiösen Autorität innerhalb des osmanischen Reiches. Die Katholiken suchten ihre Außerhalb und waren sicher eher geneigt, die Eroberung Bosniens durch eine katholische Macht als Befreiung anzusehen.
Die Stellung der serbisch orthodoxen Kirche wurde durch die allgemeine Haltung der Hohen Pforte gegenüber der Ostkirche bestimmt, die nach der Eroberung Konstantinopels (1453) von Mehmet II. dem Eroberer festgelegt worden war.
5.e) Juden und Roma in Bosnien
Von zwei Bevölkerungsteilen war bisher noch kaum die Rede, obwohl sie schon früh in Bosnien präsent waren: den Roma, die wahrscheinlich vor der osmanischen Eroberung da waren, und den Juden, die innerhalb des ersten Jahrhunderts der osmanischen Herrschaft kamen.
Die beiden Bevölkerungsgruppen haben natürlich wenig gemeinsam, abgesehen von der Tatsache, dass sich beide ihre Identität erhalten haben, währen sie über zahlreiche Länder verstreut waren.
In beiden Fällen ist auch der Unterschied zwischen der Behandlung, die sie im Osmanischen Reich erfahren haben, und der, die ihnen in Nord- und Westeuropa zuteil wurde, verblüffend.
Diejenigen Autoren, die automatisch von der Grausamkeit und Intoleranz der osmanischen Herrschaft ausgehen, sollten sich die Geschichte dieser beiden Minderheiten einmal genauer ansehen.
Zuerst wanderten ab dem 15. Jahrhundert Roma zu und ließen sich in fast allen Städten nieder und gründeten eigene Vororte. In der Mitte des 16. Jahrhunderts kam es zu einer Ansiedlung der sephardischen Juden, die aus ihrer Heimat in Spanien durch die Zwangschristianisierung und Unterdrückung durch die römisch-katholische Kirche der Jahre 1492 bis 1496 vertrieben worden waren. Die Sephardim sprachen Ladino (judoö-espanol) und unterschieden sich von den askenasischen Juden, die in kleineren Gruppen oder einzeln wesentlich später, nämlich im 19. Jahrhundert kamen. Die Sephardim siedelten sich in den Städten an und beschäftigten sich mit Handel, Handwerk und Heilkünsten. Sie lebten unhörbar und isoliert, bewahrten ihre Tradition und schufen ihre kulturellen Erzeugnisse in der Muttersprache und auf Hebräisch (seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch in der bosnischen Landessprache).
Pastir
19.12.05, 02:01
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