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Der serbische Norden bleibt vom Rest Kosovos abgenabelt. Doch die Benzin-Mafia kennt keine Grenzen.
ZVECAN/MITROVICA. Dunkle Berge überragen in dem verschlafenen Tal die Werkshallen einer stillgelegten Zeche. Doch auch am vermeintlichen Ende der Welt röhren die Motoren. Aus den rostigen Auspuffen der Autos knattern dunkle Abgaswolken. Die Tankstelle am Ortsausgang des Weilers Zvecan im serbischen Norden der geteilten Kosovo-Stadt Mitrovica ziert weder ein Firmenschild noch ein branchenüblicher Minimarkt. Dennoch kann Eigentümer Sveta über mangelnden Zuspruch nicht klagen.
„Das ist guter Kraftstoff, kommt direkt aus der Raffinerie in Pancevo. Es ist das gleiche Benzin wie bei Jugopetrol – nur billiger“, versichert grinsend der Kosovo-Serbe. Zufrieden streicht er das Bündel Euro- und Dinar-Scheine seiner Tageseinnahme glatt.
78 Dinar, umgerechnet etwas weniger als ein Euro, kostet bei ihm ein Liter Benzin. Dass seine Kunden beim Benzinkauf weder Mehrwert- noch Straßensteuer entrichten, liege ganz im Interesse der Regierung im fernen Belgrad, behauptet Sveta. Belgrad wolle den Kosovo-Serben helfen, „damit wir mehr Geld in der Tasche haben“.
„Ich bin ja nicht lebensmüde“
Benzin-Schmuggel habe es in Kosovo immer gegeben, doch seit die Grenze „offen“ sei, habe das Gewerbe einen bis dahin ungekannten Aufschwung erfahren, berichtet ein Lokaljournalist, der selbst über das florierende Geschäft lieber nicht schreiben will: „Ich bin ja nicht lebensmüde.“
Zur Vorsicht hat der Mann guten Grund. Einflussreiche Mafiabosse mit Beziehungen zur UN-Polizei und lokalen Polizei betreiben das lukrative Geschäft. Auf 48 Cent pro angelieferten Liter inklusive Transport beziffert ein Kenner die Kosten der Lieferanten: „Der Rest ist Gewinn.“ Mit jedem Tankwagen, der unverzollt von Serbien in den Nord-Kosovo rolle, sei ein Profit von 15.000 Euro garantiert. Die 100 Euro, die es beim Passieren von Polizei-Patrouillen zu entrichten gelte, sei dagegen „ein Klacks“.
Am 19. Februar, zwei Tage nach Ausrufung der Unabhängigkeit des Kosovo, setzten maskierte Demonstranten im serbischen Nord-Kosovo zwei Grenzübergänge zu Serbien in Brand. UN-Polizisten und Kosovo-Zöllner flüchteten. Der Zoll wurde vorläufig in den albanischen Südteil von Mitrovica verlegt. Dort müssten sich die Lkw mit den aus Serbien ausgeführten Gütern zur Verzollung melden. Doch Benzin-Laster aus Serbien werden dort nie gesichtet.
Freie Bahn für Schmuggler
Der Großteil des über Nord-Kosovo eingeführten Treibstoffs werde von Schmugglern ins südserbische Novi Pazar reimportiert – und von dort aus in alle Staaten Ex-Jugoslawiens vertrieben, so ein Informant. Den Rest des abgabefreien Billig-Treibstoffs vertreiben serbische und albanische Schwarzhändler nicht nur im Norden, sondern auch im albanischen Süden des Kosovo. „Gewisse Verbindungen“ kennen eben keine Grenzen, sagt in einem Straßencafé in Nord-Mitrovica der Architekt Mladen Vukicevic.
Das Abfackeln der Grenzposten habe für die Schmuggler „die Bahn frei gemacht“, seufzt in Süd-Mitrovica Polizeisprecher Besim Hoti: Mit der Bekämpfung des Benzinschmuggels habe die Kosovo-Polizei nun „alle Hände voll zu tun“. Direkten Kontakt mit seinen serbischen Kollegen im Nord-Kosovo hat der albanische Beamte seit Ausrufung der Unabhängigkeit keinen mehr.
Diese weigern sich, Anordnungen aus der Hauptstadt Pristina entgegenzunehmen – und kommunizieren mit der Kosovo-Polizeiführung nur noch über die UN-Mission Unmik. Wegen des serbischen Widerstands gegen die für den 15. Juni geplante Einsetzung der von der EU geführten Eulex-Mission wird die Unmik zumindest im Nord-Kosovo wohl länger bleiben als ursprünglich geplant. Dass sie demnächst mit zwei internationalen Aufsichtsbehörden kooperieren muss, wird der Kosovo-Polizei die Arbeit nicht erleichtern. „Wir machen halt unseren Job – egal was passiert“, meint Hoti.
Die serbisch-albanische Schmuggler-Connection « DiePresse.com
ZVECAN/MITROVICA. Dunkle Berge überragen in dem verschlafenen Tal die Werkshallen einer stillgelegten Zeche. Doch auch am vermeintlichen Ende der Welt röhren die Motoren. Aus den rostigen Auspuffen der Autos knattern dunkle Abgaswolken. Die Tankstelle am Ortsausgang des Weilers Zvecan im serbischen Norden der geteilten Kosovo-Stadt Mitrovica ziert weder ein Firmenschild noch ein branchenüblicher Minimarkt. Dennoch kann Eigentümer Sveta über mangelnden Zuspruch nicht klagen.
„Das ist guter Kraftstoff, kommt direkt aus der Raffinerie in Pancevo. Es ist das gleiche Benzin wie bei Jugopetrol – nur billiger“, versichert grinsend der Kosovo-Serbe. Zufrieden streicht er das Bündel Euro- und Dinar-Scheine seiner Tageseinnahme glatt.
78 Dinar, umgerechnet etwas weniger als ein Euro, kostet bei ihm ein Liter Benzin. Dass seine Kunden beim Benzinkauf weder Mehrwert- noch Straßensteuer entrichten, liege ganz im Interesse der Regierung im fernen Belgrad, behauptet Sveta. Belgrad wolle den Kosovo-Serben helfen, „damit wir mehr Geld in der Tasche haben“.
„Ich bin ja nicht lebensmüde“
Benzin-Schmuggel habe es in Kosovo immer gegeben, doch seit die Grenze „offen“ sei, habe das Gewerbe einen bis dahin ungekannten Aufschwung erfahren, berichtet ein Lokaljournalist, der selbst über das florierende Geschäft lieber nicht schreiben will: „Ich bin ja nicht lebensmüde.“
Zur Vorsicht hat der Mann guten Grund. Einflussreiche Mafiabosse mit Beziehungen zur UN-Polizei und lokalen Polizei betreiben das lukrative Geschäft. Auf 48 Cent pro angelieferten Liter inklusive Transport beziffert ein Kenner die Kosten der Lieferanten: „Der Rest ist Gewinn.“ Mit jedem Tankwagen, der unverzollt von Serbien in den Nord-Kosovo rolle, sei ein Profit von 15.000 Euro garantiert. Die 100 Euro, die es beim Passieren von Polizei-Patrouillen zu entrichten gelte, sei dagegen „ein Klacks“.
Am 19. Februar, zwei Tage nach Ausrufung der Unabhängigkeit des Kosovo, setzten maskierte Demonstranten im serbischen Nord-Kosovo zwei Grenzübergänge zu Serbien in Brand. UN-Polizisten und Kosovo-Zöllner flüchteten. Der Zoll wurde vorläufig in den albanischen Südteil von Mitrovica verlegt. Dort müssten sich die Lkw mit den aus Serbien ausgeführten Gütern zur Verzollung melden. Doch Benzin-Laster aus Serbien werden dort nie gesichtet.
Freie Bahn für Schmuggler
Der Großteil des über Nord-Kosovo eingeführten Treibstoffs werde von Schmugglern ins südserbische Novi Pazar reimportiert – und von dort aus in alle Staaten Ex-Jugoslawiens vertrieben, so ein Informant. Den Rest des abgabefreien Billig-Treibstoffs vertreiben serbische und albanische Schwarzhändler nicht nur im Norden, sondern auch im albanischen Süden des Kosovo. „Gewisse Verbindungen“ kennen eben keine Grenzen, sagt in einem Straßencafé in Nord-Mitrovica der Architekt Mladen Vukicevic.
Das Abfackeln der Grenzposten habe für die Schmuggler „die Bahn frei gemacht“, seufzt in Süd-Mitrovica Polizeisprecher Besim Hoti: Mit der Bekämpfung des Benzinschmuggels habe die Kosovo-Polizei nun „alle Hände voll zu tun“. Direkten Kontakt mit seinen serbischen Kollegen im Nord-Kosovo hat der albanische Beamte seit Ausrufung der Unabhängigkeit keinen mehr.
Diese weigern sich, Anordnungen aus der Hauptstadt Pristina entgegenzunehmen – und kommunizieren mit der Kosovo-Polizeiführung nur noch über die UN-Mission Unmik. Wegen des serbischen Widerstands gegen die für den 15. Juni geplante Einsetzung der von der EU geführten Eulex-Mission wird die Unmik zumindest im Nord-Kosovo wohl länger bleiben als ursprünglich geplant. Dass sie demnächst mit zwei internationalen Aufsichtsbehörden kooperieren muss, wird der Kosovo-Polizei die Arbeit nicht erleichtern. „Wir machen halt unseren Job – egal was passiert“, meint Hoti.
Die serbisch-albanische Schmuggler-Connection « DiePresse.com