John Wayne
Keyboard Turner
Sie sind kritisch - und damit gefährlich für Kubas Regierung. Politische Gegner werden laut Human Rights Watch auf bloßen Verdacht eingesperrt, geschlagen und öffentlich diffamiert. Die Hoffnung, dass Raúl Castro als Reformer ein "kubanisches Glasnost" einleitet, hat sich offenbar nicht erfüllt.
Hamburg - "Steig ein", sagten sie, dann zerrten die drei Männer Yoani Sánchez und einen Kollegen ins Auto. Mitten in Havanna. Beide sträubten sich, verteidigten sich gegen die Schläge auf Kopf und Nieren, wehrten Beleidigungen ab. Sie riefen um Hilfe, berichtet Sánchez, doch die Entführer warnten Passanten: "Mischt euch nicht ein, das sind Konterrevolutionäre."
Im Internet schreibt die mehrfach preisgekrönte Bloggerin über diesen Angriff am 6. November. Dort, in ihrem Blog, zeichnet sie kritisch den Alltag auf Kuba nach, zeigt Fotos von Verfolgern, die vor ihrer Tür lungern und kritisiert den eingeschränkten Zugang zum Web. Sánchez ist weltberühmt geworden. Fidel Castro wetterte vergangenes Jahr in der Parteizeitung "Granma", ihre Berichte seien "Wasser auf die Mühlen des Imperialismus". Als sie im Oktober zu einer Preisverleihung in die USA fliegen wollte, verweigerten die Behörden ihr die Ausreise. Am Freitag griffen Regimetreue in Zivil auch ihren Ehemann an, berichtete dieser der Nachrichtenagentur Reuters: "Sie zogen mich an den Haaren, zerrissen mein Hemd, entrissen mir meine Büchertasche."
Die Attacken auf Sánchez und ihre Kollegen sind keine Ausnahme. Denn die Hoffnungen, dass Kubas Staatschef Raúl Castro den Menschen mehr Freiheiten gewährt, scheinen sich zerschlagen zu haben. Drei Jahre, nachdem er die Amtsgeschäfte von seinem Bruder Fidel übernommen hat, prangern Menschenrechtsorganisationen die Verhaftungen und Misshandlungen von Oppositionellen an: Raúl habe den Unterdrückungsapparat aufrechterhalten, statt ihn aufzulösen.
Raúl gehe genauso brutal vor wie sein Bruder, sagt José Miguel Vivanco, Leiter der Lateinamerika-Abteilung von Human Rights Watch: "Kubaner, die es wagen, Kritik an der Regierung zu üben, leben in ständiger Angst." In einem über 100 Seiten langen Bericht mit dem Titel "New Castro, Same Cuba" hat die Organisation die Menschenrechtsverletzungen dokumentiert. "Wir leben 24 Stunden am Tag mit dem Risiko verhaftet zu werden", berichtete ihnen ein Rechtsanwalt im März 2009. Zehn Tage später wurde der Jurist festgenommen - er sitzt bis heute im Gefängnis.
"Würmer wie du haben keinen Job verdient"
Um politische Gegner einzuschüchtern, berufen sich Kubas Behörden auf den Straftatbestand der "Gefährlichkeit". Bürger dürfen in Haft genommen werden, bevor sie eine Straftat begangen haben. Ein bloßer Verdacht reicht. "Gefährlich" bedeutet laut kubanischem Gesetz unter anderem, dass jemand "antisoziales Verhalten" zeige - etwa indem er die "Regeln des Zusammenlebens" störe. Laut Human Rights Watch ein Vorwand, um Dissidenten festzunehmen. Auch Amnesty International bemängelt in seinem Jahresbericht 2008, das Justizsystem werde dazu benutzt, Oppositionelle zu schikanieren.
Faire Gerichtsverfahren erhalten die Abtrünnigen nicht. Ein politischer Aktivist berichtet, die Polizei habe ihn um 5.50 Uhr morgens abgeholt. Nicht einmal drei Stunden später sei sein Urteil verkündet worden: vier Jahre Haft. Schon zuvor war er zu Zwangsarbeit verurteilt und geschlagen worden, war ihm vom Arbeitsamt eine Vermittlung verweigert worden mit der Begründung "Würmer haben das nicht verdient". Das Gefängnis, in das er nun gebracht wurde, machte ihn durch verdorbenes Essen krank.
Viele berichten von ähnlichen Erlebnissen. In Kubas Knästen sitzen außerdem 53 politische Gefangene, die noch während der Regierungszeit von Fidel Castro festgenommen wurden. Mehr als 50 Prozent der Gefangenen müssen Haftstrafen von mehr als 20 Jahren ertragen.
Parlamentspräsident im Kreuzverhör der Studenten
Was ist aus Raúls versprochenen Reformen geworden? Als er im Januar 2008 offiziell zum Nachfolger seines großen Bruders gewählt wurde, ermunterte er das Volk zu freieren Diskussionen und Kritik. Die Regierung erlaubte den Besitz von Handys und Computern. Studenten der Informatikuniversität nahmen den Parlamentspräsidenten Ricardo Alarcón ins Kreuzverhör. Sie fragten, warum sie keinen Zugang zu Google und Yahoo hätten und warum sie nicht einmal nach Bolivien reisen dürften, wo Che Guevara vor 40 Jahren starb. Ein Hauch von Glasnost zog durch Kuba.
Doch dann stockte die Öffnung - viele im Parteiapparat waren wohl der Meinung, die Reihen müssten nun geschlossen werden. Die Liberalisierung könnte der Anfang vom Ende der Macht sein. Experten vermuten, ein energischer Wandel könnte zu riskant sein für Raúl Castro - um seine Machtbasis zu sichern, müsste er zunächst Erfolge seiner Regierung vorweisen. Doch die kubanische Wirtschaft erholt sich offenbar nicht, Projekte werden nicht vorangetrieben.
Im Volk wächst der Frust. Hoffnung gibt jedoch US-Präsident Obama, der auf eine Entspannungspolitik setzt. Anfang September hob das Finanzministerium in Washington wesentliche Teile eines Embargos auf, das seit fast einem halben Jahrhundert besteht - Amerikaner können künftig ungehindert Familienangehörige auf der Insel besuchen und unbegrenzt Geld überweisen. Grundsätzlich bleibt das Embargo aber bestehen.
EU ringt um ihre Haltung zu Kuba
Ein positives Signal aus Havanna, etwa die Freilassung inhaftierter Regimegegner, zeichnet sich bislang jedoch nicht ab. Die Bürgerrechtler von Human Rights Watch fordern daher eine harte Haltung gegenüber Kuba. Falls die Regierung nicht alle politischen Häftlinge innerhalb der nächsten sechs Monate freilasse, sollten die Mitglieder der multilateralen Koalition gezielte Strafmaßnahmen ergreifen, wie zum Beispiel Reiseverbote für Regierungsmitglieder verhängen oder neue ausländische Investitionen zurückhalten.
Doch Spanien, das die EU-Ratspräsidentschaft ab Januar 2010 übernimmt, bemüht sich um eine neue Position gegenüber Havanna. Die spanische Regierung will den "Gemeinsamen Standpunkt" der EU aufgeben - eine Vereinbarung von 1996, die die Kuba-Politik der Europäer mit Fortschritten bei der Demokratisierung und bei Menschenrechten verknüpft. Bert Hoffmann vom Hamburger Institut für Lateinamerika-Studien hält dies für sinnvoll: "Die EU wäre gut beraten, eine flexiblere Haltung gegenüber Kuba einzunehmen. Die 'Gemeinsame Position' ist heute ein zu starres ideologisches Korsett für die Nach-Fidel-Ära." Die Frontstellung nach außen stabilisiere die Regierung in Havanna eher, als dass sie sie bedrohe.
Bloggerin Yoani Sánchez läuft wieder ohne Krücken, berichtet sie. Die Angreifer hätten zwar mit Gewalt auf ihre Worte reagiert, aber ihr "Blogger-Geist" sei intakt. Trotzig richtete sie auf ihrer Seite je sieben Fragen an Raúl Castro und Barack Obama. Kubas Staatschef fragte sie zum Beispiel ob er den amerikanischen Präsidenten auf die Insel einladen würde und welche die Vorteile eines Dialogs mit den USA wären.
Barack Obama hat alle Fragen beantwortet. Mit Freude sehe er dem Tag entgegen, an dem "alle Kubaner frei ihre Meinung äußern können".
Dissidenten in Kuba: Schläge, Schikane, Schnellverfahren - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Politik
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viva la revolucion!
na lopov was meinst du sollen wir hier im ausbeuterischen kapitalismus auch so ein gesetz einführen:
"Bürger dürfen in Haft genommen werden, bevor sie eine Straftat begangen haben. Ein bloßer Verdacht reicht. "Gefährlich" bedeutet laut kubanischem Gesetz unter anderem, dass jemand "antisoziales Verhalten" zeige - etwa indem er die "Regeln des Zusammenlebens" störe."
Hamburg - "Steig ein", sagten sie, dann zerrten die drei Männer Yoani Sánchez und einen Kollegen ins Auto. Mitten in Havanna. Beide sträubten sich, verteidigten sich gegen die Schläge auf Kopf und Nieren, wehrten Beleidigungen ab. Sie riefen um Hilfe, berichtet Sánchez, doch die Entführer warnten Passanten: "Mischt euch nicht ein, das sind Konterrevolutionäre."
Im Internet schreibt die mehrfach preisgekrönte Bloggerin über diesen Angriff am 6. November. Dort, in ihrem Blog, zeichnet sie kritisch den Alltag auf Kuba nach, zeigt Fotos von Verfolgern, die vor ihrer Tür lungern und kritisiert den eingeschränkten Zugang zum Web. Sánchez ist weltberühmt geworden. Fidel Castro wetterte vergangenes Jahr in der Parteizeitung "Granma", ihre Berichte seien "Wasser auf die Mühlen des Imperialismus". Als sie im Oktober zu einer Preisverleihung in die USA fliegen wollte, verweigerten die Behörden ihr die Ausreise. Am Freitag griffen Regimetreue in Zivil auch ihren Ehemann an, berichtete dieser der Nachrichtenagentur Reuters: "Sie zogen mich an den Haaren, zerrissen mein Hemd, entrissen mir meine Büchertasche."
Die Attacken auf Sánchez und ihre Kollegen sind keine Ausnahme. Denn die Hoffnungen, dass Kubas Staatschef Raúl Castro den Menschen mehr Freiheiten gewährt, scheinen sich zerschlagen zu haben. Drei Jahre, nachdem er die Amtsgeschäfte von seinem Bruder Fidel übernommen hat, prangern Menschenrechtsorganisationen die Verhaftungen und Misshandlungen von Oppositionellen an: Raúl habe den Unterdrückungsapparat aufrechterhalten, statt ihn aufzulösen.
Raúl gehe genauso brutal vor wie sein Bruder, sagt José Miguel Vivanco, Leiter der Lateinamerika-Abteilung von Human Rights Watch: "Kubaner, die es wagen, Kritik an der Regierung zu üben, leben in ständiger Angst." In einem über 100 Seiten langen Bericht mit dem Titel "New Castro, Same Cuba" hat die Organisation die Menschenrechtsverletzungen dokumentiert. "Wir leben 24 Stunden am Tag mit dem Risiko verhaftet zu werden", berichtete ihnen ein Rechtsanwalt im März 2009. Zehn Tage später wurde der Jurist festgenommen - er sitzt bis heute im Gefängnis.
"Würmer wie du haben keinen Job verdient"
Um politische Gegner einzuschüchtern, berufen sich Kubas Behörden auf den Straftatbestand der "Gefährlichkeit". Bürger dürfen in Haft genommen werden, bevor sie eine Straftat begangen haben. Ein bloßer Verdacht reicht. "Gefährlich" bedeutet laut kubanischem Gesetz unter anderem, dass jemand "antisoziales Verhalten" zeige - etwa indem er die "Regeln des Zusammenlebens" störe. Laut Human Rights Watch ein Vorwand, um Dissidenten festzunehmen. Auch Amnesty International bemängelt in seinem Jahresbericht 2008, das Justizsystem werde dazu benutzt, Oppositionelle zu schikanieren.
Faire Gerichtsverfahren erhalten die Abtrünnigen nicht. Ein politischer Aktivist berichtet, die Polizei habe ihn um 5.50 Uhr morgens abgeholt. Nicht einmal drei Stunden später sei sein Urteil verkündet worden: vier Jahre Haft. Schon zuvor war er zu Zwangsarbeit verurteilt und geschlagen worden, war ihm vom Arbeitsamt eine Vermittlung verweigert worden mit der Begründung "Würmer haben das nicht verdient". Das Gefängnis, in das er nun gebracht wurde, machte ihn durch verdorbenes Essen krank.
Viele berichten von ähnlichen Erlebnissen. In Kubas Knästen sitzen außerdem 53 politische Gefangene, die noch während der Regierungszeit von Fidel Castro festgenommen wurden. Mehr als 50 Prozent der Gefangenen müssen Haftstrafen von mehr als 20 Jahren ertragen.
Parlamentspräsident im Kreuzverhör der Studenten
Was ist aus Raúls versprochenen Reformen geworden? Als er im Januar 2008 offiziell zum Nachfolger seines großen Bruders gewählt wurde, ermunterte er das Volk zu freieren Diskussionen und Kritik. Die Regierung erlaubte den Besitz von Handys und Computern. Studenten der Informatikuniversität nahmen den Parlamentspräsidenten Ricardo Alarcón ins Kreuzverhör. Sie fragten, warum sie keinen Zugang zu Google und Yahoo hätten und warum sie nicht einmal nach Bolivien reisen dürften, wo Che Guevara vor 40 Jahren starb. Ein Hauch von Glasnost zog durch Kuba.
Doch dann stockte die Öffnung - viele im Parteiapparat waren wohl der Meinung, die Reihen müssten nun geschlossen werden. Die Liberalisierung könnte der Anfang vom Ende der Macht sein. Experten vermuten, ein energischer Wandel könnte zu riskant sein für Raúl Castro - um seine Machtbasis zu sichern, müsste er zunächst Erfolge seiner Regierung vorweisen. Doch die kubanische Wirtschaft erholt sich offenbar nicht, Projekte werden nicht vorangetrieben.
Im Volk wächst der Frust. Hoffnung gibt jedoch US-Präsident Obama, der auf eine Entspannungspolitik setzt. Anfang September hob das Finanzministerium in Washington wesentliche Teile eines Embargos auf, das seit fast einem halben Jahrhundert besteht - Amerikaner können künftig ungehindert Familienangehörige auf der Insel besuchen und unbegrenzt Geld überweisen. Grundsätzlich bleibt das Embargo aber bestehen.
EU ringt um ihre Haltung zu Kuba
Ein positives Signal aus Havanna, etwa die Freilassung inhaftierter Regimegegner, zeichnet sich bislang jedoch nicht ab. Die Bürgerrechtler von Human Rights Watch fordern daher eine harte Haltung gegenüber Kuba. Falls die Regierung nicht alle politischen Häftlinge innerhalb der nächsten sechs Monate freilasse, sollten die Mitglieder der multilateralen Koalition gezielte Strafmaßnahmen ergreifen, wie zum Beispiel Reiseverbote für Regierungsmitglieder verhängen oder neue ausländische Investitionen zurückhalten.
Doch Spanien, das die EU-Ratspräsidentschaft ab Januar 2010 übernimmt, bemüht sich um eine neue Position gegenüber Havanna. Die spanische Regierung will den "Gemeinsamen Standpunkt" der EU aufgeben - eine Vereinbarung von 1996, die die Kuba-Politik der Europäer mit Fortschritten bei der Demokratisierung und bei Menschenrechten verknüpft. Bert Hoffmann vom Hamburger Institut für Lateinamerika-Studien hält dies für sinnvoll: "Die EU wäre gut beraten, eine flexiblere Haltung gegenüber Kuba einzunehmen. Die 'Gemeinsame Position' ist heute ein zu starres ideologisches Korsett für die Nach-Fidel-Ära." Die Frontstellung nach außen stabilisiere die Regierung in Havanna eher, als dass sie sie bedrohe.
Bloggerin Yoani Sánchez läuft wieder ohne Krücken, berichtet sie. Die Angreifer hätten zwar mit Gewalt auf ihre Worte reagiert, aber ihr "Blogger-Geist" sei intakt. Trotzig richtete sie auf ihrer Seite je sieben Fragen an Raúl Castro und Barack Obama. Kubas Staatschef fragte sie zum Beispiel ob er den amerikanischen Präsidenten auf die Insel einladen würde und welche die Vorteile eines Dialogs mit den USA wären.
Barack Obama hat alle Fragen beantwortet. Mit Freude sehe er dem Tag entgegen, an dem "alle Kubaner frei ihre Meinung äußern können".
Dissidenten in Kuba: Schläge, Schikane, Schnellverfahren - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Politik
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viva la revolucion!
na lopov was meinst du sollen wir hier im ausbeuterischen kapitalismus auch so ein gesetz einführen:
"Bürger dürfen in Haft genommen werden, bevor sie eine Straftat begangen haben. Ein bloßer Verdacht reicht. "Gefährlich" bedeutet laut kubanischem Gesetz unter anderem, dass jemand "antisoziales Verhalten" zeige - etwa indem er die "Regeln des Zusammenlebens" störe."