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Es gibt ja genug Gründe, uns Juden nicht zu mögen

Monte-B

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Die Quelle hier ist ausschlaggebend ob die Objektivität auch gegeben ist

"Wir" haben die Vielweiberei abgeschafft, Jesus ans Kreuz genagelt, den Kommunismus und den Ödipuskomplex erfunden. Und jetzt beklagen wir uns auch noch, weil "Feuerwerkskörper" auf Israel fliegen!

Von Henryk M. Broder



Auch ihn haben "die Juden" auf dem Gewissen: eine Darstellung des gekreuzigten JesusFoto: M. Lengemann M. Lengemann

Ein flüchtiger Bekannter, der früher ein Versandantiquariat betrieb, hat sich vor Kurzem mit einer Mail bei mir in Erinnerung gebracht: "Henryk, 435 Tote? Reicht Euch das nicht? 18 israelische Soldaten ebenfalls tot? Warum konnte Dein Netanjahu das nicht vermeiden? Geopfert auf dem Altar des Friedens oder des Krieges?"
Wenig später schickte er eine Mail an das Simon Wiesenthal Center und setzte mich ins CC: "Dear Simon Wiesenthal Centre in New York, if you (Israel) kill/murder 500 people (mostly innocent, even babies) in a couple of days, destroy hospitals etc, then please, don't be surprised how the ,mob' in the streets reacts."
Ich weiß nicht, was der Mann, der sich übrigens auf Judaica-Literatur spezialisiert hatte, mit den Mitteilungen erreichen wollte. Sollte ich "meinen" Netanjahu anrufen und ihm sagen: "So nicht, Bibi, hör mit dem Quatsch auf. Fahr nach Gaza und rauch mit den Hamas-Bossen eine Friedenspfeife", oder erwartete er, dass ich in einem Leserbrief an große deutsche Tageszeitungen die volle Verantwortung für das blutige Geschehen in Gaza übernehme?
Als Jude bin ich es gewohnt, mit allerlei Schandtaten in Verbindung gebracht zu werden, an denen ich nicht beteiligt war, die ich nicht einmal billigend in Kauf nehmen konnte. "Wir" haben das Menschenopfer und die Vielweiberei abgeschafft, das nimmt uns die Spaßgesellschaft nachhaltig übel.
[h=2]"Jude, Jude, feiges Schwein ..." – nur ein Stilmittel[/h]"Wir" haben Jesus ans Kreuz genagelt und damit die Grundlage für das Christentum geschaffen, aber hätte man das nicht auch gewaltfrei erledigen können? "Wir" haben den Kommunismus und den Kapitalismus erfunden, dazu die Psychoanalyse, den Ödipuskomplex, die Relativitätstheorie, den arbeitsfreien Wochentag, das Fromms-Kondom und den Reißverschluss. Lauter gute Gründe, die Juden nicht zu mögen!
Ich überlegte: Sollte ich meinen Bekannten, den ehemaligen Buchhändler fragen, ob er nach den Gasangriffen auf Hirista, Zamalka, Darayje und andere sunnitische Orte in der Region Guta bei dem syrischen Botschafter in Berlin vorstellig wurde, um gegen den Massenmord an unschuldigen Zivilisten zu protestieren?
Es wäre keine rhetorische Frage gewesen. Am Rande der Proteste gegen die israelische Intervention in Gaza wurde auch darüber debattiert, ob Parolen wie "Jude, Jude, feiges Schwein ..." und "Israel Kindermörder" als antisemitisch gelten müssten oder nur ein etwas überzogenes Stilmittel einer ansonsten legitimen Israelkritik wären.
Die Frage, woran man einen Antisemiten erkennt, ist keine akademische, man kann sie sehr einfach beantworten, ohne bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft einen Antrag auf Projektförderung zu stellen: Wer Juden etwas übel nimmt, das er Nichtjuden nicht übelnimmt, ist ein Antisemit.
[h=2]Das antisemitische Kollektiv[/h]Wer sich also über "jüdische Spekulanten" aufregt, am Treiben nicht jüdischer Spekulanten aber keinen Anstoß nimmt, ist einer. Ebenso jemand, der dem Blutvergießen in Syrien emotional unbeteiligt zuschaut und aus seiner Lethargie erst dann erwacht, wenn er in der "Tagesschau" den Satz hört: "Israel greift Ziele im Gazastreifen an."
Und wer, ohne über sich selbst zu erschrecken, fordert, es müsse "in einem freien Land möglich sein, straflos das Existenzrecht Israels infrage zu stellen", wie neulich in der "taz" zu lesen war, der ist kein harmloser Retro-Antisemit mehr; er bereitet verbal die nächste Endlösung der Judenfrage vor, diesmal im Nahen Osten. Auch der Antisemit braucht eine Perspektive.
Die Gemeinschaft der Antisemiten stellt das antisemitische Kollektiv dar. Es tritt in wechselnden Zusammensetzungen auf. Derzeit sind es vor allem "deutsche Türken" und "deutsche Araber", an deren bizarren Umzügen auch einige Bio-Deutsche teilnehmen, die ihre eigene rechte beziehungsweise linke Agenda gerne mit einem weltpolitischen Ansatz verbinden.
Den hat ein Mitarbeiter des "Freitag" vor Kurzem mit diesen Worten umschrieben: "Das Problem, welches mit der Gründung Israels einherging, ist nicht nur ein Problem der Palästinenser. Nein, es ist ein weltweites Problem ... Erst wenn das zionistische Gebilde der Vergangenheit angehört, wird der Weltfrieden zur Gegenwart und die Hoffnung die Zukunft."
[h=2]Alles unter dem Holocaust ist nur eine Ordnungswidrigkeit[/h]Die Idee, "das zionistische Gebilde" dem "Weltfrieden" zuliebe aus der Welt zu schaffen, ist nicht neu. Ersetzt man "das zionistische Gebilde" durch "das Weltjudentum", wird die Beziehung zwischen dem Original und der Kopie umgehend klar.
Ein Fall von lupenreinem Antisemitismus, sollte man meinen. Es sei denn, man gehört einer politischen Partei an, die traditionell nicht nur aktiven "Antifaschisten", sondern auch ehemaligen "inoffiziellen Mitarbeitern" Kost und Logis bietet.
Ein Amtsträger, in dessen Person beide Karrieren zusammenkommen, hat vor Kurzem Antisemitismus als "eine massenmordende Bestie" definiert. "Und deswegen dürfen wir nicht zulassen, dass man den Begriff des Antisemitismus für alles und jeden inflationiert ... Antisemitismus ist Massenmord und muss dem Massenmord vorbehalten bleiben!"
So gesehen fängt der Antisemitismus bei mehreren Millionen Toten an. Alles unterhalb dieser Marke ist kein Verbrechen, sondern allenfalls eine Ordnungswidrigkeit. Oder eine minimalinvasive Bedrohung, die man ignorieren kann. "Es stehen nicht unmittelbar pogromähnliche Zustände vor der Tür", meinte ein österreichischer Politikwissenschaftler vor Kurzem in einem TV-Programm.
[h=2]Wie man Toulouse interpretieren kann[/h]Solche Feststellungen entsprechen durchaus dem aktuellen Stand der Wissenschaft. Nachdem ein 23 Jahre alter Franzose algerischer Herkunft im März 2012 vor einer jüdischen Schule in Toulouse drei Kinder und einen Lehrer gezielt erschossen hatte, gab Wolfgang Benz dem "Hamburger Abendblatt" ein aufschlussreiches Interview.
Er könne, sagte der emeritierte Direktor des Berliner Instituts für Antisemitismusforschung, "trotz der Brutalität der Tat keine neue Dimension eines Antisemitismus in Europa" erkennen. "Wir wissen ja noch nicht einmal, ob die Morde wirklich ein antisemitisches Motiv hatten oder die Opfer von einem Terroristen zufällig ausgewählt worden sind."
Nun kommt es weder in Toulouse noch sonst irgendwo in Europa alle Tage vor, dass drei jüdische Kinder und ein Erwachsener umgebracht werden, von einem Terroristen, der zufällig des Weges kommt. Zu fragen, ob "die Morde wirklich ein antisemitisches Motiv hatten", ist so frivol, als würde man im Falle einer Vergewaltigung die Frage stellen, ob der Täter ein überzeugter Frauenhasser war oder nur zufällig über eine Frau herfiel, weil sonst niemand in der Nähe war.
[h=2]Jede Lawine fängt als Schneeball an[/h]Benz' Argumentation kann nur damit erklärt werden, dass der Holocaust in puncto Antisemitismus Maßstäbe gesetzt hat. Die Messlatte liegt bei sechs Millionen. Nur vor diesem Hintergrund stellen vier tote Juden keine neue Dimension eines Antisemitismus in Europa dar.
In einem aktuellen Interview mit der "taz" antwortete Benz auf die Frage, ob "wir es mit einer neuen Welle des Antisemitismus zu tun haben", mit der beruhigenden Feststellung, das wäre "keineswegs" der Fall, man müsse "die Dimensionen" im Auge behalten.
"Es ist nicht gleich so, dass Hitler wieder vor der Tür steht und eine neue Lawine von Antisemitismus Deutschland unter sich begräbt. Es handelt sich um eine kleine Minderheit von Fanatikern und nicht um die Mehrheit der deutschen Bevölkerung."
Eine durchaus richtige Beobachtung, die allein daran leidet, dass sie die Dimensionen aus dem Auge lässt. Fast jede Lawine fängt mit einem Schneeball an. Bevor Hitler durch die Tür trat, stand er schon eine Weile auf der Matte. Nicht einmal als er gewählt wurde, hatte er die Mehrheit der deutschen Bevölkerung hinter sich.
[h=2]Nur eine Minderheit von Fanatikern?[/h]Man kann nicht, wie in Deutschland üblich, jeden Tag "Wehret den Anfängen!" rufen und zugleich warten, bis Hitler wieder vor der Tür steht. Es sei denn, wie gesagt, dass man das Dritte Reich und den Holocaust zum Maß aller Dinge erklärt.
Aber dann dürfte man sich auch nicht über die Verbrechen der NSU-Bande aufregen, war es doch nur eine kleine Minderheit von Fanatikern, die man nicht einmal in Promille erfassen kann.
Benz, der gerne die Islamophobie des 21. Jahrhunderts mit dem Antisemitismus des 19. und frühen 20. Jahrhunderts vergleicht, ist nicht der Einzige, der so argumentiert. Israel sei nicht bedroht, kann man derzeit überall lesen, es sei doch die stärkste Militärmacht im ganzen Nahen Osten.
Die Raketen, die seit Jahren aus Gaza abgefeuert würden, seien "selbst gebastelt", "Kleinraketen", "lächerliche 'Raketen', die man besser als Feuerwerk" bezeichnen sollte, "ineffektiv, wie sie sind", "nutzlose Feuerwerkskörper, die kaum jemand getötet haben", eine "sinnlose Ballerei der Hamas".
[h=2]Kaffee und Kuchen anbieten[/h]Man wünscht sich fast, einer dieser Feuerwerkskörper möge dort landen, wo solche Sätze geschrieben werden, nur um zu sehen, wie gelassen die Fachleute für angewandte Pyrotechnik darauf reagieren.
Oder was sie machen würden, wenn sich plötzlich im Vorgarten ein Loch im Boden auftäte, aus dem Hamas-Vertreter in voller Kampfmontur auftauchen. Würden sie schreiend davonlaufen oder den Gästen Kaffee und Kuchen anbieten, wissend, dass es Menschen sind, die "wie Maulwürfe Tunnel in Nachbarländer graben, um manchmal für ein paar Tage oder Stunden Freiheit zu schnuppern", wie ein deutscher Politiker auf seiner Facebook-Seite bloggte, der "die Hölle auf Erden" über einen der Tunnel betreten hatte.
Die Israelis, so lässt sich die Essenz all dieser Analysen und Ermahnungen zusammenfassen, sollen sich nicht so anstellen. Erstens gehe es den "Verdammten dieser Erde" in Gaza viel schlechter, zweitens drohe den Juden diesmal kein Untergang, nur ein Feuerwerk mit Kleinraketen.


Was ist das schon, verglichen mit dem Holocaust.
 
War es nicht der römische Stadthalter Pontius Pilatus der Jesus ans Kreuz hängen lies? Waren es nicht römische Legionäre die den Befehl ausführten?
 
"Als Jude bin ich es gewohnt, mit allerlei Schandtaten in Verbindung gebracht zu werden, an denen ich nicht beteiligt war, die ich nicht einmal billigend in Kauf nehmen konnte."

Aber ist es nicht auch so, dass ich als Deutscher ständig mit allerlei "Schandtaten" in Verbindung gebracht werde, die ich nicht einmal billigend in Kauf nehmen konnte?


Herr Broder erlebt offenbar aktuell genau das, was Deutschland und seine Bevölkerung fast täglich erleiden muss. Pauschale, unqualifizierte und hetzerische Anschuldigungen. Wobei ein entscheidender Unterschied besteht: Als Nachkriegsgeborener kann man nur im Nachhinein verurteilen was vor fast 80 Jahren passiert ist, Der Autor des Artikels hingegen kann seine Stimme gegen aktuelle Ereignisse erheben.
Ebenso muss aber ein Krieg, in dem ganze Häuserblocks mit Zivilbewohnern in Schutt und Asche gelegt werden, um einen Hamas-Kämpfer zu treffen, ebenso geächtet werden. Denn nicht das Selbstverteidigungsrecht Israels steht zur Diskussion, sondern wie dieses exzessiv ausgeübt wird.

"Wer Juden etwas übel nimmt, das er Nichtjuden nicht übelnimmt, ist ein Antisemit."
Aber was ist derjenige, der Juden etwas nicht übel nimmt, Nichtjuden jedoch schon...?

Meint dazu „Johnny Winter“ in einem Kommentar.
 
War es nicht der römische Stadthalter Pontius Pilatus der Jesus ans Kreuz hängen lies? Waren es nicht römische Legionäre die den Befehl ausführten?

Jain. Den Roemern wars total egal. Die Roemer (d.h. die roemische Besatzung) haben im Prinzip die Pharisaeer entscheiden lassen.

Sehe aber nicht wirklich, was die Juden von heute mit den Pharisaeern gross gemein haben koennten (doch warte - beide essen Brot...).
Die Pharisaeer haben gehandelt, wie jede Priesterelite gehandelt haette (und hat) die sich mit solch einer Situation (irgendein Typ kommt herbei, "stachelt das Volk auf", setzt denen ethische "Flausen" in den Kopf und kritisiert die Art und Weise mit der wir die Religion ausueben und tritt quasi als Konkurrenz auf) konfrontiert sah.
Bei Germanen waer schon noch "Typ kommt herbei" die Todesstrafe faellig gewesen.
Waerns damals Katholiken statt der Pharisaer, so haette man noch alle Apostel/Juenger/Wundergeheilte, Anhaenger und Familienmitglieder angezuendet noch bevor das erste Wunder richtig vollbracht worden waer (HEXENWERK!!!).
Vermutlich haette schon nach seiner Geburt ein Raubritter (angelockt vom Gold(...) der heiligen drei Koenige) die Scheune ausgeraubt und angezuendet.
 
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