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Film über das Schreckgespenst Abschiebung

Toni Maccaroni

Модерат&
03.05.2008


Backnang – Was geschieht mit Menschen, die in ihre ehemalige Heimat Kosovo abgeschoben werden? Wie gehen Abschiebungen von statten? Udo Dreutler, Vertreter im Flüchtlingsrat Baden-Württemberg, hält Schicksale hier und im Kosovo in Dokumentarfilmen fest. Im club junges europa (cje) zeigte er einen Film, in dem Aferdita Llapjani, die aus ihrer Wohnung in Welzheim geholt und nach Pristina abgeschoben wurde, ihre Geschichte erzählt.



VON CLAUDIA ACKERMANN

Seit August 2000 reist Udo Dreutler jedes Jahr in den Kosovo. Er reist Menschen hinterher, die aus Deutschand abgeschoben wurden, um zu dokumentieren, wo sie geblieben sind, unter welchen Bedingungen sie leben. Zum Thema „Angst vor der Heimat – Geschichte einer Abschiebung mit ihren Folgen“ war er auf Einladung des Arbeitskreises Asyl und des politischen Arbeitskreises des cje in Steinbach zu Gast. Roma und Minderheitsangehörige dürfen nur in den Kosovo abgeschoben werden, wenn ihre Unterbringung als gesichert angegeben wird, erläuterte Dreutler.

Dass das jedoch in der Realität oft nicht zutrifft, wird in seinem Dokumentarfilm deutlich. Eine Familie, die sechs Jahre lang in Deutschland lebte, haust mittellos im Garten des Bruders. Drastische Szenen zeigen Familien, die auf engstem Raum am Rande einer Mülldeponie leben. Der Gestank ist allgegenwärtig. Mit Plastikplanen an den Fenstern versuchen sie sich davor zu schützen. Die Kinder dürfen nicht zur Schule gehen, man sagt, sie würden stinken und wären schmutzig.

Auch Aufnahmen, die in Deutschland gedreht wurden, sind in dem Dokumentarfilm zu sehen. Aferdita Llapjani berichtet, wie sie am 6. November 2007 völlig unerwartet unter großem Polizeiaufgebot aus ihrer Wohnung in Welzheim geholt wurde. Die 25-Jährige lebt seit 19 Jahren in Deutschland und ist Mutter zweier minderjähriger Söhne. Vom Vater der Kinder lebt sie getrennt. Er ist mit einer deutschen Frau verheiratet und hat eine Aufenthaltsgenehmigung, während die alleinerziehende Mutter nur geduldet wird.

Die junge Frau schildert, wie vermummte Beamte ihre Wohnung in Welzheim stürmen. Handschellen werden ihr angelegt, die fünf und neun Jahre alten Söhne bringt man in einen Nebenraum. „Ich habe doch niemandem etwas getan“, sagt sie im Film immer wieder. Sie darf nur wenige Kleidungsstücke einpacken. Trotzdem sie es eigentlich nicht darf, gelingt es ihr, ihre Handtasche, in der sich 50 Euro befinden, mitzunehmen. Ein Abschiebebefehl sei ihr nicht gezeigt worden, berichtet sie.

Llapjani schildert im Film, dass sie am Flughafen in Pristina erfährt, laut Unterlagen besitze sie angeblich ein zweistöckiges Haus, was allerdings nicht zutrifft, wie sie beteuert. Die junge Frau wird sich selbst überlassen und zieht mittellos in Stadtteilen, in denen vorwiegend Roma leben, von Haustür zu Haustür. Noch am Tag der Abschiebung erwirkte der Rechtsanwalt der Familie beim Verwaltungsgericht Stuttgart die Aussetzung der Abschiebung. Sie wurde aber nicht gestoppt, kommentiert Udo Dreutler. Aferdita Llapjani ist seit Dezember 2007 wieder in Deutschland und hat inzwischen eine Aufenthaltsgenehmigung. Ihre beiden Brüder, die zur gleichen Zeit aus Alfdorf abgeschoben wurden, befinden sich noch im Kosovo.

In der anschließenden Diskussion ging es um Integration, Duldung und die ständige Angst vor Abschiebung. Pfarrer Peter Metzger, Bezirksbeauftragter des evangelischen Kirchenbezirks Backnang für ausländische Flüchtlinge und Migranten, berichtete außerdem aus seiner Praxis.
 
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