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Ein Geschichtsbuch aus Sand und Stein: Auf Forschungsexpedition (ARD)
Forschungsexpedition der FS Sonne
Ein Geschichtsbuch aus Sand und Stein
Rosa Vollmer
Das Forschungsschiff FS Sonne ergründet den Tiefseeboden vor Nordjapan. Neue Daten und Sedimentproben liefern nicht nur Erkenntnisse zum verheerenden Erdbeben vom 11. März 2011, sondern auch zu jenen in der Vergangenheit – und erlauben vielleicht sogar einen Blick in die Zukunft.
Das verheerende Erdbeben vom 11. März 2011 vor der Küste Nordostjapans hat den Tiefseeboden über eine Länge von 500 Kilometern aufgerissen und die Morphologie völlig verändert. Nach ersten, groben Messungen haben sich Teile der nordamerikanischen Platte, auf der die Nordhälfte Japans liegt, um bis zu 50 Meter nach Osten verschoben. Noch nie zuvor wurden derart weitreichende Verschiebungen gemessen. "Wir dachten anfangs alle, wir haben uns verrechnet – schließlich reden wir sonst von Zentimetern", erinnert sich Shuichi Kodaira von der "Japan Agency for Marine-Earth Science and Technology" (Jamstec). Im vergangenen Jahr haben verschiedene Forschungsschiffe der Jamstec bestimmte Messpunkte angesteuert. Zusammen mit den Daten der global vernetzten Seismometer sind die Forscher zu diesen ersten Erkenntnissen gelangt. "Doch wir brauchen noch viel mehr Messdaten, um uns wirklich ein Bild machen zu können. Das Gebiet ist einfach riesig", so Kodaira....
Erstes Material für das Geschichtsbuch
Dort, wo die beiden tektonischen Platten aufeinander treffen, entstehen in der ozeanischen Erdkruste Risse, die oberen Schichten wölben sich auf – als würde man ein Bettlaken zerwühlen und dabei Falten aufwerfen. Die Dynamik solcher Ereignisse ist in Form spezifischer Ablagerungen im Tiefseeboden auch tausende Jahre später noch sichtbar. Michael Strasser erzählt begeistert: "Wir hatten Glück und konnten mit dem Schwerelot schon zwei schöne Proben entnehmen, die dritte ist gerade unterwegs." Die beiden ersten Bohrkerne zeigten schon äußerst erfreuliche Ergebnisse, so der Geologe, denn die Spuren des 11. März seien eindeutig erkennbar. Doch was für Strassers Geschichtsbuch aus Sand und Stein noch viel spannender ist: "An einem der Kerne sind ähnliche Spuren aus der Vergangenheit zu sehen – das heißt, ein solches Ereignis hat vor hunderten und tausenden von Jahren schon einmal stattgefunden."
Dies sind genau die Erkenntnisse, auf die Shuichi Kodaira von der Jamstec sowie sein Kollege Kimihiro Mochizuki vom Erdbebenforschungszentrum der Universität Tokyo so dringend warten. Die Forscher vermuten nämlich, dass Mega-Beben wie jenes vom 11. März an bestimmten, tektonisch besonders aktiven Punkten zyklisch auftreten. "Bislang haben wir uns hauptsächlich mit Beben der Stärke sieben oder acht auf der Richterskala befasst", erklärt Mochizuki. Für diese gebe es bereits Erkenntnisse über ein regelmäßiges Auftreten in bestimmten Erdbebenregionen wie vor der Küste Nordjapans, oder aber vor der südwestjapanischen Küste rund um Kobe, wo es 1995 ebenfalls ein verheerendes Erdbeben gab. "Beben der Stärke 9.0 auf der Richterskala und mehr geschehen höchstens einmal in tausend Jahren, das hat uns das Beben vom 11. März gezeigt", bestätigt auch Michael Strasser. Allerdings gründe sich diese Vermutung derzeit nur auf zwei Datenpunkte: den März 2011 sowie ein ähnlich starkes Beben, das aus der japanischen Geschichtsschreibung bekannt ist und demnach 869 nach Christus geschehen ist. Strasser erklärt: "Die Sedimentologie kann jedoch viel weiter in die Vergangenheit zurückgreifen, so dass wir am Ende hoffentlich noch viel mehr Datenpunkte für das Geschichtsbuch haben."
Erdbeben sind nicht das Wetter
Aufregung über die ersten Proben aus der Tiefe
Das Ziel der Forscher ist es nun, die Beben der Klasse sieben bis acht in den großen, tausendjährigen Zyklus der Mega-Beben einzuordnen. "Denn diese Häufigkeiten von Erdbeben sind die Datengrundlage, um etwas über die Wahrscheinlichkeit künftiger Beben aussagen zu können", so Strasser. Auch Shuichi Kodaira wünscht sich, eines Tages flächendeckende Erkenntnisse über die Erdkruste des japanischen Tiefseegrabens und deren Dynamik gewinnen zu können – ein Jahrhundertprojekt. "Dann könnten wir zumindest präzisere Reaktionen auf solche Beben planen, wie etwa, ob es zu einem Tsunami kommt oder nicht", so Kodaira. Doch bei aller Forschung und Technik: "Eine präzise Vorhersage wie etwa beim Wetter wird es niemals geben."
Forschungsexpedition der FS Sonne
Ein Geschichtsbuch aus Sand und Stein
Rosa Vollmer
Das Forschungsschiff FS Sonne ergründet den Tiefseeboden vor Nordjapan. Neue Daten und Sedimentproben liefern nicht nur Erkenntnisse zum verheerenden Erdbeben vom 11. März 2011, sondern auch zu jenen in der Vergangenheit – und erlauben vielleicht sogar einen Blick in die Zukunft.
Das verheerende Erdbeben vom 11. März 2011 vor der Küste Nordostjapans hat den Tiefseeboden über eine Länge von 500 Kilometern aufgerissen und die Morphologie völlig verändert. Nach ersten, groben Messungen haben sich Teile der nordamerikanischen Platte, auf der die Nordhälfte Japans liegt, um bis zu 50 Meter nach Osten verschoben. Noch nie zuvor wurden derart weitreichende Verschiebungen gemessen. "Wir dachten anfangs alle, wir haben uns verrechnet – schließlich reden wir sonst von Zentimetern", erinnert sich Shuichi Kodaira von der "Japan Agency for Marine-Earth Science and Technology" (Jamstec). Im vergangenen Jahr haben verschiedene Forschungsschiffe der Jamstec bestimmte Messpunkte angesteuert. Zusammen mit den Daten der global vernetzten Seismometer sind die Forscher zu diesen ersten Erkenntnissen gelangt. "Doch wir brauchen noch viel mehr Messdaten, um uns wirklich ein Bild machen zu können. Das Gebiet ist einfach riesig", so Kodaira....
Erstes Material für das Geschichtsbuch
Dort, wo die beiden tektonischen Platten aufeinander treffen, entstehen in der ozeanischen Erdkruste Risse, die oberen Schichten wölben sich auf – als würde man ein Bettlaken zerwühlen und dabei Falten aufwerfen. Die Dynamik solcher Ereignisse ist in Form spezifischer Ablagerungen im Tiefseeboden auch tausende Jahre später noch sichtbar. Michael Strasser erzählt begeistert: "Wir hatten Glück und konnten mit dem Schwerelot schon zwei schöne Proben entnehmen, die dritte ist gerade unterwegs." Die beiden ersten Bohrkerne zeigten schon äußerst erfreuliche Ergebnisse, so der Geologe, denn die Spuren des 11. März seien eindeutig erkennbar. Doch was für Strassers Geschichtsbuch aus Sand und Stein noch viel spannender ist: "An einem der Kerne sind ähnliche Spuren aus der Vergangenheit zu sehen – das heißt, ein solches Ereignis hat vor hunderten und tausenden von Jahren schon einmal stattgefunden."
Dies sind genau die Erkenntnisse, auf die Shuichi Kodaira von der Jamstec sowie sein Kollege Kimihiro Mochizuki vom Erdbebenforschungszentrum der Universität Tokyo so dringend warten. Die Forscher vermuten nämlich, dass Mega-Beben wie jenes vom 11. März an bestimmten, tektonisch besonders aktiven Punkten zyklisch auftreten. "Bislang haben wir uns hauptsächlich mit Beben der Stärke sieben oder acht auf der Richterskala befasst", erklärt Mochizuki. Für diese gebe es bereits Erkenntnisse über ein regelmäßiges Auftreten in bestimmten Erdbebenregionen wie vor der Küste Nordjapans, oder aber vor der südwestjapanischen Küste rund um Kobe, wo es 1995 ebenfalls ein verheerendes Erdbeben gab. "Beben der Stärke 9.0 auf der Richterskala und mehr geschehen höchstens einmal in tausend Jahren, das hat uns das Beben vom 11. März gezeigt", bestätigt auch Michael Strasser. Allerdings gründe sich diese Vermutung derzeit nur auf zwei Datenpunkte: den März 2011 sowie ein ähnlich starkes Beben, das aus der japanischen Geschichtsschreibung bekannt ist und demnach 869 nach Christus geschehen ist. Strasser erklärt: "Die Sedimentologie kann jedoch viel weiter in die Vergangenheit zurückgreifen, so dass wir am Ende hoffentlich noch viel mehr Datenpunkte für das Geschichtsbuch haben."
Erdbeben sind nicht das Wetter
Aufregung über die ersten Proben aus der Tiefe
Das Ziel der Forscher ist es nun, die Beben der Klasse sieben bis acht in den großen, tausendjährigen Zyklus der Mega-Beben einzuordnen. "Denn diese Häufigkeiten von Erdbeben sind die Datengrundlage, um etwas über die Wahrscheinlichkeit künftiger Beben aussagen zu können", so Strasser. Auch Shuichi Kodaira wünscht sich, eines Tages flächendeckende Erkenntnisse über die Erdkruste des japanischen Tiefseegrabens und deren Dynamik gewinnen zu können – ein Jahrhundertprojekt. "Dann könnten wir zumindest präzisere Reaktionen auf solche Beben planen, wie etwa, ob es zu einem Tsunami kommt oder nicht", so Kodaira. Doch bei aller Forschung und Technik: "Eine präzise Vorhersage wie etwa beim Wetter wird es niemals geben."