Y
Yunan
Guest
08.04.2011
Griechenland als Libyen-Vermittler
"Wir wollen einen politischen Prozess einleiten"
Der militärische Kampf gegen das Gaddafi-Regime in Libyen stockt - umso mehr Hoffnungen liegen auf den diplomatischen Bemühungen. In die Verhandlungen hat sich auch Griechenland eingeschaltet. Im Interview spricht Außenminister Droutsas über Geheimtreffen, Vertrauen und ein mögliches Exil.
Erst wurde ausführlich sondiert, dann bat der libysche Premierminister Baghdadi Ali al-Mahmudi seinen griechischen Kollegen Georgios Papandreou am Telefon um Vermittlung im Libyen-Konflikt. Unter strengster Geheimhaltung flog der libysche Abgesandte Abdul Latif al-Obeidi im Privatjet eines griechischen Unternehmers erst nach Athen, danach ging es weiter nach Ankara und Malta. Nach engen Konsultationen und in Absprache unter anderem mit dem britischen Premier David Cameron, mit Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton und dem Scheich von Katar trafen Papandreou und Griechenlands Außenminister Dimitris Droutsas den Libyer. Droutsas gilt als einer der engsten Vertrauten Papandreous.
SPIEGEL ONLINE: Welche Rolle kann Griechenland als Vermittler in der Libyen-Krise spielen?
Droutsas: Griechenland ist fester und gewachsener Teil der unmittelbaren Region rund um das Mittelmeer und hat traditionelle und gute Beziehungen mit allen arabischen Ländern. Die basieren auf gegenseitigem Verständnis und gegenseitiger Achtung. Griechenland verfügt deshalb über eine glaubhafte Stimme in der arabischen Welt. Unsere Regierung wollte ein Zeichen setzen, dass wir helfen können, und unsere Dienste zur Verfügung stellen.
SPIEGEL ONLINE: Was kann Griechenland deshalb besser als zum Beispiel Frankreich, Großbritannien oder Italien, die bei der Ausübung des Uno-Mandats eine führende Rolle spielen?
Droutsas: Ich bin der Letzte, der behauptet, wir können das besser. Unsere geografische Lage und unsere Geschichte mit der arabischen Welt sind aber vielleicht gute Argumente für einen besonderen Kontakt und schenken uns vielleicht mehr Glaubwürdigkeit als anderen Staaten, um gegenüber Libyen mit offenen Karten zu spielen.
SPIEGEL ONLINE: Hat das Gespräch mit dem libyschen Gesandten, Vize-Außenminister Obeidi, diese Annahme gerechtfertigt, hat er Ihnen Vertrauen entgegengebracht?
Droutsas: Wichtig ist doch zunächst, dass der erste Schritt getan wurde hin zu einem politischen Prozess. Die Ereignisse in Libyen machen es im Moment nicht leicht, Glaubwürdigkeit aufzubauen - und von der internationalen Staatengemeinschaft einen Vertrauensvorschuss zu bekommen.
SPIEGEL ONLINE: Wie kam es zu dem vertraulichen Treffen?
Droutsas: Griechenland war als Teil der Region immer aktiv darum bemüht, Frieden in der Region zu sichern und zu bewahren. Deshalb ist der libysche Premier al-Mahmudi an uns herangetreten und hat um ein Telefonat mit unserem Premier Georgios Papandreou ersucht. In dem Gespräch hat er den Vorschlag gemacht, und wir haben zugestimmt, gerade weil wir einen politischen Prozess einleiten wollen. Alle unsere Partner und EU-Mitgliedsländer waren von uns darüber informiert, und alle haben uns ermuntert, dass das ein guter Weg ist.
SPIEGEL ONLINE: Warum kam es zu der geheimen Reise mit dem Privatjet eines griechischen Unternehmers?
Droutsas: Da müssen Sie die Libyer fragen, damit haben wir nichts zu tun, wir haben nur dem Gespräch zugestimmt.
SPIEGEL ONLINE: Hat Machthaber Muammar al-Gaddafi um politisches Exil anfragen lassen?
Droutsas: Nein, das kann ich sehr klar und deutlich ausschließen.
SPIEGEL ONLINE: Ist Athen bereit, bei Bedarf führenden Vertretern des libyschen Regimes oder den Gaddafi-Söhnen Exil anzubieten?
Droutsas: Auch sehr klar und eindeutig: nein. Griechenland steht für eine solche Lösung nicht zur Verfügung.
SPIEGEL ONLINE: Welche neuen Schritte gibt es in Ihrer diplomatischen Offensive seit dem ersten Treffen?
Droutsas: Es gab seitdem keine direkten Kontakte mehr. Jetzt ist zunächst die internationale Staatengemeinschaft gefragt, eine gemeinsame Lösung zu finden. Mit jedem Tag, der vergeht, der nur von militärischen Operationen und Bombardements geprägt ist, ohne ein wirkliches Resultat zu erzielen, erhöht sich nicht nur die Gefahr einer humanitären Katastrophe. Jeder Tag fördert auch das Risiko, dass sich das libysche Regime weiter gestärkt fühlt und immer weniger bereit ist, die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Wir haben keine Minute Zeit zu verlieren.
SPIEGEL ONLINE: Haben Sie nach den Gesprächen mit Obeidi Hoffnung auf eine schnelle Lösung, und kann Gaddafi Teil der Lösung sein?
Droutsas: Ich kann nicht sagen, wie groß die Hoffnung ist. Die internationale Staatengemeinschaft hat sich sehr eindeutig festgelegt. Ich glaube kaum, dass sich jemand eine Zukunft Libyens mit Gaddafi vorstellen kann. Darüber hinaus ist wichtig, dass die Zukunft Libyens nur durch die freie Entscheidung des Volkes festgelegt werden kann.
Das Interview führte Manfred Ertel
Griechenland als Libyen-Vermittler
"Wir wollen einen politischen Prozess einleiten"
Libysche Rebellen: Kampf gegen das Gaddafi-Regime
Der militärische Kampf gegen das Gaddafi-Regime in Libyen stockt - umso mehr Hoffnungen liegen auf den diplomatischen Bemühungen. In die Verhandlungen hat sich auch Griechenland eingeschaltet. Im Interview spricht Außenminister Droutsas über Geheimtreffen, Vertrauen und ein mögliches Exil.
Erst wurde ausführlich sondiert, dann bat der libysche Premierminister Baghdadi Ali al-Mahmudi seinen griechischen Kollegen Georgios Papandreou am Telefon um Vermittlung im Libyen-Konflikt. Unter strengster Geheimhaltung flog der libysche Abgesandte Abdul Latif al-Obeidi im Privatjet eines griechischen Unternehmers erst nach Athen, danach ging es weiter nach Ankara und Malta. Nach engen Konsultationen und in Absprache unter anderem mit dem britischen Premier David Cameron, mit Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton und dem Scheich von Katar trafen Papandreou und Griechenlands Außenminister Dimitris Droutsas den Libyer. Droutsas gilt als einer der engsten Vertrauten Papandreous.
SPIEGEL ONLINE: Welche Rolle kann Griechenland als Vermittler in der Libyen-Krise spielen?
Droutsas: Griechenland ist fester und gewachsener Teil der unmittelbaren Region rund um das Mittelmeer und hat traditionelle und gute Beziehungen mit allen arabischen Ländern. Die basieren auf gegenseitigem Verständnis und gegenseitiger Achtung. Griechenland verfügt deshalb über eine glaubhafte Stimme in der arabischen Welt. Unsere Regierung wollte ein Zeichen setzen, dass wir helfen können, und unsere Dienste zur Verfügung stellen.
SPIEGEL ONLINE: Was kann Griechenland deshalb besser als zum Beispiel Frankreich, Großbritannien oder Italien, die bei der Ausübung des Uno-Mandats eine führende Rolle spielen?
Droutsas: Ich bin der Letzte, der behauptet, wir können das besser. Unsere geografische Lage und unsere Geschichte mit der arabischen Welt sind aber vielleicht gute Argumente für einen besonderen Kontakt und schenken uns vielleicht mehr Glaubwürdigkeit als anderen Staaten, um gegenüber Libyen mit offenen Karten zu spielen.
SPIEGEL ONLINE: Hat das Gespräch mit dem libyschen Gesandten, Vize-Außenminister Obeidi, diese Annahme gerechtfertigt, hat er Ihnen Vertrauen entgegengebracht?
Droutsas: Wichtig ist doch zunächst, dass der erste Schritt getan wurde hin zu einem politischen Prozess. Die Ereignisse in Libyen machen es im Moment nicht leicht, Glaubwürdigkeit aufzubauen - und von der internationalen Staatengemeinschaft einen Vertrauensvorschuss zu bekommen.
SPIEGEL ONLINE: Wie kam es zu dem vertraulichen Treffen?
Droutsas: Griechenland war als Teil der Region immer aktiv darum bemüht, Frieden in der Region zu sichern und zu bewahren. Deshalb ist der libysche Premier al-Mahmudi an uns herangetreten und hat um ein Telefonat mit unserem Premier Georgios Papandreou ersucht. In dem Gespräch hat er den Vorschlag gemacht, und wir haben zugestimmt, gerade weil wir einen politischen Prozess einleiten wollen. Alle unsere Partner und EU-Mitgliedsländer waren von uns darüber informiert, und alle haben uns ermuntert, dass das ein guter Weg ist.
SPIEGEL ONLINE: Warum kam es zu der geheimen Reise mit dem Privatjet eines griechischen Unternehmers?
Droutsas: Da müssen Sie die Libyer fragen, damit haben wir nichts zu tun, wir haben nur dem Gespräch zugestimmt.
SPIEGEL ONLINE: Hat Machthaber Muammar al-Gaddafi um politisches Exil anfragen lassen?
Droutsas: Nein, das kann ich sehr klar und deutlich ausschließen.
SPIEGEL ONLINE: Ist Athen bereit, bei Bedarf führenden Vertretern des libyschen Regimes oder den Gaddafi-Söhnen Exil anzubieten?
Droutsas: Auch sehr klar und eindeutig: nein. Griechenland steht für eine solche Lösung nicht zur Verfügung.
SPIEGEL ONLINE: Welche neuen Schritte gibt es in Ihrer diplomatischen Offensive seit dem ersten Treffen?
Droutsas: Es gab seitdem keine direkten Kontakte mehr. Jetzt ist zunächst die internationale Staatengemeinschaft gefragt, eine gemeinsame Lösung zu finden. Mit jedem Tag, der vergeht, der nur von militärischen Operationen und Bombardements geprägt ist, ohne ein wirkliches Resultat zu erzielen, erhöht sich nicht nur die Gefahr einer humanitären Katastrophe. Jeder Tag fördert auch das Risiko, dass sich das libysche Regime weiter gestärkt fühlt und immer weniger bereit ist, die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Wir haben keine Minute Zeit zu verlieren.
SPIEGEL ONLINE: Haben Sie nach den Gesprächen mit Obeidi Hoffnung auf eine schnelle Lösung, und kann Gaddafi Teil der Lösung sein?
Droutsas: Ich kann nicht sagen, wie groß die Hoffnung ist. Die internationale Staatengemeinschaft hat sich sehr eindeutig festgelegt. Ich glaube kaum, dass sich jemand eine Zukunft Libyens mit Gaddafi vorstellen kann. Darüber hinaus ist wichtig, dass die Zukunft Libyens nur durch die freie Entscheidung des Volkes festgelegt werden kann.
Das Interview führte Manfred Ertel