danijel.danilovic
Danijel.Danilovic
... 95 Jahren: Der erste Weltkrieg bricht aus
Aktualisiert um 11:08 Uhr
Artikel als E-Mail versenden
Empfänger (E-Mail)*
Absender (E-mail)*
Schliessen
Ihre E-Mail wurde abgeschickt.
Schliessen
Am 28. Juli 1914 begann die «Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts» mit der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien.
Die Ermordung von Erzherzog Ferdinand von Österreich-Ungarn und seiner Gemahlin Sophie Gräfin Chotek durch den 19-jährigen serbischen Nationalisten Gavrilo Princip (links) bei ihrem Besuch in Sarajevo am 28. Juni 1914. (Bild: Keystone)
Am 28. Juni 1914 wurden der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau Sophie in Sarajevo, damals noch österreich-ungarisches Gebiet, durch den bosnisch-serbischen Gavrilo Princip ermordet. Dieses Attentat sollte letztendlich den ersten Weltkrieg auslösen.
Ultimatum an Serbien
Drei Wochen später stellte Österreich-Ungarn an Serbien durch Aussenminister Graf Berchtold ein Ultimatum, das eine Frist von 48 Stunden, eine Bekämpfung von anti Österreich-Ungarn agierende Organisationen und Bedingungen, die die serbische Souveränität bei ihrer Erfüllung eingeschränkt hätte, forderte. Serbien ging auf fast alle Punkte ein, verwahrte sich jedoch gegen eine Einschränkung der Souveränität.
Daraufhin hatte Russland in Belgrad seine Unterstützung signalisiert und die Mobilmachung der Streitkräfte angeordnet. Bis Mitte Dezember wurde ganz Serbien erobert.
Das Ende durch die USA
Ende 1914 war Europa in zwei Blöcke gespalten: Das deutsche Reich, Österreich-Ungarn, die Türkei und Bulgarien auf der einen Seite und die «Entente-Mächte» Frankreich, Russland, Grossbritannien und bald auch Italien auf der anderen.
Entschieden wurde der zunächst europäische Krieg durch den Eintritt der USA auf der Seite der Entente.
Erster Weltkrieg
Die Stunde der Hurra-Patrioten
Am 28. Juli 1914 begann der Erste Weltkrieg mit der Kriegserklärung von Österreich-Ungarn an Serbien. Durch ein kompliziertes Bündnissystem waren bald darauf alle Industriemächte an dem Konflikt beteiligt. In Deutschland kam es dabei zu einer Kriegsbegeisterung ohnegleichen.
Quellen wie die Tagebücher von Erich Mühsam zeigen, wie sehr die Deutschen 1914 dem Krieg entgegenfieberten. Obwohl Mühsam selbst als Anarchist und Antimilitarist zu den wenigen Kriegsgegner zählte, ertappte er sich dabei, in „zornige Leidenschaft“ gegen den vermeintlichen Feind zu verfallen. In einer völligen Fehleinschätzung der Lage rechnete man damals mit einem kurzen Krieg, sodass die Soldaten bereits Weihnachten wieder zu Hause feiern würden.
Junikrise und Augusterlebnis
Dem Kriegsausbruch vorausgegangen war die sogenannte „Julikrise“ nach der Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand im serbischen Sarajevo am 28. Juni 1914. Die darauf folgenden Ermittlungen waren geprägt von nationalistischen Ressentiments und dem erklärten Willen, aus dem Vorfall eine Krise zu provozieren. Nach einigem diplomatischen Vorgeplänkel erklärte Österreich-Ungarn schließlich einen Monat später, am 28. Juli, den Krieg gegen Serbien. Deutschland ebenso wie Italien hatten ein Militärbündnis mit Österreich-Ungarn. So wurden diese drei Staaten zu einer vereinigten Kriegspartei, den sogenannten „Mittelmächten“. Ihnen gegenüber stand die „Entente“, bestehend aus Großbritannien, Russland und Frankreich.
Am 1. August folgte schließlich die Mobilmachung im deutschen Reich, was zu einer Massenbegeisterung führte, die später als „Augusterlebnis“ beschrieben wurde. In den Städten waren die Gewehre der neu eingezogenen Soldaten mit Blumen geschmückt. Wagons an die Westfront trugen Sprüche wie: „Auf zum Preisschießen nach Paris“. In Berlin erklärte Kaiser Wilhelm II. in einer Thronrede den „Burgfrieden“, woraufhin die eigentlich international orientierte SPD mit für die Bewilligung der Kriegskredite stimmte. Für viele Deutsche war dieses „Augusterlebnis“ eine Art nationale Erweckung, zu der es keine Alternative gab. Für die überzeugten Kriegsgegner wurde die Luft zunehmend dünner.
Chaos im Parademarsch
In München bemerkte der Literat Erich Mühsam in diesen Tagen einen Riss, der auch durch die Gruppe seiner Künstlerfreunde in München ging. Der Kreis um den Dichter Stefan George etwa sei von „wildem Patriotismus“ ergriffen, schrieb er in seinem Tagebuch, ebenso wie der Schriftsteller Thomas Mann, der den nationalen Trubel als „ästhetisch“ genieße. Sogar die bissige und angesehene Satirezeitung „Simplicissimus“ wechsele mit einem Mal den Tonfall und zeige auf dem Titelblatt „das Eiserne Kreuz mit dem W. desselben Wilhelms, den das Blatt in allen Jahren seines Bestehens verhöhnt hat“.
Ganz andere Töne klängen dagegen bei Heinrich Mann, dem Bruder von Thomas Mann, an. Er beurteile den Krieg „ungemein pessimistisch“ und stellte sich die Frage: „Wie kann ein Volk siegen, das in der ganzen Welt gehasst wird?“ Ein anderer Freund Erich Mühsams, der Dichter Frank Wedekind, machte sich in einem Gespräch über die patriotische Formulierung „disziplinierter Enthusiasmus“ lustig und bezeichnete die angesprochene Stimmung als „Chaos im Parademarsch“. Doch der Riss, der sich in seinem Freundeskreis aufgetan hatte, ging auch durch die Persönlichkeit Mühsams. Zum einen bezeichnet er den Krieg in seinen Tagebüchern als „Massenwahnsinn“, zum anderen sprach er öffentlich von seinem Wunsch, „fremde Horden“ aus Deutschland fernzuhalten.
„Gott strafe England!“ – „Er strafe es!“
Diese Formulierung dürfte in erster Linie der allgemeinen Hysterie Rechnung getragen haben, in jedermann einen vermeintlichen Spion oder Verräter zu sehen. Ein Bekannter Mühsams, der französische Karikaturist Henri Bing, der zu dieser Zeit in München lebte, berichtete ihm, wie er an einem Tag zweimal beinahe gelyncht worden wäre. Mühsam berichtet außerdem, dass sogar Autofahren als verdächtig eingestuft würde. Noch tragischer sei die Geschichte von einem Jungen, der vor einer Münchner Kaserne auf ein Wachhäuschen geklettert sei, um Soldaten zu sehen, worauf ihn ein Posten angeschossen habe.
Gefördert würde diese „üble Gesinnungsriecherei“ durch das „geschwätzige deutschpatriotische Gesabbere“, die Berichterstattung in Kriegszeiten. Dabei werde von russischen Bombenwerfern berichtet, oder von französischen Offizieren, die Brunnen mit Cholerabazillen vergiftet hätten. Bloße Gerüchte – wie sich später herausstellte. Um sich in dieser Stimmung möglichst patriotisch zu geben, wurde teilweise mit der Formel „Gott strafe England!“ gegrüßt, auf die das Gegenüber dann mit „Er strafe es!“ antwortete.
Die grausame Realität
Ähnlich wie Erich Mühsam in München, erlebte auch Kurt Tucholsky die Begeisterung zu Kriegsbeginn in Berlin. Am 1. August 1914 beobachtete er folgende Szene inmitten einer Jubelkundgebung: „Vor einem Gemüseladen stand ein älterer Mann, neben ihm seine Frau und drei Kinder. Sie standen da, in einer Reihe und weinten. In diesem Augenblick war mir gar nicht zum lachen. Die Straße stand auf dem Kopf – dieser eine wusste, was ihm bevorstand.
Die Realität des Krieges zeigte bald, dass die kritischen Stimmen nicht unbegründet gewesen waren. Nach vier Jahren blutigen Stellungskrieges mit neuen Waffen wie Giftgas und Panzern, waren die Deutschen kriegsmüde geworden. Die Menschen, die im November 1918 auf die Straße gingen, riefen nicht mehr „Hurra!“, sondern nach „Brot und Frieden“. Es folgte die Novemberrevolution, die Abdankung des Kaisers und die Ausrufung der Republik. Erich Mühsam erlebte die letzten Tage des Kaiserreichs im Gefängnis. Er war wegen seiner kriegsfeindlichen Betätigungen am Ende doch noch zu sechs Monaten Haft verurteilt worden.
Erster Weltkrieg: Die Stunde der Hurra-Patrioten - Erster Weltkrieg - FOCUS Online
Aktualisiert um 11:08 Uhr
Artikel als E-Mail versenden
Empfänger (E-Mail)*
Absender (E-mail)*
Schliessen
Ihre E-Mail wurde abgeschickt.
Schliessen
Am 28. Juli 1914 begann die «Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts» mit der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien.
Am 28. Juni 1914 wurden der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau Sophie in Sarajevo, damals noch österreich-ungarisches Gebiet, durch den bosnisch-serbischen Gavrilo Princip ermordet. Dieses Attentat sollte letztendlich den ersten Weltkrieg auslösen.
Ultimatum an Serbien
Drei Wochen später stellte Österreich-Ungarn an Serbien durch Aussenminister Graf Berchtold ein Ultimatum, das eine Frist von 48 Stunden, eine Bekämpfung von anti Österreich-Ungarn agierende Organisationen und Bedingungen, die die serbische Souveränität bei ihrer Erfüllung eingeschränkt hätte, forderte. Serbien ging auf fast alle Punkte ein, verwahrte sich jedoch gegen eine Einschränkung der Souveränität.
Daraufhin hatte Russland in Belgrad seine Unterstützung signalisiert und die Mobilmachung der Streitkräfte angeordnet. Bis Mitte Dezember wurde ganz Serbien erobert.
Das Ende durch die USA
Ende 1914 war Europa in zwei Blöcke gespalten: Das deutsche Reich, Österreich-Ungarn, die Türkei und Bulgarien auf der einen Seite und die «Entente-Mächte» Frankreich, Russland, Grossbritannien und bald auch Italien auf der anderen.
Entschieden wurde der zunächst europäische Krieg durch den Eintritt der USA auf der Seite der Entente.
Erster Weltkrieg
Die Stunde der Hurra-Patrioten
Am 28. Juli 1914 begann der Erste Weltkrieg mit der Kriegserklärung von Österreich-Ungarn an Serbien. Durch ein kompliziertes Bündnissystem waren bald darauf alle Industriemächte an dem Konflikt beteiligt. In Deutschland kam es dabei zu einer Kriegsbegeisterung ohnegleichen.
Quellen wie die Tagebücher von Erich Mühsam zeigen, wie sehr die Deutschen 1914 dem Krieg entgegenfieberten. Obwohl Mühsam selbst als Anarchist und Antimilitarist zu den wenigen Kriegsgegner zählte, ertappte er sich dabei, in „zornige Leidenschaft“ gegen den vermeintlichen Feind zu verfallen. In einer völligen Fehleinschätzung der Lage rechnete man damals mit einem kurzen Krieg, sodass die Soldaten bereits Weihnachten wieder zu Hause feiern würden.
Junikrise und Augusterlebnis
Dem Kriegsausbruch vorausgegangen war die sogenannte „Julikrise“ nach der Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand im serbischen Sarajevo am 28. Juni 1914. Die darauf folgenden Ermittlungen waren geprägt von nationalistischen Ressentiments und dem erklärten Willen, aus dem Vorfall eine Krise zu provozieren. Nach einigem diplomatischen Vorgeplänkel erklärte Österreich-Ungarn schließlich einen Monat später, am 28. Juli, den Krieg gegen Serbien. Deutschland ebenso wie Italien hatten ein Militärbündnis mit Österreich-Ungarn. So wurden diese drei Staaten zu einer vereinigten Kriegspartei, den sogenannten „Mittelmächten“. Ihnen gegenüber stand die „Entente“, bestehend aus Großbritannien, Russland und Frankreich.
Am 1. August folgte schließlich die Mobilmachung im deutschen Reich, was zu einer Massenbegeisterung führte, die später als „Augusterlebnis“ beschrieben wurde. In den Städten waren die Gewehre der neu eingezogenen Soldaten mit Blumen geschmückt. Wagons an die Westfront trugen Sprüche wie: „Auf zum Preisschießen nach Paris“. In Berlin erklärte Kaiser Wilhelm II. in einer Thronrede den „Burgfrieden“, woraufhin die eigentlich international orientierte SPD mit für die Bewilligung der Kriegskredite stimmte. Für viele Deutsche war dieses „Augusterlebnis“ eine Art nationale Erweckung, zu der es keine Alternative gab. Für die überzeugten Kriegsgegner wurde die Luft zunehmend dünner.
Chaos im Parademarsch
In München bemerkte der Literat Erich Mühsam in diesen Tagen einen Riss, der auch durch die Gruppe seiner Künstlerfreunde in München ging. Der Kreis um den Dichter Stefan George etwa sei von „wildem Patriotismus“ ergriffen, schrieb er in seinem Tagebuch, ebenso wie der Schriftsteller Thomas Mann, der den nationalen Trubel als „ästhetisch“ genieße. Sogar die bissige und angesehene Satirezeitung „Simplicissimus“ wechsele mit einem Mal den Tonfall und zeige auf dem Titelblatt „das Eiserne Kreuz mit dem W. desselben Wilhelms, den das Blatt in allen Jahren seines Bestehens verhöhnt hat“.
Ganz andere Töne klängen dagegen bei Heinrich Mann, dem Bruder von Thomas Mann, an. Er beurteile den Krieg „ungemein pessimistisch“ und stellte sich die Frage: „Wie kann ein Volk siegen, das in der ganzen Welt gehasst wird?“ Ein anderer Freund Erich Mühsams, der Dichter Frank Wedekind, machte sich in einem Gespräch über die patriotische Formulierung „disziplinierter Enthusiasmus“ lustig und bezeichnete die angesprochene Stimmung als „Chaos im Parademarsch“. Doch der Riss, der sich in seinem Freundeskreis aufgetan hatte, ging auch durch die Persönlichkeit Mühsams. Zum einen bezeichnet er den Krieg in seinen Tagebüchern als „Massenwahnsinn“, zum anderen sprach er öffentlich von seinem Wunsch, „fremde Horden“ aus Deutschland fernzuhalten.
„Gott strafe England!“ – „Er strafe es!“
Diese Formulierung dürfte in erster Linie der allgemeinen Hysterie Rechnung getragen haben, in jedermann einen vermeintlichen Spion oder Verräter zu sehen. Ein Bekannter Mühsams, der französische Karikaturist Henri Bing, der zu dieser Zeit in München lebte, berichtete ihm, wie er an einem Tag zweimal beinahe gelyncht worden wäre. Mühsam berichtet außerdem, dass sogar Autofahren als verdächtig eingestuft würde. Noch tragischer sei die Geschichte von einem Jungen, der vor einer Münchner Kaserne auf ein Wachhäuschen geklettert sei, um Soldaten zu sehen, worauf ihn ein Posten angeschossen habe.
Gefördert würde diese „üble Gesinnungsriecherei“ durch das „geschwätzige deutschpatriotische Gesabbere“, die Berichterstattung in Kriegszeiten. Dabei werde von russischen Bombenwerfern berichtet, oder von französischen Offizieren, die Brunnen mit Cholerabazillen vergiftet hätten. Bloße Gerüchte – wie sich später herausstellte. Um sich in dieser Stimmung möglichst patriotisch zu geben, wurde teilweise mit der Formel „Gott strafe England!“ gegrüßt, auf die das Gegenüber dann mit „Er strafe es!“ antwortete.
Die grausame Realität
Ähnlich wie Erich Mühsam in München, erlebte auch Kurt Tucholsky die Begeisterung zu Kriegsbeginn in Berlin. Am 1. August 1914 beobachtete er folgende Szene inmitten einer Jubelkundgebung: „Vor einem Gemüseladen stand ein älterer Mann, neben ihm seine Frau und drei Kinder. Sie standen da, in einer Reihe und weinten. In diesem Augenblick war mir gar nicht zum lachen. Die Straße stand auf dem Kopf – dieser eine wusste, was ihm bevorstand.
Die Realität des Krieges zeigte bald, dass die kritischen Stimmen nicht unbegründet gewesen waren. Nach vier Jahren blutigen Stellungskrieges mit neuen Waffen wie Giftgas und Panzern, waren die Deutschen kriegsmüde geworden. Die Menschen, die im November 1918 auf die Straße gingen, riefen nicht mehr „Hurra!“, sondern nach „Brot und Frieden“. Es folgte die Novemberrevolution, die Abdankung des Kaisers und die Ausrufung der Republik. Erich Mühsam erlebte die letzten Tage des Kaiserreichs im Gefängnis. Er war wegen seiner kriegsfeindlichen Betätigungen am Ende doch noch zu sechs Monaten Haft verurteilt worden.
Erster Weltkrieg: Die Stunde der Hurra-Patrioten - Erster Weltkrieg - FOCUS Online