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Heute: ZDF Frontal 21:15 Uhr Ehrenmorde Türkei

lupo-de-mare

Gesperrt
Gedenkstätte für Hatun Sürücün, Ehrenmorde, Türkei
Hatun Sürücün musste sterben, weil sie nach ihren eigenen Vorstellungen leben wollte.

Frontal21 am 14. Juni 2005

Morden für die Ehre

Frauen in Todesangst

Sie leben in der westlichen Welt und sind doch Gefangene einer anderen Kultur. Migrantinnen aus islamischen Ländern werden häufig auch in Deutschland von ihren Eltern und Brüdern streng überwacht, haben kaum Rechte. Die jungen Frauen dürfen nicht Schwimmen gehen, nicht studieren und müssen in der Regel den Mann heiraten, den die Familie für sie bestimmt hat. Wer sich nicht daran hält, muss mit dem Tod rechnen. Jährlich, so schätzen die Vereinten Nationen, gibt es weltweit über 5000 so genannte Ehrenmorde.

13.06.2005





Frontal21 - das Magazin im ZDF

Zähne zweiter Klas-se: Reform auf Kos-ten der Patienten; Linksbündnis be-droht SPD; Neue De-batte um Genfor-schung; Morden für die Ehre

nächste Sendung:
14.06.05 21:00 Uhr


Türkei
Die Türkei und die EU

Kopftuch und Minirock
Kopftuch und Minirock

Frontal21-Sendungen im Überblick

Verfolgtes Paar
Zum Heiraten gezwungen, Frontal21 vom25.02.2005

Türkische Hochzeit
Unterdrückt und misshandelt, Frontal21 vom 25.10.2004

Frontal21 - Forum
Morden für die Ehre - Diskutieren Sie mit!

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Dienstag, 21.45 Uhr: Sagen Sie im Chat Ihre Meinung!

Getriebene Genossen
Morden für die Ehre
"Hoffnung der Kranken rührt mich zutiefst"
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Auch Soheila fürchtet um ihr Leben. Sie wagt sich nur an der Seite ihres zweiten Mannes aus dem Haus. Soheila hat Angst vor ihrem persischen Ex-Mann. Seit sich die Iranerin von ihm trennte, fühlt er sich in seiner Ehre verletzt und droht, sie umzubringen.




Über Jahre wird sie von ihm verprügelt und beschimpft. "Ich dachte, dass ich die nächsten Schläge nicht überleben werde", erzählt Soheila. Sie flieht mit ihrem kleinen Sohn. Die Behörden helfen ihr nicht, obwohl ihr damaliger Mann sie mehrfach auf offener Straße zusammenschlägt. Erst als er mit einem Messer auf sie losgeht, wird er vor Gericht gestellt.




Verständnis für Täter
Soheilas Ex-Mann wird in die Psychiatrie eingewiesen. Hier zeigen die Ärzte großes Verständnis für den Schläger: So schreibt der Psychiater: "Herr M. hat bei seinen strafbaren Handlungen zwar gewusst, dass er gesetzwidrig handelt, hat jedoch auf Grund seiner Zugehörigkeit zu einer fremden Kultur nicht immer innerseelisch die Möglichkeit gehabt, nach dieser Einsicht zu handeln."





Mehr zum Thema in Frontal21 am Dienstag, 14. Juni 2005, um 21.00 Uhr. Weitere Themen:
Getriebene Genossen
"Hoffnung der Kranken rührt mich zutiefst"
Morden für die Ehre




Verständnis für den Täter, kein Schutz für die Opfer - Soheila kann das nicht begreifen und hat Angst. Ihr Ex-Mann ist wieder auf freiem Fuß.




Angst vor Abschiebung
Ständige Angst, dieses Gefühl kennt auch Hylia. Die Familie in der Türkei wirft ihr vor, sie habe die Familienehre beschmutzt, die Ehe gebrochen. Der eigene Vater droht: "...wenn Du hierher kommst, bringe ich Dich um." Mit 14 Jahren wurde sie in der Türkei zwangsverheiratet, von ihrem Mann nach Deutschland gebracht und hier jahrelang von ihm misshandelt. Irgendwann floh die Mutter von vier Kindern. Als sie einen neuen Partner in Deutschland kennen lernt, gerät ihr Leben in Gefahr. Ihre Eltern und Geschwister in der Türkei kennen keine Gnade.





Angst vor Ehrenmord kein Abschiebehindernis:

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat im Fall einer 34-jährigen Kurdin festgestellt, dass die Drohung mit dem so genannten Ehrenmord, den die Klägerin in ihrem Heimatland befürchtet, kein "Abschiebehindernis" darstellt. Die in dem Verfahren beklagte Behörde, das Nürnberger Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen, um keinen Präzidenzfall zu schaffen. Eine Revision ihrer Entscheidung haben die VGH-Richter nicht zugelassen.




In einer solchen Situation will die Ausländerbehörde Hylia abschieben. Der Grund: Sie sei vor 15 Jahren angeblich mit falschen Papieren eingereist. Dass der jungen Frau nun droht, in der Türkei von der eigenen Familie umgebracht zu werden, ändert nichts an der Entscheidung der Behörden. Die Beamten verweisen auf den Lagebericht des Auswärtigen Amtes. Darin heißt es. "In mehreren Provinzen der Türkei gibt es staatlich betriebene Frauenhäuser mit einem vergleichbaren Aufgabenbereich wie in Deutschland. Nach Aussage staatlicher Stellen stehen diese Einrichtungen auch Rückkehrern zur Verfügung."




Wenig Schutz in der Türkei
Frontal21-Autor Reinhard Laska reiste deshalb in die Türkei, um sich zu überzeugen, ob Frauen wie Hylia dort sicher leben können. Das Ergebnis: In einer Millionenstadt wie Istanbul gibt es nur drei Frauenhäuser, mit gerade mal 30 Plätzen. Hylia bleibt also lediglich die Hoffnung, dass die deutschen Behörden ihre lebensbedrohliche Situation doch noch erkennen.





Neues Strafrecht in der Türkei:

In der Türkei trat am 1. Juni 2005 ein neues Strafgesetzbuch in Kraft. Es soll insbesondere die Rechte der Frauen stärken. So ist die Vergewaltigung in der Ehe erstmals ein Straftatbestand. Jahrelang geltende Straferleichterungen für Ehrenmorde wurden abgeschafft, Jungfräulichkeitstests ohne gerichtliche Anordnung untersagt. Es ist die umfassendste Reform der türkischen Rechtsordnung seit 80 Jahren. Damit will die Türkei Forderungen der EU erfüllen

http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/16/0,1872,2321936,00.html
 
Ehrenmorde passieren mitten in Deutschland
16.06.2005

LESUNG / Hanife Gashi geht mit ihrem autobiografischen Buch an die Öffentlichkeit

Hanife Gashi hat ihre Lebensgeschichte aufgeschrieben und möchte damit erreichen, dass das verhindert wird, was ihr widerfahren ist. Ihre 16-jährige Tochter Ulerika wurde von ihrem eigenen Vater im Namen der Ehre erdrosselt, weil sie einen Freund hatte, der nicht den Vorstellungen des Vaters entsprach.

RENATE SCHATTEL

KIRCHHEIM "Mein Schmerz trägt deinen Namen" heißt das bewegende Buch, aus dem die Migrantin aus Kosovo-Albanien in der Aula der Kirchheimer Alleenschule auf Einladung des Fördervereins der Alleenschule vorlas. Unterstützung in den schwierigen Lebensverhältnissen und für ihren Gang in die Öffentlichkeit fand Hanife Gashi bei der Menschenrechtsorganisation Terre Des Femmes (TDF) in Tübingen. Collin Schubert von TDF begleitete die Autorin auf ihrer Lesung. Die Idee zu dem Buch sei aus den vielen Gesprächen, die Hanife Gashi mit den Kolleginnen von TDF führte, entstanden. "Hanife Gashis Lebensgeschichte ist beispielhaft und wichtig, um die Diskussion über die Ehrenmorde zu entfachen", erklärte Collin Schubert.

Die 16-jährige Ulerika wurde mit einem Klebeband erdrosselt, ihre einzige Schuld sei gewesen, dass sie so sein wollte, wie ihre deutschen Freundinnen. Und sie hatte einen Freund, dessen Mutter Bosnierin war und keine Kosovo-Albanerin, wie Ulerikas Eltern. "Warum konnte der Mord nicht verhindert werden?", fragte die überzeugte Menschenrechtlerin. Die Migrantinnen und Migranten lebten mit uns Deutschen Seite an Seite, seien aber wie in einem Kokon abgeschieden von der übrigen Welt und niemand bemerke etwas von den blauen Flecken, Blutergüssen und blutenden Wunden, die den Frauen angetan werden, weil diese sich versteckten aus Angst vor neuen Misshandlungen durch den Ehemann. "Die Männer sind in einem streng traditionell-patriarchalischen Weltbild erzogen worden, in dem die Frau dem Mann absolut untergeordnet ist", zeigte sie auf.

Die Ehre spiele in der patriarchalischen Gesellschaft eine große Rolle und gehe auf die frühe Stammesgeschichte zurück. Dort war der Mann dafür zuständig, das Eigentum zu verteidigen und zu diesem gehörte auch die Frau. "Frauen verkörpern die Familienehre, indem sie sich sittsam verhalten. Sie besitzen selbst aber keine Ehre", beschrieb Schubert die bis heute bestehende Situation. Die Frauen werden früh verheiratet und streng bewacht, die Mädchen regelrecht ausgegrenzt, dürfen nicht an Klassenfahrten und Sportunterricht teilnehmen und schon gar keine Kontakte zum anderen Geschlecht aufnehmen, vor der Ehe würden sie einem Jungfräulichkeitstest unterzogen. "Der Jungfräulichkeitstest wurde in der Türkei erst vor drei Monaten verboten", sagte Schubert. Schnell sei der gute Ruf beschädigt und die Ehre verletzt. Dann beschließe der Familienrat, an dem auch die Mütter beteiligt sind, ob das Mädchen verstoßen oder ermordet werde.

Im Falle von Ulerika Gashi hat aber die Mutter ihre Töchter immer unterstützt. Hanife Gashi hat ihrer Tochter am Grab versprochen, dass ihr Tod nicht umsonst gewesen sein soll und sie publik machen wolle, dass solche Ehrenmorde mitten in Deutschland passieren. Mit gleichmäßiger Stimme las die bildhübsche Autorin aus ihrer Lebensgeschichte vor. Angesehen hat ihr niemand das Leid, das sie durchmachen musste, denn ihre Fassade war immer perfekt. "Ich habe viel zu lange gewartet, meine Misshandlungen der Polizei zu melden. Ich rate den Frauen, sich nicht zu verstecken und sich mitzuteilen", sagte sie eindringlich den Betroffenen.

Hanife Gashi wuchs unbeschwert und frei im Kosovo auf bis zu dem Tag, als sie völlig unvorbereitet davon erfuhr, dass sie verlobt worden war. "Ich fühlte mich verraten und verkauft, denn ich war bereits verlobt, ohne dabei zu sein und ohne den Mann zu kennen", beschrieb sie die Situation. Aus Angst vor der eigenen Hinrichtung fügte sie sich in ihr Los und trat einen zwanzig Jahre dauernden Leidensweg an. Ihr Wunsch war gewesen, Ärztin zu werden, nun musste sie, mit gerade bestandenem Abitur, als Bäuerin auf den Hof ihrer Schwiegereltern ziehen.

Von dort musste die Familie aus politischen Gründen nach Deutschland fliehen, wo sich Hanife mit Deutschkursen und einer Berufsausbildung gut einlebte, ihr Mann Latif sich aber von Arbeitskollegen und Nachbarn abschottete. Der sehr seinen patriarchalischen Traditionen verhaftete Latif hat nicht verkraftet, dass sich Frau und Töchter immer selbstständiger machten. Immer häufiger kam es zu gewaltsamen Übergriffen. Im September 2002 gestand Ulerika ihrer Mutter, dass sie einen Freund habe, dessen Mutter aber keine Albanerin sei. Als Ulerika sich weigerte, sich von ihrem Freund zu trennen, eskalierte der Streit und sie musste ihr Leben lassen. Latif wurde wegen Mordes zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt, obwohl sonst die Ehrenmorde wegen "kultureller Hintergründe" milder bestraft werden. Hanife hat sich scheiden lassen und zusammen mit ihren Töchtern ihren Mädchennamen wieder angenommen. Die Verwandten im Kosovo machten ihr zwar Vorwürfe, zeigten aber auch Verständnis, denn die Einstellung der Menschen hat sich in den letzten zwanzig Jahren gewandelt.

Im Gespräch mit Lehrerinnen der Alleenschule wurde deutlich, dass es das Beste ist, mit den gefährdeten Mädchen so schnell wie möglich zum Jugendamt zu gehen. Dort werden sie in Obhut genommen, können in einem Heim ihre Ausbildung fertig machen und bekommen psychologische Betreuung. Wenn der Kontakt zur Familie gesucht wird, dann nur mit einem Betreuer, der die Mädchen schützt. "Den Mädchen bleibt aber nichts anderes übrig, als sich von der Familie zu trennen und unterzutauchen". Das hat aber die völlige Entwurzelung der jungen Frauen zur Folge. Die psychischen Belastungen können nur durch Fachkräfte in den Griff gebracht werden.

Auch Terres Des Femmes bietet bundesweit vier anonyme Wohneinheiten mit Betreuung für Migrantinnen an. Die Frauenrechtsorganisation hat eine Kampagne ins Leben gerufen, die über die Ehrverbrechen aufklärt. "Nein zu Verbrechen im Namen der Ehre" will durch Vorträge, Info-Materialien und Aktionen darauf aufmerksam machen. TDF fordert mehr Beratungsstellen, Notaufnahmen sowie bessere Integrationsmaßnahmen für Migrantinnen und setzt sich dafür ein, dass die Täter nicht wegen "kultureller Unterschiede" strafmildernde Umstände bekommen.

Für die Lehrerinnen und Lehrer an der Alleenschule wie an allen anderen Schulen ist erhöhte Aufmerksamkeit für gefährdete Mädchen geboten, denn auch in Kirchheim geschah schon ein Mord im Namen der Ehre. Anlaufstellen sind in erster Linie das Jugendamt, aber auch Terres des Femmes in Tübingen unter www.frauenrechte.de.

http://www.teckbote.de/region/lokales/Artikel131834.cfm
 
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