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Nach jüngsten Maßnahmen von Ashdown und Massenrücktritt bosnisch-serbischer Politiker - Belgrad warnt vor Destabilisierung der Region
Belgrad/Sarajewo/Banja Luka - Nach den jüngsten Maßnahmen des internationalen Bosnien-Beauftragten Paddy Ashdown gegen den kleineren bosnischen Landesteil, die Republika Srpska, droht dem Land eine schwere politische Krise. Höchste bosnisch-serbische Politiker, die seit Freitag einer nach dem anderen ihre Rücktritte ankündigten, werfen Ashdown vor, das UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag dazu nutzen zu wollen, um in Bosnien-Herzegowina eine neue Verfassungsordnung herstellen und die Republika Srpska abschaffen zu wollen. Die Maßnahmen Ashdowns lösten auch in Belgrad, das sich als Bürge des Dayton-Abkommens betrachtet, negative Reaktionen aus.
Ashdown hatte seine Maßnahmen mit der seit neun Jahren ausbleibenden Zusammenarbeit der Republika Srpska mit dem Haager Gericht begründet. Die Vorwürfe, dass er die Republika Srpska abschaffen wolle, wies der Bosnien-Beauftragte am Sonntag allerdings zurück. Der serbische Landesteil sei mit dem Dayton-Friedensabkommen, mit dem der Bosnien-Krieg (1992-1995) offiziell beendet und das Land in zwei Gebietseinheiten (bosniakisch-kroatische Föderation und Republika Srpska) aufgeteilt wurde, gesichert, erklärte er gegenüber dem britischen Rundfunk- und TV-Netz BBC.
Gegenüber dem TV-Sender der Republika Srpska verwies der Bosnien-Beauftragte am Samstag auch darauf, dass die bosnisch-serbischen Militärstrukturen im Juni ihrem einstigen Militärführer Ratko Mladic behilflich gewesen seien, als er sich aus Serbien nach Bosnien abgesetzt und eine Zeit lang sogar in seinem ehemaligen Hauptquartier in Crna Rijeka bei Han Pijesak östlich von Sarajewo Unterschlupf gefunden hätte. Mladic ist zusammen mit dem bosnisch-serbischen Ex-Präsidenten Radovan Karadzic sowie und dem pensionierten kroatischen General Ante Gotovina einer der drei meist gesuchten Haager Angeklagten.
"Überschreitung aller Befugnisse"
Negative Reaktionen auf die Entscheidungen Ashdowns gab es in Belgrad. Der serbische Vizepremier Miroljub Labus ist der Ansicht, dass der Bosnien-Beauftragte mit seiner "Überschreitung aller Befugnisse" nicht nur Bosnien-Herzegowina, sondern die ganze Region destabilisiert habe. Von unbegründeten Maßnahmen sprach auch der serbische Präsident Boris Tadic. In Kreisen von politischen Analytikern in Belgrad herrscht die Ansicht, dass Ashdown seine großen Befugnisse, die er höchstwahrscheinlich schon in den nächsten Monaten verlieren wird, noch rasch nutzen will, um einen funktionsfähigeren Staat zu bilden.
Großen Unmut in der Republika Srpska hatte am Donnerstag die Entscheidung Ashdowns ausgelöst, die Verteidigungsministerien der beiden Landesteile bis nächsten Sommer aufzulösen und ihre Befugnisse auf das gesamtstaatliche Ministerium zu übertragen. In den kommenden drei Monaten soll im Land auch eine einheitliche Polizeistruktur anstelle der aktuellen zwei getrennten Polizeikräfte entstehen. Zudem enthob Ashdown sechs bosnisch-serbische lokale Polizeifunktionäre ihres Amtes.
Auf die Maßnahmen Ashdowns hatte am Freitag als erster der bosnisch-serbische Ministerpräsident Dragan Mikerevic mit seinem Rücktritt reagiert. Er sei nicht bereit, die ultimativen Forderungen von Ashdown im Hinblick auf die Änderung der Verfassungsordnung in der Republika Srpska und Bosnien-Herzegowina zu akzeptieren, erklärte der Spitzenpolitiker der Serbischen Demokratischen Partei (SDS), an deren Spitze einst Karadzic stand.
Weitere Rücktritte angekündigt
Am Samstag folgte der Rücktritt des bosnischen Außenministers Mladen Ivanic. Danach kündigten zwei weitere Minister aus dessen Partei des Demokratischen Fortschrittes (PDP) ihren Rücktritt aus der gesamtstaatlichen Regierung an. Die PDP ist ein SDS-Bündnispartner in der Republika Srpska. "Die Strafmaßnahmen sind drakonisch und an die falsche Adresse gerichtet", sagte Ivanic nach dem Treffen der PDP-Führung in Banja Luka. Nach seiner Ansicht zielen sie nicht auf die Besserung der Zusammenarbeit mit dem UNO-Tribunal, sondern auf die Auflösung der wichtigsten Institutionen der Republika Srpska ab.
Laut der bosnisch-serbischen Presseagentur SRNA dürften nächste Woche weitere Rücktritte folgen. Der Vorsitzende des Bosnien-Präsidiums, SDS-Spitzenfunktionär Borislav Paravac, soll ebenfalls seinen Rücktritt verfasst haben. Der Präsident der Republika Srpska, Dragan Cavic, berief unterdessen für Montag ein Treffen aller bosnisch-serbischen politischen Parteien in Banja Luka ein. (APA)
http://derstandard.at/?url=/?id=1895689
Belgrad/Sarajewo/Banja Luka - Nach den jüngsten Maßnahmen des internationalen Bosnien-Beauftragten Paddy Ashdown gegen den kleineren bosnischen Landesteil, die Republika Srpska, droht dem Land eine schwere politische Krise. Höchste bosnisch-serbische Politiker, die seit Freitag einer nach dem anderen ihre Rücktritte ankündigten, werfen Ashdown vor, das UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag dazu nutzen zu wollen, um in Bosnien-Herzegowina eine neue Verfassungsordnung herstellen und die Republika Srpska abschaffen zu wollen. Die Maßnahmen Ashdowns lösten auch in Belgrad, das sich als Bürge des Dayton-Abkommens betrachtet, negative Reaktionen aus.
Ashdown hatte seine Maßnahmen mit der seit neun Jahren ausbleibenden Zusammenarbeit der Republika Srpska mit dem Haager Gericht begründet. Die Vorwürfe, dass er die Republika Srpska abschaffen wolle, wies der Bosnien-Beauftragte am Sonntag allerdings zurück. Der serbische Landesteil sei mit dem Dayton-Friedensabkommen, mit dem der Bosnien-Krieg (1992-1995) offiziell beendet und das Land in zwei Gebietseinheiten (bosniakisch-kroatische Föderation und Republika Srpska) aufgeteilt wurde, gesichert, erklärte er gegenüber dem britischen Rundfunk- und TV-Netz BBC.
Gegenüber dem TV-Sender der Republika Srpska verwies der Bosnien-Beauftragte am Samstag auch darauf, dass die bosnisch-serbischen Militärstrukturen im Juni ihrem einstigen Militärführer Ratko Mladic behilflich gewesen seien, als er sich aus Serbien nach Bosnien abgesetzt und eine Zeit lang sogar in seinem ehemaligen Hauptquartier in Crna Rijeka bei Han Pijesak östlich von Sarajewo Unterschlupf gefunden hätte. Mladic ist zusammen mit dem bosnisch-serbischen Ex-Präsidenten Radovan Karadzic sowie und dem pensionierten kroatischen General Ante Gotovina einer der drei meist gesuchten Haager Angeklagten.
"Überschreitung aller Befugnisse"
Negative Reaktionen auf die Entscheidungen Ashdowns gab es in Belgrad. Der serbische Vizepremier Miroljub Labus ist der Ansicht, dass der Bosnien-Beauftragte mit seiner "Überschreitung aller Befugnisse" nicht nur Bosnien-Herzegowina, sondern die ganze Region destabilisiert habe. Von unbegründeten Maßnahmen sprach auch der serbische Präsident Boris Tadic. In Kreisen von politischen Analytikern in Belgrad herrscht die Ansicht, dass Ashdown seine großen Befugnisse, die er höchstwahrscheinlich schon in den nächsten Monaten verlieren wird, noch rasch nutzen will, um einen funktionsfähigeren Staat zu bilden.
Großen Unmut in der Republika Srpska hatte am Donnerstag die Entscheidung Ashdowns ausgelöst, die Verteidigungsministerien der beiden Landesteile bis nächsten Sommer aufzulösen und ihre Befugnisse auf das gesamtstaatliche Ministerium zu übertragen. In den kommenden drei Monaten soll im Land auch eine einheitliche Polizeistruktur anstelle der aktuellen zwei getrennten Polizeikräfte entstehen. Zudem enthob Ashdown sechs bosnisch-serbische lokale Polizeifunktionäre ihres Amtes.
Auf die Maßnahmen Ashdowns hatte am Freitag als erster der bosnisch-serbische Ministerpräsident Dragan Mikerevic mit seinem Rücktritt reagiert. Er sei nicht bereit, die ultimativen Forderungen von Ashdown im Hinblick auf die Änderung der Verfassungsordnung in der Republika Srpska und Bosnien-Herzegowina zu akzeptieren, erklärte der Spitzenpolitiker der Serbischen Demokratischen Partei (SDS), an deren Spitze einst Karadzic stand.
Weitere Rücktritte angekündigt
Am Samstag folgte der Rücktritt des bosnischen Außenministers Mladen Ivanic. Danach kündigten zwei weitere Minister aus dessen Partei des Demokratischen Fortschrittes (PDP) ihren Rücktritt aus der gesamtstaatlichen Regierung an. Die PDP ist ein SDS-Bündnispartner in der Republika Srpska. "Die Strafmaßnahmen sind drakonisch und an die falsche Adresse gerichtet", sagte Ivanic nach dem Treffen der PDP-Führung in Banja Luka. Nach seiner Ansicht zielen sie nicht auf die Besserung der Zusammenarbeit mit dem UNO-Tribunal, sondern auf die Auflösung der wichtigsten Institutionen der Republika Srpska ab.
Laut der bosnisch-serbischen Presseagentur SRNA dürften nächste Woche weitere Rücktritte folgen. Der Vorsitzende des Bosnien-Präsidiums, SDS-Spitzenfunktionär Borislav Paravac, soll ebenfalls seinen Rücktritt verfasst haben. Der Präsident der Republika Srpska, Dragan Cavic, berief unterdessen für Montag ein Treffen aller bosnisch-serbischen politischen Parteien in Banja Luka ein. (APA)
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