Amnesty ortet Rassismus in Behörden
Die Organisation sieht Fremdenfeindlichkeit in Polizei und Justiz. Das Innenministerium bestreitet die Vorwürfe.
Polizei und Justiz diskriminieren laut Amnesty International Migranten und ethische Minderheiten.
Systematisch sei die Diskriminierung, mit der Migranten und Angehörige ethnischer Minderheiten in Österreichs Polizei und Justiz konfrontiert sind. Das sagt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Der aktuelle Bericht zum "institutionellen Rassismus" zeigt Beispiele derartiger Ungleichbehandlung bei Polizei und Justiz auf. Neben den bekannten Fällen von Cheibani Wague und Bakary J. greift die Menschenrechtsorganisation darin etliche weitere auf. Oft wurden von den Behörden Verbrechensopfer wie Täter behandelt. Heinz Patzelt, Amnesty-Generalsekretär in Österreich, forderte den Staat auf, Diskriminierungsvorwürfe besser wahrzunehmen und diesen effektiv zu begegnen.
Amnesty velangt in erster Linie, dass das Vorhandensein und das Ausmaß von Diskriminierung im österreichischen Justiz- und Polizeisystem von den Verantwortlichen überhaupt einmal wahrgenommen wird. "Das Problem besteht nicht nur aus einer Reihe aus einzelnem Fehlverhalten, das Problem ist ein strukturelles Versagen", so Amnesty-Mitarbeiter John Dalhuisen. Erst dann könne man überhaupt erst jene Maßnahmen setzen, um Diskriminierung zu bekämpfen.
"Verschwind, du Scheißausländer!"
Der Bericht von Amnesty zeigt erschütternde Besipiele institutionellen Rassismus auf, hier einige Beispiele: Ein mexikanischer Staatsbürger und Sanitäter in Wien verliert seine Freunde beim Donauinselfest und fragt Polizeibeamte nach dem Weg. Nach rassistischen Beschimpfungen wie "Schleich dich! Verschwind, du Scheißausländer!" wird er zu Boden gerissen, verletzt und ins Polizeikommissariat Donaustadt gebracht. Er erhält eine Strafverfügung wegen aggressiven Verhaltens gegenüber Beamten in der Höhe von 140 Euro. Eine Beschwerde bei der Staatsanwaltschaft wird aus Mangel an Beweisen zurückgelegt. Gegen P. wird jedoch Anzeige wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt erhoben. Erst knapp zwei Jahre später wird er freigesprochen.
A., gebürtiger Ghanaer, wird auf der Straße mehrmals von einem Mann fotografiert. Auf die Bitte von A., das Fotografieren zu unterlassen, sagt der Mann: "Ihr seids alle Drogendealer, ich krieg euch noch." A. versucht daraufhin, dem Mann die Kamera zu entreißen, woraufhin er von dessen Frau mit Pfefferspray besprüht und schließlich mit einem Baseballschläger attackiert wird. Die von zwei Passanten gerufene Polizei kümmert sich jedoch nur um A. und nimmt keine weiteren Personalien auf. Eine Anklage gegen das mutmaßliche Angreiferpärchen wird daher bald fallen gelassen.
Yussuf Khassim stammt aus Burundi und lebt in Österreich. Nachdem er in einem Linzer Restaurant zu Abend gegessen hatte, stoßen ihn sieben Polizisten in Zivilkleidung im Zuge einer Drogenrazzia zu Boden, schlagen und treten ihn. Khassim wird verhaftet in ein Polizeikommissariat gebracht und nach kurzer Zeit wieder freigelassen, nachdem man zugibt, ihn verwechselt zu haben. Eine Entschuldigung wird nicht angeboten, der Staatsanwalt weigert sich trotz Zeugenaussagen, gegen die Beamten Anklage zu erheben. Stattdessen wird Khassim wegen Verleumdung und Widerstands gegen die Staatsgewalt angeklagt. Khassim wird in beiden Anklagepunkten schuldig gesprochen und erhält eine bedingte Freiheitsstrafe von sechs Monaten und eine Geldstrafe von 360 Euro. Nach dem Verfahren werden auch noch die Zeugen wegen Verleumdung angeklagt, fünf von ihnen verurteilt. Abgeschreckt von dieser Erfahrung, verzichtet Khassim auf eine Berufung.
"Schutzreflex des Staates"
Konkret fordert die Menschenrechtsorganisation, Vorwürfe rassistischen Verhaltens durch Exekutivbeamte genauer zu untersuchen und im Fall einer Bestätigung auch entsprechend zu ahnden. Patzelt kritisierte etwa "völlig unzureichende Disziplinarverfahren". Dalhuisen sprach zudem von einem "Schutzreflex des Staates": Ohne den Abschluss von Ermittlungen überhaupt abzuwarten, würden Vorwürfe gegen Beamte als unglaubwürdig dargestellt. Selten würde es außerdem zu angemessenen Strafen kommen. Amnesty fordert in diesem Zusammenhang eine Art internes Polizeistrafrecht.
Einen statistischen Hinweis, dass in Österreich rassistisch motivierte Diskriminierung bei Behörden ansteigt, gibt es laut Patzelt zwar nicht, allerdings werde das Problem konsequent ignoriert: "Rassismus ist ein Krebsübel. Wenn es nicht bekämpft wird, dann wird es sich weiter und weiter ausbreiten." Amnesty könne auch nicht auf konkreten Zahlen zurückgreifen, da derartige Vorfälle nicht statistisch erfasst würden - ebenfalls ein Umstand, den Patzelt kritisiert. Zudem müsse bei Exekutivbeamten das Bewusstsein für diskriminierendes Verhalten verbessert werden. Noch schwerer zu fassen als rassistische Übergriffe oder unterlassene Hilfeleistung durch die Exekutive sei Diskriminierung im Justizsystem, meint Patzelt: "Die blauen Flecken, die die Polizei macht, sind sichtbar." Delikte, die aber die Staatsanwaltschaft nicht anklagt, sehe man hingegen nicht.
Ministerium weist Vorwürfe zurück
Das Innenministerium weist den Vorwurf von Amnesty International eines systematischen Rassismus in der Polizei "vehement zurück". Es gebe Einzelfälle, sagte ein Sprecher von Ministerin Maria Fekter. Diese würden auch disziplinarrechtlich verfolgt und zur Anzeige gebracht. Zudem arbeite man bei Aus- und Fortbildung der Polizisten eng mit Menschenrechtsorganisationen zusammen.
Das Ministerium verwies auch auf das Büro für interne Angelegenheiten, das mit der Aufklärung von Fällen von Fehlverhalten betraut sei. Und auch der Menschenrechtsbeirat sei ein geeignetes Organ, das immer wieder Empfehlungen an das Ministerium abgibt, wo strukturelle Schwächen erkennbar werden. Konkret verwies der Fekter-Sprecher auf das Tandem-Projekt, wo Polizisten und Migranten einander näher kennenlernen könnten.
Polizeigewerkschaftschef Hermann Greylinger (FSG) wies in einer Aussendung "alle Verallgemeinerungen vehement zurück". Es gebe klare Dienstanweisungen, die das Vorgehen regelten, die Polizisten würden auch kein eigenes Strafrecht benötigen - "sie unterliegen schon jetzt einem strengen Dienst- und Disziplinarrecht". Es müssten weiterhin die gleichen Zugänge zum Rechtsstaat gewährleistet bleiben, alles andere käme einer Diskriminierung der Kollegen gleich. Der Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstl meinte, konkreten Vorwürfen in Richtung Rassismus oder Misshandlung werde die Polizei "mit voller Objektivität nachgehen" und diese auch anzeigen.
Amnesty ortet Rassismus in Behörden | kurier.at
Die Organisation sieht Fremdenfeindlichkeit in Polizei und Justiz. Das Innenministerium bestreitet die Vorwürfe.
Systematisch sei die Diskriminierung, mit der Migranten und Angehörige ethnischer Minderheiten in Österreichs Polizei und Justiz konfrontiert sind. Das sagt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Der aktuelle Bericht zum "institutionellen Rassismus" zeigt Beispiele derartiger Ungleichbehandlung bei Polizei und Justiz auf. Neben den bekannten Fällen von Cheibani Wague und Bakary J. greift die Menschenrechtsorganisation darin etliche weitere auf. Oft wurden von den Behörden Verbrechensopfer wie Täter behandelt. Heinz Patzelt, Amnesty-Generalsekretär in Österreich, forderte den Staat auf, Diskriminierungsvorwürfe besser wahrzunehmen und diesen effektiv zu begegnen.
Amnesty velangt in erster Linie, dass das Vorhandensein und das Ausmaß von Diskriminierung im österreichischen Justiz- und Polizeisystem von den Verantwortlichen überhaupt einmal wahrgenommen wird. "Das Problem besteht nicht nur aus einer Reihe aus einzelnem Fehlverhalten, das Problem ist ein strukturelles Versagen", so Amnesty-Mitarbeiter John Dalhuisen. Erst dann könne man überhaupt erst jene Maßnahmen setzen, um Diskriminierung zu bekämpfen.
"Verschwind, du Scheißausländer!"
Der Bericht von Amnesty zeigt erschütternde Besipiele institutionellen Rassismus auf, hier einige Beispiele: Ein mexikanischer Staatsbürger und Sanitäter in Wien verliert seine Freunde beim Donauinselfest und fragt Polizeibeamte nach dem Weg. Nach rassistischen Beschimpfungen wie "Schleich dich! Verschwind, du Scheißausländer!" wird er zu Boden gerissen, verletzt und ins Polizeikommissariat Donaustadt gebracht. Er erhält eine Strafverfügung wegen aggressiven Verhaltens gegenüber Beamten in der Höhe von 140 Euro. Eine Beschwerde bei der Staatsanwaltschaft wird aus Mangel an Beweisen zurückgelegt. Gegen P. wird jedoch Anzeige wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt erhoben. Erst knapp zwei Jahre später wird er freigesprochen.
A., gebürtiger Ghanaer, wird auf der Straße mehrmals von einem Mann fotografiert. Auf die Bitte von A., das Fotografieren zu unterlassen, sagt der Mann: "Ihr seids alle Drogendealer, ich krieg euch noch." A. versucht daraufhin, dem Mann die Kamera zu entreißen, woraufhin er von dessen Frau mit Pfefferspray besprüht und schließlich mit einem Baseballschläger attackiert wird. Die von zwei Passanten gerufene Polizei kümmert sich jedoch nur um A. und nimmt keine weiteren Personalien auf. Eine Anklage gegen das mutmaßliche Angreiferpärchen wird daher bald fallen gelassen.
Yussuf Khassim stammt aus Burundi und lebt in Österreich. Nachdem er in einem Linzer Restaurant zu Abend gegessen hatte, stoßen ihn sieben Polizisten in Zivilkleidung im Zuge einer Drogenrazzia zu Boden, schlagen und treten ihn. Khassim wird verhaftet in ein Polizeikommissariat gebracht und nach kurzer Zeit wieder freigelassen, nachdem man zugibt, ihn verwechselt zu haben. Eine Entschuldigung wird nicht angeboten, der Staatsanwalt weigert sich trotz Zeugenaussagen, gegen die Beamten Anklage zu erheben. Stattdessen wird Khassim wegen Verleumdung und Widerstands gegen die Staatsgewalt angeklagt. Khassim wird in beiden Anklagepunkten schuldig gesprochen und erhält eine bedingte Freiheitsstrafe von sechs Monaten und eine Geldstrafe von 360 Euro. Nach dem Verfahren werden auch noch die Zeugen wegen Verleumdung angeklagt, fünf von ihnen verurteilt. Abgeschreckt von dieser Erfahrung, verzichtet Khassim auf eine Berufung.
"Schutzreflex des Staates"
Konkret fordert die Menschenrechtsorganisation, Vorwürfe rassistischen Verhaltens durch Exekutivbeamte genauer zu untersuchen und im Fall einer Bestätigung auch entsprechend zu ahnden. Patzelt kritisierte etwa "völlig unzureichende Disziplinarverfahren". Dalhuisen sprach zudem von einem "Schutzreflex des Staates": Ohne den Abschluss von Ermittlungen überhaupt abzuwarten, würden Vorwürfe gegen Beamte als unglaubwürdig dargestellt. Selten würde es außerdem zu angemessenen Strafen kommen. Amnesty fordert in diesem Zusammenhang eine Art internes Polizeistrafrecht.
Einen statistischen Hinweis, dass in Österreich rassistisch motivierte Diskriminierung bei Behörden ansteigt, gibt es laut Patzelt zwar nicht, allerdings werde das Problem konsequent ignoriert: "Rassismus ist ein Krebsübel. Wenn es nicht bekämpft wird, dann wird es sich weiter und weiter ausbreiten." Amnesty könne auch nicht auf konkreten Zahlen zurückgreifen, da derartige Vorfälle nicht statistisch erfasst würden - ebenfalls ein Umstand, den Patzelt kritisiert. Zudem müsse bei Exekutivbeamten das Bewusstsein für diskriminierendes Verhalten verbessert werden. Noch schwerer zu fassen als rassistische Übergriffe oder unterlassene Hilfeleistung durch die Exekutive sei Diskriminierung im Justizsystem, meint Patzelt: "Die blauen Flecken, die die Polizei macht, sind sichtbar." Delikte, die aber die Staatsanwaltschaft nicht anklagt, sehe man hingegen nicht.
Ministerium weist Vorwürfe zurück
Das Innenministerium weist den Vorwurf von Amnesty International eines systematischen Rassismus in der Polizei "vehement zurück". Es gebe Einzelfälle, sagte ein Sprecher von Ministerin Maria Fekter. Diese würden auch disziplinarrechtlich verfolgt und zur Anzeige gebracht. Zudem arbeite man bei Aus- und Fortbildung der Polizisten eng mit Menschenrechtsorganisationen zusammen.
Das Ministerium verwies auch auf das Büro für interne Angelegenheiten, das mit der Aufklärung von Fällen von Fehlverhalten betraut sei. Und auch der Menschenrechtsbeirat sei ein geeignetes Organ, das immer wieder Empfehlungen an das Ministerium abgibt, wo strukturelle Schwächen erkennbar werden. Konkret verwies der Fekter-Sprecher auf das Tandem-Projekt, wo Polizisten und Migranten einander näher kennenlernen könnten.
Polizeigewerkschaftschef Hermann Greylinger (FSG) wies in einer Aussendung "alle Verallgemeinerungen vehement zurück". Es gebe klare Dienstanweisungen, die das Vorgehen regelten, die Polizisten würden auch kein eigenes Strafrecht benötigen - "sie unterliegen schon jetzt einem strengen Dienst- und Disziplinarrecht". Es müssten weiterhin die gleichen Zugänge zum Rechtsstaat gewährleistet bleiben, alles andere käme einer Diskriminierung der Kollegen gleich. Der Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstl meinte, konkreten Vorwürfen in Richtung Rassismus oder Misshandlung werde die Polizei "mit voller Objektivität nachgehen" und diese auch anzeigen.
Amnesty ortet Rassismus in Behörden | kurier.at