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Jugofilm ( Österreich 1997)

Südslawe

Gesperrt
Kinostart: 26.04.1999
Verleih: VG Verleih der Filmemacher
Regie und Drehbuch: Goran Rebic
Darsteller/innen: Merab Ninidze, Eva Mattes, Ljubisa Samardzic, Michi Jovanovic, Tamara Simunovic u. a.
Produktion: Lotus-Film
Kamera: Jerzy Palacz
Laufzeit: 88 min

Wien 1991. Der serbische Junge Milan träumt vom Fliegen, während seine Mutter Bilja das Geburtstagsfest für den älteren Sohn Sascha vorbereitet. Doch sie wartet vergeblich: Er wurde auf der Rückreise von Jugoslawien aus dem Zug geholt und für den Bosnienkrieg zwangsrekrutiert. Monate später taucht Sascha plötzlich mit seiner bosnischen Frau Suza in Wien auf, schweigt aber beharrlich über seine Erlebnisse im Krieg. Sein nationalistisch gesinnter Vater Bora, der unter starkem Einfluss der serbischen Propaganda steht, hat für die Zweifel seines Sohnes kein Verständnis. Dieser Konflikt vergiftet auch die bisher gute Beziehung von Bora zu seinem kroatischen Kollegen, der den Krieg aus kroatischer Sicht beurteilt. Langsam aber sicher untergräbt der zunehmende Hass der Volksgruppen in der alten Heimat auch die serbische Gastarbeiterfamilie in Wien, bis sie schließlich auseinanderbricht.

Dem in Wien lebenden Regisseur Goran Rebic, der 1968 im jugoslawischen Vrsac geboren wurde, geht es in seinem ersten langen Spielfilm nicht um die Darstellung der Kriegsereignisse selbst, er konzentriert sich bei seinem "Versuch zu zeigen, wie der Krieg verunstaltet" vielmehr auf die psychologischen Folgen. So kann oder will Sascha nicht über seine Kriegserlebnisse sprechen. Geplagt von Schuldgefühlen zieht er sich an seine alte Arbeitsstelle zurück, ein Aquarium, das in einem alten Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg untergebracht ist. Das monströse Kriegsüberbleibsel hat doppelten Symbolwert: Zum einen verkörpert es den eskapistischen Wunsch Saschas, aus der Realität in die schöne Traumwelt der Ozeane zu entfliehen, zum anderen manifestiert sich in ihm die Beharrlichkeit des Schreckens; die Erinnerungen an die Schrecken des Krieges lassen den jungen Veteranen nicht mehr los. In der Vater-Sohn-Beziehung prallen die gegensätzlichen Weltsichten hart aufeinander: Hier der heimgekehrte Ex-Soldat, dem man vorwirft, an Kriegsmassakern beteiligt gewesen zu sein, dort der aufgehetzte Nationalist, der seinen Sohn als Held feiern möchte, der die Frau seines Sohnes wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer anderen Volksgruppe ablehnt und sich am Ende von Sascha lossagt: "Du bist nicht mehr mein Sohn!" Subtiler offenbart sich die vergiftende Wirkung von Krieg und Völkerhass in der Liebesbeziehung zwischen Sascha und Suza: Als in Sascha der Verdacht keimt, Suza habe ihn nur geheiratet, um ein Visum zu erhalten, zweifelt er ernsthaft an ihrer Liebe.

Unterschwellig schwingt im Film auch die Trauer über die verlorene Harmonie der jugoslawischen Brüdervölker unter dem kommunistischen Regime Titos mit, die sich in nostalgischen Gefühlen ausgerechnet bei Bora äußert, der erst durch den Krieg zum Nationalisten geworden ist. Diese Trauer teilt auch Rebic, auf dessen Wunsch hin die beteiligten Darsteller aus den diversen Teilen Jugoslawiens gleichsam wieder eine Art 'Jugo-Gemeinschaft' bilden sollten. Bezeichnenderweise geht der Regisseur noch einen Schritt weiter – bis hin zu einem 'schauspielerischen' Verfremdungseffekt: "Bewusst habe ich gegen die Nationalitäten besetzt, so dass ein Georgier (Morab Ninidze) den jungen Serben spielt, eine Deutsche (Eva Mattes) die serbische Mutter, ein Serbe einen Kroaten, ein Kroate einen Muslim, usw." Mit bitterer Ironie wird gerade die Figur des tragisch verblendeten Vaters ausgestattet: Ihn hat Rebic mit Ljubisa Samardzic besetzt, dem 'Helden' zahlreicher jugoslawischer Partisanenfilme. Rebic reichert die traurige Geschichte eines familiären Zerfalls mit märchenhaften Elementen wie etwa dem Flugtraum Milans an und verknüpft sie mit dem Kriegstrauma von Sascha. So ist insbesondere dessen Todessturz aus dem Fenster, der mit dem imaginierten Absturz einer im Krieg erhängten Frau verknüpft wird, fantastisch überhöht. Gerade diese poetischen Elemente tragen maßgeblich dazu bei, dass das melancholische Filmplädoyer gegen politischen Fanatismus und für ethnische Toleranz lange im Gedächtnis haften bleibt. Allerdings trägt Rebic bei einigen pathetischen Szenen zu stark auf, die Hauptschwäche der Inszenierung neben der zuweilen etwas laschen Schauspielerführung.

Angesichts des aktuellen Kosovo-Konflikts gewinnt Jugofilm zusätzliche Brisanz, indem er gerade die virulente Frage nach der Möglichkeit von Schuld und Vergebung aufwirft. Bilja hat sich am Ende von ihrem chauvinistischen Mann getrennt, aber nicht alle Brücken abgebrochen: Der gemeinsame Sohn Milan bringt dem Vater weiterhin das Essen, das sie kocht. Einige Fragen lässt Rebic dabei offen: Bereut der offenkundig gebrochene Vater nur emotional oder auch aus Einsicht in sein Fehlverhalten? Kann seine Frau ihm verzeihen und zu ihm zurückfinden? Wird Suza, die zu ihrer Mutter ins deutsche Exil gezogen ist, Ruhe finden?
 
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