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Der Situation der Albaner Justiz, Polizei etc. wird als Kathastrophe eingestuft.
Es fehlt jede Ansatz von Demokratie und Einhaltung der Menschenrechte im Kosovo.
Der Preis für den Kosovo
Die Vereinten Nationen empfehlen Verhandlungen über die Zukunft der südserbischen Provinz
Von Bernhard Küppers
Belgrad - Vor den Verhandlungen über die Zukunft des Kosovo hat der norwegische Diplomat Kai Eide den Serben zwei Köder ausgelegt. Zum einen lockt Brüssel Belgrad mit Wohlwollen bei der Annäherung Serbiens an die EU, zum anderen sollen die Kosovo-Serben lokale Selbstverwaltungsrechte erhalten, samt Sonderbeziehungen zu Serbien. Kai Eide ist der Berichterstatter von UN-Generalsekretär Kofi Annan, und auf Grund seiner Empfehlungen schlug Annan dem UN-Sicherheitsrat den Beginn der Kosovo-Verhandlungen vor.
Eides Bericht enthält überdies einen Trost für Belgrad, denn der Zustand des Kosovo nach sechs Jahren als UN-Protektorat ist in schwarzen Farben gemalt und bestätigt somit die Meinung Serbiens. Die Kosovo-Albaner sind allerdings erfreut. Sie begrüßen, dass Annan und Eide gerade wegen der sehr gemischten Bilanz den Beginn von Verhandlungen über einen künftigen Status der Provinz für dringlich erklären. Die Zustimmung des UN-Sicherheitsrats in der letzten Oktoberwoche gilt als Formsache.
Es war wohl kein Zufall, dass der Eide-Bericht samt Annans Empfehlung zeitlich zusammenfielen mit der Aufnahme von Verhandlungen über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Serbien-Montenegro. Eide zählte dies - diplomatisch verklausuliert - zu den ¸¸Anreizen" für die serbische Führung. In Belgrad erklären zwar alle maßgeblichen Politiker, dass eine Unabhängigkeit des Kosovo, so wie es die Kosovo-Albaner verlangen, ¸¸unannehmbar" sei. Doch das ist reine Rhetorik. Auch ihnen ist nämlich klar, dass der Kosovo nicht zu halten ist. Das weiß auch die serbische Bevölkerung. Also geht es im Hintergrund wohl darum, für den Kosovo einen guten Preis zu erzielen, um eine Art Handel im Sinne von: ¸¸Hinnahme der Unabhängigkeit des Kosovo gegen Aufnahme in die EU", auch wenn dies öffentlich zurückgewiesen wird.
¸¸Der wichtigste Anreiz für Belgrad jedoch wird nicht außerhalb, sondern innerhalb des Zusammenhangs mit dem Kosovo liegen", schreibt Eide in seinem Bericht. ¸¸Regelungen für eine weit reichende Dezentralisierung werden das Wichtigste sein." Was er dazu ausführt, kommt Belgrader Vorstellungen von einer ¸¸Kantonisierung" :!: oder gar ¸¸territorialen Autonomie" für die Kosovo-Serben zumindest entgegen.
Eine weiterreichende Dezentralisierung der ¸¸Autorität Pristinas" könnte laut Eide so aussehen: Es werden neue Gemeinden mit serbischer Mehrheit geschaffen, mit ¸¸verstärkten Zuständigkeiten auf Gebieten wie Polizei, Justiz, Bildung, Kultur, Medien und Wirtschaft, :!: einschließlich der Ernennung von Schlüssel-Beamten". Eide würde dabei auch ¸¸horizontale Verbindungen" zwischen diesen Serben-Gemeinden und ¸¸Sonderverbindungen mit Belgrad" zulassen. Die Amtsgewalt will er Belgrad allerdings auch in solchen Gemeinden nicht übergeben. Der Norweger hält seinen Vorschlag für einen Weg, um die Belgrader ¸¸Parallelstrukturen" im Schul- und Bildungswesen der serbischen Enklaven des Kosovo zu ¸¸absorbieren". An einer Stelle räumt Eide allerdings ein, dass ¸¸die Parallelstrukturen heute wahrscheinlich die einzige Form darstellen, um die Kosovo-Serben mit angemessenen Dienstleistungen zu versorgen".
Eide hatte Annan schon vor einem Jahr Bericht erstattet, nach dem Schock der Pogrome von Kosovo-Albanern gegen Serben, die in der Provinz ausharrten, und deren historische Kirchen und Klöster. Schon damals trug er zu dem Haltungswechsel in der internationalen Gemeinschaft bei, dass die Formel ¸¸Standards vor Status" nicht mehr dienlich sei. Sie hatte von den Kosovo-Albanern vor Verhandlungen gefordert, dass sie zuerst rechtsstaatliche Werte und Regierungsfähigkeit beweisen müssten. In Angst vor der ¸¸Frustration" der Kosovo-Albaner und vor neuen Gewaltausbrüchen wird inzwischen der ¸¸Status quo" für nicht mehr haltbar erklärt. ¸¸Die Risiken einer Politik des Abwartens könnten durch wachsende politische, wirtschaftliche und soziale Frustration weit größer sein als die Risiken eines künftigen Status-Prozesses", erklärt Eide.
Kritik an Polizei und Justiz :!:
Positiv würdigt Eide in seinem Bericht, was seit dem Kosovo-Krieg unter dem UN-Protektorat alles an Wiederaufbau geleistet und Institutionen geschaffen worden sei. Trotz dieser ¸¸eindrucksvollen" Errungenschaften fällt sein Bild der Verhältnisse eher niederschmetternd :!: aus. Das gilt sowohl für die Situation der Kosovo-Serben als auch den Bereich Recht und Ordnung. ¸¸Wenig ist erreicht worden, um die Grundlagen für eine multi-ethnische Gesellschaft zu schaffen", schreibt Eide. Derzeit schienen ¸¸mehr Kosovo-Serben den Kosovo zu verlassen als dorthin zurückzukehren". Die Kosovo-Albaner hätten auch wenig getan, um die Ansicht bei den Kosovo-Serben zu zerstreuen, dass sie in den politischen Institutionen allenfalls ¸¸Dekoration" sein sollten. Besonders kritisch beurteilt Eide Polizei und Justiz :!: . Diese seien nicht in der Lage, wirksam gegen organisierte Kriminalität und Korruption vorzugehen. ¸¸Dies wird verhindert von Familien- und Clan-Solidarität :!: , der Einschüchterung von Zeugen wie Polizisten und Justizbeamten.". Eide warnt :!: :!: vor einer vorschnellen Übergabe :!: von internationalen Kompetenzen in dem Bereich. Von einem ¸¸endgültigen Status" :!: :!: des Kosovo ist in Eides Bericht keine Rede.
Stattdessen macht er Vorschläge zu einer fortgesetzten ¸¸militärischen und zivilen internationalen Präsenz". Er betont dabei eine ¸¸prominente Rolle" der EU und eine weitere Beteiligung der USA an der Nato-Friedenstruppe Kfor. Der letzte Satz in insgesamt 86 Absätzen des Berichts lautet sybillinisch: ¸¸In den künftigen Status-Prozess einzutreten, heißt nicht, in das letzte, sondern das nächste Stadium :!: der internationalen Präsenz einzusteigen."
Quelle: Süddeutsche Zeitung
Nr.235, Mittwoch, den 12. Oktober 2005 , Seite 9
http://balkanforum.at/modules.php?name=Forums&file=viewtopic&t=5238&highlight=kai+eide
Es fehlt jede Ansatz von Demokratie und Einhaltung der Menschenrechte im Kosovo.
Der Preis für den Kosovo
Die Vereinten Nationen empfehlen Verhandlungen über die Zukunft der südserbischen Provinz
Von Bernhard Küppers
Belgrad - Vor den Verhandlungen über die Zukunft des Kosovo hat der norwegische Diplomat Kai Eide den Serben zwei Köder ausgelegt. Zum einen lockt Brüssel Belgrad mit Wohlwollen bei der Annäherung Serbiens an die EU, zum anderen sollen die Kosovo-Serben lokale Selbstverwaltungsrechte erhalten, samt Sonderbeziehungen zu Serbien. Kai Eide ist der Berichterstatter von UN-Generalsekretär Kofi Annan, und auf Grund seiner Empfehlungen schlug Annan dem UN-Sicherheitsrat den Beginn der Kosovo-Verhandlungen vor.
Eides Bericht enthält überdies einen Trost für Belgrad, denn der Zustand des Kosovo nach sechs Jahren als UN-Protektorat ist in schwarzen Farben gemalt und bestätigt somit die Meinung Serbiens. Die Kosovo-Albaner sind allerdings erfreut. Sie begrüßen, dass Annan und Eide gerade wegen der sehr gemischten Bilanz den Beginn von Verhandlungen über einen künftigen Status der Provinz für dringlich erklären. Die Zustimmung des UN-Sicherheitsrats in der letzten Oktoberwoche gilt als Formsache.
Es war wohl kein Zufall, dass der Eide-Bericht samt Annans Empfehlung zeitlich zusammenfielen mit der Aufnahme von Verhandlungen über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Serbien-Montenegro. Eide zählte dies - diplomatisch verklausuliert - zu den ¸¸Anreizen" für die serbische Führung. In Belgrad erklären zwar alle maßgeblichen Politiker, dass eine Unabhängigkeit des Kosovo, so wie es die Kosovo-Albaner verlangen, ¸¸unannehmbar" sei. Doch das ist reine Rhetorik. Auch ihnen ist nämlich klar, dass der Kosovo nicht zu halten ist. Das weiß auch die serbische Bevölkerung. Also geht es im Hintergrund wohl darum, für den Kosovo einen guten Preis zu erzielen, um eine Art Handel im Sinne von: ¸¸Hinnahme der Unabhängigkeit des Kosovo gegen Aufnahme in die EU", auch wenn dies öffentlich zurückgewiesen wird.
¸¸Der wichtigste Anreiz für Belgrad jedoch wird nicht außerhalb, sondern innerhalb des Zusammenhangs mit dem Kosovo liegen", schreibt Eide in seinem Bericht. ¸¸Regelungen für eine weit reichende Dezentralisierung werden das Wichtigste sein." Was er dazu ausführt, kommt Belgrader Vorstellungen von einer ¸¸Kantonisierung" :!: oder gar ¸¸territorialen Autonomie" für die Kosovo-Serben zumindest entgegen.
Eine weiterreichende Dezentralisierung der ¸¸Autorität Pristinas" könnte laut Eide so aussehen: Es werden neue Gemeinden mit serbischer Mehrheit geschaffen, mit ¸¸verstärkten Zuständigkeiten auf Gebieten wie Polizei, Justiz, Bildung, Kultur, Medien und Wirtschaft, :!: einschließlich der Ernennung von Schlüssel-Beamten". Eide würde dabei auch ¸¸horizontale Verbindungen" zwischen diesen Serben-Gemeinden und ¸¸Sonderverbindungen mit Belgrad" zulassen. Die Amtsgewalt will er Belgrad allerdings auch in solchen Gemeinden nicht übergeben. Der Norweger hält seinen Vorschlag für einen Weg, um die Belgrader ¸¸Parallelstrukturen" im Schul- und Bildungswesen der serbischen Enklaven des Kosovo zu ¸¸absorbieren". An einer Stelle räumt Eide allerdings ein, dass ¸¸die Parallelstrukturen heute wahrscheinlich die einzige Form darstellen, um die Kosovo-Serben mit angemessenen Dienstleistungen zu versorgen".
Eide hatte Annan schon vor einem Jahr Bericht erstattet, nach dem Schock der Pogrome von Kosovo-Albanern gegen Serben, die in der Provinz ausharrten, und deren historische Kirchen und Klöster. Schon damals trug er zu dem Haltungswechsel in der internationalen Gemeinschaft bei, dass die Formel ¸¸Standards vor Status" nicht mehr dienlich sei. Sie hatte von den Kosovo-Albanern vor Verhandlungen gefordert, dass sie zuerst rechtsstaatliche Werte und Regierungsfähigkeit beweisen müssten. In Angst vor der ¸¸Frustration" der Kosovo-Albaner und vor neuen Gewaltausbrüchen wird inzwischen der ¸¸Status quo" für nicht mehr haltbar erklärt. ¸¸Die Risiken einer Politik des Abwartens könnten durch wachsende politische, wirtschaftliche und soziale Frustration weit größer sein als die Risiken eines künftigen Status-Prozesses", erklärt Eide.
Kritik an Polizei und Justiz :!:
Positiv würdigt Eide in seinem Bericht, was seit dem Kosovo-Krieg unter dem UN-Protektorat alles an Wiederaufbau geleistet und Institutionen geschaffen worden sei. Trotz dieser ¸¸eindrucksvollen" Errungenschaften fällt sein Bild der Verhältnisse eher niederschmetternd :!: aus. Das gilt sowohl für die Situation der Kosovo-Serben als auch den Bereich Recht und Ordnung. ¸¸Wenig ist erreicht worden, um die Grundlagen für eine multi-ethnische Gesellschaft zu schaffen", schreibt Eide. Derzeit schienen ¸¸mehr Kosovo-Serben den Kosovo zu verlassen als dorthin zurückzukehren". Die Kosovo-Albaner hätten auch wenig getan, um die Ansicht bei den Kosovo-Serben zu zerstreuen, dass sie in den politischen Institutionen allenfalls ¸¸Dekoration" sein sollten. Besonders kritisch beurteilt Eide Polizei und Justiz :!: . Diese seien nicht in der Lage, wirksam gegen organisierte Kriminalität und Korruption vorzugehen. ¸¸Dies wird verhindert von Familien- und Clan-Solidarität :!: , der Einschüchterung von Zeugen wie Polizisten und Justizbeamten.". Eide warnt :!: :!: vor einer vorschnellen Übergabe :!: von internationalen Kompetenzen in dem Bereich. Von einem ¸¸endgültigen Status" :!: :!: des Kosovo ist in Eides Bericht keine Rede.
Stattdessen macht er Vorschläge zu einer fortgesetzten ¸¸militärischen und zivilen internationalen Präsenz". Er betont dabei eine ¸¸prominente Rolle" der EU und eine weitere Beteiligung der USA an der Nato-Friedenstruppe Kfor. Der letzte Satz in insgesamt 86 Absätzen des Berichts lautet sybillinisch: ¸¸In den künftigen Status-Prozess einzutreten, heißt nicht, in das letzte, sondern das nächste Stadium :!: der internationalen Präsenz einzusteigen."
Quelle: Süddeutsche Zeitung
Nr.235, Mittwoch, den 12. Oktober 2005 , Seite 9
http://balkanforum.at/modules.php?name=Forums&file=viewtopic&t=5238&highlight=kai+eide