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Kroatien: Zurück nach Europa
Kroatien wählt. Der nahe EU-Beitritt führt das von der Antike geprägte Land wieder zu seinen Wurzeln zurück
m Restaurant "Stari Malin" (Alte Mühle), vier Kilometer südlich der istrischen Hafenstadt Pula, wächst Europa an milden Abenden selbst im Herbst noch zwischen Cevapcici und Raznjici, zwischen Scampi und Doraden zusammen. An einem Grill, den sie hier nicht mit dem kroatischen Wort "{zcaron}ar" bezeichnen, sondern mit der dem Italienischen abgelauschten Vokabel "rostilj". Die Stammgäste des Wirtes Vlado Bertetic kommen aus Deutschland und Italien, Ungarn und Tschechien, Frankreich und Russland. Ihr fröhliches babylonisches Sprachgewirr, das durch den süffigen Weißwein Malvasija dynamisiert wird, allegorisiert Internationalität und Multikulturalität eines Landstrichs, der nicht nur wegen seiner Nähe zum Friaul und zur slowenisch-österreichischen Alpenregion, sondern auch aus kulturhistorischen Gründen Europa zugehört.In Pula steht mit der Arena das zweitgrößte Amphitheater des Römischen Reiches, erbaut Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. Auf den nur wenige Pljeskavica-Würfe von Pula entfernten Brijuni-Inseln, die sich Jugoslawiens Ex-Staatspräsident Tito in den Vierzigerjahren nach Gutsherrenart als Sommerresidenz herrichten ließ, überlagern sich Zeugnisse istrischer, byzantinischer und römischer Architektur. Im mondänen Seebad Opatija, das die Grenze Istriens zur karstigen Kvarner-Region markiert, feiert in frisch renovierten Gründerzeitbauten das Flair der Donaumonarchie fröhliche Urständ. Auch die habsburgisch geprägte Hauptstadt Zagreb prunkt, was Kulturschätze und Lebensart anbelangt, mit seliger k.u.k.-Herrlichkeit.
Was sich über den Norden des Landes sagen lässt, das einschließlich seiner Inseln über 6000 Kilometer Küste gebietet, gilt in besonderer Weise auch für Dalmatien sowie, mit Abstrichen, für Slawonien, die im Osten gelegene Kornkammer des Landes: Überall finden sich antike Zeugnisse - vom 6. Jahrhundert v. Chr., als die griechische Kolonisation der verkehrsgünstig gelegenen Inseln Mitteldalmatiens anhob, bis in die Spätantike. Lange bevor sich die Kroaten im 7. Jahrhundert n. Chr. zur Zeit der Völkerwanderung im Gebiet des antiken Illyricum, genauer: in den ehemaligen römischen Provinzen Dalmatien und Pannonien ansiedelten. Bereits im 3. Jahrhundert v. Chr. war das strategisch wertvolle Gebiet in den Fokus römischer Machtinteressen gerückt: Fernstraßen wurden angelegt, und das prosperierende urbane Leben spiegelt sich bis heute in gut erhaltenen Monumentalbauten wie dem Forum in Zadar, den Ruinen von Salona und dem Diokletianspalast in Split. Vom venezianisch geprägten Dubrovnik, vormals Ragusa, ganz zu schweigen. Hinzu kommen prachtvolle Relikte von Kirchenbauten aus der Zeit des Frühchristentums - zumal die Euphrasius-Basilika (543-554 n. Chr.) in Poreè.
Pünktlich zur Parlamentswahl am 25. November stehen die Zeichen so günstig wie nie, dass das durch den Jugoslawienkrieg stark gebeutelte Land, das 1991 seine Unabhängigkeit erklärt hatte, 2009 tatsächlich endlich den Weg auch ins administrative Europa findet. Hing die EU-Beitrittsfrage in den vergangenen Jahren vor allem an der halbherzigen Haltung Kroatiens zur Auslieferung von Kriegsverbrechern wie Ante Gotovina, so muss der junge Staat jetzt vor allem die Bekämpfung von Korruption und Drogenhandel forcieren, um dauerhaft europatauglich zu sein. Immerhin äußerte sich EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn unlängst zufrieden mit dem Tempo, in dem das Land im Aufbruch seine innenpolitischen Hausaufgaben macht. In ökonomischer Hinsicht ist Kroatien ohnedies Musterschüler unter den Beitrittskandidaten. Das liegt auch an in-, vor allem aber an ausländischen Investitionen in den Tourismus: Allein in der Region Istrien wird in den kommenden zwei Jahren mit mehr als einer Milliarde Euro an ausländischem Kapital gerechnet.
Dazu kommt jede Menge frisches kulturelles Kapital: Seitdem sich das Land in offener Diskussion eigenen Versäumnissen und Fehlern im Balkan-Konflikt stellt, wird es zusehends auch wieder zur Heimstatt kritischer Intellektueller. Etwa Dubravka Ugresic. Die Literatin und Slawistin, Jahrgang 1949, hatte 1992 die Stirn, in Essays den Nationalismus und die Geschichtsvergessenheit der posttotalitären Tudjman-Autokratie zu monieren. Dafür wurde die Autorin als Verräterin und Jugo-Nostalgikerin diffamiert; die kroatischen Ausgaben ihrer polemischen Essaybände wie "Kultur der Lüge" (1995) wurden jahrelang nur unter dem Tresen verkauft. 1993 ging Ugresic verbittert in die Niederlande, um von dort aus in Romanen wie "Das Museum der bedingungslosen Kapitulation" (1998) Lügen und Halbwahrheiten in Zeiten des Krieges zu sezieren. Jetzt findet sie auch im eigenen Land Foren, um Vergangenheitsbewältigung zu praktizieren, ohne Repressalien befürchten zu müssen.
Großen Anteil daran hat ein Mann, der, anders als der Ende 1999 verstorbene Franjo Tudjman, zu feingeistig und zu sehr europäisch sozialisiert ist, als dass er auf eine kritische Gegenöffentlichkeit verzichten wollte: Ivo Sanader, seit 2003 kroatischer Premierminister, studierte in Rom und Innsbruck, wo er in Philologie promovierte. Verheiratet ist der Politiker der Regierungspartei HDZ (Kroatische Demokratische Union), der das Land auf Beitrittskurs gebracht hat, mit der Archäologin Mirjana Sanader. Die hat sinnigerweise just ein Buch ediert, das die europäischen Wurzeln Kroatiens eindrucksvoll rekonstruiert: In dem opulent bebilderten Band "Kroatien in der Antike" führt sie mit Fachkollegen in einem fundierten wie anschaulichen Parforceritt von den ersten griechischen Seefahrern bis zur frühchristlichen Spätantike das Erbe des Mittelmeerlandes vor - anhand von Göttern und Kulten, Bauten und Grabmälern. Die Lektüre des designierten Standardwerks zeigt, dass es hohe Zeit ist, dieses nicht nur geopolitisch, sondern auch kulturell westlich geprägte Land dort einzugliedern, wo es eigentlich seit jeher seinen Platz hat: jenseits des Balkans.
"Europa braucht Kroatien zumindest ebenso sehr wie Kroatien Europa", hat Otto von Habsburg, der älteste Sohn des letzten Kaisers von Österreich und Königs von Ungarn, vor ein paar Jahren bemerkt. Es sind bei weitem nicht nur seine familiären Wurzeln, die für diese Zusammengehörigkeit sprechen.
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So ist es, zurück zu den Wurzeln Names Europa und nicht Balkan,dort hat Kroatien nichts verloren!
Kroatien wählt. Der nahe EU-Beitritt führt das von der Antike geprägte Land wieder zu seinen Wurzeln zurück
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m Restaurant "Stari Malin" (Alte Mühle), vier Kilometer südlich der istrischen Hafenstadt Pula, wächst Europa an milden Abenden selbst im Herbst noch zwischen Cevapcici und Raznjici, zwischen Scampi und Doraden zusammen. An einem Grill, den sie hier nicht mit dem kroatischen Wort "{zcaron}ar" bezeichnen, sondern mit der dem Italienischen abgelauschten Vokabel "rostilj". Die Stammgäste des Wirtes Vlado Bertetic kommen aus Deutschland und Italien, Ungarn und Tschechien, Frankreich und Russland. Ihr fröhliches babylonisches Sprachgewirr, das durch den süffigen Weißwein Malvasija dynamisiert wird, allegorisiert Internationalität und Multikulturalität eines Landstrichs, der nicht nur wegen seiner Nähe zum Friaul und zur slowenisch-österreichischen Alpenregion, sondern auch aus kulturhistorischen Gründen Europa zugehört.In Pula steht mit der Arena das zweitgrößte Amphitheater des Römischen Reiches, erbaut Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. Auf den nur wenige Pljeskavica-Würfe von Pula entfernten Brijuni-Inseln, die sich Jugoslawiens Ex-Staatspräsident Tito in den Vierzigerjahren nach Gutsherrenart als Sommerresidenz herrichten ließ, überlagern sich Zeugnisse istrischer, byzantinischer und römischer Architektur. Im mondänen Seebad Opatija, das die Grenze Istriens zur karstigen Kvarner-Region markiert, feiert in frisch renovierten Gründerzeitbauten das Flair der Donaumonarchie fröhliche Urständ. Auch die habsburgisch geprägte Hauptstadt Zagreb prunkt, was Kulturschätze und Lebensart anbelangt, mit seliger k.u.k.-Herrlichkeit.
Was sich über den Norden des Landes sagen lässt, das einschließlich seiner Inseln über 6000 Kilometer Küste gebietet, gilt in besonderer Weise auch für Dalmatien sowie, mit Abstrichen, für Slawonien, die im Osten gelegene Kornkammer des Landes: Überall finden sich antike Zeugnisse - vom 6. Jahrhundert v. Chr., als die griechische Kolonisation der verkehrsgünstig gelegenen Inseln Mitteldalmatiens anhob, bis in die Spätantike. Lange bevor sich die Kroaten im 7. Jahrhundert n. Chr. zur Zeit der Völkerwanderung im Gebiet des antiken Illyricum, genauer: in den ehemaligen römischen Provinzen Dalmatien und Pannonien ansiedelten. Bereits im 3. Jahrhundert v. Chr. war das strategisch wertvolle Gebiet in den Fokus römischer Machtinteressen gerückt: Fernstraßen wurden angelegt, und das prosperierende urbane Leben spiegelt sich bis heute in gut erhaltenen Monumentalbauten wie dem Forum in Zadar, den Ruinen von Salona und dem Diokletianspalast in Split. Vom venezianisch geprägten Dubrovnik, vormals Ragusa, ganz zu schweigen. Hinzu kommen prachtvolle Relikte von Kirchenbauten aus der Zeit des Frühchristentums - zumal die Euphrasius-Basilika (543-554 n. Chr.) in Poreè.
Pünktlich zur Parlamentswahl am 25. November stehen die Zeichen so günstig wie nie, dass das durch den Jugoslawienkrieg stark gebeutelte Land, das 1991 seine Unabhängigkeit erklärt hatte, 2009 tatsächlich endlich den Weg auch ins administrative Europa findet. Hing die EU-Beitrittsfrage in den vergangenen Jahren vor allem an der halbherzigen Haltung Kroatiens zur Auslieferung von Kriegsverbrechern wie Ante Gotovina, so muss der junge Staat jetzt vor allem die Bekämpfung von Korruption und Drogenhandel forcieren, um dauerhaft europatauglich zu sein. Immerhin äußerte sich EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn unlängst zufrieden mit dem Tempo, in dem das Land im Aufbruch seine innenpolitischen Hausaufgaben macht. In ökonomischer Hinsicht ist Kroatien ohnedies Musterschüler unter den Beitrittskandidaten. Das liegt auch an in-, vor allem aber an ausländischen Investitionen in den Tourismus: Allein in der Region Istrien wird in den kommenden zwei Jahren mit mehr als einer Milliarde Euro an ausländischem Kapital gerechnet.
Dazu kommt jede Menge frisches kulturelles Kapital: Seitdem sich das Land in offener Diskussion eigenen Versäumnissen und Fehlern im Balkan-Konflikt stellt, wird es zusehends auch wieder zur Heimstatt kritischer Intellektueller. Etwa Dubravka Ugresic. Die Literatin und Slawistin, Jahrgang 1949, hatte 1992 die Stirn, in Essays den Nationalismus und die Geschichtsvergessenheit der posttotalitären Tudjman-Autokratie zu monieren. Dafür wurde die Autorin als Verräterin und Jugo-Nostalgikerin diffamiert; die kroatischen Ausgaben ihrer polemischen Essaybände wie "Kultur der Lüge" (1995) wurden jahrelang nur unter dem Tresen verkauft. 1993 ging Ugresic verbittert in die Niederlande, um von dort aus in Romanen wie "Das Museum der bedingungslosen Kapitulation" (1998) Lügen und Halbwahrheiten in Zeiten des Krieges zu sezieren. Jetzt findet sie auch im eigenen Land Foren, um Vergangenheitsbewältigung zu praktizieren, ohne Repressalien befürchten zu müssen.
Großen Anteil daran hat ein Mann, der, anders als der Ende 1999 verstorbene Franjo Tudjman, zu feingeistig und zu sehr europäisch sozialisiert ist, als dass er auf eine kritische Gegenöffentlichkeit verzichten wollte: Ivo Sanader, seit 2003 kroatischer Premierminister, studierte in Rom und Innsbruck, wo er in Philologie promovierte. Verheiratet ist der Politiker der Regierungspartei HDZ (Kroatische Demokratische Union), der das Land auf Beitrittskurs gebracht hat, mit der Archäologin Mirjana Sanader. Die hat sinnigerweise just ein Buch ediert, das die europäischen Wurzeln Kroatiens eindrucksvoll rekonstruiert: In dem opulent bebilderten Band "Kroatien in der Antike" führt sie mit Fachkollegen in einem fundierten wie anschaulichen Parforceritt von den ersten griechischen Seefahrern bis zur frühchristlichen Spätantike das Erbe des Mittelmeerlandes vor - anhand von Göttern und Kulten, Bauten und Grabmälern. Die Lektüre des designierten Standardwerks zeigt, dass es hohe Zeit ist, dieses nicht nur geopolitisch, sondern auch kulturell westlich geprägte Land dort einzugliedern, wo es eigentlich seit jeher seinen Platz hat: jenseits des Balkans.
"Europa braucht Kroatien zumindest ebenso sehr wie Kroatien Europa", hat Otto von Habsburg, der älteste Sohn des letzten Kaisers von Österreich und Königs von Ungarn, vor ein paar Jahren bemerkt. Es sind bei weitem nicht nur seine familiären Wurzeln, die für diese Zusammengehörigkeit sprechen.
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So ist es, zurück zu den Wurzeln Names Europa und nicht Balkan,dort hat Kroatien nichts verloren!