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Latinica

Schiptar

Geek
27. Dezember 2005

Hauptstadtgespräch: Wenn aus der Latinica die Cirilica wird

Ein kroatisches Fernsehmagazin wird zum Tabubrecher und zur Zielscheibe der Rechtsnationalen


Norbert Mappes-Niediek aus Zagreb

"Latinica", nach dem Wort für die lateinische Schrift, heißt eine Sendung des kroatischen Fernsehens, die sich auch in BBC oder ARD gut machen würde. Latinica, das jeden Montagabend auf Sendung geht, ist aus westeuropäischer Sicht mit Abstand das Westlichste, das kroatische Fernsehzuschauer geboten kriegen. Hier in Zagreb sehen das aber nicht alle so.

"Westlich" ist aus kroatisch-nationaler Sicht zum Beispiel die lateinische Schrift, mit der die Kroaten sich von zyrillisch schreibenden Serben unterscheiden - deshalb wird sie auf ganz "östliche" Weise als nationales Heiligtum verehrt. Wer dagegen westlich-kritisch berichtet, ist für die Konservativen eher eine Art Serbe. "Cirilica", das Wort für die zyrillische Schrift, ist deshalb zum Spottnamen für Kroatiens bestes Politmagazin geworden.

Die Redaktion von "Latinica" schert sich darum nicht und tut einfach, als säße sie in London, Paris oder Berlin. Ausgerechnet als die Rechte wegen der Ergreifung des Generals Ante Gotovina Trauer trug, schickte "Latinica" die grausamste Blasphemie über den Äther, die sich denken lässt: einen investigativen Bericht über den Erbstreit in der Familie Tudjman. Nicht dass der verstorbene Präsident in so hohen Ehren stünde. Selbst seine eigene Partei hat mit der Politik des Staatsgründers radikal gebrochen - sehr zum Wohle Kroatiens.

Aber vertriebene Serben zurück ins Land lassen, verdächtige Generäle fangen oder Mafiosi aburteilen kann man in Kroatien nur, wenn man so tut, als geschehe das alles im Geiste des verblichenen Staatsgründers. Die Rechte streicheln und, wenn keiner zuschaut, kräftig zwicken - so regiert der neue Premier Ivo Sanader seit zwei Jahren.

Bloß, "Latinica" hat das Spiel immer wieder durchkreuzt - im Herbst etwa mit einer Sendung zu den Helfern des Ante Gotovina, von denen die Regierung doch so gerne geschwiegen hätte. Immer wenn "Latinica" wieder ein Tabu gebrochen hat, sind die Mächtigen gezwungen, sich künstlich aufzuregen, um nicht den Zorn der Rechten heraufzubeschwören. Als es um die Tudjmans ging, debattierte am anderen Morgen das ganze Parlament über die Sendung - und brachte es zu einer Rekordzahl an Rügen und Verweisen. "Gotteslästerlich" sei die Sendung gewesen, urteilte Parlamentspräsident Vladimir Seks, und natürlich "eine grobe Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht". Seks selbst war einer der engsten Mitarbeiter Tudjmans.

Schlimm wird es, wenn die ertappten Parlamentarier ihrer Wut Taten folgen lassen. Als Kroatiens Fernsehzuschauer neulich in der Sendung "Offen gesagt" mit der historischen Tatsache konfrontiert wurden, dass kroatische Truppen den Serben bei der Belagerung Sarajewos geholfen haben, wurde der verantwortliche Redakteur, ganz unwestlich, sofort gefeuert. (DER STANDARD, Printausgabe, 28.12.2005)

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SEEMO alarmed by threats against Croat journalist

Vienna, 15:46

The Vienna-based South East Europe Media Organization (SEEMO) wrote protest letter to Croatian authorities, expressing its deep concerns about threats against Croatian journalist Denis Latin.

SEEMO, global network of editors, media executives and leading journalists, wrote a letter to Croatian Prime Minister Ivo Sanader and the Interior Minister Ivica Kirin, expressing its concerns about death-threats against Denis Latin, host of Croatian television program Latinica, and his aides.

The guests in 12 December TV show debated the role and the heritage of the late Croatian president Franjo Tudjman. Once the broadcast ended, Latin and his crew received death threats.

SEEMO has been notified that editor of Zagreb's Radio 101, Zrinka Vrabec-Mojzes, one of the guests at the show, also received death threats, along with other editors and journalists employed in this radio station.

SEEMO underscores that critical opinions are part of any democratic society, and they are of high significance for developing democracies.

Therefore, it is quite worrisome that a TV show could unleash such reactions, including death threats, SEEMO's letter says, adding that this campaign was most likely initiated by some MEPs in Croatian Assembly.

In SEEMO opinion, the threat against journalists constitutes a serious attack on freedom of expression in Croatia and hinders journalists from freely exercising their profession.

SEEMO urges PM Sanader and the Interior Minister Kirin to do everything in their power to protect the journalists undergoing death threats and to bring to justice those behind these threats. /end/

Quelle: MakFax
 
Schiptar schrieb:
27. Dezember 2005

Hauptstadtgespräch: Wenn aus der Latinica die Cirilica wird

Ein kroatisches Fernsehmagazin wird zum Tabubrecher und zur Zielscheibe der Rechtsnationalen


Norbert Mappes-Niediek aus Zagreb

"Latinica", nach dem Wort für die lateinische Schrift, heißt eine Sendung des kroatischen Fernsehens, die sich auch in BBC oder ARD gut machen würde. Latinica, das jeden Montagabend auf Sendung geht, ist aus westeuropäischer Sicht mit Abstand das Westlichste, das kroatische Fernsehzuschauer geboten kriegen. Hier in Zagreb sehen das aber nicht alle so.

"Westlich" ist aus kroatisch-nationaler Sicht zum Beispiel die lateinische Schrift, mit der die Kroaten sich von zyrillisch schreibenden Serben unterscheiden - deshalb wird sie auf ganz "östliche" Weise als nationales Heiligtum verehrt. Wer dagegen westlich-kritisch berichtet, ist für die Konservativen eher eine Art Serbe. "Cirilica", das Wort für die zyrillische Schrift, ist deshalb zum Spottnamen für Kroatiens bestes Politmagazin geworden.

Die Redaktion von "Latinica" schert sich darum nicht und tut einfach, als säße sie in London, Paris oder Berlin. Ausgerechnet als die Rechte wegen der Ergreifung des Generals Ante Gotovina Trauer trug, schickte "Latinica" die grausamste Blasphemie über den Äther, die sich denken lässt: einen investigativen Bericht über den Erbstreit in der Familie Tudjman. Nicht dass der verstorbene Präsident in so hohen Ehren stünde. Selbst seine eigene Partei hat mit der Politik des Staatsgründers radikal gebrochen - sehr zum Wohle Kroatiens.

Aber vertriebene Serben zurück ins Land lassen, verdächtige Generäle fangen oder Mafiosi aburteilen kann man in Kroatien nur, wenn man so tut, als geschehe das alles im Geiste des verblichenen Staatsgründers. Die Rechte streicheln und, wenn keiner zuschaut, kräftig zwicken - so regiert der neue Premier Ivo Sanader seit zwei Jahren.

Bloß, "Latinica" hat das Spiel immer wieder durchkreuzt - im Herbst etwa mit einer Sendung zu den Helfern des Ante Gotovina, von denen die Regierung doch so gerne geschwiegen hätte. Immer wenn "Latinica" wieder ein Tabu gebrochen hat, sind die Mächtigen gezwungen, sich künstlich aufzuregen, um nicht den Zorn der Rechten heraufzubeschwören. Als es um die Tudjmans ging, debattierte am anderen Morgen das ganze Parlament über die Sendung - und brachte es zu einer Rekordzahl an Rügen und Verweisen. "Gotteslästerlich" sei die Sendung gewesen, urteilte Parlamentspräsident Vladimir Seks, und natürlich "eine grobe Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht". Seks selbst war einer der engsten Mitarbeiter Tudjmans.

Schlimm wird es, wenn die ertappten Parlamentarier ihrer Wut Taten folgen lassen. Als Kroatiens Fernsehzuschauer neulich in der Sendung "Offen gesagt" mit der historischen Tatsache konfrontiert wurden, dass kroatische Truppen den Serben bei der Belagerung Sarajewos geholfen haben, wurde der verantwortliche Redakteur, ganz unwestlich, sofort gefeuert. (DER STANDARD, Printausgabe, 28.12.2005)
frosty schrieb:
Oh this gets me riled up. The article is quite manipulative and distorts much of what actually transpired, so let me stay hung up on it a bit. Through my commentary, you will also be informed of some facts not mentioned (or simply twisted) above and my own opinion on the show. Of course, with none of you having seen the shows in question, you might have no more inclination to accept my viewpoint than the one of the article's author, but still, for fairness' sake, here's mine.

Latinica, das jeden Montagabend auf Sendung geht, ist aus westeuropäischer Sicht mit Abstand das Westlichste, das kroatische Fernsehzuschauer geboten kriegen.
This is just plain nonsense. We also have Big Brother :))
Silliness aside, this kind of comment is presumptuous and very difficult to accept. What standards are used in this categorization? Did the person who wrote this ever actually watch and research Croatian TV? Who exactly graded it and what is this Western point of view? In my view the opening of the article speaks loads about its very political motivation in attempting to portray Latinica as a sole beacon of Western light in what is implied to be an obscure Balkanian country with standards somehow different and inferior than those of the amorphous "West".

"Westlich" ist aus kroatisch-nationaler Sicht zum Beispiel die lateinische Schrift, mit der die Kroaten sich von zyrillisch schreibenden Serben unterscheiden - deshalb wird sie auf ganz "östliche" Weise als nationales Heiligtum verehrt.
This again is a claim which doesn't really hold water. The Latin alphabet being worshipped as a national holy object? I don't know, I've lived in this country for 22 years now and I have never once noticed this "fact". If anything, glagolitic script is more of a national fetish, as it's seen as something endemically Croatian, but in fact, through the Middle Ages, all three scripts (glagolitic, cyrilic and latin) were in use at the same time in different places (because of the route by which Constantine and Methodius' teaching spread), but Latin was the basic script before that and remained to this day (with the Latin language as official language in Croatian lands under Austrian rulers until as late as 1848, thus having a strong influence in the separate (self-)perception of the Croatian kingdom in the land of the Habsburgs). Latin therefore has a certain national significans, but once again, I have never, never seen or felt it being "worshipped" as some kind of "national holy object". Again presumptuous, poorly informed and prejudiced reporting.

einen investigativen Bericht über den Erbstreit in der Familie Tudjman.
Going from bad to worse, as the show's theme was Tudjman's heritage, not the inheritance in his family. The report wasn't really what you might call investigative, seeing as what it did was round up a bunch of people who were radical oponents of the man and take their statements which reflected on their unfavourable (to say the least) view of the dead man's character. His role in Croatia's creation was displayed as a bit of a robbery and impoverishment of an innocent people who lived joyously in the former country and then peacefully split away only to find themselves suddenly stripped of standard by the corrupt president. I swear I did not hear a five year long war with 1/3 of the country occupied (with parts of the occupation going on until 1998) mentioned in one single sentence. Nothing was mentioned of the inherited economic crisis and incredible inflation, and altogether the show's reports were incredibly one-sided, hypocritical and factually lacking. Sometimes it even verged on pure silliness, as one of the 6 guests went as far as saying that Tudjman didn't in fact create the independent Croatian state, he merely lived in the time of its creation. So on one hand he is an authoritarian ruler that pillages his own people, and on the other he is merely another figurehead and has nothing to do with fighting a defensive war for Croatia's very survival.
Whatever one's thoughts on the man, this particular show was set in a tone which was as far from "Western standard" as any I've ever seen, on a purely objective level.

Nicht dass der verstorbene Präsident in so hohen Ehren stünde.
Interestingly, this is again rather untrue. There were polls on that show and on certain others, with the questions comparing Tudjman and Mesic (the current president - the question was who is the better president) and Tudjman and Sanader (the current PM and leader of the HDZ - the question being who led HDZ better). In both, the late president won hands-down against his living opponents, and this in shows with traditionally a slightly more left-wing audience. This doesn't reflect Croatian politics (as it mentions, even Sanader, who is in charge of the leading "conservative" party, leads in a totally different direction than the one before), but rather it reflects on Croatian public opinion. This rather extreme dichotomy between the elected party's post-election politics and its electoral body could be analyzed (and it would be interesting to do so), but this is getting too long already, so I won't get into it just yet. I could do it as an encore :))

Als Kroatiens Fernsehzuschauer neulich in der Sendung "Offen gesagt" mit der historischen Tatsache konfrontiert wurden, dass kroatische Truppen den Serben bei der Belagerung Sarajewos geholfen haben, wurde der verantwortliche Redakteur, ganz unwestlich, sofort gefeuert.
The guy was actually not fired, but is still suspended, for very aggresively trying to assert this statement as a historical fact. The discussion was about Croatian troops fighting in Bosnia and the role of the HVO (the Bosnian Croat army) and one of its medium-ranking officers in the conflict. The officer in question (Ivica Rajic, currently in the Hague), a very shady person who played a very dubious role in the war, actually stated one day that his artillery was facing Sarajevo and could fire whenever he gave the order. This was in context of the Croatian-Muslim conflict, but was interpreted by the show host as Croatia actively supporting the Serbs in the siege and assault on Bosnia in general.

While there were recorded cases of attempted Croat-Serb military negotiation against the Muslims, nothing significant ever came of it - even though the HVO in Bosnia was outnumbered by the Muslims approximately 8 to 1 while still engaged in hostilities with the attacking Serbs, somehow the leadership just barely managed to hold on to enough sense to remember who they were fighting. The conflict brought great tragedy (with atrocious things happening on both sides, disproportionally) and certainly didn't help the defence of Bosnia, but was overcome and in the end the HVO, HV (Croatian army) and ABiH (Army of Bosnia-Herzegovina, Muslim) working together beat the Serbs enough to start the negotiations in Dayton (point of history - if they hadn't been stopped by the USA from entering Banja Luka when they were barely 20 km from it, maybe a fairer or more stable and lasting agreement might have been reached - now we'll never know, even though Holbrooke (who was the one who actually ordered the operation to be stopped at the time) and Thatcher now share this opinion).

Anyway, the host of this other show (Ladisic) tried to imply this guy Rajic's bit of criminal stupidity and warmongering was an official, criminal Croatian national policy and was very aggressive in his attempt (especially against one of his guests, the wartime director of the Croatian Army intelligence service), but in my view ultimately failed. This show as well was extremely politically and unhistoriographically coloured in its portrayal of the war, with many such decontextualizations and distortions of fact. I hold the opinion that the one statement of one half-rogue colonel cannot be called aggressive Croatian national policy in the context of the entire war.

Uch. There. I hope I was clear enough with my arguments and objections... If not, please ask :)
 
Kel hatte die Sendung aufgezeichnet und als Video zur Verfügung gestellt. Ich hab's mir angeshen.
Kroatien und Sanader's HDZ wären gut beraten, wenn sie ein paar Tudjman-Anhänger in die Wüste schicken würden und nicht den Redakteur.
OK, ist doch einiges an Polemik von ihm dabei gewesen und er selbst trauert etwas den kommunistischen Zeiten nach, aber trotzdem.
Man muss der kroatischen Bevölkerung Tudjman als das Verkaufen was er war ohne seine "Verdienste" um Kroatien in die Scheisse zu ziehen.
Tudjman hat sich persönlich bereichert und er war ein Diktator. Es herrschte "Freunderwirtschaft" und mit seinen diversen Sagern, sowie seiner rechts-nationalistischen Politik hat er Kroatien in die Isolation geführt und so eine Weiterentwicklung der Demokratie in diesem Land verhindert, welches ohne ihn heute vielleicht soweit wäre wie Slowenien.
Das Problem sind sicher die Heimwehrverbände, da in Kroatien fast jede Familie zumindest einen "Freiwilligen" hatte, der im Krieg gekämpft hat.
 
Die Sendung ist cool... auch wenn vecernja skola her in ne andere Ecke gehört aber das ist das einzige was ich im HRT schaue.
Ah ja u. der TV Kalendar
 
Srpski-Cedo schrieb:
Stipe schrieb:
Die Sendung ist cool... auch wenn vecernja skola her in ne andere Ecke gehört aber das ist das einzige was ich im HRT schaue.
Ah ja u. der TV Kalendar

stimmt aber sind ein wenig pro-kommunistisch :p z.T

Cuj... ako nisi za desne struje onda si automatski za live... to tje zallosno al pri vise nasih gradana tako misli
 
Stipe schrieb:
Srpski-Cedo schrieb:
Stipe schrieb:
Die Sendung ist cool... auch wenn vecernja skola her in ne andere Ecke gehört aber das ist das einzige was ich im HRT schaue.
Ah ja u. der TV Kalendar

stimmt aber sind ein wenig pro-kommunistisch :p z.T

Cuj... ako nisi za desne struje onda si automatski za live... to tje zallosno al pri vise nasih gradana tako misli

ima i neutralne struje :!:
 
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