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Nik
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Heute vor genau fünf Jahren wurde die schwangere Marwa El-Sherbini (* 1977) vor ihrem dreijährigen Sohn und ihrem Ehemann vor Dutzenden von Leuten in einem Gerichtssaal in Dresden kaltblütig von einem islamophoben Ausländerhasser ermordet. Heute wird diesem schlimmen Tag für alle Muslime gedacht.
Marwa El-Sherbini wurde 1977 in Alexandria im Norden Ägyptens geboren. Sie studierte in ihrer Geburtsstadt Pharmazie und war zwischen 1992 und 1999 Spielerin in der ägyptischen Handballnationalmannschaft der Frauen. 2005 ging sie mit ihrem Ehemann, dem Genforscher Elwi Ali Okaz, nach Bremen. 2006 wurde ihr gemeinsamer Sohn geboren. 2008 zog die Familie nach Dresden. Okaz ist dort Doktorand am Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik. Ende 2009 wollte die Familie nach Ägypten zurückkehren, wo ihr Mann Dozent an der Minufiyya-Universität ist.
Im August 2008 wurde Marwa El-Sherbini vom Russlanddeutschen Alex Wiens auf einem Dresdner Spielplatz als "Islamistin" und "Terroristin" beschimpft. Eine dritte Person informierte daraufhin die Polizei, welche den Vorgang vor Ort aufnahmen und die Anzeige bearbeiteten. Das Amtsgericht Dresden verurteilte Wiens durch Strafbefehl zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 11 Euro. Nachdem Wiens gegen den Strafbefehl Einspruch gelegt hatte, kam es zu einer Hauptverhandlung, in welcher Marwa als Zeugin vernommen wurde. Wiens wurde dabei zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30 Euro verurteilt. Noch im Prozess bezeichnete er Muslime als "nicht beleidigungsfähig". Die Staatsanwaltschaft nahm das zum Anlass, Berufung einzulegen, um ein höheres Strafmass wegen eines ausländerfeindlichen Hintergrunds zu erwirken. Auch Wiens legte gegen das Urteil Berufung ein.
Der Mord
In der Berufungsverhandlung am 1. Juli 2009 stach Alex Wiens auf die im dritten Monat schwangere Marwa El-Sherbini ein, als diese nach ihrer Zeugenaussage den Gerichtssaal verlassen wollte, und tötete sie mit 18 Messerstichen. Ihr Mann wollte ihr zu Hilfe eilen und wurde dabei durch drei Messerstiche lebensgefährlich verletzt. Außerdem gab ein hinzukommender Polizist gezielt einen Schuss auf Okaz ab und traf ihn in ein Bein, da er ihn für den Angreifer hielt. Es gab vorher keine Waffenkontrollen im Gerichtssaal. Der dreijährige Sohn wurde Zeuge, wie seine Mutter verblutete. Die Staatsanwaltschaft sprach von einem Einzeltäter, der aus einer „extrem ausländerfeindlichen Motivation“ handelte.[SUP][6][/SUP][SUP][7][/SUP]
Die Leiche von Marwa El-Sherbini wurde am 5. Juli nach Ägypten überführt, nachdem es zuvor eine zentrale Trauerkundgebung mit 2000 Teilnehmern in Berlin gab. Am 6. Juli wurde sie in Alexandria beigesetzt, wo sie als Märtyrerin gilt.[SUP][8][/SUP]
Der Prozess gegen den Täter Alex Wiens fand unter strengen Sicherheitsvorkehrungen vom 26. Oktober bis 11. November 2009 am Landgericht Dresden statt und endete mit der Verurteilung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Das Gericht stellte bei Wiens eine besondere Schwere der Schuld fest.[SUP][9]
Reaktionen
[/SUP]
[h=3]Allgemein[Bearbeiten][/h]Die Ermordung Marwa El-Sherbinis sorgte für internationale Medienaufmerksamkeit, insbesondere in Ägypten und in der übrigen muslimischen Welt. Hier kam es zum Teil auch zu Protestkundgebungen, bei denen insbesondere aufgrund des langen Ausbleibens einer als angemessenen erachteten Reaktion von deutscher Seite vermehrt auch antideutsche Haltungen zum Ausdruck gebracht wurden.[SUP][10][/SUP] Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad bezeichnete die Tat als „vorprogrammiert“ und verlangte eine SanktionierungDeutschlands durch die Vereinten Nationen. Der Westen beklage sich über Menschenrechtsverletzungen im Iran, und gleichzeitig werde in einem deutschen Gerichtssaal eine „unschuldige Frau zerstückelt“.[SUP][11][/SUP] Der Zentralrat der Juden in Deutschland solidarisierte sich mit dem Zentralrat der Muslime.[SUP][12][/SUP]
Deutsche Medien hatten den Fall dagegen bis auf wenige Ausnahmen zunächst tagelang als persönliche Tragödie bewertet und den rassistischen Hintergrund der Tat weitgehend verschwiegen.[SUP][13][/SUP] Erst auf öffentlichen Druck aus dem Ausland (bis hin zur englischsprachigen Presse wurde beklagt, dass Deutschland die „wahre Bedeutung“ des Mordes ignorierte)[SUP][14][/SUP] wurde dieses Bild allmählich korrigiert, und auch die deutsche Politik reagierte erst daraufhin.[SUP][15][/SUP] Noch drei Wochen nach der Tat
Frühzeitig reagiert habe dagegen Stephan Kramer vom Zentralrat der Juden in Deutschland, der zum Ehemann der Ermordeten nach Dresden gereist sei. Das „Paradox“ und die „politische Explosivität“ der Tatsache, dass Marwa El-Sherbini „auf die deutsche Justiz vertraut, [...] bei ihr Schutz vor dem Ausländerhass gesucht [hatte] – und [...] in einem deutschen Gerichtssaal schutzlos gestorben [ist]“[SUP][15][/SUP], sei ansonsten zunächst kaum wahrgenommen worden:
So entschuldigten später mehrere Journalisten der Wochenschrift Die Zeit die problematische Ersteinordnung des Falles auf deutscher Seite und sahen das Land ebenso wie andere deutsche Medien in dieser Phase am „Rand eines Kulturkampfes“. U.a. der österreichische Standard kritisierte dagegen die vielfache Verwendung dieses seiner Ansicht nach kaum auf die Vorgänge beziehbaren Begriffs, während die berechtigte Rede von „Islamophobie“ nur langsam ins Bewusstsein sickere.[SUP][13][/SUP]
Der Koordinierungsrat der Muslime, der die Verbände DITIB, VIKZ, den Islamrat sowie den Zentralrat der Muslime vereinigt, rief dazu auf, deutschlandweit während desFreitagsgebetes für die Ermordete zu beten. Ferner erwarte man von Behörden, Politikern und Kirchen Schritte zur Bekämpfung der „Islamophobie“ in Deutschland.[SUP][17][/SUP] Die Vorsitzende des Zentralrats der Ex-Muslime, Mina Ahadi, warnte vor einer politischen „Instrumentalisierung“ des Vorfalls. Der schreckliche Mord gebe keiner islamischen Organisation das Recht, Islamkritikern einen Maulkorb zu verpassen.[SUP][18][/SUP] Der Soziologe und Erziehungswissenschaftler Hartmut Krauss bezeichnete die mediale Darstellung des Sherbini-Mordes als realitätswidrig. Krauss berief sich auf die Informationen bezüglich des Tatmotivs, welche der ermittelnden Staatsanwaltschaft vorlagen, und postulierte, es habe sich bei der Tat um das Ergebnis eines „emotional hochgeschaukelten“ Streits gehandelt. Des Weiteren kritisierte er eine aus seiner Sicht eindeutige interessenpolitische Verwertung des Falles durch die Muslimverbände, die dieses Verbrechen als vermeintliches Resultat einer angeblich vorhandenen „Islamophobie“ ausbeuten würden.[SUP][19][/SUP]
In einem Gastkommentar am 8. Juli 2009 in Österreich warf Tarafa Baghajati deutschen Medien im Mordfall vor, sie hätten „die Nachricht zuerst systematisch unterdrückt, und jetzt wird sogar versucht, eine Art Täter-Opfer-Umkehr zu gestalten.“[SUP][20][/SUP]. Er vertrat die Meinung, dass es „der im deutschsprachigen Raum erste aus Islamhass verübte Mord“ sei.
Im Jahr 2009 wurde in Dresden das Marwa Elsherbiny Kultur- und Bildungszentrum Dresden gegründet. Zweck der Organisation ist die „Förderung der Kultur, Förderung der Religion und die Förderung internationaler Gesinnung, der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Völkerverständigung“ [SUP][21][/SUP].
[h=3]Reaktionen in Dresden[Bearbeiten][/h]Der damalige sächsische Justizminister Geert Mackenroth sprach nach der Tat von einer „Tragödie“: „Mein Mitgefühl gilt dem Opfer und seinen Angehörigen. Wir werden alles tun, um Motiv und Hintergründe der Tat aufzuklären.“[SUP][22][/SUP] In Dresden fand am Nachmittag des 11. Juli 2009 am Rathaus nach Aufruf des Dresdner Ausländerrates, desAusländerbeirates der Stadt sowie weiterer Gruppen durch lokale Medien eine Trauerveranstaltung mit mehreren Ansprachen statt.[SUP][23][/SUP]
Einzelne Bürgerinnen und Bürger, Bürgergruppen und verschiedene Vereine haben ausländerfeindliche Tendenzen in Dresden seit längerer Zeit benannt und erzielten damit eine unterschiedliche Wirksamkeit. In der Folge formierte sich ein regionales „Bündnis für Demokratie“.[SUP][24][/SUP]
Der Dresdner Kommunikationswissenschaftler Wolfgang Donsbach forderte zu einem „Umdenken in der Bevölkerung“ auf und formulierte seine Überlegungen in einem offenen Brief mit dem Titel „Dresden – wache auf!“[SUP][25][/SUP] Auslöser war die geringe Beteiligung von Politikern und Bürgern an der Trauerveranstaltung.
Der Verein Bürger.Courage erinnert mit einer Kunstinstallation „18 Stiche“ an den Vorfall. Auf das Dresdner Stadtgebiet verteilt sollen 18 Betonstelen als Symbol gegen Alltagsrassismus und Fremdenhass in Form von in den Boden gerammten Messern errichtet werden, begonnen wurde hiermit am Jahrestag des Vorfalls vor dem Landgericht.[SUP][26][/SUP]
Noch vor Vollendung der Installation wurden einige der Stelen vandaliert.[SUP][27][/SUP]
Der Freistaat Sachsen und die Stadt Dresden und dessen Kuratorium verliehen 2012 erstmals das Marwa-El-Sherbini-Stipendium für Weltoffenheit und Toleranz, das eine monatliche Förderung von 750 Euro beinhaltet. „Mit diesem Stipendium erinnern wir an Marwa El-Sherbini auf eine besondere Art und Weise. So lebt der Gedanke an diese engagierte Frau weiter. Junge Menschen setzen sich in ihrem Namen mit Ideen und Wissen für ein weltoffenes Dresden ein., so Oberbürgermeisterin Helma Orosz.
Möge Marwa El-Sherbini in Frieden ruhen, viel Kraft der Familie und möge Gott sie ins Paradies führen, wo sie auch hingehört. Amin.
Marwa El-Sherbini wurde 1977 in Alexandria im Norden Ägyptens geboren. Sie studierte in ihrer Geburtsstadt Pharmazie und war zwischen 1992 und 1999 Spielerin in der ägyptischen Handballnationalmannschaft der Frauen. 2005 ging sie mit ihrem Ehemann, dem Genforscher Elwi Ali Okaz, nach Bremen. 2006 wurde ihr gemeinsamer Sohn geboren. 2008 zog die Familie nach Dresden. Okaz ist dort Doktorand am Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik. Ende 2009 wollte die Familie nach Ägypten zurückkehren, wo ihr Mann Dozent an der Minufiyya-Universität ist.
Im August 2008 wurde Marwa El-Sherbini vom Russlanddeutschen Alex Wiens auf einem Dresdner Spielplatz als "Islamistin" und "Terroristin" beschimpft. Eine dritte Person informierte daraufhin die Polizei, welche den Vorgang vor Ort aufnahmen und die Anzeige bearbeiteten. Das Amtsgericht Dresden verurteilte Wiens durch Strafbefehl zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 11 Euro. Nachdem Wiens gegen den Strafbefehl Einspruch gelegt hatte, kam es zu einer Hauptverhandlung, in welcher Marwa als Zeugin vernommen wurde. Wiens wurde dabei zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30 Euro verurteilt. Noch im Prozess bezeichnete er Muslime als "nicht beleidigungsfähig". Die Staatsanwaltschaft nahm das zum Anlass, Berufung einzulegen, um ein höheres Strafmass wegen eines ausländerfeindlichen Hintergrunds zu erwirken. Auch Wiens legte gegen das Urteil Berufung ein.
Der Mord
In der Berufungsverhandlung am 1. Juli 2009 stach Alex Wiens auf die im dritten Monat schwangere Marwa El-Sherbini ein, als diese nach ihrer Zeugenaussage den Gerichtssaal verlassen wollte, und tötete sie mit 18 Messerstichen. Ihr Mann wollte ihr zu Hilfe eilen und wurde dabei durch drei Messerstiche lebensgefährlich verletzt. Außerdem gab ein hinzukommender Polizist gezielt einen Schuss auf Okaz ab und traf ihn in ein Bein, da er ihn für den Angreifer hielt. Es gab vorher keine Waffenkontrollen im Gerichtssaal. Der dreijährige Sohn wurde Zeuge, wie seine Mutter verblutete. Die Staatsanwaltschaft sprach von einem Einzeltäter, der aus einer „extrem ausländerfeindlichen Motivation“ handelte.[SUP][6][/SUP][SUP][7][/SUP]
Die Leiche von Marwa El-Sherbini wurde am 5. Juli nach Ägypten überführt, nachdem es zuvor eine zentrale Trauerkundgebung mit 2000 Teilnehmern in Berlin gab. Am 6. Juli wurde sie in Alexandria beigesetzt, wo sie als Märtyrerin gilt.[SUP][8][/SUP]
Der Prozess gegen den Täter Alex Wiens fand unter strengen Sicherheitsvorkehrungen vom 26. Oktober bis 11. November 2009 am Landgericht Dresden statt und endete mit der Verurteilung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Das Gericht stellte bei Wiens eine besondere Schwere der Schuld fest.[SUP][9]
Reaktionen
[/SUP]
[h=3]Allgemein[Bearbeiten][/h]Die Ermordung Marwa El-Sherbinis sorgte für internationale Medienaufmerksamkeit, insbesondere in Ägypten und in der übrigen muslimischen Welt. Hier kam es zum Teil auch zu Protestkundgebungen, bei denen insbesondere aufgrund des langen Ausbleibens einer als angemessenen erachteten Reaktion von deutscher Seite vermehrt auch antideutsche Haltungen zum Ausdruck gebracht wurden.[SUP][10][/SUP] Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad bezeichnete die Tat als „vorprogrammiert“ und verlangte eine SanktionierungDeutschlands durch die Vereinten Nationen. Der Westen beklage sich über Menschenrechtsverletzungen im Iran, und gleichzeitig werde in einem deutschen Gerichtssaal eine „unschuldige Frau zerstückelt“.[SUP][11][/SUP] Der Zentralrat der Juden in Deutschland solidarisierte sich mit dem Zentralrat der Muslime.[SUP][12][/SUP]
Deutsche Medien hatten den Fall dagegen bis auf wenige Ausnahmen zunächst tagelang als persönliche Tragödie bewertet und den rassistischen Hintergrund der Tat weitgehend verschwiegen.[SUP][13][/SUP] Erst auf öffentlichen Druck aus dem Ausland (bis hin zur englischsprachigen Presse wurde beklagt, dass Deutschland die „wahre Bedeutung“ des Mordes ignorierte)[SUP][14][/SUP] wurde dieses Bild allmählich korrigiert, und auch die deutsche Politik reagierte erst daraufhin.[SUP][15][/SUP] Noch drei Wochen nach der Tat
„schwiegen Vertreter der Kirchen und Innenminister Schäuble, Erfinder der Deutschen Islam Konferenz. Maria Böhmer, als Integrationsbeauftragte offenbar für die deutschen Muslime zuständig, kondolierte. Unser aller Bundeskanzlerin Merkel sprach mit dem ägyptischen Botschafter, aber nicht zur deutschen Öffentlichkeit. Das ‚plötzliche Ausrasten‘ in einem ‚ganz normalen Beleidigungsprozess‘ wurde breit gemeldet, doch der politische Hintergrund der Tat ließ SZ, FAZ und ‚Tagesthemen‘ anderthalb Wochen lang, den Spiegel zweieinhalb Wochen und ‚Kulturzeit‘ bis heute kalt.“
– Hilal Sezgin: taz am 22. Juli 2009[SUP][16][/SUP]
Frühzeitig reagiert habe dagegen Stephan Kramer vom Zentralrat der Juden in Deutschland, der zum Ehemann der Ermordeten nach Dresden gereist sei. Das „Paradox“ und die „politische Explosivität“ der Tatsache, dass Marwa El-Sherbini „auf die deutsche Justiz vertraut, [...] bei ihr Schutz vor dem Ausländerhass gesucht [hatte] – und [...] in einem deutschen Gerichtssaal schutzlos gestorben [ist]“[SUP][15][/SUP], sei ansonsten zunächst kaum wahrgenommen worden:
„Wenn man einmal Mutmaßungen über das (west-)deutsche Mehrheitsbewusstsein anstellen darf, dann spielten sich dort nach dieser Tat folgende Gedankengänge ab: 1. Wie furchtbar, die arme Frau, was für ein Unglück. 2. Die Tat geschah nicht wirklich in Deutschland, sondern im Osten. 3. Der Täter ist ein Russlanddeutscher[...], also keiner von uns. 4. Ein Einzelfall also: Übergang zur Tagesordnung.
So wurde die Sache mental marginalisiert, auch die Politik nahm das alles zunächst nur aus dem Augenwinkel wahr. Die Dresdner Justiz hatte die Verhandlung für eine Routinesache gehalten. Was anderswo Standard ist – Taschenkontrolle, Metalldetektoren –, bildet die Ausnahme in sächsischen Gerichtsgebäuden. Für eine solche Ausnahme aber, so Justizminister Geert Mackenroth (CDU), waren ‚keine besonderen Sicherheitsrisiken erkennbar‘.
Die Wahrnehmungsschwäche wirkte weiter, als das Verbrechen schon geschehen war.“
– Die Zeit[SUP][15][/SUP]So wurde die Sache mental marginalisiert, auch die Politik nahm das alles zunächst nur aus dem Augenwinkel wahr. Die Dresdner Justiz hatte die Verhandlung für eine Routinesache gehalten. Was anderswo Standard ist – Taschenkontrolle, Metalldetektoren –, bildet die Ausnahme in sächsischen Gerichtsgebäuden. Für eine solche Ausnahme aber, so Justizminister Geert Mackenroth (CDU), waren ‚keine besonderen Sicherheitsrisiken erkennbar‘.
Die Wahrnehmungsschwäche wirkte weiter, als das Verbrechen schon geschehen war.“
So entschuldigten später mehrere Journalisten der Wochenschrift Die Zeit die problematische Ersteinordnung des Falles auf deutscher Seite und sahen das Land ebenso wie andere deutsche Medien in dieser Phase am „Rand eines Kulturkampfes“. U.a. der österreichische Standard kritisierte dagegen die vielfache Verwendung dieses seiner Ansicht nach kaum auf die Vorgänge beziehbaren Begriffs, während die berechtigte Rede von „Islamophobie“ nur langsam ins Bewusstsein sickere.[SUP][13][/SUP]
Der Koordinierungsrat der Muslime, der die Verbände DITIB, VIKZ, den Islamrat sowie den Zentralrat der Muslime vereinigt, rief dazu auf, deutschlandweit während desFreitagsgebetes für die Ermordete zu beten. Ferner erwarte man von Behörden, Politikern und Kirchen Schritte zur Bekämpfung der „Islamophobie“ in Deutschland.[SUP][17][/SUP] Die Vorsitzende des Zentralrats der Ex-Muslime, Mina Ahadi, warnte vor einer politischen „Instrumentalisierung“ des Vorfalls. Der schreckliche Mord gebe keiner islamischen Organisation das Recht, Islamkritikern einen Maulkorb zu verpassen.[SUP][18][/SUP] Der Soziologe und Erziehungswissenschaftler Hartmut Krauss bezeichnete die mediale Darstellung des Sherbini-Mordes als realitätswidrig. Krauss berief sich auf die Informationen bezüglich des Tatmotivs, welche der ermittelnden Staatsanwaltschaft vorlagen, und postulierte, es habe sich bei der Tat um das Ergebnis eines „emotional hochgeschaukelten“ Streits gehandelt. Des Weiteren kritisierte er eine aus seiner Sicht eindeutige interessenpolitische Verwertung des Falles durch die Muslimverbände, die dieses Verbrechen als vermeintliches Resultat einer angeblich vorhandenen „Islamophobie“ ausbeuten würden.[SUP][19][/SUP]
In einem Gastkommentar am 8. Juli 2009 in Österreich warf Tarafa Baghajati deutschen Medien im Mordfall vor, sie hätten „die Nachricht zuerst systematisch unterdrückt, und jetzt wird sogar versucht, eine Art Täter-Opfer-Umkehr zu gestalten.“[SUP][20][/SUP]. Er vertrat die Meinung, dass es „der im deutschsprachigen Raum erste aus Islamhass verübte Mord“ sei.
Im Jahr 2009 wurde in Dresden das Marwa Elsherbiny Kultur- und Bildungszentrum Dresden gegründet. Zweck der Organisation ist die „Förderung der Kultur, Förderung der Religion und die Förderung internationaler Gesinnung, der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Völkerverständigung“ [SUP][21][/SUP].
[h=3]Reaktionen in Dresden[Bearbeiten][/h]Der damalige sächsische Justizminister Geert Mackenroth sprach nach der Tat von einer „Tragödie“: „Mein Mitgefühl gilt dem Opfer und seinen Angehörigen. Wir werden alles tun, um Motiv und Hintergründe der Tat aufzuklären.“[SUP][22][/SUP] In Dresden fand am Nachmittag des 11. Juli 2009 am Rathaus nach Aufruf des Dresdner Ausländerrates, desAusländerbeirates der Stadt sowie weiterer Gruppen durch lokale Medien eine Trauerveranstaltung mit mehreren Ansprachen statt.[SUP][23][/SUP]
Einzelne Bürgerinnen und Bürger, Bürgergruppen und verschiedene Vereine haben ausländerfeindliche Tendenzen in Dresden seit längerer Zeit benannt und erzielten damit eine unterschiedliche Wirksamkeit. In der Folge formierte sich ein regionales „Bündnis für Demokratie“.[SUP][24][/SUP]
Der Dresdner Kommunikationswissenschaftler Wolfgang Donsbach forderte zu einem „Umdenken in der Bevölkerung“ auf und formulierte seine Überlegungen in einem offenen Brief mit dem Titel „Dresden – wache auf!“[SUP][25][/SUP] Auslöser war die geringe Beteiligung von Politikern und Bürgern an der Trauerveranstaltung.
Der Verein Bürger.Courage erinnert mit einer Kunstinstallation „18 Stiche“ an den Vorfall. Auf das Dresdner Stadtgebiet verteilt sollen 18 Betonstelen als Symbol gegen Alltagsrassismus und Fremdenhass in Form von in den Boden gerammten Messern errichtet werden, begonnen wurde hiermit am Jahrestag des Vorfalls vor dem Landgericht.[SUP][26][/SUP]
Noch vor Vollendung der Installation wurden einige der Stelen vandaliert.[SUP][27][/SUP]
Der Freistaat Sachsen und die Stadt Dresden und dessen Kuratorium verliehen 2012 erstmals das Marwa-El-Sherbini-Stipendium für Weltoffenheit und Toleranz, das eine monatliche Förderung von 750 Euro beinhaltet. „Mit diesem Stipendium erinnern wir an Marwa El-Sherbini auf eine besondere Art und Weise. So lebt der Gedanke an diese engagierte Frau weiter. Junge Menschen setzen sich in ihrem Namen mit Ideen und Wissen für ein weltoffenes Dresden ein., so Oberbürgermeisterin Helma Orosz.
Möge Marwa El-Sherbini in Frieden ruhen, viel Kraft der Familie und möge Gott sie ins Paradies führen, wo sie auch hingehört. Amin.