Ein lautes Nein aus GriechenlandDie Griechen stellen Europa mit ihrem klaren Votum gegen die Sparpolitik vor die Wahl: Verbessert die Bedingungen oder schmeißt uns aus dem Euro, mit allen Konsequenzen. Ein Kommentar von
Zacharias Zacharakis, Athen
5. Juli 2015 21:15 Uhr
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Alexis Tsipras | © Milos Bicanski/Getty Images
Alexis Tsipras hat dieses Referendum eindeutig für sich entschieden. Aus Griechenland ertönt ein lautes OXI nach Brüssel; ein lautes Nein gegen die von den Institutionen verordnete Sparpolitik. Die widrigen Bedingungen unter denen das Ergebnis zustande kam, machen es um so bedeutsamer: Die Menschen haben mit Nein gestimmt, obwohl sie genau wussten, welche Konsequenzen das haben könnte. Seit Tagen stehen sie in langen Schlagen vor den Bankautomaten, um an ihr Geld zu kommen. Wahrscheinlich haben sie gerade deshalb umso entschiedener Nein gerufen.
Der Druck aus Brüssel und Berlin auf die Tsipras-Regierung und auf die Griechen war enorm. Geschlossen haben die wichtigsten Politiker Europas dieses Referendum zu einer Entscheidung für oder gegen den Euro gemacht, obwohl es erklärtermaßen um die Austeritätspolitik ging. Auch haben sich die Befürchtungen nicht bestätigt, dass diese Abstimmung in so extrem kurzer Zeit nicht realisiert werden kann, zumal von einer vermeintlich chaotischen Regierung wie dieser. Das Gegenteil ist der Fall: Nach bisherigen Erkenntnissen ist die Wahl regulär und formal korrekt abgelaufen, mit einer recht hohen Wahlbeteiligung von knapp 60 Prozent. Nötig gewesen wäre laut Verfassung nur 40 Prozent.
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© ZEIT ONLINE
Zacharias Zacharakis ist Nachrichtenredakteur bei ZEIT ONLINE. Seine Profilseite finden Sie
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Das Ergebnis zeigt auch: Griechenland ist selbst nach fünf Jahren Krise kein
failed state, also kein gescheiterter Staat – auch wenn das immer wieder gerne und vor allem in Deutschland behauptet wird. Sicher funktioniert der Staat in Griechenland nicht so reibungslos, wie man sich das wünschen würde. Dennoch ist die Verwaltung handlungsfähig. In den vergangenen Jahren haben die Griechen in einem enormen Kraftakt versucht, ihr Land umzubauen. Die Folgen der rigorosen Sparpolitik haben Griechenland allerdings in die schwerste Rezession seit Ende des Zweiten Weltkriegs gestürzt.
Und was macht die Euro-Zone nun mit diesem klaren Ergebnis? Sie muss der Regierung Tsipras entgegenkommen, um Griechenland in der Währungsunion zu halten. Schließlich hat der griechische Ministerpräsident in den vergangenen fünf Monaten fast alle Wahlversprechen abgeräumt und neue Einschnitte zugesagt. Nur eine wichtige Position hat er nicht aufgegeben: Nach wie vor fordert er einen Schuldenschnitt. Doch darauf wollten sich die Eurostaaten nicht einlassen, allen voran Deutschland. Das schlimmste Szenario könnte jetzt so aussehen: Die Eurostaaten können sich mit Tsipras auch weiterhin nicht einigen. Die Europäische Zentralbank stellt daraufhin die Notkredite für die griechischen Banken ein, die Geldinstitute kollabieren. Lebensmittel und Medikamente werden knapp, die Sicherheitslage wird problematisch. Dann wäre Griechenland tatsächlich ein
failed state.
Mit ihrem Votum stellen die Griechen Europa vor die Wahl: Wenn Ihr uns wirklich im Euro halten wollt, dann verbessert bitte die Bedingungen für uns. Wenn Ihr dies nicht wollt, dann entscheidet Euch jetzt für den Grexit. Mit allen Konsequenzen für dieses Land.