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Neuer Krieg im Kaukasus?

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EnverPasha

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Im Nachgang des Sieges beim Eurovision Song Contest waren fröhliche und friedliche Töne aus Aserbaidschan zu vernehmen. Doch am 26. Juni 2011 schlug Präsident Ilcham Aliyev die Kriegstrommeln. Alijev will notfalls das von Nachbarland Armenien vor 17 Jahren inmitten von Aserbaidschan besetzte Gebiet Berg-Karabach mit Gewalt befreien. Das sagte er bei einer Militärparade in der Hauptstadt Baku. European Circle-Korrespondent Peter Brinkmann war gerade in Aserbaidschan und analysiert die Lage.
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(foto: commons.wikimedia.org Aivazovsky)
“Die Besetzung kann nicht ewig dauern“, rief er in die Menge. “Ich bin vollkommen überzeugt, dass wir unsere territoriale Unversehrtheit auf welche Weise auch immer wieder herstellen werden”, sagte Alijev bei der Parade zum “Tag der Streitkräfte“ am 26.Juni. Nach dem Ende der Sowjetunion besetzte Armenien Berg-Karabach. Rund 700.000 Einwohner aserbaidschanischer Herkunft flohen. Sie leben bis heute in Flüchtlingslagern in Aserbaidschan. Das Gebiet Berg-Karabach liegt mitten im Staatsgebiet von Aserbaidschan und nimmt etwa 20 Prozent der Fläche von Aserbaidschan ein. 1994 wurde ein Waffenstillstand geschlossen. Seitdem sind dort armenische wie auch russische Soldaten stationiert. Es gibt keinen Grenzverkehr zwischen dem von Aserbaidschan beanspruchten Gebiet und Berg-Karabach. Das erklärt die Kriegstrommeln von Baku. Allein 2011 gibt Aserbaidschan rund 2,7 Milliarden Euro für Waffen “Made in USA“ aus.


Verhandlungen erfolglos


Erst letzten Freitag (24.Juni 2011) war das Gipfeltreffen unter Vermittlung des russischen Präsidenten Dimitrij Medjedev zwischen den Präsidenten Aserbaidschans und Armeniens, Sersch Sargsjan, gescheitert. Bei dem Treffen in Kasan, der Hauptstadt der russischen Teilrepublik Tatarstan, scheiterte die Unterzeichnung eines Grundlagenpapiers zum Berg-Karabach-Streit.
Zuviele Forderungen


Aserbeidschan habe zehn unannehmbare Änderungen in dem Dokument verlangt und damit einen Durchbruch verhindert, sagte der armenische Außenminister Edward Nalbandjan am 25. Juni. Das aserbaidschanische Außenministerium gab wiederum Armenien die Schuld am Scheitern der Gespräche.
Jahrelanger Konflikt


Der Konflikt in der Region Berg-Karabach, die hauptsächlich von Armeniern bewohnt wird und völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehört, war im Februar 1988 ausgebrochen, nachdem das Autonome Gebiet Berg-Karabach den Austritt aus dem Staatsverband der damaligen Aserbaidschanischen Sowjetrepublik verkündet hatte. Im September 1991 rief die Provinz die Gründung der Republik Berg-Karabach aus, zu dem die frühere autonome Region und einige benachbarte, von Armeniern bewohnte Gebiete gehörten. Baku erklärte diesen Schritt für gesetzwidrig und ließ die Autonomie von Karabach aufheben. Daraufhin kam es zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Die Karabach-Armenier wurden von der armenischen Diaspora unterstützt, während Aserbaidschan mit Gewalt versuchte, die Abspaltung der Region zu verhindern. Am 12. Mai 1994 trat ein Waffenstillstandsabkommen in Kraft. Aserbaidschan verlor die Kontrolle über Berg-Karabach sowie über sieben weitere benachbarte Kreise. Verhandlungen über eine friedliche Beilegung des Konflikts werden seit 1992 im Rahmen der Minsker OSZE-Gruppe geführt. Ko-Vorsitzende bei den Friedensverhandlungen sind die USA, Russland und Frankreich. Aserbaidschan besteht auf der Beibehaltung der territorialen Integrität des Landes. Armenien nimmt die Interessen von Berg-Karabach wahr, das selbst keine Verhandlungspartei ist.
Immer wieder Gefechte


An der Demarkationslinie zwischen Berg-Karabach und Aserbaidschan kommt es immer wieder zu schweren Gefechten mit Toten und Verletzten. Das christlich geprägte Berg-Karabach hatte 1991 seine Unabhängigkeit vom moslemischen Aserbaidschan ausgerufen und damit den Konflikt zum Ausbruch gebracht. Der trilaterale Gipfel in Kasan war übrigens der neunte seit 2008 und der zweite in diesem Jahr.
Darum geht es


Die Hauptprinzipien der Regelung des Karabach-Konflikts, die unter der Bezeichnung “Madrider Prinzipien“ bekannt sind, waren Armenien und Aserbaidschan von den Außenministern Frankreichs und Russland und einem ranghohen US-Diplomaten im November 2007 vorgestellt worden. Im vergangenen Jahr wurde der armenischen und der aserbaidschanischen Regierung eine erneuerte Fassung vorgelegt. Die “Madrider Prinzipien” sehen unter anderem eine Rückgabe der Territorien um Berg-Karabach an Aserbaidschan, einen Zwischenstatus für Berg-Karabach, der die Sicherheits- und Selbstverwaltungsgarantien sichern soll, die Festlegung des zukünftigen endgültigen Rechtsstatus von Berg-Karabach auf der Grundlage einer juristisch verbindlichen Willensbekundung seiner Bevölkerung, das Recht aller Flüchtlinge auf die Rückkehr in ihre ursprünglichen Wohnorte und internationale Sicherheitsgarantien, einschließlich einer Friedensoperation, vor.
Dr. Rasim Mirzayev von der Humboldt-Universität und Geschäftsführer des Vereins “EuroKaukAsia“ in Berlin sagt The European Circle zum Konflikt und zur Kriegsgefahr: “Unserer Meinung nach gibt es zumindest ein ziemlich hohes Risiko, dass es in diesem Jahr zu erneuten Kampfhandlungen zwischen den beiden südkaukasischen Republiken um das Sezessionsgebiet Berg-Karabach kommen könnte. Und zwar geht es vor allem um eine Offensive von aserbaidschanischer Seite.”
Bei den zu erwartenden Militäroperationen – höchstwahrscheinlich mit Moskau abgestimmt – könnten auch die von den Amerikanern ausgebildeten Spezialeinheiten der aserbaidschanischen Armee eingesetzt werden. Es werden in den beiden verfeindeten Staaten immer mehr Finanzmittel für Rüstung und für die Armee ausgegeben. Von Jahr zu Jahr wachsen die militärischen Ausgaben in hohem Tempo. Außerdem wird der Informationskrieg in der Außenpolitik, werden gegenseitige Feindseligkeiten und Kriegsbereitschafts-Propaganda in der Innenpolitik in beiden Ländern immer intensiver. Also, die heutige, instabile Waffenstillstandssituation wird eigentlich von allen Seiten lediglich als eine Ruhepause in den ewigen Kampf um Karabach, dem Nationalheiligtum sowohl von Aserbaidschanern als auch Armeniern, betrachtet. Und alle bereiten sich auf die nächste Etappe dieses Kampfes vor, nämlich auf einen entscheidenden Krieg, der das Berg-Karabach-Problem endgültig zugunsten der einen oder der anderen Nation lösen werde.

Objektiv gesehen sind die Aserbaidschaner an einem erneuten Krieg am meisten interessiert. Denn sie sind die eindeutigen Verlierer des letzten Krieges: 20 Prozent ihres eigenen Territoriums wurde von Armenien annektiert, darunter nicht nur Berg-Karabach, sondern dazu noch 7 rein aserbaidschanische Bezirke, die an das ehemalige Autonomiegebiet grenzen. Letztere hält Armenien als eine Art Pufferzone zur Sicherheit ihrer Sezessionsrepublik besetzt. Außerdem hat Aserbaidschan bis zu 1 Million Flüchtlinge aus Armenien und aus Karabach, die selbstverständlich eine große Belastung für jede Regierung sind.

Armenien dagegen scheint definitiv nicht an einem neuen Krieg interessiert zu sein. Ganz im Gegenteil: Sie würden den heutigen Status quo möglichst lange weiter aufrechterhalten. Sie sehen sich selbstverständlich als Sieger und Gewinner, daher würden sie eher keinen neuen Krieg riskieren, dessen Resultat ohnehin fragwürdig wäre. Daher sind offene Kriegsdrohungen von aserbaidschanischer Seite in letzter Zeiten immer deutlicher zu hören. Präsident Ilham Aliyev wiederholt immer die gleiche Formel: „Aserbaidschan wird sich nie mit einer unabhängigen Karabach-Republik einverstanden erklären. Seit 15 Jahren versuchen wir eine friedliche Lösung des Problems mit Armenien zu finden. Aber Armenien akzeptiert bisher keinerlei Lösungen, die von den internationalen Vermittlern vorgeschlagen wurden. Und wir können mit der Lösung dieses Problems nicht noch etwa weitere 15 Jahren warten. Wir sind jetzt bereit, unsere Territorien von armenischen Besatzungstruppen zu befreien.“ Sowohl in der personellen Stärke als auch in der Ausrüstung ist die aserbaidschanische Armee der armenischen weit überlegen.
Blitzkrieg


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Panorama über Stepanakert, die Hauptstadt von Nagoro-Karabach: (foto: commons.wikimedia.org Ліонкінг)
Da die aserbaidschanische Seite allerdings keine großen Kriegshandlungen durchzusetzen plant (das würden weder Russland noch der Westen akzeptieren), sondern lediglich blitzschnelle, lokale Operationen durchführen möchte, werden nur zwei oder drei Brigaden, darunter auch Spezialeinheiten eingesetzt werden. Dabei werden Kampfflugzeuge und Luftwaffen bevorzugt. Nach Angaben unserer Informationsquelle Baku sind die beiden Spezialeinheiten nach NATO-Standard von den Amerikanern ausgebildet worden. Sie sind echte Profis und beteiligen sich regelmäßig auch an den militärischen Manövern in Ländern wie USA und Türkei. Diese Truppen spezialisieren sich in zwei Richtungen: Die eine hat ein Profil für militärische Aktionen im Gebirge, die andere wurde als Marineinfanterie ausgebildet. Letztere hat in aserbaidschanischen Armeekreisen den Spitznamen “Meerkatzen“. Ihr Ausbildungsprogramm wurde im Rahmen eines Abkommens zwischen dem Pentagon und dem Verteidigungsministerium Aserbaidschans realisiert. Mit der Ausbildung der Gebirgsjäger war die weltweit bekannte, amerikanische Sicherheitsfirma “Blackwater” betraut. Außerdem hat die aserbaidschanische Regierung einige Vereinbarungen mit Israel getroffen bzw. ein Abkommen geschlossen über Zusammenarbeit und Kooperation im militärischen Bereich. Unter anderem geht es dabei um die Anschaffung israelischer Waffen (Raketen vor allem), Militärtechnik und Maschinerie (Panzer und Kampfflugzeuge) sowie den Bau einer Waffenfabrik in Aserbaidschan. Das sind Teile eines großen Rüstungsprogramms, das man auch als Vorbereitung auf einen großen Krieg betrachten könnte.


Haltung der EU


Die EU ist in der Frage gespalten. Sie steht vor einem schweren Problem. Soll sie das Prinzip des “Selbstbestimmungsrechts der Völker“, also die Berg-Karabacher = meistens Armenier, in ihrem Wunsch nach einem eigenen Staat unterstützen oder soll sie das Prinzip der “Integrität des States“ (Aserbaidschan) unterstützen? Daher sind bisher auch alle Gespräche der Europäischen Union mit den beiden Seiten ergebnislos verlaufen. Der armenische Präsident Sersch Sargsjan forderte bei seinem Besuch in Brüssel 2010 eine Beteiligung der “legitimen
Regierung von Berg-Karabach“ an den festgefahrenen Verhandlungen innerhalb der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). “Es wäre dann möglich, eine qualitativ neue Seite in den Verhandlungen aufzuschlagen“, sagte Sargsjan nach einem Gespräch mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso am 26. Mai 2010 in Brüssel. Barroso hingegen verwies auf eine Erklärung der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton, wonach die EU die Parlamentswahl von 2010 in Berg-Karabach nicht anerkennt. “Wir unterstützen den OSZE-Prozess. Das ist ein internationales Problem“, sagte Barroso.

Auch viele andere Staaten, darunter Russland und Aserbaidschan, erkennen die armenisch dominierte Regierung von Berg-Karabach nicht als Gesprächspartner an. Armeniens Außenminister Edward Nalbandyan sagte in einem Vortrag in der “Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik“ (DGAP) in Berlin: “Armenien bemüht sich um eine friedliche und gerechte Lösung im Konflikt mit Aserbaidschan, doch muss die Unabhängigkeit der Republik Berg-Karabach ebenso anerkannt werden wie die des Kosovo.“ Armenien strebe eine friedliche Beilegung des Konflikts um die Region Bergkarabach an, sagte Nalbandyan. Die Polizeikräfte der Republik Bergkarabach “schützten“ lediglich ihre Bevölkerung vor den Angriffen Aserbaidschans. Das Auswärtige Amt sieht das etwas anders. In eine Erklärung heißt es dazu: “Seit dem Krieg um Nagorno-Karabach von 1992 bis 1994 wird ein Teil Aserbaidschans von armenischen Truppen besetzt. An der Waffenstillstandslinie ist es immer wieder zu Kämpfen gekommen."
Geschichte um Berg-Karabach


Aserbaidschan und Armenien haben Berg-Karabach seit der Oktoberrevolution 1917 für sich beansprucht. Beide Staaten führten Krieg um das Gebiet, der 1922 beendet wurde, als die Sowjetunion beide Staaten annektierte. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion brach der militärische Konflikt allerdings erneut aus. Berg-Karabach, in der mehrheitlich Armenier wohnen, erklärte 1991 seine Unabhängigkeit. Es folgte erneut ein Krieg um die Region, der 1994 per Waffenstillstand beendet wurde. Eine endgültige Lösung, die von beiden Konfliktparteien akzeptiert wird, gibt es noch nicht. Einig sind sich aber alle in der EU: Im Konflikt um Berg-Karabach wäre den Interessen der EU und ihrer Mitgliedsstaaten am besten gedient, wenn sich eine nachhaltige Lösung mit dauerhafter Stabilisierung der Region realisieren ließe. Ab 1996 setzte die EU konkrete Schritte, um einer Konfliktregelung in ihrem Sinne den Weg zu bereiten. Ein zweifacher Ansatz kommt dabei zum Tragen : Einerseits wird auf dem Wege politisch-diplomatischer Verhandlungen versucht, die Interessen der Konfliktparteien in Übereinstimmung zu bringen; andererseits wird versucht, in Armenien und Aserbaidschan einen innergesellschaftlichen Wandel anzustoßen. Was mittelfristig mit sich bringen könnte, dass eine Kompromisslösung für die politischen Eliten und die Nationen insgesamt akzeptabel erscheint. Es ist jedoch zu konstatieren, dass die EU-Aktivitäten im Hinblick auf eine Lösung des Bergkarabach-Konfliktes bis dato keine nennenswerten Ergebnisse gebracht haben.

Russland ist gegen eine Lösung


Mehrere Faktoren stehen einer nachhaltigen Konfliktbeilegung entgegen: Zum einen ist Russland am Status quo oder aber an einer sehr langsamen Konflikttransformation, die überdies unter vorwiegend russischer Schirmherrschaft verlaufen soll, interessiert. Zum anderen mangelt es bei den Konfliktakteuren Armenien, Aserbaidschan und Berg-Karabach am politischen Willen zum Kompromiss und am gegenseitigen Vertrauen. In der entscheidenden Frage nach dem Status von Berg-Karabach steht man inhaltlich dort, wo man zu Kriegsbeginn 1991/92 auch schon stand. Zum Dritten wird innerhalb der EU die Karabach-Frage nicht als Priorität wahrgenommen, sodass in Wahrheit weder eine konkrete Zieldefinition noch ein akkordiertes Prozedere zur Zielerreichung existiert.

Neuer Krieg im Kaukasus? - The European Circle
 
Ich hab auch neulich darüber gelesen. Armenien hätte nie im Leben eine Chance gegen aserbaidschan,da diese die letzten Jahre sich enorm entwickelt haben.Sowohl in der Wirtschaft,Bevölkerung und im Militär ist Aserbaidschan vor Armenien.Krieg ist zwar keine Lösung,aber wenn die Armenier nicht Berg-Karabah nicht freimachen wollen,wird es wahrscheinlich weitere Spannungen geben.
 
Süß, 2 verarmte, kleine Bananenrepubliken wollen sich also zanken.
 
postsowjetischer mumpitz...für ne inzestregion u picki materini.
 
EnverPasha würde es wohl gefallen, wenn bisschen geballert würde, was?
 
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