lupo-de-mare
Gesperrt
Beckenbauer gilt im übrigen bei Insidern auch als Idiot. Der hatte nur Glück mit seinem Manager Schwan!
Breitner, Hoeneß gelten als die Klugen und Ballak ebenso.
3. Juni 2006 Druckversion | Versenden | Leserbrief
----
OASIS-BOSS NOEL GALLAGHER
"Neun von zehn Fußballern sind komplette Idioten!"
Fußball ist seine zweite Leidenschaft: Im Interview spricht Oasis-Chef Noel Gallagher über den Einfluss der Franzosen auf die englische Foulquote, seinen Bruder Liam in der Rolle des Torjägers, die Austauschbarkeit von Torhütern und die Melancholie im Stadion.
Frage: Mr. Gallagher, was glauben Sie: Wenn eines Tages Außerirdische in Ihrer Heimatstadt Manchester landen, was würde auf sie einen lächerlicheren Eindruck machen: Ein Rockkonzert von Oasis oder ein Fußballmatch?
Gallagher: Ich hoffe, dass beides nicht lächerlich wirkt. Beide Sachen sind sehr einfach. Fußball heißt: Schnapp dir den Ball und schieß ihn ins Tor. Und wenn dir das einmal mehr gelingt als dem Gegner, dann hast du gewonnen. Rock'n'Roll ist genauso einfach. Entweder du magst eine Band, oder du magst sie nicht. Es sind in beiden Fällen die Außenstehenden, die die Sache kompliziert machen.
Frage: Vielleicht behalten Fußball und Rockmusik deshalb ihre ewige Jugend - weil der Fan sie überhöht.
NOEL GALLAGHER UND FUSSBALL: "ICH WOLLTE IMMER EIN PERFORMER SEIN!"
Getty Images AP AFP
Klicken Sie auf ein Bild, um die Fotostrecke zu starten (3 Bilder).
Gallagher: Ja, das ist wohl das Geheimrezept. (überlegt) Es muss irgendwas Magisches dran sein, sonst wäre es wohl kaum möglich, dass Rock'n'Roll und Fußball überall auf der Welt erfolgreich sind.
Frage: Aber was genau lässt diese Magie entstehen?
Gallagher: Es hat etwas damit zu tun, dass beides sowohl im Großen als auch im Kleinen funktioniert. Fußball ist auf der einen Seite ein Match vor 100.000 Leuten in einem brodelnden Stadion, aber auch der Kick im Park in der Mittagspause. Das gilt für Rockmusik genauso: Ob großes Festival oder miefiger Kellergig - beides funktioniert.
Frage: Worin sehen Sie die Analogien von Bands und Mannschaften?
Gallagher: Beides sind mehr oder weniger kontrollierbare Gemeinschaften. Es gibt sehr viele Rollen innerhalb dieser Kollektive, und es macht einfach mehr Spaß, mit diesen Gruppen zu fiebern, als sich einem einzelnen Tennisspieler zu widmen. Was sowohl den Rock'n'Roll als auch den Fußball ausmacht, ist die Mischung aus echter Aggression und kunstvollen Momenten. Es fällt schwer, sich dem zu entziehen.
Frage: Als Sie ein Kind waren...
Gallagher: ... kamen für mich nur zwei Berufe in Frage: Popstar oder Fußballer.
Frage: Warum gab es keine Alternativen?
Gallagher: Ich wollte immer ein Performer sein - und zwar vor einer großen Menge. Fußballprofi zu sein bedeutet: Jede Woche ein Gig vor 40.000 Leuten...
Frage: ... die Sie jedoch mitunter auspfeifen.
Gallagher: Die Leute im Stadion dürfen das, die haben schließlich Eintritt bezahlt. Wer Geld für ein Oasis-Album bezahlt hat, darf übrigens auch sagen: Hey, das ist aber eine verdammt große Scheiße, die ihr da zusammenspielt.
GEFUNDEN IN ...
GALORE
Das Interview- Magazin
Heft 19 - Juni 2006
* www.galore.de
* Abo bestellen
Frage: Reden wir über ein weiteres Phänomen, das Fußball und Rockmusik eint: der Hang zur Melancholie.
Gallagher: Traurigkeit und Melancholie können immer zwei Seiten haben. Den einen zieht ein trauriger Song runter, der andere erinnert sich durch ihn an etwas Schönes. Beim Fußball ist das ähnlich. Wenn es 3:3 steht, dann bedeutet das einen Punkt für jede Mannschaft. Das klingt für Nichtwissende nach einem friedlichen Unentschieden, aber das ist Quatsch. Ein 3:3 hat immer eine Geschichte. Wenn Ihr Team 3:0 führt und am Ende noch drei Tore kassiert, dann sind Sie beim Schlusspfiff am Boden und denken: Die Welt geht unter! Läuft es umgekehrt, und Ihre Mannschaft dreht ein Spiel, fühlen Sie sich, als hätten Sie gerade die Meisterschaft gewonnen.
Frage: Und in der Woche darauf ist das alles schon wieder vergessen.
Gallagher: Natürlich. Treue und Vergessen gehören dazu. Kein Manchester United-Fan ist ins Lager von Real Madrid gewechselt, als David Beckham nach Spanien ging.
Frage: Mögen Sie David Beckham?
Gallagher: Es wäre töricht, ihn nicht zu mögen, denken Sie nicht?
Frage: Sein Nationalmannschaftskollege Rio Ferdinand hat sich mal darüber echauffiert, Beckham höre in der Kabine so seichte Musik, dass die Aggression der Mannschaft darunter leide. James Blunt und ähnliches.
Gallagher: (verächtlich) Rio Ferdinand hört HipHop!
Frage: Gibt's das überhaupt: Fußballer mit gutem Musikgeschmack?
ZUR PERSON
Noel Gallagher (geboren am 29.05.1967) ist der zweite von drei Söhnen einer irischstämmigen Arbeiterfamilie aus Manchester. Vater Thomas nahm Noel zu den Spielen von Manchester City mit und machte ihn zum Fußballfan. Seine Kindheit war jedoch alles andere als glücklich: Früh kam er in Konflikt mit der Polizei; sein Vater verließ die Familie nach Alkoholexzessen. Ende der 80er bemühte sich der damals arbeitslose Noel um Anschluss in der lokalen Rockszene, bevor er 1992 der Band Oasis beitrat, die sein jüngerer Bruder Liam kurz zuvor gegründet hatte. Noel Gallagher lebt heute mit seiner Freundin Sara MacDonald in London und hat aus erster Ehe eine sechsjährige Tochter.
Gallagher: Ich habe noch keinen getroffen. (überlegt) Neun von zehn Fußballern sind große Idioten. Komplette, vollkommene Idioten.
Frage: Vermissen Sie die Zeit, in der Fußball auf der Insel simpler gestrickt war und hauptsächlich aus der Taktik 'kick and rush' - Ball nach vorne und alle hinterher - bestand?
Gallagher: Nein. Sie reden von den Achtzigern. Damals kam es für die wirklich guten Spieler auf der Welt überhaupt nicht in Frage, in England zu spielen. Natürlich war das Spiel simpler gestrickt, einfach weil es keine Einflüsse von außen gab. Das änderte sich erst Mitte der 90er, als das Fernsehen mehr Geld in die Liga pumpte und die ersten Profis und Trainer aus anderen Ländern kamen. Davon hat die Liga profitiert. Bei Arsenal spielt heute kaum noch ein Brite, aber ist das schlimm? Kein bisschen. Außerdem ist das Spiel durch die Internationalität weniger gewalttätig. Englische Spieler sind oft Rüpel, früher gab es viel mehr rüde Fouls. Vor allem die Franzosen haben das britische Spiel galanter gemacht - auch wenn ich dabei nicht unbedingt an Eric Cantona denke. (lacht)
Frage: Wenn Sie heute im Stadion sind, was ist für Sie der größte Moment?
Gallagher: Die Minute vor dem Anstoß. Das ist das gleiche wie bei einem Konzert: die freudige Erwartung, dass es in jedem Moment losgeht. Dann rumort es im Stadion, als wenn alle noch einmal kräftig durchatmen, bevor das Spektakel beginnt. Während des Spiels rede ich mit gar keinem, da fauche ich höchstens mal "Shut the fuck up!" (lacht)
Frage: Auch wenn jemand Autogrammwünsche hat?
Gallagher: Der muss sich bis zur Halbzeit gedulden, aber dann bin ich 15 Minuten für alle da. Ich tendiere übrigens zu zwei extremen Halbzeitgefühlen: Entweder bin ich von dem Spiel schon genervt und erwarte gar nichts mehr. Oder ich bin sehr aufgedreht, weil ich das Gefühl habe, die zweite Halbzeit wird mich umwerfen. Das Schlimmste sind ereignislose Spiele.
Frage: Singen Sie im Stadion?
Gallagher: Das habe ich früher gemacht - bis ich berühmt wurde. (lacht) Jetzt muss ich mich benehmen.
Frage: Was ist der große Manchester City-Schlachtgesang?
Gallagher: Da gibt's viele, der wichtigste geht auf die Melodie von "Hey Jude": "La, la, la, lalalala, City!"
Frage: Es gab einen Moment, an dem Ihr Song "Stop Crying Your Heart Out" die Fußballseele von ganz England gerettet hat. England hatte bei der WM 2002 knapp gegen Brasilien verloren und war ausgeschieden - und aus allen Pubs, wo man sich mittags das Match angeschaut hatte, schallte der Song.
Gallagher: Es geht darin um eine Person, die etwas verloren hat. Und die Botschaft ist simpel: Es geht weiter, das Glück kehrt zu dir zurück, auf geht's. Das passte natürlich. Das Fernsehen zeigte damals zu dem Song die Tore, die England während der WM geschossen hatte. Unsere größte Fußballhymne ist komischerweise "Roll With It", und zwar ausgerechnet in Schottland: Die Jungs von Celtic Glasgow kommen zu dem Song auf den Rasen, und 61.000 Menschen im Celtic Park singen "Roll With It". Das ist banal, aber es funktioniert.
Frage: Die Geschichte der englischen Nationalmannschaft ist in den vergangenen Jahren eher tragisch, und auch Ihr Club Manchester City hat jahrelang keinen Titel mehr gewonnen. Muss ein echter Fan leidensfähig sein? Genießt er es sogar, sein Herz einem Underdog zu schenken?
Gallagher: Also, ich genieße es kein bisschen. Ich bin seit 34 Jahren Manchester City-Fan. Wir haben in der Zeit einen Pokal gewonnen, und ich hätte nichts dagegen, jede Woche zu gewinnen. Gewinnen ist nie langweilig. Natürlich ist es fantastisch, wenn ein Club treue Anhänger hat. Mein Verein spielte einmal in der dritten Liga, und trotzdem war die Maine Road ausverkauft. Das zählt mehr als ein Titel.
Frage: Hat man Sie schon einmal gefragt, ob Sie den Verein kaufen wollen?
Gallagher: Ja, aber ich werde es nicht machen. Reine Geldverschwendung, denn man bekommt nie irgendwas zurück. Dafür ist mir mein Geld zu schade - denn so viel habe ich nicht.
Frage: Und wenn Sie ein Ölmilliardär wie Chelsea-Besitzer Roman Abramowitsch wären?
Gallagher: Dann würde ich schon morgen zugreifen, ohne mit der Wimper zu zucken. Wissen Sie, was ich mit zehn Milliarden Pfund machen würde? Eine Milliarde käme auf die Bank, und die anderen neun steckte ich in den Club. Ich würde aus Manchester City die erfolgreichste Mannschaft der Welt machen.
Frage: Wer wäre der erste Spieler, den Sie kaufen würden?
Gallagher: Ich bin ja clever und würde einen Trainer stehlen. Arsène Wenger von Arsenal oder José Mourinho vom FC Chelsea. Die sollen dann die Spieler kaufen, die können das besser.
Frage: Hätten Sie einen deutschen Spieler im Blick?
Gallagher: Michael Ballack ist derzeit in England der Mann der Stunde. Ganz ehrlich: Außer Jens Lehmann kenne ich gar keinen weiteren mehr. Die sind ja alle noch so jung.
Frage: Würden Sie Geld in einen guten Torwart investieren?
Gallagher: Davon gibt's ja nicht so viele.
Frage: In Deutschland schon.
Gallagher: Tatsächlich? Na ja, Torhüter und Schlagzeuger sind austauschbar. Wir haben bei Oasis gerade den dritten Drummer.
Frage: Wenn Sie Profi wären, auf welcher Position würden Sie spielen?
Gallagher: Die klassische Nummer 10. Spielmacher.
Frage: Habe ich mir fast gedacht. Warum?
Gallagher: Ich möchte alle Verantwortung tragen und die meisten Ballkontakte haben.
Frage: Warum wollen Sie kein Torjäger sein?
Gallagher: Weil mein Bruder Liam da vorne hingehört. Ich spiele den genialen Pass, er macht ihn rein - oder verstolpert, das kann er auch ganz gut.
Frage: Und der Rest der Band?
Gallagher: Mag keinen Fußball. Sie müssten alle ins Tor.
Frage: Vor ein paar Jahren sagte man noch, Oasis als Fußballverein wäre Ihr Stadtrivale Manchester United - wegen des immensen Erfolges. Mittlerweile hat sich ManU an einen steinreichen Amerikaner verkauft. Was für ein Club wäre Oasis heute?
Gallagher: (überlegt) AC Mailand vielleicht?
Frage: Der Verein gehört Silvio Berlusconi.
Gallagher: Der Bastard. Dann wähle ich den FC Barcelona. Die sind gerade das Maß aller Dinge in Europa - und wenn man mir eines nicht nachsagt, dann Bescheidenheit.
Das Interview führte André Bosse
http://www.spiegel.de/kultur/musik/0,1518,419406,00.html
Breitner, Hoeneß gelten als die Klugen und Ballak ebenso.
3. Juni 2006 Druckversion | Versenden | Leserbrief
----
OASIS-BOSS NOEL GALLAGHER
"Neun von zehn Fußballern sind komplette Idioten!"
Fußball ist seine zweite Leidenschaft: Im Interview spricht Oasis-Chef Noel Gallagher über den Einfluss der Franzosen auf die englische Foulquote, seinen Bruder Liam in der Rolle des Torjägers, die Austauschbarkeit von Torhütern und die Melancholie im Stadion.
Frage: Mr. Gallagher, was glauben Sie: Wenn eines Tages Außerirdische in Ihrer Heimatstadt Manchester landen, was würde auf sie einen lächerlicheren Eindruck machen: Ein Rockkonzert von Oasis oder ein Fußballmatch?
Gallagher: Ich hoffe, dass beides nicht lächerlich wirkt. Beide Sachen sind sehr einfach. Fußball heißt: Schnapp dir den Ball und schieß ihn ins Tor. Und wenn dir das einmal mehr gelingt als dem Gegner, dann hast du gewonnen. Rock'n'Roll ist genauso einfach. Entweder du magst eine Band, oder du magst sie nicht. Es sind in beiden Fällen die Außenstehenden, die die Sache kompliziert machen.
Frage: Vielleicht behalten Fußball und Rockmusik deshalb ihre ewige Jugend - weil der Fan sie überhöht.
NOEL GALLAGHER UND FUSSBALL: "ICH WOLLTE IMMER EIN PERFORMER SEIN!"
Getty Images AP AFP
Klicken Sie auf ein Bild, um die Fotostrecke zu starten (3 Bilder).
Gallagher: Ja, das ist wohl das Geheimrezept. (überlegt) Es muss irgendwas Magisches dran sein, sonst wäre es wohl kaum möglich, dass Rock'n'Roll und Fußball überall auf der Welt erfolgreich sind.
Frage: Aber was genau lässt diese Magie entstehen?
Gallagher: Es hat etwas damit zu tun, dass beides sowohl im Großen als auch im Kleinen funktioniert. Fußball ist auf der einen Seite ein Match vor 100.000 Leuten in einem brodelnden Stadion, aber auch der Kick im Park in der Mittagspause. Das gilt für Rockmusik genauso: Ob großes Festival oder miefiger Kellergig - beides funktioniert.
Frage: Worin sehen Sie die Analogien von Bands und Mannschaften?
Gallagher: Beides sind mehr oder weniger kontrollierbare Gemeinschaften. Es gibt sehr viele Rollen innerhalb dieser Kollektive, und es macht einfach mehr Spaß, mit diesen Gruppen zu fiebern, als sich einem einzelnen Tennisspieler zu widmen. Was sowohl den Rock'n'Roll als auch den Fußball ausmacht, ist die Mischung aus echter Aggression und kunstvollen Momenten. Es fällt schwer, sich dem zu entziehen.
Frage: Als Sie ein Kind waren...
Gallagher: ... kamen für mich nur zwei Berufe in Frage: Popstar oder Fußballer.
Frage: Warum gab es keine Alternativen?
Gallagher: Ich wollte immer ein Performer sein - und zwar vor einer großen Menge. Fußballprofi zu sein bedeutet: Jede Woche ein Gig vor 40.000 Leuten...
Frage: ... die Sie jedoch mitunter auspfeifen.
Gallagher: Die Leute im Stadion dürfen das, die haben schließlich Eintritt bezahlt. Wer Geld für ein Oasis-Album bezahlt hat, darf übrigens auch sagen: Hey, das ist aber eine verdammt große Scheiße, die ihr da zusammenspielt.
GEFUNDEN IN ...
GALORE
Das Interview- Magazin
Heft 19 - Juni 2006
* www.galore.de
* Abo bestellen
Frage: Reden wir über ein weiteres Phänomen, das Fußball und Rockmusik eint: der Hang zur Melancholie.
Gallagher: Traurigkeit und Melancholie können immer zwei Seiten haben. Den einen zieht ein trauriger Song runter, der andere erinnert sich durch ihn an etwas Schönes. Beim Fußball ist das ähnlich. Wenn es 3:3 steht, dann bedeutet das einen Punkt für jede Mannschaft. Das klingt für Nichtwissende nach einem friedlichen Unentschieden, aber das ist Quatsch. Ein 3:3 hat immer eine Geschichte. Wenn Ihr Team 3:0 führt und am Ende noch drei Tore kassiert, dann sind Sie beim Schlusspfiff am Boden und denken: Die Welt geht unter! Läuft es umgekehrt, und Ihre Mannschaft dreht ein Spiel, fühlen Sie sich, als hätten Sie gerade die Meisterschaft gewonnen.
Frage: Und in der Woche darauf ist das alles schon wieder vergessen.
Gallagher: Natürlich. Treue und Vergessen gehören dazu. Kein Manchester United-Fan ist ins Lager von Real Madrid gewechselt, als David Beckham nach Spanien ging.
Frage: Mögen Sie David Beckham?
Gallagher: Es wäre töricht, ihn nicht zu mögen, denken Sie nicht?
Frage: Sein Nationalmannschaftskollege Rio Ferdinand hat sich mal darüber echauffiert, Beckham höre in der Kabine so seichte Musik, dass die Aggression der Mannschaft darunter leide. James Blunt und ähnliches.
Gallagher: (verächtlich) Rio Ferdinand hört HipHop!
Frage: Gibt's das überhaupt: Fußballer mit gutem Musikgeschmack?
ZUR PERSON
Noel Gallagher (geboren am 29.05.1967) ist der zweite von drei Söhnen einer irischstämmigen Arbeiterfamilie aus Manchester. Vater Thomas nahm Noel zu den Spielen von Manchester City mit und machte ihn zum Fußballfan. Seine Kindheit war jedoch alles andere als glücklich: Früh kam er in Konflikt mit der Polizei; sein Vater verließ die Familie nach Alkoholexzessen. Ende der 80er bemühte sich der damals arbeitslose Noel um Anschluss in der lokalen Rockszene, bevor er 1992 der Band Oasis beitrat, die sein jüngerer Bruder Liam kurz zuvor gegründet hatte. Noel Gallagher lebt heute mit seiner Freundin Sara MacDonald in London und hat aus erster Ehe eine sechsjährige Tochter.
Gallagher: Ich habe noch keinen getroffen. (überlegt) Neun von zehn Fußballern sind große Idioten. Komplette, vollkommene Idioten.
Frage: Vermissen Sie die Zeit, in der Fußball auf der Insel simpler gestrickt war und hauptsächlich aus der Taktik 'kick and rush' - Ball nach vorne und alle hinterher - bestand?
Gallagher: Nein. Sie reden von den Achtzigern. Damals kam es für die wirklich guten Spieler auf der Welt überhaupt nicht in Frage, in England zu spielen. Natürlich war das Spiel simpler gestrickt, einfach weil es keine Einflüsse von außen gab. Das änderte sich erst Mitte der 90er, als das Fernsehen mehr Geld in die Liga pumpte und die ersten Profis und Trainer aus anderen Ländern kamen. Davon hat die Liga profitiert. Bei Arsenal spielt heute kaum noch ein Brite, aber ist das schlimm? Kein bisschen. Außerdem ist das Spiel durch die Internationalität weniger gewalttätig. Englische Spieler sind oft Rüpel, früher gab es viel mehr rüde Fouls. Vor allem die Franzosen haben das britische Spiel galanter gemacht - auch wenn ich dabei nicht unbedingt an Eric Cantona denke. (lacht)
Frage: Wenn Sie heute im Stadion sind, was ist für Sie der größte Moment?
Gallagher: Die Minute vor dem Anstoß. Das ist das gleiche wie bei einem Konzert: die freudige Erwartung, dass es in jedem Moment losgeht. Dann rumort es im Stadion, als wenn alle noch einmal kräftig durchatmen, bevor das Spektakel beginnt. Während des Spiels rede ich mit gar keinem, da fauche ich höchstens mal "Shut the fuck up!" (lacht)
Frage: Auch wenn jemand Autogrammwünsche hat?
Gallagher: Der muss sich bis zur Halbzeit gedulden, aber dann bin ich 15 Minuten für alle da. Ich tendiere übrigens zu zwei extremen Halbzeitgefühlen: Entweder bin ich von dem Spiel schon genervt und erwarte gar nichts mehr. Oder ich bin sehr aufgedreht, weil ich das Gefühl habe, die zweite Halbzeit wird mich umwerfen. Das Schlimmste sind ereignislose Spiele.
Frage: Singen Sie im Stadion?
Gallagher: Das habe ich früher gemacht - bis ich berühmt wurde. (lacht) Jetzt muss ich mich benehmen.
Frage: Was ist der große Manchester City-Schlachtgesang?
Gallagher: Da gibt's viele, der wichtigste geht auf die Melodie von "Hey Jude": "La, la, la, lalalala, City!"
Frage: Es gab einen Moment, an dem Ihr Song "Stop Crying Your Heart Out" die Fußballseele von ganz England gerettet hat. England hatte bei der WM 2002 knapp gegen Brasilien verloren und war ausgeschieden - und aus allen Pubs, wo man sich mittags das Match angeschaut hatte, schallte der Song.
Gallagher: Es geht darin um eine Person, die etwas verloren hat. Und die Botschaft ist simpel: Es geht weiter, das Glück kehrt zu dir zurück, auf geht's. Das passte natürlich. Das Fernsehen zeigte damals zu dem Song die Tore, die England während der WM geschossen hatte. Unsere größte Fußballhymne ist komischerweise "Roll With It", und zwar ausgerechnet in Schottland: Die Jungs von Celtic Glasgow kommen zu dem Song auf den Rasen, und 61.000 Menschen im Celtic Park singen "Roll With It". Das ist banal, aber es funktioniert.
Frage: Die Geschichte der englischen Nationalmannschaft ist in den vergangenen Jahren eher tragisch, und auch Ihr Club Manchester City hat jahrelang keinen Titel mehr gewonnen. Muss ein echter Fan leidensfähig sein? Genießt er es sogar, sein Herz einem Underdog zu schenken?
Gallagher: Also, ich genieße es kein bisschen. Ich bin seit 34 Jahren Manchester City-Fan. Wir haben in der Zeit einen Pokal gewonnen, und ich hätte nichts dagegen, jede Woche zu gewinnen. Gewinnen ist nie langweilig. Natürlich ist es fantastisch, wenn ein Club treue Anhänger hat. Mein Verein spielte einmal in der dritten Liga, und trotzdem war die Maine Road ausverkauft. Das zählt mehr als ein Titel.
Frage: Hat man Sie schon einmal gefragt, ob Sie den Verein kaufen wollen?
Gallagher: Ja, aber ich werde es nicht machen. Reine Geldverschwendung, denn man bekommt nie irgendwas zurück. Dafür ist mir mein Geld zu schade - denn so viel habe ich nicht.
Frage: Und wenn Sie ein Ölmilliardär wie Chelsea-Besitzer Roman Abramowitsch wären?
Gallagher: Dann würde ich schon morgen zugreifen, ohne mit der Wimper zu zucken. Wissen Sie, was ich mit zehn Milliarden Pfund machen würde? Eine Milliarde käme auf die Bank, und die anderen neun steckte ich in den Club. Ich würde aus Manchester City die erfolgreichste Mannschaft der Welt machen.
Frage: Wer wäre der erste Spieler, den Sie kaufen würden?
Gallagher: Ich bin ja clever und würde einen Trainer stehlen. Arsène Wenger von Arsenal oder José Mourinho vom FC Chelsea. Die sollen dann die Spieler kaufen, die können das besser.
Frage: Hätten Sie einen deutschen Spieler im Blick?
Gallagher: Michael Ballack ist derzeit in England der Mann der Stunde. Ganz ehrlich: Außer Jens Lehmann kenne ich gar keinen weiteren mehr. Die sind ja alle noch so jung.
Frage: Würden Sie Geld in einen guten Torwart investieren?
Gallagher: Davon gibt's ja nicht so viele.
Frage: In Deutschland schon.
Gallagher: Tatsächlich? Na ja, Torhüter und Schlagzeuger sind austauschbar. Wir haben bei Oasis gerade den dritten Drummer.
Frage: Wenn Sie Profi wären, auf welcher Position würden Sie spielen?
Gallagher: Die klassische Nummer 10. Spielmacher.
Frage: Habe ich mir fast gedacht. Warum?
Gallagher: Ich möchte alle Verantwortung tragen und die meisten Ballkontakte haben.
Frage: Warum wollen Sie kein Torjäger sein?
Gallagher: Weil mein Bruder Liam da vorne hingehört. Ich spiele den genialen Pass, er macht ihn rein - oder verstolpert, das kann er auch ganz gut.
Frage: Und der Rest der Band?
Gallagher: Mag keinen Fußball. Sie müssten alle ins Tor.
Frage: Vor ein paar Jahren sagte man noch, Oasis als Fußballverein wäre Ihr Stadtrivale Manchester United - wegen des immensen Erfolges. Mittlerweile hat sich ManU an einen steinreichen Amerikaner verkauft. Was für ein Club wäre Oasis heute?
Gallagher: (überlegt) AC Mailand vielleicht?
Frage: Der Verein gehört Silvio Berlusconi.
Gallagher: Der Bastard. Dann wähle ich den FC Barcelona. Die sind gerade das Maß aller Dinge in Europa - und wenn man mir eines nicht nachsagt, dann Bescheidenheit.
Das Interview führte André Bosse
http://www.spiegel.de/kultur/musik/0,1518,419406,00.html