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[h1]Paddy Ashdowns Feldstecher[/h1]
NEUES VOM HAAGER MILOSEVIC-PROZESS
Schwarzer Tag für Ankläger und Aufklärer Geoffrey Nice
Als Zeuge der Anklage hatte der britische Politiker Paddy Ashdown*, der Hohe Repräsentant der Internationalen Gemeinschaft für Bosnien-Herzegowina, am 14. März 2002 darüber berichtet, was er bei zwei Balkan-Reisen im Sommer 1998 wahrgenommen hatte. Während dieser Zeit, so der Befragte vor dem Tribunal, habe er unter anderem einen Berg beim Dorf Gegaj auf der albanischen Seite der Grenze zu Jugoslawien bestiegen. Von dort aus sei es ihm möglich gewesen, ganz tief ins Kosovo - nahezu bis nach Pristina - zu sehen. Durch seinen Feldstecher habe er dabei beobachtet, wie jugoslawische Panzer einige Dörfer südlich von Junik unter Beschuss nahmen. Auch kleine Militäreinheiten seien ihm aufgefallen, die aus Schützenpanzern die Dörfer mit Maschinengewehrfeuer belegten - Orte, aus denen es keinerlei Widerstand gegeben habe.
"Ich war schockiert", so Lord Ashdown im Zeugenstand. Beachtenswert schien auch die militärische Kompetenz des Zeugen. Er war sich sicher: Bei den Panzern handelte es sich um T 54, und die Mörsergranaten hörten sich an wie Geschosse des Kalibers 82, während die Geschütze "im klassischen Gefechtsstil des Warschauer Paktes" positioniert waren. Danach hatte Ashdown seinen Feldstecher gen Norden gerichtet. In einer Entfernung von etwa einem Kilometer sah er, wie ein bewaldeter Bergrücken mit Artilleriefeuer belegt wurde. Das sei doch merkwürdig, habe er gedacht, einfach so in einen Wald hinein zu schießen, ergebe doch keinen Sinn. Dann aber erinnerte er sich daran, dass ihm Flüchtlinge erzählt hatten, wie man sie unter Feuer nahm, als sie durch die Wälder über die Grenze nach Albanien fliehen wollten. "Es war eine Bestätigung dieser Geschichten", so Ashdown am 14. März 2002 vor den Haager Richtern.
Bei seinem zweiten Besuch im September 1998 habe er erneut beobachtet, wie die serbische Artillerie albanische Dörfer in Schutt und Asche legte. Durch seinen Feldstecher zählte er 16 brennende Ortschafen, unter anderem: Suva Reka, Budakovo, Vranic, Macitovo, Dolnja Krusica und Gornja Krusica. Er konnte die Kanonen hören, deren Stellungen weit hinterm Berg beim Dorf Donij Blaca lagen, und er konnte die Einschläge in den Dörfern sehen. Es waren bestimmt keine Mörser, als ehemaliger Soldat - so Ashdown - habe er den Unterschied gut erkennen können. Es müssen Panzer des Typs T 54 und Artilleriegeschütze des Kalibers 120 bis 150 gewesen sein, die aus einer Entfernung von sieben bis zehn Kilometern auf die Dörfer feuerten.
Diese Aussagen hatten seinerzeit die Medien sehr erfreut. Besonders priesen sie, was auch der Zeuge in seinen Ausführungen hervorgehoben hatte: die Art, wie er - der eigenen Darstellung zufolge - seine Beobachtungen dem damaligen Präsidenten Milosevic unter die Nase gerieben und ihn der Kriegsverbrechen bezichtigt habe. Bei einem Gespräch unter vier Augen vom Herbst 1998 im Belgrader Präsidentenpalast habe er Milosevic in Sachen Kosovo zur Rechenschaft gezogen.
Der Tenor der Medien im März 2002 ließ sich auf die Formel bringen: Lord Ashdown hat den Beweis erbracht, dass Slobodan Milosevic von Kriegsverbrechen seiner Truppen in der Krisenprovinz wusste und daher strafrechtlich belangt werden müsse. Besonders entzückt war man von einem später oft zitierten Satz Ashdowns, den er gegen Ende seiner Aussage in Richtung des Angeklagten geschleudert hatte: "Ich habe Ihnen damals schon gesagt, dass Sie vor diesem Tribunal enden werden, und sehen Sie, da stehen Sie nun!" - Unter dem Titel Das Tribunal darf endlich wieder feiern! wusste damals die niederländische Zeitung NRC Handelsblad zu berichten, dass die Ankläger sich in der Pause freudig zuriefen: "Jetzt hängt er!"
Berge aus Glas
Dreieinviertel Jahre später: Am 29. Juni 2005 befragt der Angeklagte Milosevic den Zeugen, Brigadegeneral a. D. Bozidar Delic, und liest ihm aus der Aussage Ashdowns vor, was der im Sommer 1998 von seiner Position an der albanischen Grenze aus alles beobachtet haben will. Delic sei mit seiner 549. Brigade zur gleichen Zeit in dieser Gegend gewesen - was habe sich da getan? Der Zeuge will nicht glauben, dass jemand aus dieser Entfernung seine gut getarnten Mörser hätte sehen können. Auch der Rest dieser Wahrnehmungen sei recht amateurhaft, meint Delic. Habe dieser Zeuge überhaupt eine Ahnung von Militärwesen? Jawohl, er habe als britischer Offizier Karriere in Irland gemacht und zwar an einem "Bloody Sunday", höhnt der Angeklagte. Jedenfalls beharrt Delic darauf, es sei absolut unmöglich, aus Gegaj das Tal von Junik zu sehen. Nichts von dem, was in der Ashdown-Aussage beschrieben werde, hätte man aus Gegaj wahrnehmen können.
Ob er mit seiner Brigade um den 25. Juni 1998 herum in dieser Gegend gewesen sei und ob es Kriegshandlungen gegeben habe, will Richter Robinson wissen. Nein, sagt Delic, es sei zu dieser Zeit ruhig gewesen. Außerdem habe ihn schon im Mai 1998 die 125. Brigade abgelöst. Abgesehen davon, könne der Zeuge unmöglich gesehen haben, was er angegeben habe. Er kenne jeden Stein dieser Gegend und sei Professor für Topographie an der Militärakademie in Belgrad. Ein Amateur habe zwar den trügerischen Eindruck, von einer Anhöhe aus alles zu sehen - dem sei aber nicht so. Nach einem kurzen Vortrag über die Sicht bei Bergen und Klüften sind die Richter noch nicht überzeugt. Was habe denn die Sicht behindert, fragt Richter Robinson. Ashdown hätte durch Berge hindurch sehen müssen, sagt der General zur Erheiterung der Zuhörer im Saal. Ankläger Geoffrey Nice macht daraufhin einen Vorschlag: Er werde dem Zeugen die Karte geben, die Lord Ashdown bei seiner Aussage verwendet habe, und Delic solle doch in seinem Hotel genau aufzeichnen, wo Lord Ashdown sich befand und was er habe sehen können. Im Kreuzverhör werde man darauf zurückkommen.
Am 7. Juli 2005 präsentiert der Marathonzeuge Delic dem Gericht eine Zeichnung, die vom Militärisch-Geografischen Institut in Belgrad erstellt worden ist, dessen Mitarbeiter präzise aufgezeichnet haben, was Lord Ashdown aus der Position bei Gegaj hätte sehen können: Das seien die geschwärzten Flächen, sagt Delic. Was hingegen seinem Blick in jedem Fall verborgen bleiben musste, das seien die weißen Täler dazwischen. Nichts als Bergkämme habe der Lord sehen können, soweit das Auge reicht, aber weder Soldaten noch brennende Dörfer in der Gegend von Junik. Daraufhin fordert der Ankläger eine Kopie der Zeichnung, damit er sie Lord Ashdown vorlegen und das klären könne.
Video-Einspiel der Anklage
Am 12. Juli 2005 wird Bozidar Delic vom Ankläger zunächst arg in die Zange genommen. Woher wisse er denn, wo Lord Ashdown genau gestanden habe - warum habe er sich die Einlassungen des Angeklagten zu eigen gemacht und die Position des Lords falsch dargestellt? Dann präsentiert Nice eine neue Karte, die er soeben von Lord Ashdown persönlich erhalten habe - mit den präzisierten Koordinaten der damaligen Position. Der Lord sei übrigens kein Amateur im Militärwesen, er habe tatsächlich eine Offizierskarriere in Irland hinter sich, obgleich dies nichts mit einem "Bloody Sunday" zu tun habe, wie der Angeklagte suggeriere.
Der Zeuge studiert kurz die Karte und wundert sich: Hier stehe doch der Lord plötzlich beim Dorf Ljukaj, während in seiner Aussage bisher immer von Gegaj die Rede war. Auch von Ljukaj aus habe er Junik nicht sehen können - es stehe nämlich auch in diesem Fall ein Berg dazwischen.
Unbeeindruckt präsentiert der Ankläger eine Zeichnung, die im Querschnitt den freien Ausblick von Lord Ashdown nach Junik aus seiner nachträglich berichtigten Position veranschaulicht. Das findet nun erst recht keine Gnade beim General a. D.: Dies sei doch die Zeichnung eines Amateurs, der von Topographie keine blasse Ahnung habe, das könnten seine Studenten schon nach drei Stunden Unterricht besser. Keine einzige Höhenangabe stimme. Habe man denn nie etwas von Höhenlinien gehört?
"Lord Ashdown hat Sie durch einen Feldstecher beobachtet und Sie auf diese Weise ertappt, nicht wahr?" - kontert der Ankläger und lässt Delic´s Frage unbeantwortet.
"Was heißt hier ertappt?", zürnt der; man habe sich auf eigenem Land gegen den Terrorismus verteidigt, man habe nichts zu verbergen gehabt.
"Warum sollte sich denn Lord Ashdown dies alles ausgedacht haben", will der Ankläger wissen. Habe der Zeuge vielleicht eine Erklärung dafür?
Das sei nicht sein Problem, sagt der. Er könne nur aufgrund von Fakten feststellen, was Lord Ashdown gesehen und was er nicht gesehen haben könne. Der Ankläger möge doch seine Karte britischen Experten zur Beurteilung vorlegen.
Also setzt Nice sein Kreuzverhör mit einer Videoaufnahme fort, die eine andere Bergschau dokumentiert. Wir sehen Lord Ashdown mit Feldstecher, er schaut und sagt, er sei "so angry, so very angry". Dann schwenkt die Kamera über brennende Dörfer in der Ferne, Schnitt, ein brennendes Haus kommt groß ins Bild, wieder Schnitt, nun lodert ein Fenster im close-up, während dessen Ashdowns Stimme kommentiert: "Das sind doch Kriegsverbrechen, das ist doch alles wie in Bosnien. Politiker, die für so etwas verantwortlich sind, soll man zu Kriegsverbrechern erklären." Ende des Videos.
Was der Zeuge davon halte, fragt der Ankläger. Wer sei denn hierfür verantwortlich gewesen? Vielleicht der General selber? Der Zeuge will zunächst wissen, wo und wann diese Aufnahmen entstanden seien. Das Ganze sehe nämlich wie eine Montage aus. September 1998, sagt Nice, und der Ort heiße Pecani. Der Zeuge meint, es habe zu diesem Zeitpunkt in dieser Gegend schwere Kämpfe mit der UÇK gegeben, er habe viele Soldaten verloren. Dann bittet Delic noch einmal um die Karte, die Lord Ashdown seinerzeit bei seiner Aussage verwendet habe - er werde sich im Hotel die Sache näher ansehen und dann auch zu der Filmsequenz etwas sagen.
Ashdowns erhobener Arm
Am 13. Juli 2005 ist es so weit. Der Zeuge möchte gleich zu Beginn der Verhandlung wissen, ob das Kamerateam die ganze Zeit beim Lord gestanden habe. Denn das erste Dorf, das man von dieser Stelle aus hätte filmen können, sei 10,5 Kilometer weit entfernt. Wisse man, in welchem Dorf sich das brennende Haus befinde? Der Ankläger will nicht ausschließen, dass dieses Haus zu einem anderen Zeitpunkt aufgenommen wurde, es handle sich nämlich um einen Dokumentarfilm der BBC über Ashdowns Besuch im Kosovo.
Dann - so Delic - solle man doch noch einmal die Einstellung des Films in Augenschein nehmen, in der zu sehen sei, wie der Lord durch den Feldstecher schaut. Über seinem erhobenen Arm sei die Krümmung eines Landwegs zu sehen. Dies sei besonders wichtig, denn dadurch könne man die Position Ashdowns genau berechnen. Also: der Ort Macitovo liege 13 Kilometer von dieser Stelle entfernt, Budakovo neun, Vranic zehn, Dolnja Krusica sieben, Gornja Krusica 9,5 Kilometer. Es sei insofern sicher aufschlussreich, welchen Feldstecher der Lord benutzt habe, er kenne keinen mit einem derartigen Leistungsvermögen. Außerdem habe er für das Gericht eine topographische Analyse erstellt und dazu seine eigene Arbeitskarte benutzt, eine topographische Karte im Maßstab 1 : 50.000, auf der alle relativen und absoluten Höhen ablesbar seien. Aufgrund dieser Analyse stehe fest, dass Lord Ashdown von seiner Position aus nur Objekte wahrnehmen konnte, die höher als 1.100 Meter über dem Meeresspiegel lägen. Er habe das zum besseren Verständnis schematisch dargestellt, um die Frage zu beantworten, ob Lord Ashdown zum Beispiel den Ort Vranic sehen konnte.
Der nämlich stehe bei Pecani 480 Meter über dem Meeresspiegel, 800 Meter vor ihm in östlicher Richtung erhebe sich ein Objekt auf 551 Meter Höhe über dem Meeresspiegel, sieben Kilometer weiter komme ein zweites Objekt in 955 Metern Höhe. Nach 2,5 Kilometern folge ein weiteres auf 600 Metern Höhe und erst dahinter liege Vranic - absolut unsichtbar für den Herrn Lord in Pecani. Daher ziehe er - so der Zeuge - dessen gesamte Aussage grundsätzlich in Zweifel. Er nehme dies zur Kenntnis, sagt Richter Robinson und schließt die Sitzung.
Lord Paddy Ashdown, wie gesagt "Hoher Repräsentant" für Bosnien und Herzegowina, hatte am 14. März 2002 geschworen, die Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu sagen. Möglicherweise hat er das, in seiner Art, auch getan.
(*) Ashdown ist seit deren Gründung 1988 Vorsitzender der Social and Liberal Democratic Party (SLDP), nach Labour und den Tories die drittstärkste Partei in Großbritannien.
Freitag 30 - Paddy Ashdowns Feldstecher
die lügen der albaner und deren verbündeter...einfach genial lächerlich
NEUES VOM HAAGER MILOSEVIC-PROZESS
Als Zeuge der Anklage hatte der britische Politiker Paddy Ashdown*, der Hohe Repräsentant der Internationalen Gemeinschaft für Bosnien-Herzegowina, am 14. März 2002 darüber berichtet, was er bei zwei Balkan-Reisen im Sommer 1998 wahrgenommen hatte. Während dieser Zeit, so der Befragte vor dem Tribunal, habe er unter anderem einen Berg beim Dorf Gegaj auf der albanischen Seite der Grenze zu Jugoslawien bestiegen. Von dort aus sei es ihm möglich gewesen, ganz tief ins Kosovo - nahezu bis nach Pristina - zu sehen. Durch seinen Feldstecher habe er dabei beobachtet, wie jugoslawische Panzer einige Dörfer südlich von Junik unter Beschuss nahmen. Auch kleine Militäreinheiten seien ihm aufgefallen, die aus Schützenpanzern die Dörfer mit Maschinengewehrfeuer belegten - Orte, aus denen es keinerlei Widerstand gegeben habe.
"Ich war schockiert", so Lord Ashdown im Zeugenstand. Beachtenswert schien auch die militärische Kompetenz des Zeugen. Er war sich sicher: Bei den Panzern handelte es sich um T 54, und die Mörsergranaten hörten sich an wie Geschosse des Kalibers 82, während die Geschütze "im klassischen Gefechtsstil des Warschauer Paktes" positioniert waren. Danach hatte Ashdown seinen Feldstecher gen Norden gerichtet. In einer Entfernung von etwa einem Kilometer sah er, wie ein bewaldeter Bergrücken mit Artilleriefeuer belegt wurde. Das sei doch merkwürdig, habe er gedacht, einfach so in einen Wald hinein zu schießen, ergebe doch keinen Sinn. Dann aber erinnerte er sich daran, dass ihm Flüchtlinge erzählt hatten, wie man sie unter Feuer nahm, als sie durch die Wälder über die Grenze nach Albanien fliehen wollten. "Es war eine Bestätigung dieser Geschichten", so Ashdown am 14. März 2002 vor den Haager Richtern.
Bei seinem zweiten Besuch im September 1998 habe er erneut beobachtet, wie die serbische Artillerie albanische Dörfer in Schutt und Asche legte. Durch seinen Feldstecher zählte er 16 brennende Ortschafen, unter anderem: Suva Reka, Budakovo, Vranic, Macitovo, Dolnja Krusica und Gornja Krusica. Er konnte die Kanonen hören, deren Stellungen weit hinterm Berg beim Dorf Donij Blaca lagen, und er konnte die Einschläge in den Dörfern sehen. Es waren bestimmt keine Mörser, als ehemaliger Soldat - so Ashdown - habe er den Unterschied gut erkennen können. Es müssen Panzer des Typs T 54 und Artilleriegeschütze des Kalibers 120 bis 150 gewesen sein, die aus einer Entfernung von sieben bis zehn Kilometern auf die Dörfer feuerten.
Diese Aussagen hatten seinerzeit die Medien sehr erfreut. Besonders priesen sie, was auch der Zeuge in seinen Ausführungen hervorgehoben hatte: die Art, wie er - der eigenen Darstellung zufolge - seine Beobachtungen dem damaligen Präsidenten Milosevic unter die Nase gerieben und ihn der Kriegsverbrechen bezichtigt habe. Bei einem Gespräch unter vier Augen vom Herbst 1998 im Belgrader Präsidentenpalast habe er Milosevic in Sachen Kosovo zur Rechenschaft gezogen.
Der Tenor der Medien im März 2002 ließ sich auf die Formel bringen: Lord Ashdown hat den Beweis erbracht, dass Slobodan Milosevic von Kriegsverbrechen seiner Truppen in der Krisenprovinz wusste und daher strafrechtlich belangt werden müsse. Besonders entzückt war man von einem später oft zitierten Satz Ashdowns, den er gegen Ende seiner Aussage in Richtung des Angeklagten geschleudert hatte: "Ich habe Ihnen damals schon gesagt, dass Sie vor diesem Tribunal enden werden, und sehen Sie, da stehen Sie nun!" - Unter dem Titel Das Tribunal darf endlich wieder feiern! wusste damals die niederländische Zeitung NRC Handelsblad zu berichten, dass die Ankläger sich in der Pause freudig zuriefen: "Jetzt hängt er!"
Berge aus Glas
Dreieinviertel Jahre später: Am 29. Juni 2005 befragt der Angeklagte Milosevic den Zeugen, Brigadegeneral a. D. Bozidar Delic, und liest ihm aus der Aussage Ashdowns vor, was der im Sommer 1998 von seiner Position an der albanischen Grenze aus alles beobachtet haben will. Delic sei mit seiner 549. Brigade zur gleichen Zeit in dieser Gegend gewesen - was habe sich da getan? Der Zeuge will nicht glauben, dass jemand aus dieser Entfernung seine gut getarnten Mörser hätte sehen können. Auch der Rest dieser Wahrnehmungen sei recht amateurhaft, meint Delic. Habe dieser Zeuge überhaupt eine Ahnung von Militärwesen? Jawohl, er habe als britischer Offizier Karriere in Irland gemacht und zwar an einem "Bloody Sunday", höhnt der Angeklagte. Jedenfalls beharrt Delic darauf, es sei absolut unmöglich, aus Gegaj das Tal von Junik zu sehen. Nichts von dem, was in der Ashdown-Aussage beschrieben werde, hätte man aus Gegaj wahrnehmen können.
Ob er mit seiner Brigade um den 25. Juni 1998 herum in dieser Gegend gewesen sei und ob es Kriegshandlungen gegeben habe, will Richter Robinson wissen. Nein, sagt Delic, es sei zu dieser Zeit ruhig gewesen. Außerdem habe ihn schon im Mai 1998 die 125. Brigade abgelöst. Abgesehen davon, könne der Zeuge unmöglich gesehen haben, was er angegeben habe. Er kenne jeden Stein dieser Gegend und sei Professor für Topographie an der Militärakademie in Belgrad. Ein Amateur habe zwar den trügerischen Eindruck, von einer Anhöhe aus alles zu sehen - dem sei aber nicht so. Nach einem kurzen Vortrag über die Sicht bei Bergen und Klüften sind die Richter noch nicht überzeugt. Was habe denn die Sicht behindert, fragt Richter Robinson. Ashdown hätte durch Berge hindurch sehen müssen, sagt der General zur Erheiterung der Zuhörer im Saal. Ankläger Geoffrey Nice macht daraufhin einen Vorschlag: Er werde dem Zeugen die Karte geben, die Lord Ashdown bei seiner Aussage verwendet habe, und Delic solle doch in seinem Hotel genau aufzeichnen, wo Lord Ashdown sich befand und was er habe sehen können. Im Kreuzverhör werde man darauf zurückkommen.
Am 7. Juli 2005 präsentiert der Marathonzeuge Delic dem Gericht eine Zeichnung, die vom Militärisch-Geografischen Institut in Belgrad erstellt worden ist, dessen Mitarbeiter präzise aufgezeichnet haben, was Lord Ashdown aus der Position bei Gegaj hätte sehen können: Das seien die geschwärzten Flächen, sagt Delic. Was hingegen seinem Blick in jedem Fall verborgen bleiben musste, das seien die weißen Täler dazwischen. Nichts als Bergkämme habe der Lord sehen können, soweit das Auge reicht, aber weder Soldaten noch brennende Dörfer in der Gegend von Junik. Daraufhin fordert der Ankläger eine Kopie der Zeichnung, damit er sie Lord Ashdown vorlegen und das klären könne.
Video-Einspiel der Anklage
Am 12. Juli 2005 wird Bozidar Delic vom Ankläger zunächst arg in die Zange genommen. Woher wisse er denn, wo Lord Ashdown genau gestanden habe - warum habe er sich die Einlassungen des Angeklagten zu eigen gemacht und die Position des Lords falsch dargestellt? Dann präsentiert Nice eine neue Karte, die er soeben von Lord Ashdown persönlich erhalten habe - mit den präzisierten Koordinaten der damaligen Position. Der Lord sei übrigens kein Amateur im Militärwesen, er habe tatsächlich eine Offizierskarriere in Irland hinter sich, obgleich dies nichts mit einem "Bloody Sunday" zu tun habe, wie der Angeklagte suggeriere.
Der Zeuge studiert kurz die Karte und wundert sich: Hier stehe doch der Lord plötzlich beim Dorf Ljukaj, während in seiner Aussage bisher immer von Gegaj die Rede war. Auch von Ljukaj aus habe er Junik nicht sehen können - es stehe nämlich auch in diesem Fall ein Berg dazwischen.
Unbeeindruckt präsentiert der Ankläger eine Zeichnung, die im Querschnitt den freien Ausblick von Lord Ashdown nach Junik aus seiner nachträglich berichtigten Position veranschaulicht. Das findet nun erst recht keine Gnade beim General a. D.: Dies sei doch die Zeichnung eines Amateurs, der von Topographie keine blasse Ahnung habe, das könnten seine Studenten schon nach drei Stunden Unterricht besser. Keine einzige Höhenangabe stimme. Habe man denn nie etwas von Höhenlinien gehört?
"Lord Ashdown hat Sie durch einen Feldstecher beobachtet und Sie auf diese Weise ertappt, nicht wahr?" - kontert der Ankläger und lässt Delic´s Frage unbeantwortet.
"Was heißt hier ertappt?", zürnt der; man habe sich auf eigenem Land gegen den Terrorismus verteidigt, man habe nichts zu verbergen gehabt.
"Warum sollte sich denn Lord Ashdown dies alles ausgedacht haben", will der Ankläger wissen. Habe der Zeuge vielleicht eine Erklärung dafür?
Das sei nicht sein Problem, sagt der. Er könne nur aufgrund von Fakten feststellen, was Lord Ashdown gesehen und was er nicht gesehen haben könne. Der Ankläger möge doch seine Karte britischen Experten zur Beurteilung vorlegen.
Also setzt Nice sein Kreuzverhör mit einer Videoaufnahme fort, die eine andere Bergschau dokumentiert. Wir sehen Lord Ashdown mit Feldstecher, er schaut und sagt, er sei "so angry, so very angry". Dann schwenkt die Kamera über brennende Dörfer in der Ferne, Schnitt, ein brennendes Haus kommt groß ins Bild, wieder Schnitt, nun lodert ein Fenster im close-up, während dessen Ashdowns Stimme kommentiert: "Das sind doch Kriegsverbrechen, das ist doch alles wie in Bosnien. Politiker, die für so etwas verantwortlich sind, soll man zu Kriegsverbrechern erklären." Ende des Videos.
Was der Zeuge davon halte, fragt der Ankläger. Wer sei denn hierfür verantwortlich gewesen? Vielleicht der General selber? Der Zeuge will zunächst wissen, wo und wann diese Aufnahmen entstanden seien. Das Ganze sehe nämlich wie eine Montage aus. September 1998, sagt Nice, und der Ort heiße Pecani. Der Zeuge meint, es habe zu diesem Zeitpunkt in dieser Gegend schwere Kämpfe mit der UÇK gegeben, er habe viele Soldaten verloren. Dann bittet Delic noch einmal um die Karte, die Lord Ashdown seinerzeit bei seiner Aussage verwendet habe - er werde sich im Hotel die Sache näher ansehen und dann auch zu der Filmsequenz etwas sagen.
Ashdowns erhobener Arm
Am 13. Juli 2005 ist es so weit. Der Zeuge möchte gleich zu Beginn der Verhandlung wissen, ob das Kamerateam die ganze Zeit beim Lord gestanden habe. Denn das erste Dorf, das man von dieser Stelle aus hätte filmen können, sei 10,5 Kilometer weit entfernt. Wisse man, in welchem Dorf sich das brennende Haus befinde? Der Ankläger will nicht ausschließen, dass dieses Haus zu einem anderen Zeitpunkt aufgenommen wurde, es handle sich nämlich um einen Dokumentarfilm der BBC über Ashdowns Besuch im Kosovo.
Dann - so Delic - solle man doch noch einmal die Einstellung des Films in Augenschein nehmen, in der zu sehen sei, wie der Lord durch den Feldstecher schaut. Über seinem erhobenen Arm sei die Krümmung eines Landwegs zu sehen. Dies sei besonders wichtig, denn dadurch könne man die Position Ashdowns genau berechnen. Also: der Ort Macitovo liege 13 Kilometer von dieser Stelle entfernt, Budakovo neun, Vranic zehn, Dolnja Krusica sieben, Gornja Krusica 9,5 Kilometer. Es sei insofern sicher aufschlussreich, welchen Feldstecher der Lord benutzt habe, er kenne keinen mit einem derartigen Leistungsvermögen. Außerdem habe er für das Gericht eine topographische Analyse erstellt und dazu seine eigene Arbeitskarte benutzt, eine topographische Karte im Maßstab 1 : 50.000, auf der alle relativen und absoluten Höhen ablesbar seien. Aufgrund dieser Analyse stehe fest, dass Lord Ashdown von seiner Position aus nur Objekte wahrnehmen konnte, die höher als 1.100 Meter über dem Meeresspiegel lägen. Er habe das zum besseren Verständnis schematisch dargestellt, um die Frage zu beantworten, ob Lord Ashdown zum Beispiel den Ort Vranic sehen konnte.
Der nämlich stehe bei Pecani 480 Meter über dem Meeresspiegel, 800 Meter vor ihm in östlicher Richtung erhebe sich ein Objekt auf 551 Meter Höhe über dem Meeresspiegel, sieben Kilometer weiter komme ein zweites Objekt in 955 Metern Höhe. Nach 2,5 Kilometern folge ein weiteres auf 600 Metern Höhe und erst dahinter liege Vranic - absolut unsichtbar für den Herrn Lord in Pecani. Daher ziehe er - so der Zeuge - dessen gesamte Aussage grundsätzlich in Zweifel. Er nehme dies zur Kenntnis, sagt Richter Robinson und schließt die Sitzung.
Lord Paddy Ashdown, wie gesagt "Hoher Repräsentant" für Bosnien und Herzegowina, hatte am 14. März 2002 geschworen, die Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu sagen. Möglicherweise hat er das, in seiner Art, auch getan.
(*) Ashdown ist seit deren Gründung 1988 Vorsitzender der Social and Liberal Democratic Party (SLDP), nach Labour und den Tories die drittstärkste Partei in Großbritannien.
Freitag 30 - Paddy Ashdowns Feldstecher
die lügen der albaner und deren verbündeter...einfach genial lächerlich