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Peking will Organhandel kontrollieren

Südslawe

Gesperrt
8. April 2007, NZZ am Sonntag

Peking will Organhandel kontrollieren

Hingerichteten können weiterhin Herzen, Nieren, Lebern für Transplantationen entnommen werden

China versucht Missbräuche im Handel mit Organen zu unterbinden. Hingerichtete werden als Organspender weiter eine wichtige Rolle spielen - das gilt als Wiedergutmachung.

Bernhard Bartsch, Peking

Chinas Kabinett hat am Freitag spät erstmals ein Gesetz zur Kontrolle von Transplantationen verabschiedet, das jede Form von Organhandel verbietet. Wie die Parteizeitung «Renmin Ribao» berichtet, dürfen künftig nur noch Organe von freiwilligen Spendern benutzt werden; Verstösse würden hart bestraft. Die Bestimmungen sollen am 1. Mai in Kraft treten. Der stellvertretende Gesundheitsminister Huang Jiefu bezeichnete das Gesetz als «Meilenstein» und betonte, es entspreche den Richtlinien der Uno-Weltgesundheitsorganisation.

In einem entscheidenden Punkt bleiben die neuen Bestimmungen jedoch hinter den Forderungen von westlichen Regierungen und Menschenrechtsgruppen zurück: Die gängige Praxis, Organe hingerichteter Häftlinge zu verwenden, ist auch weiterhin erlaubt. Nach einer Schätzung des Hongkonger Büros von Human Rights Watch stammen 90 Prozent der in China transplantierten Organe von Hinrichtungsopfern. Häufig würden die Hinrichtungstermine entsprechend der Organ-Nachfrage von Spitälern und privaten Händlern festgelegt, berichtete die Menschenrechtsorganisation. Von offizieller Seite wird das bestritten. Amnesty International beziffert die Zahl der Hinrichtungen im Jahr 2004 auf 3400 und im Jahr 2005 auf 1770. Sie zitiert aber auch einen anonymen chinesischen Regierungsvertreter, der eine Zahl von jährlich 10 000 vollstreckten Todesurteilen nannte.

Vizeminister Huang gab kürzlich in einem Artikel für das internationale Fachmagazin «Liver Transplantation» freimütig zu, in China stammten die meisten Organe von Hingerichteten. Insgesamt würden jährlich rund 10 000 Transplantationen vorgenommen.
Freiwillige Spender?

«Wenn einige Kriminelle sich bewusst werden, dass sie der Gesellschaft geschadet haben, und das wieder gutmachen wollen, indem sie nach ihrem Tod ihre Organe spenden, sollte man das ermutigen, nicht ablehnen», schrieb Huang. Seine Behauptung, von jedem Häftling liege eine Einwilligung vor, halten westliche Menschenrechtler allerdings für Augenwischerei. «Sie können durch verschiedene Formen von Druck gezwungen werden, die Zustimmung zu unterschreiben», sagt Nicholas Bequelin von Human Rights Watch.

Doch China steht noch in einem anderen Zusammenhang in der Kritik. In den vergangenen Jahren gab es mehrfach Berichte, wonach in chinesischen Spitälern heimlich die Organe von Unfallopfern und anderen Toten entnommen und verkauft werden. Vergangenes Jahr erhob die in China verbotene Sekte Falun Gong sogar den Vorwurf, 6000 ihrer Anhänger würden in Kliniken systematisch als Organlieferanten missbraucht - teilweise bei lebendigem Leib. Westliche Journalisten fanden in einem von Falun Gong namentlich genannten Krankenhaus im nordostchinesischen Shenyang jedoch keinerlei Anzeichen für die beschriebenen Praktiken oder eine Vertuschung.

Allerdings schrieben die kanadischen Juristen David Matas und David Kilgour in einer im Januar veröffentlichten Studie, in China sei es üblich, dass «lebenswichtige Organe wie Nieren, Lebern, Augenhornhäute und Herzen ohne Zustimmung entnommen und zu hohen Preisen verkauft» würden. Zu den Empfängern gehörten auch Ausländer, die in ihrer Heimat normalerweise lange auf ein geeignetes Organ warten müssten. Laut Medienberichten liegt der Preis für eine Herztransplantation für Ausländer in China bei rund 180 000 Franken. Organe sollen regelmässig auch exportiert werden.

Zumindest auf dem Papier ist derartige Geschäftemacherei künftig nicht mehr möglich. Gemäss dem neuen Gesetz muss jede Transplantation von einer Ethikkommission genehmigt werden. Dabei soll auch die Herkunft des Organs überprüft werden. Ärzten und Kliniken, die gegen die Regeln verstossen, drohen der Entzug ihrer Lizenz sowie Geldstrafen in der Höhe des Acht- bis Zehnfachen des Preises für die gehandelten Organe. Und mitbeteiligte Staatsbeamte riskieren ihre Stelle.
Sperre gegen Ausländer

Ausserdem bestimmte das Gesundheitsministerium im November, dass Ausländer künftig nur noch in Ausnahmefällen chinesische Organe erhalten sollen. Denn China hat genug eigenen Bedarf. Derzeit warten in der Volksrepublik rund 1,5 Millionen Menschen auf eine Transplantation.
 
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