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Popeye
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Piri Reis (* zwischen 1465 und 1470 in Gelibolu; † 1554 oder 1555) war ein Admiral der osmanischen Flotte und Kartograph. Er sammelte Land- und Seekarten und erstellte daraus im Jahre 1513 seine heute berühmte und umstrittene Weltkarte, die Karte des Piri Reis genannt wird.
Piri Reis war in seiner Zeit sehr bekannt, da er einige Seeschlachten für das Osmanische Reich gewinnen konnte. Er hatte durch seine herausragende Stellung Zugang zur Bibliothek des Sultans im Topkapi Palast in Istanbul. Er nutzte dieses Privileg, um aus den unterschiedlichsten Quellen seine berühmte Weltkarte zu erstellen.
Leben
Seine Geburtsdaten sind unbekannt, aber es wird vermutet, dass er zwischen 1465 und 1470 in Gelibolu geboren wurde. Sein Name lautete eigentlich Muhiddin Piri Ibn Haci Mehmed, aber der osmanische Titel des Admirals (re-is) wurde später als sein Nachname genutzt. Um das Jahr 1481 folgte er seinem Onkel Kemal Reis, einem berühmten Seefahrer des Osmanischen Reiches, ins Mittelmeer und nahm an dem Krieg gegen die Republik Venedig (siehe Türkenkriege) teil. Als sein Onkel 1511 starb, ging Piri zurück nach Gelibolu und begann, sein Buch "Kitab-ı Bahriye" (Seefahrer-Buch) zu schreiben. 1513 zeichnet er seine erste Weltkarte. Sie basierte auf ca. 20 Karten und Mappa Mundi, wobei eine davon sogar aus der Zeit Alexander des Großen stammen soll.
Ab 1516 war er als Kapitän der osmanischen Flotte im Mittelmeer und in den Gewässern um die Arabische Halbinsel unterwegs. Im Jahr 1517 zeigte er seine erste Weltkarte dem Sultan Selim I.. 1516/17 nahm er am Feldzug gegen Ägypten teil, und beendete 1521 sein Buch "Kitab-ı Bahriye". Bei der Belagerung der Insel Rhodos, die nach sechsmonatiger Verteidigung am 25. Dezember 1522 kapitulierte, war er dabei.
Es ist bekannt, dass er im Jahre 1524 Kapitän des Schiffes war, das den Großwesir Makbul Ibrahim Pascha († 1536) nach Ägypten brachte. Nachdem er das Buch auf Anraten des Großwesirs überarbeitet hatte, konnte er es 1525 dem Sultan Süleyman I. vorlegen. Drei Jahre später 1528 schenkte er dem Sultan seine zweite Weltkarte.
1547 wurde Piri Reis zum Oberbefehlshaber der osmanischen Flotte im Indischen Ozean (Hind Kapudan-i Derya) und Admiral der Flotte in Ägypten (Misir Kapudan-i Derya) mit Stützpunkt in Suez ernannt. Am 26. Februar 1548 gelang es ihm, die von den Portugiesen besetzte Stadt Aden zurückzuerobern. Weiterhin konnte er 1552 den von Portugal seit 1507 besetzten und sehr wichtigen Stützpunkt Maskat einnehmen. Kurz darauf eroberte er auch die Insel Kish. Mit 25 Schiffen und über 800 Soldaten gelang es der Flotte aus Suez unter seinem Kommando auch, die Insel Hormuz in der Straße von Hormuz zu erobern. Als die Portugiesen sich mehr dem Persischen Golf zuwendeten, eroberte er dort die Halbinsel Katar und die Insel Bahrain und kehrte dann nach Ägypten zurück.
Als er aber, inzwischen ein alter Mann von fast 90 Jahren, dem Gouverneur Kubad Pascha von Basra bei einem Feldzug die Unterstützung versagte, wurde er im Jahre 1554 oder 1555 öffentlich enthauptet.
Karte des Piri Reis
Die Karte des Piri Reis ist die westliche Hälfte einer Weltkarte aus dem Jahre 1513, die vom osmanischen Admiral und Kartographen Piri Reis angefertigt wurde. Der östliche Kartenteil ist verschollen.
Sie wurde im Jahre 1929 in der Bibliothek des Palastes Topkapı Sarayı in Konstantinopel (seit dem 28. März 1930 Istanbul) als einziger Teil einer vermuteten größeren Kartenserie wiederentdeckt. Die Karte ist auf Pergament aus Gazellenhaut gezeichnet.
Inhalt
Die Karte ist mit arabischen Schriftzeichen in türkischer Sprache beschriftet und mit dem islamischen Jahr 919 (entspricht 1513 in der christlichen Zeitrechnung) datiert. Nach dieser Datierung ist die Karte nur 21 Jahre nach der Wiederentdeckung Amerikas durch Christoph Columbus im Jahre 1492 entstanden.
Die Karte zeigt neben schon lange bekannten Gegenden (Westeuropa, Mittelmeer, Nordafrika) auch Küstenlinien Westafrikas sowie Nord- und Südamerikas. Diese Küstenlinien stimmen in Europa, Afrika und Südamerika in einer Reihe von Punkten mit den wahren Gegebenheiten überein, enthalten aber gleichzeitig Ungenauigkeiten und auch Fehler. Markante Landpunkte (Buchten, Flussmündungen, Inseln) sind (wahrscheinlich als Navigationshilfen) übertrieben groß dargestellt.
Teile der östlichen Karibik sind relativ gut zu identifzieren. Mit der Annahme, dass Kuba nahezu senkrecht gedreht ist, rechts davon die Atolle des Bermuda-Dreiecks dargestellt sind und der Vorsprung im Norden mit dem US-Bundesstaat Florida identisch ist, wäre somit mit dem Werk die gesamte östliche Karibik kartografisch erfasst worden. Somit wären Objekte, die auf der Südhalbkugel fehlerhaft nach links verdreht sind, auf der Nordhalbkugel dagegen fehlerhaft nach rechts gedreht. Ob dies schlicht dem verfügbaren Kartenplatz zugeschrieben werden kann oder an den verwendeten kartografischen Methoden zur Messung und zur Darstellung per Projektion lag, muss somit bis auf weiteres offen bleiben.
Die Darstellung Mittel- und Nordamerikas sowie des Golfs von Mexiko erscheint völlig fehlerhaft. Eine klare Zuordnung zwischen den in die Karte eingearbeiteten Fragmenten und realen Landpunkten ist nicht möglich.
Für die restliche Deutung der linken unteren Hälfte der Karte scheiden sich jedoch die Geister in drei Hauptströmungen mit stark unterschiedlicher Plausibilität.
Deutung des unteren linken Teils der Karte als Südamerika und Antarktis
Die südamerikanische Küstenlinie wird allerdings urplötzlich und ohne Unterbrechung nach Osten fortgesetzt. Dies wird von manchen Zeitgenossen als erster Hinweis auf eine frühzeitige Entdeckung der Antarktis interpretiert - allerdings wird die Küstenlinie auf der Karte ohne die auch damals in der Antarktis anzutreffende Eisschicht dargestellt, was zu weiteren Spekulationen über eine zeitweilig eisfreie Antarktis um ca. 1500 herum Anlass gab.
Für kritische Experten bleibt jedoch noch immer die Frage nach der Genauigkeit der Kartierung des Königin-Maud-Landes in der Antarktis, die für jedwede Entdecker entweder überlegene Technologie (heute: Seismische Messungen, Satellitenobservation) oder eine eisfreie Küste (zuletzt vor wohl über 6000 Jahren) vorausgesetzt hätte.
Deutung als gesamtes Südamerika
Mögliche Interpretation des Südteils der Karte des Piri Reis
Die Nordküste Südamerikas ist in mäßigem Detailreichtum zu sehen und nahezu zweifelsfrei in den Elementen von heutigen Kartenwerken wiederzuerkennen. Dennoch finden sich der Küste vorgelagert zwei große und mehrere kleine Inseln platziert, zu denen es erkennbar keine Entsprechung gibt. Auffällig an diesen nicht identifizierbaren Inseln vor allem ihre stark colorierten Konturen, auf denen bunte Vögel sitzen, wobei für sie der Erdbogen linksseitig ist. Ihre Darstellung ist eher grob und skizzenhaft, fast wirken sie wie nachträglich, versehentlich hinzugekommene Farbklekse, die kaschiert wurden. Sie weichen dadurch in ihrem Stil relativ deutlich von den übrigen Landmassen auf der Karte ab. Zwar gibt es, beispielsweise aus der UdSSR zu Zeiten des kalten Krieges, Beispiele, in denen Karten in großem Stil absichtlich verfälscht wurden, um sie für die Nutzung durch feindliche Kräfte unbrauchbar zu machen, doch fehlen bei der Karte von Reis stichhaltige Belege, die eine solche gezielte Absicht des Verfassers über die Wahrscheinlichkeit des schlichten Irrtums, auch für dieses Detail, hinausheben würden. Für eine Rekonstruktion unter dieser Annahme wäre das Auffinden eines dokumentierten Schlüsselprinzips nötig, was aber schon allein unter dem Gesichtspunkt, dass solche Schlüssel sowieso nicht schriftlich fixiert worden sein dürften, als eher unwahrscheinliches Ereignis gelten dürfte.
Moderne Geographen sehen in dem weggeklappten Kartenteil vielmehr eine schlicht aus Platzgründen verzerrte, nach Osten hin umgeklappte Darstellung der Küstenlinie des südlichen Südamerikas (mehrere 1000 km) zusammen mit den ihr vorgelagerten Falklandinseln. Dass der Atlantik durch die Kugelgestalt der Erde im südlichen Bereich die umliegenden Kontinente näher zusammenrückt, mag ein weiterer Aspekt sein, der hier auf dieser Karte seinen Niederschlag fand. Für die Darstellung des angenommenen Klappungsbereiches findet sich auf der Karte eine Folge von sich nicht berührenden, gleichmäßigen, U-förmigen Strukturen (möglicherweise ein Lückenfüller), die eine Rundung bilden. Ähnliche Folgen sind auch in weiteren Bereichen in der linken Hälfte der Karte auffindbar. Sie finden sich bereits nach der nordwestlichen Ecke Südamerikas in südlicher Richtung, wobei bereits hier die Darstellung größere Auslassungen aufweist, wenn man davon ausgeht, dass das skizzierte Delta den Rio de la Plata bei Buenos Aires zeigt.
Deutung als Nordküste Südamerikas
Alternative Deutung
Eine andere Deutung sieht in der großen, mehrarmigen Flussmündung die des Amazonas und die Bucht, in die der südliche Arm mündet, als Marajóbai. Damit ergibt sich eine völlig andere Zuordnung der Küstenlinie, und die Karte endet beim heutigen Recife, das auf 8 Grad südlicher Breite und damit in Äquatornähe liegt.
Deutung als gesamtes Südamerika unter teilweiser Irrtumsannahme
Der zentrale Baustein der Nordküstendeutung ist die Identifikation des Amazonas an der eingetragenen Stelle, während zugleich nur eine mäßige Identität der Küstenlinie herbeigeführt wird. In der Interpretation als Gesamtsüdamerika findet sich dagegen eine große Kontur- und Maßstabsähnlichkeit der Darstellung für die Nordküste, jedoch findet die angesprochene Flussmündung nur sehr bedingt zu einer plausiblen Interpretation.
Unterstellbar ist auch, dass genau dieser Teil der Karte so wie einzelne Inseln schlicht fehlerhaft eingetragen wurde, zum Beispiel weil eine sehr genaue Detailkarte der Amazonasmündung aus nicht nachvollziehbaren Gründen fälschlicherweise auf die Ostküste abgebildet wurde. Aus ähnlichen Gründen könnte es auch zu der Darstellung etlicher sehr großer, vorgelagerter Inseln gekommen sein, wie sie zwar für die Nordküste existieren, jedoch für die Ostküste nicht gegeben sind. Dies könnte sehr wohl unter dem Gesichtspunkt passiert sein, dass einige Seefahrer von der damals noch verbreiteten Ansicht ausgingen, dass der Erdumfang nur einige 1.000 km betragen würde und so ihr Kartenbild auf einen entsprechenden Globus anpassten, während andere bereits wesentlich zutreffendere Maßstäbe in der Größenordnung der tatsächlichen rund 40.000 km verwendeten. Eine tatsächliche Vermischung von Kartenmaterial der Nordküste mit Karten der Ostküste wäre somit zumindest in den Bereich der realistischen Möglichkeiten zu rücken.
Ursprung der Karte
Es ist mit gutem Recht die Frage aufgeworfen worden, wie die Karte in Anbetracht des kurzen Zeitraumes zwischen der offiziellen Entdeckung Amerikas durch Christoph Columbus und ihrer Erstellung trotzdem zu solchem Detailreichtum gekommen ist. Es wird spekuliert, dass sie nicht ausschließlich auf den Ergebnissen von Seefahrten der bekannten europäischer Entdecker basieren könne. Es gibt die Theorie, dass Piri Reis die Karte als Kopie bzw. unter Zuhilfenahme einer (evtl. viel) älteren Karte angefertigt hat.
Chinesische Quellenhypothese
Gavin Menzies stellt die These auf, dass chinesische Quellen in die Karte eingeflossen sind. Bei den chinesischen Quellen stellt sich allerdings die Frage, woher diese die Karibik bzw. Nordamerikas Ostküste gekannt haben sollten, da sie, wenn überhaupt, nur die Westküste Amerikas erreicht haben könnten.
Hintergrund dieser Hypothese sind die mit gewaltigen Flotten unternommenen sieben Expeditionen der Chinesen unter Admiral Zheng He im Zeitraum von 1405 und 1433.
Portugiesische Quellenhypothese
Es gibt Gerüchte, die Columbus nachsagen, er hätte Zugriff auf Berichte von portugiesischen Seefahrern zu erfolgreichen Seefahrten über den Atlantik gehabt, die ihm überhaupt erst genug Ansporn zu seinen Unternehmungen lieferten. Dies würde wiederum bedeuten, dass diese Seefahrer bereits in der Lage gewesen sein müssten, erste Karten zu erstellen und diese in ihren heimischen Häfen abzuliefern. Columbus versuchte daher, zunächst beim portugiesischen König Unterstützung zu finden, bevor er nach langer Wartezeit schlussendlich bei den konkurrierenden Spaniern erfolgreich war. Bezeichnend auch der Umstand, dass Kolumbus bereits Glasperlen und andere Waren mit an Bord genommen hatte, um damit Handel zu treiben, was auch erfolgreich geschah, während er eigentlich die ihn erwartenden Umstände am Zielort bei der Abreise noch gar nicht kennen konnte. Nach dieser These müsste also die portugiesische Krone schon lange vor Kolumbus über gewisse Informationen zur Welt im Westen verfügt haben, die dann aber als striktes Staatsgeheimnis zu Gunsten der eigenen Seefahrer gehütet worden wären.
Fernerkundung als Quellenhypothese
Unter der Voraussetzung, dass die Karte genau sei und Gebiete zeige, die zum Zeitpunkt ihrer Erstellung teilweise noch gar nicht entdeckt waren, haben einige Autoren die Meinung vertreten, der Zeichner müsse hierfür eine Vorlage gehabt haben, die aus großer Höhe erstellt worden sei. Dazu wären moderne Methoden der Fernerkundung, von Flugkörpern oder gar Satelliten aus, nötig gewesen.
Besonders Erich von Däniken sieht in der Karte die Möglichkeit, seine These über Besuche von Außerirdischen auf der Erde zu untermauern: „Die Piri-Reis-Karten sind ein lästiges Indiz für meine Theorie früher Besucher aus dem All. Für mich ist klar: Extraterrestrier kartographierten von Orbitalstationen aus den Planeten; die Karten machten sie beim Besuch einem Vorfahren zum Geschenk; als heilige Requisiten überdauerten sie Jahrtausende und gelangten schließlich in die Hände des tüchtigen Admirals [gemeint ist Piri Reis]“ [1].
Eingebettete Quellenangaben und Kartenanalyse
Piri Reis nimmt Bezug auf die Reisen von Columbus, die in die Karibik und nach Nordamerika gingen. Es wird behauptet, dass genau dieser Teil der Karte die größten Ungenauigkeiten aufzuweisen scheint. Dies würde darauf hindeuten, dass neue, einmalige und damit zwangsläufig unpräzise bzw. unkorrigierte Daten verarbeitet wurden. Es scheint, als ob für genau diese Bereiche absichtlich oder aus Mangel an Material keine anderen Quellen für die Erstellung zum Zuge kamen.
Die Kommentare auf der Karte sprechen weiterhin ausdrücklich von portugiesischen Seefahrern, deren Wissen in die Karte eingeflossen sei. Damit könnten die Regionen um Spanien herum und auch die Teile Nordafrikas gemeint sein, die eine relativ große Genauigkeit aufweisen. Weiterhin sind die Küstenlinien Südamerikas relativ gut aufgelöst, was dementsprechend ebenfalls den Portugiesen zugerechnet werden könnte. Dennoch wird wiederholt in der Darstellung deutlich, dass es sich im West-Teil um keine fortlaufende, einheitliche Karte, sondern vielmehr um die Kombination von Fragmenten handelt.
Als Besonderheit wird sichtbar, dass die Genauigkeit (außer Karibik und Nordamerika) der longitudinalen Koordinaten eine Verwendung der sphärischen Trigonometrie nahelegt, die eigentlich erst seit der Mitte des 18. Jahrhunderts fortschrittlich genug war, um zur Kartierung verwendet zu werden.
Weiterhin zeigen sich auf der Karte zwei sehr markante Zentren, aus denen Winkelachsen herausgehen, wie sie beispielsweise zur Kursfindung mit Karte und Kompass (unter anderem durch Parallelverschiebung) durchaus hätten nützlich sein können. Eine gesicherte Deutung dieser Konstrukte und ihre mögliche Bedeutung für die Konstruktionsweise der Karte selbst bleiben aber verborgen. Ähnliche Konstrukte finden sich allerdings auch auf der Carta marina der Ostsee von 1539 des Schweden Olaus Magnus.
Einerseits unterscheidet sich die Karte wohltuend von der höchst verzerrten Darstellung auf der Weltkarte von 1507 von Martin Waldseemüller, andererseits weist sie wiederum starke Unsicherheiten und zahlreiche grobe Fehler auf. Insbesondere fehlen der Reis-Karte aber der überbordende Reichtum an Orts- und Flusseintragungen sowie schlichtweg Qualität, Auflösung und damit Präzision. Schlussendlich bleibt die Reis-Karte ein Fragment aus einem leider verschollen gegangenen größeren Werk, das somit leider zur Beurteilung nach heutigen Maßstäben nicht zur Verfügung steht.
Piri Reis war in seiner Zeit sehr bekannt, da er einige Seeschlachten für das Osmanische Reich gewinnen konnte. Er hatte durch seine herausragende Stellung Zugang zur Bibliothek des Sultans im Topkapi Palast in Istanbul. Er nutzte dieses Privileg, um aus den unterschiedlichsten Quellen seine berühmte Weltkarte zu erstellen.
Leben
Seine Geburtsdaten sind unbekannt, aber es wird vermutet, dass er zwischen 1465 und 1470 in Gelibolu geboren wurde. Sein Name lautete eigentlich Muhiddin Piri Ibn Haci Mehmed, aber der osmanische Titel des Admirals (re-is) wurde später als sein Nachname genutzt. Um das Jahr 1481 folgte er seinem Onkel Kemal Reis, einem berühmten Seefahrer des Osmanischen Reiches, ins Mittelmeer und nahm an dem Krieg gegen die Republik Venedig (siehe Türkenkriege) teil. Als sein Onkel 1511 starb, ging Piri zurück nach Gelibolu und begann, sein Buch "Kitab-ı Bahriye" (Seefahrer-Buch) zu schreiben. 1513 zeichnet er seine erste Weltkarte. Sie basierte auf ca. 20 Karten und Mappa Mundi, wobei eine davon sogar aus der Zeit Alexander des Großen stammen soll.
Ab 1516 war er als Kapitän der osmanischen Flotte im Mittelmeer und in den Gewässern um die Arabische Halbinsel unterwegs. Im Jahr 1517 zeigte er seine erste Weltkarte dem Sultan Selim I.. 1516/17 nahm er am Feldzug gegen Ägypten teil, und beendete 1521 sein Buch "Kitab-ı Bahriye". Bei der Belagerung der Insel Rhodos, die nach sechsmonatiger Verteidigung am 25. Dezember 1522 kapitulierte, war er dabei.
Es ist bekannt, dass er im Jahre 1524 Kapitän des Schiffes war, das den Großwesir Makbul Ibrahim Pascha († 1536) nach Ägypten brachte. Nachdem er das Buch auf Anraten des Großwesirs überarbeitet hatte, konnte er es 1525 dem Sultan Süleyman I. vorlegen. Drei Jahre später 1528 schenkte er dem Sultan seine zweite Weltkarte.
1547 wurde Piri Reis zum Oberbefehlshaber der osmanischen Flotte im Indischen Ozean (Hind Kapudan-i Derya) und Admiral der Flotte in Ägypten (Misir Kapudan-i Derya) mit Stützpunkt in Suez ernannt. Am 26. Februar 1548 gelang es ihm, die von den Portugiesen besetzte Stadt Aden zurückzuerobern. Weiterhin konnte er 1552 den von Portugal seit 1507 besetzten und sehr wichtigen Stützpunkt Maskat einnehmen. Kurz darauf eroberte er auch die Insel Kish. Mit 25 Schiffen und über 800 Soldaten gelang es der Flotte aus Suez unter seinem Kommando auch, die Insel Hormuz in der Straße von Hormuz zu erobern. Als die Portugiesen sich mehr dem Persischen Golf zuwendeten, eroberte er dort die Halbinsel Katar und die Insel Bahrain und kehrte dann nach Ägypten zurück.
Als er aber, inzwischen ein alter Mann von fast 90 Jahren, dem Gouverneur Kubad Pascha von Basra bei einem Feldzug die Unterstützung versagte, wurde er im Jahre 1554 oder 1555 öffentlich enthauptet.
Karte des Piri Reis
Die Karte des Piri Reis ist die westliche Hälfte einer Weltkarte aus dem Jahre 1513, die vom osmanischen Admiral und Kartographen Piri Reis angefertigt wurde. Der östliche Kartenteil ist verschollen.
Sie wurde im Jahre 1929 in der Bibliothek des Palastes Topkapı Sarayı in Konstantinopel (seit dem 28. März 1930 Istanbul) als einziger Teil einer vermuteten größeren Kartenserie wiederentdeckt. Die Karte ist auf Pergament aus Gazellenhaut gezeichnet.
Inhalt
Die Karte ist mit arabischen Schriftzeichen in türkischer Sprache beschriftet und mit dem islamischen Jahr 919 (entspricht 1513 in der christlichen Zeitrechnung) datiert. Nach dieser Datierung ist die Karte nur 21 Jahre nach der Wiederentdeckung Amerikas durch Christoph Columbus im Jahre 1492 entstanden.
Die Karte zeigt neben schon lange bekannten Gegenden (Westeuropa, Mittelmeer, Nordafrika) auch Küstenlinien Westafrikas sowie Nord- und Südamerikas. Diese Küstenlinien stimmen in Europa, Afrika und Südamerika in einer Reihe von Punkten mit den wahren Gegebenheiten überein, enthalten aber gleichzeitig Ungenauigkeiten und auch Fehler. Markante Landpunkte (Buchten, Flussmündungen, Inseln) sind (wahrscheinlich als Navigationshilfen) übertrieben groß dargestellt.
Teile der östlichen Karibik sind relativ gut zu identifzieren. Mit der Annahme, dass Kuba nahezu senkrecht gedreht ist, rechts davon die Atolle des Bermuda-Dreiecks dargestellt sind und der Vorsprung im Norden mit dem US-Bundesstaat Florida identisch ist, wäre somit mit dem Werk die gesamte östliche Karibik kartografisch erfasst worden. Somit wären Objekte, die auf der Südhalbkugel fehlerhaft nach links verdreht sind, auf der Nordhalbkugel dagegen fehlerhaft nach rechts gedreht. Ob dies schlicht dem verfügbaren Kartenplatz zugeschrieben werden kann oder an den verwendeten kartografischen Methoden zur Messung und zur Darstellung per Projektion lag, muss somit bis auf weiteres offen bleiben.
Die Darstellung Mittel- und Nordamerikas sowie des Golfs von Mexiko erscheint völlig fehlerhaft. Eine klare Zuordnung zwischen den in die Karte eingearbeiteten Fragmenten und realen Landpunkten ist nicht möglich.
Für die restliche Deutung der linken unteren Hälfte der Karte scheiden sich jedoch die Geister in drei Hauptströmungen mit stark unterschiedlicher Plausibilität.
Deutung des unteren linken Teils der Karte als Südamerika und Antarktis
Die südamerikanische Küstenlinie wird allerdings urplötzlich und ohne Unterbrechung nach Osten fortgesetzt. Dies wird von manchen Zeitgenossen als erster Hinweis auf eine frühzeitige Entdeckung der Antarktis interpretiert - allerdings wird die Küstenlinie auf der Karte ohne die auch damals in der Antarktis anzutreffende Eisschicht dargestellt, was zu weiteren Spekulationen über eine zeitweilig eisfreie Antarktis um ca. 1500 herum Anlass gab.
Für kritische Experten bleibt jedoch noch immer die Frage nach der Genauigkeit der Kartierung des Königin-Maud-Landes in der Antarktis, die für jedwede Entdecker entweder überlegene Technologie (heute: Seismische Messungen, Satellitenobservation) oder eine eisfreie Küste (zuletzt vor wohl über 6000 Jahren) vorausgesetzt hätte.
Deutung als gesamtes Südamerika
Mögliche Interpretation des Südteils der Karte des Piri Reis
Die Nordküste Südamerikas ist in mäßigem Detailreichtum zu sehen und nahezu zweifelsfrei in den Elementen von heutigen Kartenwerken wiederzuerkennen. Dennoch finden sich der Küste vorgelagert zwei große und mehrere kleine Inseln platziert, zu denen es erkennbar keine Entsprechung gibt. Auffällig an diesen nicht identifizierbaren Inseln vor allem ihre stark colorierten Konturen, auf denen bunte Vögel sitzen, wobei für sie der Erdbogen linksseitig ist. Ihre Darstellung ist eher grob und skizzenhaft, fast wirken sie wie nachträglich, versehentlich hinzugekommene Farbklekse, die kaschiert wurden. Sie weichen dadurch in ihrem Stil relativ deutlich von den übrigen Landmassen auf der Karte ab. Zwar gibt es, beispielsweise aus der UdSSR zu Zeiten des kalten Krieges, Beispiele, in denen Karten in großem Stil absichtlich verfälscht wurden, um sie für die Nutzung durch feindliche Kräfte unbrauchbar zu machen, doch fehlen bei der Karte von Reis stichhaltige Belege, die eine solche gezielte Absicht des Verfassers über die Wahrscheinlichkeit des schlichten Irrtums, auch für dieses Detail, hinausheben würden. Für eine Rekonstruktion unter dieser Annahme wäre das Auffinden eines dokumentierten Schlüsselprinzips nötig, was aber schon allein unter dem Gesichtspunkt, dass solche Schlüssel sowieso nicht schriftlich fixiert worden sein dürften, als eher unwahrscheinliches Ereignis gelten dürfte.
Moderne Geographen sehen in dem weggeklappten Kartenteil vielmehr eine schlicht aus Platzgründen verzerrte, nach Osten hin umgeklappte Darstellung der Küstenlinie des südlichen Südamerikas (mehrere 1000 km) zusammen mit den ihr vorgelagerten Falklandinseln. Dass der Atlantik durch die Kugelgestalt der Erde im südlichen Bereich die umliegenden Kontinente näher zusammenrückt, mag ein weiterer Aspekt sein, der hier auf dieser Karte seinen Niederschlag fand. Für die Darstellung des angenommenen Klappungsbereiches findet sich auf der Karte eine Folge von sich nicht berührenden, gleichmäßigen, U-förmigen Strukturen (möglicherweise ein Lückenfüller), die eine Rundung bilden. Ähnliche Folgen sind auch in weiteren Bereichen in der linken Hälfte der Karte auffindbar. Sie finden sich bereits nach der nordwestlichen Ecke Südamerikas in südlicher Richtung, wobei bereits hier die Darstellung größere Auslassungen aufweist, wenn man davon ausgeht, dass das skizzierte Delta den Rio de la Plata bei Buenos Aires zeigt.
Deutung als Nordküste Südamerikas
Alternative Deutung
Eine andere Deutung sieht in der großen, mehrarmigen Flussmündung die des Amazonas und die Bucht, in die der südliche Arm mündet, als Marajóbai. Damit ergibt sich eine völlig andere Zuordnung der Küstenlinie, und die Karte endet beim heutigen Recife, das auf 8 Grad südlicher Breite und damit in Äquatornähe liegt.
Deutung als gesamtes Südamerika unter teilweiser Irrtumsannahme
Der zentrale Baustein der Nordküstendeutung ist die Identifikation des Amazonas an der eingetragenen Stelle, während zugleich nur eine mäßige Identität der Küstenlinie herbeigeführt wird. In der Interpretation als Gesamtsüdamerika findet sich dagegen eine große Kontur- und Maßstabsähnlichkeit der Darstellung für die Nordküste, jedoch findet die angesprochene Flussmündung nur sehr bedingt zu einer plausiblen Interpretation.
Unterstellbar ist auch, dass genau dieser Teil der Karte so wie einzelne Inseln schlicht fehlerhaft eingetragen wurde, zum Beispiel weil eine sehr genaue Detailkarte der Amazonasmündung aus nicht nachvollziehbaren Gründen fälschlicherweise auf die Ostküste abgebildet wurde. Aus ähnlichen Gründen könnte es auch zu der Darstellung etlicher sehr großer, vorgelagerter Inseln gekommen sein, wie sie zwar für die Nordküste existieren, jedoch für die Ostküste nicht gegeben sind. Dies könnte sehr wohl unter dem Gesichtspunkt passiert sein, dass einige Seefahrer von der damals noch verbreiteten Ansicht ausgingen, dass der Erdumfang nur einige 1.000 km betragen würde und so ihr Kartenbild auf einen entsprechenden Globus anpassten, während andere bereits wesentlich zutreffendere Maßstäbe in der Größenordnung der tatsächlichen rund 40.000 km verwendeten. Eine tatsächliche Vermischung von Kartenmaterial der Nordküste mit Karten der Ostküste wäre somit zumindest in den Bereich der realistischen Möglichkeiten zu rücken.
Ursprung der Karte
Es ist mit gutem Recht die Frage aufgeworfen worden, wie die Karte in Anbetracht des kurzen Zeitraumes zwischen der offiziellen Entdeckung Amerikas durch Christoph Columbus und ihrer Erstellung trotzdem zu solchem Detailreichtum gekommen ist. Es wird spekuliert, dass sie nicht ausschließlich auf den Ergebnissen von Seefahrten der bekannten europäischer Entdecker basieren könne. Es gibt die Theorie, dass Piri Reis die Karte als Kopie bzw. unter Zuhilfenahme einer (evtl. viel) älteren Karte angefertigt hat.
Chinesische Quellenhypothese
Gavin Menzies stellt die These auf, dass chinesische Quellen in die Karte eingeflossen sind. Bei den chinesischen Quellen stellt sich allerdings die Frage, woher diese die Karibik bzw. Nordamerikas Ostküste gekannt haben sollten, da sie, wenn überhaupt, nur die Westküste Amerikas erreicht haben könnten.
Hintergrund dieser Hypothese sind die mit gewaltigen Flotten unternommenen sieben Expeditionen der Chinesen unter Admiral Zheng He im Zeitraum von 1405 und 1433.
Portugiesische Quellenhypothese
Es gibt Gerüchte, die Columbus nachsagen, er hätte Zugriff auf Berichte von portugiesischen Seefahrern zu erfolgreichen Seefahrten über den Atlantik gehabt, die ihm überhaupt erst genug Ansporn zu seinen Unternehmungen lieferten. Dies würde wiederum bedeuten, dass diese Seefahrer bereits in der Lage gewesen sein müssten, erste Karten zu erstellen und diese in ihren heimischen Häfen abzuliefern. Columbus versuchte daher, zunächst beim portugiesischen König Unterstützung zu finden, bevor er nach langer Wartezeit schlussendlich bei den konkurrierenden Spaniern erfolgreich war. Bezeichnend auch der Umstand, dass Kolumbus bereits Glasperlen und andere Waren mit an Bord genommen hatte, um damit Handel zu treiben, was auch erfolgreich geschah, während er eigentlich die ihn erwartenden Umstände am Zielort bei der Abreise noch gar nicht kennen konnte. Nach dieser These müsste also die portugiesische Krone schon lange vor Kolumbus über gewisse Informationen zur Welt im Westen verfügt haben, die dann aber als striktes Staatsgeheimnis zu Gunsten der eigenen Seefahrer gehütet worden wären.
Fernerkundung als Quellenhypothese
Unter der Voraussetzung, dass die Karte genau sei und Gebiete zeige, die zum Zeitpunkt ihrer Erstellung teilweise noch gar nicht entdeckt waren, haben einige Autoren die Meinung vertreten, der Zeichner müsse hierfür eine Vorlage gehabt haben, die aus großer Höhe erstellt worden sei. Dazu wären moderne Methoden der Fernerkundung, von Flugkörpern oder gar Satelliten aus, nötig gewesen.
Besonders Erich von Däniken sieht in der Karte die Möglichkeit, seine These über Besuche von Außerirdischen auf der Erde zu untermauern: „Die Piri-Reis-Karten sind ein lästiges Indiz für meine Theorie früher Besucher aus dem All. Für mich ist klar: Extraterrestrier kartographierten von Orbitalstationen aus den Planeten; die Karten machten sie beim Besuch einem Vorfahren zum Geschenk; als heilige Requisiten überdauerten sie Jahrtausende und gelangten schließlich in die Hände des tüchtigen Admirals [gemeint ist Piri Reis]“ [1].
Eingebettete Quellenangaben und Kartenanalyse
Piri Reis nimmt Bezug auf die Reisen von Columbus, die in die Karibik und nach Nordamerika gingen. Es wird behauptet, dass genau dieser Teil der Karte die größten Ungenauigkeiten aufzuweisen scheint. Dies würde darauf hindeuten, dass neue, einmalige und damit zwangsläufig unpräzise bzw. unkorrigierte Daten verarbeitet wurden. Es scheint, als ob für genau diese Bereiche absichtlich oder aus Mangel an Material keine anderen Quellen für die Erstellung zum Zuge kamen.
Die Kommentare auf der Karte sprechen weiterhin ausdrücklich von portugiesischen Seefahrern, deren Wissen in die Karte eingeflossen sei. Damit könnten die Regionen um Spanien herum und auch die Teile Nordafrikas gemeint sein, die eine relativ große Genauigkeit aufweisen. Weiterhin sind die Küstenlinien Südamerikas relativ gut aufgelöst, was dementsprechend ebenfalls den Portugiesen zugerechnet werden könnte. Dennoch wird wiederholt in der Darstellung deutlich, dass es sich im West-Teil um keine fortlaufende, einheitliche Karte, sondern vielmehr um die Kombination von Fragmenten handelt.
Als Besonderheit wird sichtbar, dass die Genauigkeit (außer Karibik und Nordamerika) der longitudinalen Koordinaten eine Verwendung der sphärischen Trigonometrie nahelegt, die eigentlich erst seit der Mitte des 18. Jahrhunderts fortschrittlich genug war, um zur Kartierung verwendet zu werden.
Weiterhin zeigen sich auf der Karte zwei sehr markante Zentren, aus denen Winkelachsen herausgehen, wie sie beispielsweise zur Kursfindung mit Karte und Kompass (unter anderem durch Parallelverschiebung) durchaus hätten nützlich sein können. Eine gesicherte Deutung dieser Konstrukte und ihre mögliche Bedeutung für die Konstruktionsweise der Karte selbst bleiben aber verborgen. Ähnliche Konstrukte finden sich allerdings auch auf der Carta marina der Ostsee von 1539 des Schweden Olaus Magnus.
Einerseits unterscheidet sich die Karte wohltuend von der höchst verzerrten Darstellung auf der Weltkarte von 1507 von Martin Waldseemüller, andererseits weist sie wiederum starke Unsicherheiten und zahlreiche grobe Fehler auf. Insbesondere fehlen der Reis-Karte aber der überbordende Reichtum an Orts- und Flusseintragungen sowie schlichtweg Qualität, Auflösung und damit Präzision. Schlussendlich bleibt die Reis-Karte ein Fragment aus einem leider verschollen gegangenen größeren Werk, das somit leider zur Beurteilung nach heutigen Maßstäben nicht zur Verfügung steht.