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foxy black
Guest
Anonym bewerben?
21.04.2012 · Angaben zu Geschlecht, Alter und Herkunft soll es auf Job-Bewerbungen nicht mehr geben. Ein Foto auch nicht. Ist das gut? Die Redaktion ist uneins.
Pro
Keine Panik! Es geht nicht um Mitleid
Lassen wir es doch einfach mal sein, das Gejammer über arme Türken, deren Bewerbung im Papierkorb landet, das Mitleid mit türkischen Frauen, die dank doppeltem Stigma erst recht keine Chance auf einen Job in Deutschland haben, und lassen wir auch das Leid der ausländischen Mitbürgerin älteren Semesters mit schiefen Zähnen und Topffrisur im Rollstuhl beiseite. Sie scheitert der Wissenschaft zufolge an Rassismus, Sexismus, Behindertenphobie, Jugendwahn.
Zu finden sind diese unsympathischen Eigenschaften Studien zufolge in den Personalabteilungen deutscher Firmen. Deshalb seien die Randgruppen Frauen und Migranten, angewiesen auf anonyme Bewerbungen ohne Namen, ohne Foto.
Kein Wort mehr vom Mitleid. Reden wir stattdessen über Leistung. Eine Stelle ist zu vergeben, wer sollte sie bekommen? Der mit den glänzendsten Noten, dem ruhmreichsten Abschluss, den exotischsten Sprachkenntnissen und der größten Erfahrung? Oder der schönste Bewerber, charismatisch bis in die wohl getrimmten Haarspitzen, mit tugendhafter Tatkraft von preußischem Schlag und maskulinem Humor? Die Antwort lautet: Das kommt darauf an, welche Leistung der Arbeitgeber verlangt. Doch eins ist sicher: Eine Bewerbung in herkömmlicher Form, mit Name, Geschlecht und Foto hilft bei der Auswahl von Leistungsträgern wenig.
Sogar wenn es um einen Posten als Schönling ginge, wären gestellte Hochglanzfotos wenig aussagekräftig. Der wahre und der fotografierte Grad der Anziehungskraft klaffen auseinander – das weiß jeder, der schon mal das eigene Porträt auf Facebook gepostet hat. Aus diesem Grund verlangen Modelagenturen für die schriftliche Bewerbung unbestechliche Polaroids.
Geht es um eine Stelle als Jurist, ist etwa ein Experte gesucht für Fusionen und Übernahmen, der Scharfsinn, Erfahrung und Anmut im Auftritt beim Kunden wie vor Gericht mitbringen muss, auch dann helfen Name und Foto wenig. Sie sagen über die genannten Qualifikationen nichts aus, weder über Fachkompetenz als primäre, noch Teamfähigkeit als sekundäre Tugend. Hier kann – wenn die Noten den harten Kriterien genügen – nur ein persönliches Gespräch den Aufschluss bieten darüber wie einer redet, dasitzt, lacht. Ab diesem Punkt ist es dem Personaler auch in Zukunft nicht verwehrt, das Ekel auszusortieren, der Zicke die Tür zu zeigen. Das Unternehmen kann weiter nach Herzenslust diskriminieren: nach Leistung und Sympathie gleichermaßen - und hat nun sogar mehr Auswahl. Der leistungsstarke Bewerber wiederum hat mehr Chancen auf ein persönliches Gespräch - und wird nicht aussortiert, weil das Schicksal ihn nicht hübsch, deutsch oder gesund genug machte für die Arbeitswelt.
Ist es also wirklich die gesichts- und namenlose Bewerbung, die hier zu hinterfragen ist? Ist es nicht vielmehr der Umstand, dass diese immer noch nicht Standard ist in einer Gesellschaft, die sich gerne als Meritokratie versteht: Der Beste soll’s machen?
Sechs Jahre gibt es das Antidiskriminierungsgesetz, die Privatautonomie, wie einst befürchtet, ist nicht gestorben. Gerichtsprozesse gab es wenige. Nur der Anwaltsstand hat gut verdient an der Panikmache, und Firmen Beratungsleistungen verkauft. Von Unternehmern, die das Diktat der Diversifizierung ins Ausland oder in den Ruin getrieben hat, ist nichts bekannt. Der Standort Deutschland steht stabil.
Schlechter scheint es um die Toleranz seiner Unternehmer zu stehen. Zweifel weckt ihre neueste Klage, anonyme Bewerbungen zögen mehr, längere und ach so teure Bewerbungsgespräche nach sich: Wenn Name und Herkunft angeblich keine Rolle spielen, warum sollte es dann länger dauern, sich den anonymen Kandidaten zu öffnen?
Contra
Ich will Gesicht zeigen. Anonymität gib es genug.
Mathematik Fünf minus, Deutsch die reine Katastrophe, und in den anderen Fächern sieht es auch nicht viel besser aus: Der junge Mann ohne Hauptschulabschluss hätte, ginge es rein nach seiner Qualifikation, nie und nimmer einen Ausbildungsplatz bekommen. Weil er aber auf dem Foto irgendwie sympathisch rüber kam (dunkler Typ mit Migrationshintergrund) gab die Telekom ihm eine Chance. „Heute gehört er zu den besten IT-Spezialisten seiner Gruppe“, sagt Personalvorstand Thomas Sattelberger.
Die Geschichte ist nicht erfunden, wird künftig aber nicht mehr vorkommen dürfen. Denn Bewerber zu diskriminieren (in diesem Fall: einen Bildungsversager aus Mitleid zu bevorzugen), lässt die Antidiskriminierungsstelle des Bundes nicht mehr durchgehen. Angaben zu Alter, Geschlecht und Herkunft sollen auf einer Stellenbewerbung nichts mehr zu suchen haben. Das Foto muss natürlich auch verschwinden. Es könnte ja sein, dass ein Chef die junge Dame auch noch hübsch findet und deshalb zum Vorstellungsgespräch lädt oder dass eine stutenbissige Personalerin die Dame aus eben demselben Grund gerade nicht einlädt.
Das Juste Milieu aus Arbeitgebern und anderen politischen Gleichstellern verlangt heute die „anonymisierte Bewerbung“. Was zählt, ist einzig die Qualifikation (IQ für Schreibtischarbeiter, Body-Mass-Index für Möbelpacker). Ökonometrische Erbenszähler präsentieren dazu ihre kleinkarierten Rechnungen (Studien!), welcher Milliardenschaden der deutschen Wirtschaft angeblich dadurch entstanden sein soll, dass in deutschen Firmen junge hübsche Migrantinnen hässlichen alten Schwaben gegenüber bevorzugt worden seien.
Die „gesichtslose Bewerbung“ ist ein einziger Skandal. Wahrscheinlich handelt es sich um einen neuen Fall grassierender Amerikanisierung, wo Diskriminierung (oder was der Bewerber dafür hält) regelmäßig bei den Anwaltsfirmen die Kassen klingeln lässt.
Wenn Individualität künftig im Assessment Center oder Vorstellungsgespräch nicht mehr zählen soll, können wir einpacken. Der Vorstoß der Antidiskriminierungsstelle (was ist das eigentlich für eine Behörde?) muss dringend gestoppt werden: Ein Fall für Stéphane Hessel („Empört Euch!“) und für Uwe Karsten Heye, Ex-Sprecher von Ex-Kanzler Gerhard Schröder, dessen Kampagne „Gesicht zeigen“ schon einmal zu Erfolg führte. Unser Art Director wird den zugehörigen Button „Ich will diskriminiert werden“ entwerfen. Wenigstens das Bewerbungsfoto lassen wir uns von niemandem nehmen.
Warum eigentlich schweigen die Feministinnen und ihre männlichen Sympathisanten, die uns über all die Jahre davon überzeugt haben, dass Diversity (Frau und Mann, alt und jung, links und rechts, deutsch und türkisch) das Zauberwort der Produktivität im Unternehmen ist? Auch Jutta Allmendinger, die wackerste aller Frauenkämpferinnen, gehört ins Steering Committee der „Pro-Diskriminierungs-Initiative“. Wenn alles nicht hilft, fordert Frau Allmendinger dann den Diskriminierungsbeauftragten, der die Vielfaltsquote zu überprüfen hat.
Hatten uns nicht Heere von Beratern darüber aufgeklärt, dass Qualifikation im Beruf nicht alles ist, sondern auch „die Chemie stimmen“ müsse. Aber jetzt soll es schon verboten sein, nach Sympathie und einem Gefühl (igittigitt, klingt nach Bauch) den Zuschlag bei der Stellenbesetzung zu erteilen. Und wenn ein Arbeitgeber dann auch nur hochrechnet, dass zwanzig junge Frauen einzustellen einen maximalen Elternurlaubsanspruch mit Rückkehrgarantie von sechzig Jahren begründet (was eine Wiederbesetzung blockiert), steht er bereits mit beiden Beinen moralisch und strafrechtlich im Gefängnis. Wo ist die Studie, die den von solchem Schwachsinn verursachten wirtschaftlichen Schaden beziffert?
Pro & Contra: Anonym bewerben? - Wirtschaft - FAZ
Ist es sinnvoll?
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Pro
Keine Panik! Es geht nicht um Mitleid
Lassen wir es doch einfach mal sein, das Gejammer über arme Türken, deren Bewerbung im Papierkorb landet, das Mitleid mit türkischen Frauen, die dank doppeltem Stigma erst recht keine Chance auf einen Job in Deutschland haben, und lassen wir auch das Leid der ausländischen Mitbürgerin älteren Semesters mit schiefen Zähnen und Topffrisur im Rollstuhl beiseite. Sie scheitert der Wissenschaft zufolge an Rassismus, Sexismus, Behindertenphobie, Jugendwahn.
Zu finden sind diese unsympathischen Eigenschaften Studien zufolge in den Personalabteilungen deutscher Firmen. Deshalb seien die Randgruppen Frauen und Migranten, angewiesen auf anonyme Bewerbungen ohne Namen, ohne Foto.
Kein Wort mehr vom Mitleid. Reden wir stattdessen über Leistung. Eine Stelle ist zu vergeben, wer sollte sie bekommen? Der mit den glänzendsten Noten, dem ruhmreichsten Abschluss, den exotischsten Sprachkenntnissen und der größten Erfahrung? Oder der schönste Bewerber, charismatisch bis in die wohl getrimmten Haarspitzen, mit tugendhafter Tatkraft von preußischem Schlag und maskulinem Humor? Die Antwort lautet: Das kommt darauf an, welche Leistung der Arbeitgeber verlangt. Doch eins ist sicher: Eine Bewerbung in herkömmlicher Form, mit Name, Geschlecht und Foto hilft bei der Auswahl von Leistungsträgern wenig.
Sogar wenn es um einen Posten als Schönling ginge, wären gestellte Hochglanzfotos wenig aussagekräftig. Der wahre und der fotografierte Grad der Anziehungskraft klaffen auseinander – das weiß jeder, der schon mal das eigene Porträt auf Facebook gepostet hat. Aus diesem Grund verlangen Modelagenturen für die schriftliche Bewerbung unbestechliche Polaroids.
Geht es um eine Stelle als Jurist, ist etwa ein Experte gesucht für Fusionen und Übernahmen, der Scharfsinn, Erfahrung und Anmut im Auftritt beim Kunden wie vor Gericht mitbringen muss, auch dann helfen Name und Foto wenig. Sie sagen über die genannten Qualifikationen nichts aus, weder über Fachkompetenz als primäre, noch Teamfähigkeit als sekundäre Tugend. Hier kann – wenn die Noten den harten Kriterien genügen – nur ein persönliches Gespräch den Aufschluss bieten darüber wie einer redet, dasitzt, lacht. Ab diesem Punkt ist es dem Personaler auch in Zukunft nicht verwehrt, das Ekel auszusortieren, der Zicke die Tür zu zeigen. Das Unternehmen kann weiter nach Herzenslust diskriminieren: nach Leistung und Sympathie gleichermaßen - und hat nun sogar mehr Auswahl. Der leistungsstarke Bewerber wiederum hat mehr Chancen auf ein persönliches Gespräch - und wird nicht aussortiert, weil das Schicksal ihn nicht hübsch, deutsch oder gesund genug machte für die Arbeitswelt.
Ist es also wirklich die gesichts- und namenlose Bewerbung, die hier zu hinterfragen ist? Ist es nicht vielmehr der Umstand, dass diese immer noch nicht Standard ist in einer Gesellschaft, die sich gerne als Meritokratie versteht: Der Beste soll’s machen?
Sechs Jahre gibt es das Antidiskriminierungsgesetz, die Privatautonomie, wie einst befürchtet, ist nicht gestorben. Gerichtsprozesse gab es wenige. Nur der Anwaltsstand hat gut verdient an der Panikmache, und Firmen Beratungsleistungen verkauft. Von Unternehmern, die das Diktat der Diversifizierung ins Ausland oder in den Ruin getrieben hat, ist nichts bekannt. Der Standort Deutschland steht stabil.
Schlechter scheint es um die Toleranz seiner Unternehmer zu stehen. Zweifel weckt ihre neueste Klage, anonyme Bewerbungen zögen mehr, längere und ach so teure Bewerbungsgespräche nach sich: Wenn Name und Herkunft angeblich keine Rolle spielen, warum sollte es dann länger dauern, sich den anonymen Kandidaten zu öffnen?
Contra
Ich will Gesicht zeigen. Anonymität gib es genug.
Mathematik Fünf minus, Deutsch die reine Katastrophe, und in den anderen Fächern sieht es auch nicht viel besser aus: Der junge Mann ohne Hauptschulabschluss hätte, ginge es rein nach seiner Qualifikation, nie und nimmer einen Ausbildungsplatz bekommen. Weil er aber auf dem Foto irgendwie sympathisch rüber kam (dunkler Typ mit Migrationshintergrund) gab die Telekom ihm eine Chance. „Heute gehört er zu den besten IT-Spezialisten seiner Gruppe“, sagt Personalvorstand Thomas Sattelberger.
Die Geschichte ist nicht erfunden, wird künftig aber nicht mehr vorkommen dürfen. Denn Bewerber zu diskriminieren (in diesem Fall: einen Bildungsversager aus Mitleid zu bevorzugen), lässt die Antidiskriminierungsstelle des Bundes nicht mehr durchgehen. Angaben zu Alter, Geschlecht und Herkunft sollen auf einer Stellenbewerbung nichts mehr zu suchen haben. Das Foto muss natürlich auch verschwinden. Es könnte ja sein, dass ein Chef die junge Dame auch noch hübsch findet und deshalb zum Vorstellungsgespräch lädt oder dass eine stutenbissige Personalerin die Dame aus eben demselben Grund gerade nicht einlädt.
Das Juste Milieu aus Arbeitgebern und anderen politischen Gleichstellern verlangt heute die „anonymisierte Bewerbung“. Was zählt, ist einzig die Qualifikation (IQ für Schreibtischarbeiter, Body-Mass-Index für Möbelpacker). Ökonometrische Erbenszähler präsentieren dazu ihre kleinkarierten Rechnungen (Studien!), welcher Milliardenschaden der deutschen Wirtschaft angeblich dadurch entstanden sein soll, dass in deutschen Firmen junge hübsche Migrantinnen hässlichen alten Schwaben gegenüber bevorzugt worden seien.
Die „gesichtslose Bewerbung“ ist ein einziger Skandal. Wahrscheinlich handelt es sich um einen neuen Fall grassierender Amerikanisierung, wo Diskriminierung (oder was der Bewerber dafür hält) regelmäßig bei den Anwaltsfirmen die Kassen klingeln lässt.
Wenn Individualität künftig im Assessment Center oder Vorstellungsgespräch nicht mehr zählen soll, können wir einpacken. Der Vorstoß der Antidiskriminierungsstelle (was ist das eigentlich für eine Behörde?) muss dringend gestoppt werden: Ein Fall für Stéphane Hessel („Empört Euch!“) und für Uwe Karsten Heye, Ex-Sprecher von Ex-Kanzler Gerhard Schröder, dessen Kampagne „Gesicht zeigen“ schon einmal zu Erfolg führte. Unser Art Director wird den zugehörigen Button „Ich will diskriminiert werden“ entwerfen. Wenigstens das Bewerbungsfoto lassen wir uns von niemandem nehmen.
Warum eigentlich schweigen die Feministinnen und ihre männlichen Sympathisanten, die uns über all die Jahre davon überzeugt haben, dass Diversity (Frau und Mann, alt und jung, links und rechts, deutsch und türkisch) das Zauberwort der Produktivität im Unternehmen ist? Auch Jutta Allmendinger, die wackerste aller Frauenkämpferinnen, gehört ins Steering Committee der „Pro-Diskriminierungs-Initiative“. Wenn alles nicht hilft, fordert Frau Allmendinger dann den Diskriminierungsbeauftragten, der die Vielfaltsquote zu überprüfen hat.
Hatten uns nicht Heere von Beratern darüber aufgeklärt, dass Qualifikation im Beruf nicht alles ist, sondern auch „die Chemie stimmen“ müsse. Aber jetzt soll es schon verboten sein, nach Sympathie und einem Gefühl (igittigitt, klingt nach Bauch) den Zuschlag bei der Stellenbesetzung zu erteilen. Und wenn ein Arbeitgeber dann auch nur hochrechnet, dass zwanzig junge Frauen einzustellen einen maximalen Elternurlaubsanspruch mit Rückkehrgarantie von sechzig Jahren begründet (was eine Wiederbesetzung blockiert), steht er bereits mit beiden Beinen moralisch und strafrechtlich im Gefängnis. Wo ist die Studie, die den von solchem Schwachsinn verursachten wirtschaftlichen Schaden beziffert?
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