Snežana
Flintenweib
Libyen-Konflikt
Rechtspopulisten wollen für Gaddafi vermitteln
Von Charles Hawley
Die österreichische FPÖ will ihr internationales Profil schärfen. Eine Vermittlung im Libyen-Konflikt käme da sehr gelegen. Parteichef Strache hat einen Emissär in das Land geschickt. Der lässt sich vom Regime herumführen - und bezeichnet die Nato-Angriffe als unberechtigt.
Je länger die Bomben fallen, desto verzweifelter streckt Libyens Diktator Muammar al-Gaddafi seine diplomatischen Fühler aus. Mitte Juni lud er den aus der russischen Teilrepublik Kalmückien stammenden Präsidenten des Weltschachverbandes, Kirsan Iljumschinow, nach Tripolis ein und spielte eine Partie mit ihm . Gleichzeitig schickte er Unterhändler nach Moskau, Ankara und Paris - wo der französische Außenminister Alain Juppé vorige Woche andeutete, Gaddafi könnte zu einem Rücktritt bereit sein.
Den bisher bizarrsten Vorstoß hat das Regime aber in Richtung Österreich unternommen. Im Juni lud ein hoher Regierungsbeamter den Wiener Rechtspopulisten und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache nach Libyen ein, um "sich vor Ort anzusehen, was sich in meinem Land ereignet" und "die Aggression der Nato zu bezeugen". SPIEGEL ONLINE liegt das Dokument vor. Wochenlang gingen E-Mails zwischen Wien und Tripolis hin und her. Am Donnerstag schließlich reiste David Lasar, ein Wiener Gemeindepolitiker und Mitglied der FPÖ, als Abgesandter Straches zu einem "Vorbereitungstreffen" nach Libyen.
Am Freitag besuchte er Orte in der Nähe von Tripolis, begleitet von Offiziellen des Außenministeriums. Lasar sagte, er sei in Krankenhäusern gewesen und habe Patienten besucht, die nach Aussage der libyschen Führung Opfer von Nato-Luftangriffen waren. Zudem habe er mit Anhängern und Vertretern des Gaddafi-Regimes gesprochen. Unter anderem hat Lasar vor, auf seiner Reise den Diktatoren-Sohn Saif al-Islam Gaddafi zu treffen.
"Anschauen, was hier vor sich geht"
"Ich habe mich mit Regierungsmitgliedern getroffen und sie haben mich herumgeführt", sagte Lasar SPIEGEL ONLINE am Freitagabend in einem Telefongespräch. "Sie sind froh, dass sich wenigstens einer aus Europa die Mühe macht, sich anzuschauen, was hier vor sich geht."
Die FPÖ sagt, sie habe das Nato-Hauptquartier, die Botschaften der Nato-Staaten und auch andere westliche Botschaften über die Einladung informiert. Westliche Botschaften würden auch über die Reise Lasars informiert. Die US-Botschaft in Wien sagte allerdings, man wisse davon nichts.
"Österreich ist ein kleines Land und war immer neutral", sagte Lasar SPIEGEL ONLINE. "Vielleicht könnte es hilfreicher sein als andere, größere Länder, um den Konflikt in Libyen zu beenden." Er sagte, er habe bisher keine Gaddafi-Gegner gesehen. Das wertete er als Indiz dafür, dass die Bombenangriffe der Nato gegen das Gaddafi-Regime unberechtigt seien. Das werde er auch Reportern sagen, die er in Libyen treffe.
Strache wärmt Haiders alte Verbindungen wieder auf
Die FPÖ hat alte Verbindungen nach Libyen. Sie stammen aus der Zeit von Straches Vorgänger Jörg Haider, dem 2008 verstorbenen FPÖ-Chef. Auch wenn Haider in den Jahren vor seinem tödlichen Autounfall nicht mehr zur FPÖ gehörte - Strache hat seine Libyen-Beziehungen einfach übernommen.
Seine Partei, sagte Strache SPIEGEL ONLINE, wolle sich "nicht aufdrängen, sondern wir haben Kontakte in diese Region und sind gern bereit, unsere Hilfe anzubieten, wenn man auf diese zurückgreifen will". Tatsächlich käme der oppositionellen FPÖ aber ein wenig diplomatischer Glanz und internationales Renommee derzeit sehr gelegen. In jüngsten Umfragen liegt sie fast gleichauf mit den Sozialdemokraten, der größeren Partei der Regierungskoalition. Der Versuch einer Vermittlung wäre nicht der erste Vorstoß der österreichischen Rechtspopulisten im Nahen Osten: 2002, kurz vor Ausbruch des Irak-Krieges, flog Haider zu einem umstrittenen Treffen mit Saddam Hussein im Irak, 2007 versuchte er bei den Bemühungen um die Freilassung von fünf bulgarischen Krankenschwestern mitzumischen, die in Libyen verhaftet worden waren. Im Irak hatte er bekanntlich nichts erreicht, und die Freilassung der Bulgarinnen wird gemeinhin französischer Vermittlung zugeschrieben.
Lasars Reise nach Libyen ist nicht der einzige FPÖ Vermittlungsversuch dieses Jahr. In Mai reiste eine syrische Oppositionsgruppe nach Wien, um sich mit Strache zu treffen. Versuche, sich auch hier bei einer möglichen Vermittlung zu engagieren, laufen nach Aussage Straches noch.
Libyen-Konflikt: Rechtspopulisten wollen für Gaddafi vermitteln - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Politik
Rechtspopulisten wollen für Gaddafi vermitteln
Von Charles Hawley
REUTERS
Despot Gaddafi: Vorstoß Richtung ÖsterreichDie österreichische FPÖ will ihr internationales Profil schärfen. Eine Vermittlung im Libyen-Konflikt käme da sehr gelegen. Parteichef Strache hat einen Emissär in das Land geschickt. Der lässt sich vom Regime herumführen - und bezeichnet die Nato-Angriffe als unberechtigt.
Je länger die Bomben fallen, desto verzweifelter streckt Libyens Diktator Muammar al-Gaddafi seine diplomatischen Fühler aus. Mitte Juni lud er den aus der russischen Teilrepublik Kalmückien stammenden Präsidenten des Weltschachverbandes, Kirsan Iljumschinow, nach Tripolis ein und spielte eine Partie mit ihm . Gleichzeitig schickte er Unterhändler nach Moskau, Ankara und Paris - wo der französische Außenminister Alain Juppé vorige Woche andeutete, Gaddafi könnte zu einem Rücktritt bereit sein.
Den bisher bizarrsten Vorstoß hat das Regime aber in Richtung Österreich unternommen. Im Juni lud ein hoher Regierungsbeamter den Wiener Rechtspopulisten und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache nach Libyen ein, um "sich vor Ort anzusehen, was sich in meinem Land ereignet" und "die Aggression der Nato zu bezeugen". SPIEGEL ONLINE liegt das Dokument vor. Wochenlang gingen E-Mails zwischen Wien und Tripolis hin und her. Am Donnerstag schließlich reiste David Lasar, ein Wiener Gemeindepolitiker und Mitglied der FPÖ, als Abgesandter Straches zu einem "Vorbereitungstreffen" nach Libyen.
Am Freitag besuchte er Orte in der Nähe von Tripolis, begleitet von Offiziellen des Außenministeriums. Lasar sagte, er sei in Krankenhäusern gewesen und habe Patienten besucht, die nach Aussage der libyschen Führung Opfer von Nato-Luftangriffen waren. Zudem habe er mit Anhängern und Vertretern des Gaddafi-Regimes gesprochen. Unter anderem hat Lasar vor, auf seiner Reise den Diktatoren-Sohn Saif al-Islam Gaddafi zu treffen.
"Anschauen, was hier vor sich geht"
"Ich habe mich mit Regierungsmitgliedern getroffen und sie haben mich herumgeführt", sagte Lasar SPIEGEL ONLINE am Freitagabend in einem Telefongespräch. "Sie sind froh, dass sich wenigstens einer aus Europa die Mühe macht, sich anzuschauen, was hier vor sich geht."
Die FPÖ sagt, sie habe das Nato-Hauptquartier, die Botschaften der Nato-Staaten und auch andere westliche Botschaften über die Einladung informiert. Westliche Botschaften würden auch über die Reise Lasars informiert. Die US-Botschaft in Wien sagte allerdings, man wisse davon nichts.
"Österreich ist ein kleines Land und war immer neutral", sagte Lasar SPIEGEL ONLINE. "Vielleicht könnte es hilfreicher sein als andere, größere Länder, um den Konflikt in Libyen zu beenden." Er sagte, er habe bisher keine Gaddafi-Gegner gesehen. Das wertete er als Indiz dafür, dass die Bombenangriffe der Nato gegen das Gaddafi-Regime unberechtigt seien. Das werde er auch Reportern sagen, die er in Libyen treffe.
Strache wärmt Haiders alte Verbindungen wieder auf
Die FPÖ hat alte Verbindungen nach Libyen. Sie stammen aus der Zeit von Straches Vorgänger Jörg Haider, dem 2008 verstorbenen FPÖ-Chef. Auch wenn Haider in den Jahren vor seinem tödlichen Autounfall nicht mehr zur FPÖ gehörte - Strache hat seine Libyen-Beziehungen einfach übernommen.
Seine Partei, sagte Strache SPIEGEL ONLINE, wolle sich "nicht aufdrängen, sondern wir haben Kontakte in diese Region und sind gern bereit, unsere Hilfe anzubieten, wenn man auf diese zurückgreifen will". Tatsächlich käme der oppositionellen FPÖ aber ein wenig diplomatischer Glanz und internationales Renommee derzeit sehr gelegen. In jüngsten Umfragen liegt sie fast gleichauf mit den Sozialdemokraten, der größeren Partei der Regierungskoalition. Der Versuch einer Vermittlung wäre nicht der erste Vorstoß der österreichischen Rechtspopulisten im Nahen Osten: 2002, kurz vor Ausbruch des Irak-Krieges, flog Haider zu einem umstrittenen Treffen mit Saddam Hussein im Irak, 2007 versuchte er bei den Bemühungen um die Freilassung von fünf bulgarischen Krankenschwestern mitzumischen, die in Libyen verhaftet worden waren. Im Irak hatte er bekanntlich nichts erreicht, und die Freilassung der Bulgarinnen wird gemeinhin französischer Vermittlung zugeschrieben.
Lasars Reise nach Libyen ist nicht der einzige FPÖ Vermittlungsversuch dieses Jahr. In Mai reiste eine syrische Oppositionsgruppe nach Wien, um sich mit Strache zu treffen. Versuche, sich auch hier bei einer möglichen Vermittlung zu engagieren, laufen nach Aussage Straches noch.
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