Pater Tomislav Matanović, der römisch-katholische Pfarrer von Prijedor im Nordwesten von Bosnien und Herzegowina, wurde am 25. August 1995 von der Polizei in Prijedor festgenommen. Der damals 20-jährige Kroate wurde über Nacht in der Polizeistation von Prijedor festgehalten und am nächsten Tag zum Haus seiner Eltern Josip und Božena Matanović gebracht. Alle drei wurden unter Hausarrest gestellt. Die Familie Matanović blieb unter ständiger Bewachung durch örtliche PolizeibeamtInnen. Am 19. September wurden sie zur Polizeistation von Urije gebracht. In der Folge wurden sie Opfer des Verschwindenlassens.
Im September 2001 wurden die Überreste dreier mit Handschellen gefesselter Leichen im Dorf von Biscáni in der Nähe von Prijedor von zurückkehrenden Flüchtlingen am Grund eines Brunnens gefunden. Durch Autopsien und forensische Tests wurden diese Leichen als Pater Matanović, Josip Matanović und Božena Matanović identifiziert. Die medizinischen Untersuchungen der sterblichen Überreste ergaben, dass die drei Personen aus nächster Nähe erschossen worden waren. Ballistische Tests ergaben, dass sie mit Waffen erschossen worden waren, die von PolizeibeamtInnen verwendet werden. Die Handschellen, mit denen sie gefesselt waren, entsprachen ebenfalls dem Typ, der von der Polizei verwendet wird. Diese Beweismittel legen nahe, dass PolizeibeamtInnen für diese außergerichtlichen Hinrichtungen verantwortlich sind.
Das Begräbnis der Familie Matanović wurde am 24. November 2001 in Banja Luka abgehalten. Das katholische Begräbnis wurde von Bischof Komarica aus Banja Luka geleitet, der Jahre damit verbracht hatte, das Schicksal der Familie Matanović aufzudecken.
Die Menschenrechtskammer von Bosnien und Herzegowina beschäftigte sich bereits 1997 mit dem Fall der Familie Matanović. Verschiedene Berichte gaben an, dass Pater Matanović einer von 12 Personen auf einer Liste von Gefangenen für einen Gefangenenaustausch war, der jedoch nicht akzeptiert wurde. Die Menschenrechtskammer erteilte den Behörden der Republika Srpska im Juli 1997 den Auftrag, sofort mit Nachforschungen nach dem Aufenthaltsort oder Schicksal der Familie Matanović zu beginnen und ihre Freilassung zu veranlassen, falls sie noch am Leben seien. Bis Ende 2000 wurden allerdings keine ernsthaften Anstrengungen unternommen, diesen Fall aufzuklären.
2002 wurde eine Untersuchung vor dem Internationalen Strafgericht für das frühere Jugoslawien eröffnet. 11 ehemalige PolizeibeamtInnen aus Prijedor wurden unter dem Verdacht verhaftet, in die illegale Haft der Opfer verwickelt gewesen zu sein. Im Januar 2003 wurden die ehemaligen PolizistInnen in diesem Zusammenhang wegen Kriegsverbrechen angeklagt, im Mai 2004 begann der Prozess im Bezirksgericht von Banja Luka. Es war der erste Prozess wegen mutmaßlich von serbischen TäterInnen begangenen Kriegsverbrechen in der Republika Srbska. 2005 wurden alle Verdächtigen wegen Mangels an Beweisen vom Vorwurf der illegalen Haft freigesprochen. Eine weitere Untersuchung des Mordes an Pater Matanović und seinen Eltern seitens des Innenministeriums der Republika Srbska in Zusammenarbeit mit dem Generalstaatsanwalt ist noch im Laufen. Obwohl angeblich erwiesen ist, dass die 11 ehemaligen PolizeibeamtInnen die letzten waren, die die Opfer lebend gesehen haben, sind sie nicht wegen Mordes angeklagt worden.
Mehr als ein Jahrzehnt nach dem Ende des Krieges in Bosnien und Herzegowina (1992-95) sind noch immer mindestens 13.000 Menschen vermisst. Viele davon sind dem Verschwindenlassen durch Angehörige von Armeen, Polizeikräften und paramilitärischen Gruppierungen, die in den Krieg verwickelt waren, zum Oper gefallen. In vielen Fällen sind die TäterInnen nicht vor Gericht gestellt worden und die Angehörigen all derer, die dem Verschwindenlassen zum Opfer gefallen sind, kämpfen noch immer mit Traumata. Die Opfer stammen aus allen ethnischen Gruppen, die Betroffenen sind SoldatInnen und ZivilistInnen, Männer, Frauen und Kinder.