F
Feuerengel
Guest
Rozafa - die eingemauerte Frau
Rozafa ist der Ursprung einer alten, sagenumwobenen Stadt. Alles beginnt mit einer Legende, alles geht weiter wie in einer Legende. Rozafa war da, schon vor Christi Geburt, sie ist auch heute noch da.
Wer die Legende von der Festung Rozafa kennt, weiß um den lebenden Mutterleib, den ihre Mauern bergen. Die Frau 'Rozafa' bat einst darum, eine ihrer Brüste nicht miteinzumauern, damit sie ihren kleinen Sohn nähren könne. Mit ihrem Körper gab Rozafa einem Kind das Leben, mit ihrer Selbstentsagung gab sie einer Stadt das Leben. Über ihr wurde eine Burg erbaut; in der Legende verschaffte die Einmauerung dieser Frau den drei Brüdern Wohlwollen. Wie stets wird jemand geopfert, damit ewas Größeres leben kann. Und Shkodra lebte in all den Jahrhunderten durch dieses legendäre Opfer.
Die Geschichte der Menschen hat in ihrer unterbewußten Turbulenz ihre paradoxe Unvernunft unter Beweis gestellt: etwas Heiliges wird weggegeben, um etwas Heiliges zu gewinnen! Das Leben ist heilig. Kommende Generationen können sich ihres Lebens freuen, weil ein anderes erlosch. Rozafa, diese schlichte Frau, hätte wie alle anderen sterben können - unscheinbar und vergessen, doch sie starb, ohne es selbst zu wissen, um als Legende weiterzuleben. Dieses Paradoxen menschlicher Vernunft führt uns zu einem Anfang: Der orakelhafte Alte sagt den Brüdern, sie müßten eine ihrer Frauen opfern, damit die Mauer stehen bleibt. Will diese philosophische Lehre des Orakels, diese einzigartige symbolische Handung, denn nicht sagen, daß du, wenn du etwas Heiliges verlierst, das zu schätzen beginnst, was du auf diesem Verlust aufbauen konntest? Eben dies vollzieht sich ganz natürlich zu Rozafas Zeit, der Frau, die eingemauert wurde, um Leben zu spenden. Sie wurde eingemauert, weil das Orakel es so sagte; sie wurde zur Märtyrerin überlieferter Bräuche, und das macht die philosophische Stärke der Legende aus: das Opfer als unbedingte Notwendigkeit.
Sind etwa alle Menschen opferbereit? Nein, in Wirklichkeit aber doch! Jeder von uns verliert etwas, einer mehr, der andere weniger, ungewollt und unbewußt. Das geschieht ebenso natürlich, wie es mit Rozafa geschehen war. Unsere Verluste sind allerdings klein und individuell, Rozafas Verlust hingegen ereilte sie zum Wohl umfassender Interessen: für den Bau einer Schutzmauer für die Stadt Shkodra.
Diese Geschichte erzählte mir meine Mutter früher.
Auf albanisch nennt man diese Gechichte auch ,,Muri i gjallë"
(dt. Die lebendige/lebende Mauer)
Rozafa ist der Ursprung einer alten, sagenumwobenen Stadt. Alles beginnt mit einer Legende, alles geht weiter wie in einer Legende. Rozafa war da, schon vor Christi Geburt, sie ist auch heute noch da.
Wer die Legende von der Festung Rozafa kennt, weiß um den lebenden Mutterleib, den ihre Mauern bergen. Die Frau 'Rozafa' bat einst darum, eine ihrer Brüste nicht miteinzumauern, damit sie ihren kleinen Sohn nähren könne. Mit ihrem Körper gab Rozafa einem Kind das Leben, mit ihrer Selbstentsagung gab sie einer Stadt das Leben. Über ihr wurde eine Burg erbaut; in der Legende verschaffte die Einmauerung dieser Frau den drei Brüdern Wohlwollen. Wie stets wird jemand geopfert, damit ewas Größeres leben kann. Und Shkodra lebte in all den Jahrhunderten durch dieses legendäre Opfer.
Die Geschichte der Menschen hat in ihrer unterbewußten Turbulenz ihre paradoxe Unvernunft unter Beweis gestellt: etwas Heiliges wird weggegeben, um etwas Heiliges zu gewinnen! Das Leben ist heilig. Kommende Generationen können sich ihres Lebens freuen, weil ein anderes erlosch. Rozafa, diese schlichte Frau, hätte wie alle anderen sterben können - unscheinbar und vergessen, doch sie starb, ohne es selbst zu wissen, um als Legende weiterzuleben. Dieses Paradoxen menschlicher Vernunft führt uns zu einem Anfang: Der orakelhafte Alte sagt den Brüdern, sie müßten eine ihrer Frauen opfern, damit die Mauer stehen bleibt. Will diese philosophische Lehre des Orakels, diese einzigartige symbolische Handung, denn nicht sagen, daß du, wenn du etwas Heiliges verlierst, das zu schätzen beginnst, was du auf diesem Verlust aufbauen konntest? Eben dies vollzieht sich ganz natürlich zu Rozafas Zeit, der Frau, die eingemauert wurde, um Leben zu spenden. Sie wurde eingemauert, weil das Orakel es so sagte; sie wurde zur Märtyrerin überlieferter Bräuche, und das macht die philosophische Stärke der Legende aus: das Opfer als unbedingte Notwendigkeit.
Sind etwa alle Menschen opferbereit? Nein, in Wirklichkeit aber doch! Jeder von uns verliert etwas, einer mehr, der andere weniger, ungewollt und unbewußt. Das geschieht ebenso natürlich, wie es mit Rozafa geschehen war. Unsere Verluste sind allerdings klein und individuell, Rozafas Verlust hingegen ereilte sie zum Wohl umfassender Interessen: für den Bau einer Schutzmauer für die Stadt Shkodra.
Diese Geschichte erzählte mir meine Mutter früher.
Auf albanisch nennt man diese Gechichte auch ,,Muri i gjallë"
(dt. Die lebendige/lebende Mauer)