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Russische Aussenpolitik der Aufrechnung

skenderbegi

Ultra-Poster
23. Juli 2007, Neue Zürcher Zeitung

Russische Aussenpolitik der Aufrechnung

Russische Aussenpolitik der Aufrechnung

Demonstrative Selbstsicherheit Moskaus gegenüber dem Westen






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Russische Aussenpolitik der Aufrechnung

Demonstrative Selbstsicherheit Moskaus gegenüber dem Westen
Der Fall Litwinenko, die Sistierung des europäischen Abrüstungsvertrags und die Obstruktion im Kosovo-Konflikt zeigen die aussenpolitische Härte Moskaus auf. Diese löst in Russland selber positive Reaktionen aus. Weitsichtig ist diese Aussenpolitik der Aufrechnung aber nicht. ...
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Der Fall Litwinenko, die Sistierung des europäischen Abrüstungsvertrags und die Obstruktion im Kosovo-Konflikt zeigen die aussenpolitische Härte Moskaus auf. Diese löst in Russland selber positive Reaktionen aus. Weitsichtig ist diese Aussenpolitik der Aufrechnung aber nicht.


mac. Moskau, 22. Juli
«Unter der Aussenwelt versteht man bei uns den Westen. Das ist ein grosser Fehler. Es gibt beispielsweise China, Indien – sie hören uns und verstehen unsere Argumente.» Sergei Iwanow, einer der beiden Ersten stellvertretenden Ministerpräsidenten Russlands und immer wieder als Prätendent für die Nachfolge Präsident Putins gehandelt, hat am Samstag gegenüber Vertretern der kremlnahen Jugendorganisation Naschi (Die Unsrigen) angedeutet, was viele denken: Russland fühlt sich vom Westen nicht gehört, mutwillig missverstanden und nicht ernst genommen. Diese Enttäuschung ist nicht neu. Aber sie beschäftigt all jene ganz besonders, die mit der Herrschaft Putins und der gestiegenen Bedeutung des russischen Ressourcenreichtums die Zeit dafür gekommen sehen, dass Russland der Langmut gegenüber Amerika und Europa ein Ende setzt.
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Klima der Suggestionen und Vorwürfe

Putins wahr gemachte Drohung, den Vertrag über die konventionellen Streitkräfte in Europa auf Eis zu legen, die Unnachgiebigkeit und Untätigkeit im Fall Litwinenko und das Scheitern der Kosovo-Verhandlungen im Rahmen der Vereinten Nationen zeigen, dass Moskau der Konfrontation nicht aus dem Weg geht. Keiner dieser Positionsbezüge in der Aussenpolitik kam überraschend. Sie reihen sich ein in den Streit um die amerikanischen Raketenabwehrpläne in Ostmitteleuropa, den derzeit eher gehässigen Ton zwischen der Europäischen Union und Russland wegen der Handelspolitik und des russischen Demokratieverständnisses und in die völlig überzogene Reaktion auf die Verlegung eines sowjetischen Soldatendenkmals in Estland. Ein neuer kalter Krieg ziehe auf, heisst es bereits dramatisierend in Ost und West. Und dass britische und norwegische Jagdflugzeuge der Küstenwache wegen russischer Bomber auf Übungsflügen über dem Atlantik aufsteigen, passt in das Klima der Suggestionen und Beschuldigungen.
Russlands Selbstsicherheit und die gegenwärtig verbreitete Sprache der Aufrechnung nach dem Motto «Bei euch ist es schlimmer als bei uns» trüben den Blick auf die Realitäten. Im Fall des ehemaligen Geheimdienstagenten Alexander Litwinenko geht es um einen höchst perfiden Mord, dessen Spuren nach Russland führen. Von Anfang an hat sich Moskau gegenüber den britischen Ermittlern wenig kooperativ gezeigt, und seit der offiziellen Anklage gegen den früheren Geheimdienstmitarbeiter Andrei Lugowoi ist gar nichts geschehen. Mit der verfassungsmässigen Unmöglichkeit, den Beschuldigten auszuliefern, hat das primär nichts, mit russischer Politik schon eher etwas zu tun.
Dem schillernden Geschäftsmann Lugowoi, seinem Mitstreiter Dmitri Kowtun und einem mindestens ebenso dubiosen angeblichen Zeugen namens Wjatscheslaw Scharko wurde vielmehr die Gelegenheit geboten, in der Öffentlichkeit eine Version der Geschichte zu präsentieren, in welcher der britische Geheimdienst und der Intimfeind des Kremls, der im Londoner Exil lebende Wirtschaftsmagnat Boris Beresowski, am Pranger stehen. Die Glaubwürdigkeit dieser wenig nachvollziehbaren Spionagegeschichten wird nicht grösser, wenn Beresowski mittlerweile für praktisch alles, was in den Augen der herrschenden Elite politisch höchst gefährlich ist, verantwortlich sein soll. Je absurder die Vorwürfe an den gewiss nicht lammfrommen Beresowski sind, umso grösser wird der Zweifel am rechtsstaatlichen Agieren der Justiz und umso geringer ist die Bereitschaft der Briten, den Mann an Russland auszuliefern. Allein die Aufrechnung Beresowskis gegen Lugowoi ist unergiebig und zeugt von eigenartigem rechtsstaatlichem Verständnis.
Russlands Aussenpolitik der Aufrechnung und Rechthaberei trübt nicht nur den Blick für die Realitäten, sondern ist auch alles andere als effektiv und weitsichtig. Während die für eine eher einfältige Antwort lange Reaktionszeit im diplomatischen Geplänkel mit London auf die inneren Spannungen um den richtigen aussenpolitischen Kurs gegenüber dem Westen verweist, mutet es fast absurd an, wenn nach dem Scheitern der Kosovo-Resolution im Uno-Sicherheitsrat die russische Diplomatie sich als Siegerin wähnt.

Grenzen der Selbstherrlichkeit

Der Fall Kosovo zeigt exemplarisch, wie es Moskau nicht gelingt, sich konstruktiv zu beteiligen. Als selbsternannter slawischer Patenonkel der Serben hätte Russland in Belgrad sein Gewicht gewiss produktiver einbringen können, als die serbische Obstruktion mitzutragen. Und die Beschwörung des Präzedenzfalls Kosovo für die zahlreichen ungelösten Konflikte im postsowjetischen Raum hat den dortigen Lokalpotentaten erst recht ein Argumentarium in die Hand gegeben. Das Scheitern der Uno-Verhandlungen nun als Erfolg zu preisen, ist darum fahrlässig, weil damit verkannt wird, dass Russland sich – nicht zum ersten Mal auf dem Balkan – selber ins Abseits manövriert hat. Der Fall Kosovo und die angespannten Beziehungen zu London sowie, in geringerem Mass, zu Warschau belasten das Verhältnis zur EU und zum Westen insgesamt. Der Fall Kosovo zeigt zugleich die Grenzen der aussenpolitischen Selbstherrlichkeit Russlands auf.


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vernünftige analyse die das dilemma der russischen politik wiederspiegelt....
 
Kosovo ist nur der anlaßfall für die Supermächte USA und Rußland stärke zu zeigen,man will sich keine Blöße geben.
 
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