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Russland - Ein Land ertrinkt im Suff

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Gelöschtes Mitglied 8317

Guest
Russland und der Alkohol

Ein Land ertrinkt im Suff

85 Prozent der russischen Männer trinken regelmäßig. Üblicherweise Wodka. Zehntausende sterben jährlich an den Folgen der Sucht - nun will Präsident Putin die staatlichen Kontrollen verschärfen.

Von Von Daniel Brössler

Genau kann sich Wladimir Tscherwotschkin nicht mehr erinnern. "Es war mein Geburtstag", sagt der junge Mann mit den kurz geschorenen Haaren leise. "Der andere hat angefangen und ich war in einer Verfassung, in der ich mich nicht mehr unter Kontrolle hatte."

Wie viel Wodka es bedurfte, um in diese Verfassung zu geraten, weiß Wladimir nicht. Er weiß aber, dass er so lange auf "den anderen" eingeschlagen und eingetreten hat, bis er tot war.

So kam Tscherwotschkin als 16-Jähriger in die Jugendstrafkolonie 42/1 unweit der nordrussischen Stadt Archangelsk, verurteilt zu vier Jahren Haft. Leidenschaftslos schildert er den militärisch-straffen Alltag, sechs Uhr Wecken, Frühsport, Bettenmachen, Appell, dann Schule.

Ein Euro pro Flasche

235 Jungen zwischen 14 und 18 Jahren büßen hier für ihre Taten - oft Mord, meist im Suff. 83 Prozent der russischen Mörder sind zur Tatzeit betrunken - ebenso wie 60 Prozent ihrer Opfer.

Russland hat ein Alkoholproblem. Eines, das sich aus der Statistik nicht gleich erschließt. Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch reinen Alkohols liegt bei 8,1 Litern, unter dem Portugals, Frankreichs oder Deutschlands. In den offiziellen Zahlen freilich fehlen zwei wichtige Quellen des russischen Alkoholkonsums: Selbstgebranntes und Schmuggelware.

Experten gehen davon aus, dass der tatsächliche Verbrauch bei 15 bis 19 Litern liegt. 85 Prozent der russischen Männer trinken regelmäßig. Üblicherweise Wodka. Zwar hat auch der Bierkonsum erheblich zugenommen, doch der Gerstensaft ist eher ein Zusatzgetränk. "Bier ohne Wodka", verkünden russische Männer augenzwinkernd, "ist rausgeschmissenes Geld".

Solche Witzchen freilich sind vom ersten Mann im Staate öffentlich nicht zu hören. Im Gegenteil: Anders als sein Vorgänger Boris Jelzin legt Präsident Wladimir Putin Wert auf ein sportliches, ein nüchternes Image. Dazu passt, dass er - wie schon so mancher Moskauer Herrscher zuvor - dem Alkohol nun den Kampf angesagt hat.

Kampf dem Alkohol! - Also dem schlechten zumindest
Jedenfalls dem schlechten. "Eine der wichtigsten Fragen ist die Qualitätskontrolle des Alkohols, denn in Folge des jetzigen Systems sterben jährlich 40.000 Menschen", sagte Putin bei einem Treffen mit den Gouverneuren des Landes und kündigte eine stärkere Kontrolle des Staates über die Alkoholproduktion an.

Tatsächlich verhält es sich mit dem Wodka wie mit allen anderen Bereichen des Lebens in Russland: das Wohlstandsgefälle ist gewaltig. Wer es sich leisten kann, unter den Kronleuchtern im opulenten Moskauer Delikatessengeschäft Jelissejew einzukaufen, findet zehn Meter verschiedener Wodkamarken vor - vom gewöhnlichen Prasdnitschnaja zu 97,10 Rubel (2,80 Euro) bis zum extravaganten Kauffmann Tschastnaja für 4289 Rubel (124Euro).

Die meisten der knapp 370 russischen Spirituosenhersteller richten sich freilich an ein anderes Publikum. Mancherorts ist eine Flasche für weniger als einen Euro zu bekommen - bei entsprechender Qualität. Und wem das immer noch zu teuer ist, dem bleibt Samogon, das Selbstgebrannte.

Der beachtliche Schwarzmarktanteil erschwert Schätzungen, wie viel Geld mit hartem Alkohol in Russland verdient wird. Auf 7,5 Milliarden Euro wird allein der legale Wodka-Markt beziffert. Aus den Abgaben auf Wodka fließen 1,4 Milliarden Euro jährlich in den Staatshaushalt.

Nach einer durchzechten Nacht

Diese Rechnung freilich ist irreführend, denn enorm sind auch die Kosten. Die Zeitung Kommersant schätzt, dass 20 Prozent der Ausgaben im Gesundheitswesen in die Rauschbehandlung fließen. Hinzu kommen die schwer zu beziffernden Verluste, die jene verursachen, die nach einer durchzechten Nacht nicht zur Arbeit erscheinen.

Das alles ist schlimm, doch für mehrere Forscher ist der Alkoholkonsum Ursache eines noch viel gravierenderen Übels: dem dramatischen Rückgang der Bevölkerung. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion ist sie ständig geschrumpft. Bis zur Mitte des Jahrhunderts, so schätzen die Vereinten Nationen, wird die Einwohnerzahl Russlands von 144 auf 112 Millionen sinken. Schuld ist vor allem die hohe Sterblichkeit.

Von 10,4 Sterbefällen auf 1000 Einwohner 1986 stieg diese Ziffer 2005 auf 16,9. "Das ist eine Rate, die in afrikanischen Staaten vorgefunden wird, die unter einer Aids-Epidemie leiden", schreiben Darija Chalturina und Andrej Korotajew in einem Aufsatz über "Wodka und die demografische Krise". Die Forscher vom Zentrum für zivilisatorische und regionale Studien in Moskau zeichnen ein ernüchterndes Bild.

"Jeder dritte Todesfall ist die direkte oder indirekte Folge von Alkoholkonsum. Das sind mehr als 700.000 Todesfälle im Jahr." Die Lebenserwartung russischer Männer liegt nur bei knapp 60 Jahren, ihre deutschen Geschlechtsgenossen werden im Schnitt 74,5 Jahre, russische Frauen immerhin 73 Jahre alt.

"Alkohol ist eine Gefahr für die nationale Sicherheit"
"Alkohol ist zu einer Gefahr für die nationale Sicherheit geworden. Zwischen 1990 und 2001 spielte er eine Rolle beim Tod von sieben Millionen Menschen. Das übertrifft die Zahl der Opfer von Terroranschlägen außerhalb Tschetscheniens mehrere tausend Mal", mahnen Chalturina und Korotajew. Das dramatische Ausmaß des Problems hat womöglich auch Putin erkannt.

"Für uns wäre es die beste Lösung des Problems, wenn die Regierung das staatliche Alkoholmonopol wieder einführen würde", verkündete er während seines Treffens mit den Gouverneuren. Seitdem rätselt Russland, was er damit gemeint hat. Eine Verstaatlichung der Alkohol-Industrie? Staatliche Alkoholläden?

Der Parlamentsvorsitzende Boris Gryslow trug kaum zur Aufklärung bei, als er ein neues Alkoholgesetz bereits für Herbst ankündigte. "Ende des Jahres werden wir eine Situation haben, in welcher der Alkoholmarkt vollständig transparent sein wird und sich die staatliche Regulierung verstärkt", orakelte er.

Der Chef des Wirtschaftssausschusses, Walerij Draganow, präzisierte, es werde ein "staatliches Informationssystem" geben, das die produzierte Alkoholmenge reguliere. Nach einem anderen Modell würde der Staat den Alkohol von den Produzenten aufkaufen, um ihn dann wieder an die Getränkehersteller zu verkaufen.

Die Einnahmen der Zaren

Solche Überlegungen freilich nähren das Misstrauen, der Staat wolle nur noch mehr Geld mit dem Alkohol verdienen. Das wäre nicht neu. Im zaristischen Russland des 18.Jahrhunderts lieferte die Schnapssteuer zeitweise die Hälfte der indirekten Steuereinnahmen.

Experten sind sich einig, dass nur ein wirklich erschwerter Zugang zum Alkohol Erfolg hätte. Der letzte Kremlchef, der das ernsthaft versucht hat, war Michail Gorbatschow. Mit seinem "trockenen Gesetz" wollte er die "Vernichtung des Volkes" beenden. Die Alkoholproduktion wurde stark gedrosselt, Schnaps zur Mangelware gemacht.

Viele Russen griffen daraufhin freilich zu Selbstgebranntem oder zu gepantschtem Wodka. Noch heute kursieren Schauergeschichten darüber, was in jener Zeit in den Kehlen landete. Einmal wurde der Tod von 30 sibirischen Waldarbeitern gemeldet.

Sie hatten Bremsflüssigkeit getrunken. Dennoch sei Gorbatschows Kampagne anfangs ein Erfolg gewesen, behaupten Chalturina und Korotajew. Zwischen 1984 und 1987 sei der Alkoholkonsum um 27 Prozent gesunken. Auch heute könnten drastische Maßnahmen helfen.

Regulär soll Wladimir Tscherwotschkin 2007 aus dem Gefängnis entlassen werden. Dann wünscht er sich ein "normales Leben". Die neuen Alkoholgesetze müssten dann schon in Kraft sein.
 
"Alkohol ist die Tragödie unserer Wirtschaft"
VON EDUARD STEINER, MOSKAU



Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass in Russland 25 Prozent der Männer bereits bis zum 55. Lebensjahr versterben, während es etwa in Großbritannien sieben Prozent sind. Ein Hauptgrund soll der hohe Alkoholkonsum sein

In Russland ist Alkoholismus trotz vieler Gesetze noch immer ein Grundübel – und deshalb ein Problem für die Wirtschaft. Vor allem außerhalb der Metropolen gibt es kaum noch brauchbare Arbeitskräfte.

In vertrauter Runde erzählte ein russischer Milliardär, der im landwirtschaftlichen Sektor agiert, von seinen Erfahrungen auf dem russischen Land. Schön sei es dort, große Flächen ohne Ende – eigentlich ein riesiges Potenzial. Nur als er auf die potenziellen Mitarbeiter zu sprechen kam, trübte sich sein Blick ein.

"Wenn man zehn Personen zum Vorstellungsgespräch kommen lässt, kann man sechs bis sieben davon gleich wieder nach Hause schicken", erzählte der Unternehmer: "Von den restlichen drei bis vier bleiben nach einem Monat zwei übrig". Doch warum ist das so? "Alkohol", entgegnete der Unternehmer: "80 Prozent der Landbevölkerung ist wegen übermäßigen Alkoholkonsums entweder teilweise oder gänzlich unbrauchbar für eine geregelte Arbeit. Das ist die Tragödie unserer Wirtschaft".

Es ist nicht nur eine Tragödie für die russische Wirtschaft, die an der Grenze zur Rezession steht und angesichts ihrer zuvor schnellen Aufwärtsentwicklung unter einem chronisch eklatanten Mangel an qualifizierten und belastbaren Arbeitskräften leidet.
Der Alkoholmissbrauch eines Flughafenmitarbeiters ist möglicherweise auch der Grund dafür, dass in der Nacht auf Dienstag der Chef des französischen Gaskonzerns Total, Christophe de Margerie, auf dem Flughafen Wnukowo in Moskau verunglückte.

25 Prozent der Männer sterben bis zum 55. Lebensjahr
Das Flugzeug berührte während des Starts einen Schneepflug auf der Landebahn, stürzte ab und fing sofort Feuer. Der Schneepflug-Fahrer soll nach Angaben der Ermittler betrunken gewesen sein. Der Anwalt des 60-Jährigen dementiert. Sein Mandant trage keine Schuld.


Der Privatjet liegt ausgebrannt auf einer Wiese. Er war mit einem Schneepflug zusammengeprallt. Doch wie konnte es zu dem Unfall kommen, bei dem Total-Chef Christophe de Margerie starb?
Quelle: Reuters

Fakt ist, dass Alkohol in Russland auch jenseits westlicher Klischees ein Problem ist – und sich die Situation kaum bessert. Zu Jahresbeginn veröffentlichte die russische Akademie der medizinischen Wissenschaften eine Vergleichsstudie. Sie zeigt, dass die Lebenserwartung von Männern vor allem durch Wodka-Konsum sinkt. Demnach sterben in Russland 25 Prozent der Männer bereits bis zum 55. Lebensjahr, während es etwa in Großbritannien sieben Prozent sind.

Zuvor hatten dieselben Autoren in einer großen Studie in drei russischen Städten ermittelt, dass in den Jahren 1990 bis 2001 sogar 52 Prozent der Todesfälle unter der erwerbsfähigen Bevölkerung mit Alkohol in Verbindung standen.

Jeder Russe trinkt 14 Liter reinen Alkohol pro Jahr
Natürlich waren die 90er-Jahre geprägt von einer rapiden Zunahme des Alkoholmissbrauchs und der Alkoholabhängigkeit. Der Zerfall der jahrzehntelangen Diktatur hatte nach einer Kurzeuphorie zu tiefgreifenden Irritierungen, wiederholten Geldverlusten durch Masseninflation und Dauerstress im Überlebenskampf geführt.

Vorbei war die Zeit, als der letzte Sowjetpräsident Michail Gorbatschow mit seiner berühmten Anti-Alkohol-Kampagne (genannt: das "trockene Gesetz") die Sterblichkeit durch Alkoholmissbrauch um 25 Prozent gesenkt hatte.

Die spätere, erneute Verbesserung der Situation im Jahr 1998 stand mit dem Rubelcrash in Verbindung. Und ab 2005 – also bereits unter Kremlchef Wladimir Putin – begann sich die Situation zu verbessern. Strengere Gesetze und der wachsende Wohlstand verbesserten die Situation der Bevölkerung.

In Russland wird vor allem hochprozentiger Alkohol konsumiert

Statistisch trinkt jeder Russe derzeit gut 14 Liter reinen Alkohol pro Jahr. Gemeinsam mit anderen osteuropäischen Staaten landet Russland so im weltweiten Vergleich auf den "Spitzenplätzen". Im Jahr 2010 lag der Konsum sogar noch bei 15 Litern, 2008 bei 18 Litern.


Mehr Wohlstand – Wein wird beliebter
Die Tendenz ist also positiv, und Russlands Bürger sind auf dem Weg, deutlich weniger zu trinken. Dazu kommt, dass die Russen durch zunehmenden Wohlstand auch immer mehr Wein trinken.
Außerdem werden in russischen Großstädten westliche Gesundheitstrends immer beliebter und selbst bei den sonst berüchtigten Geschäftsessen ist Alkohol nicht mehr obligatorisch. Und nicht zuletzt hat die Regierung mit zahlreichen Verordnungen den Zugang zu Alkohol erschwert und verteuert. Unter anderem hat Russland Mindestpreise für Spirituosen wie Wodka oder Cognac festgelegt und zuletzt solche auch für Wein diskutiert. Die sukzessiven Preiserhöhungen führten dazu, dass die Wodkaproduktion im ersten Quartal dieses Jahres um 17 Prozent zurückging.
 
Russland und der Alkohol

Ein Land ertrinkt im Suff

85 Prozent der russischen Männer trinken regelmäßig. Üblicherweise Wodka. Zehntausende sterben jährlich an den Folgen der Sucht - nun will Präsident Putin die staatlichen Kontrollen verschärfen.

Von Von Daniel Brössler

Genau kann sich Wladimir Tscherwotschkin nicht mehr erinnern. "Es war mein Geburtstag", sagt der junge Mann mit den kurz geschorenen Haaren leise. "Der andere hat angefangen und ich war in einer Verfassung, in der ich mich nicht mehr unter Kontrolle hatte."

Wie viel Wodka es bedurfte, um in diese Verfassung zu geraten, weiß Wladimir nicht. Er weiß aber, dass er so lange auf "den anderen" eingeschlagen und eingetreten hat, bis er tot war.

So kam Tscherwotschkin als 16-Jähriger in die Jugendstrafkolonie 42/1 unweit der nordrussischen Stadt Archangelsk, verurteilt zu vier Jahren Haft. Leidenschaftslos schildert er den militärisch-straffen Alltag, sechs Uhr Wecken, Frühsport, Bettenmachen, Appell, dann Schule.

Ein Euro pro Flasche

235 Jungen zwischen 14 und 18 Jahren büßen hier für ihre Taten - oft Mord, meist im Suff. 83 Prozent der russischen Mörder sind zur Tatzeit betrunken - ebenso wie 60 Prozent ihrer Opfer.

Russland hat ein Alkoholproblem. Eines, das sich aus der Statistik nicht gleich erschließt. Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch reinen Alkohols liegt bei 8,1 Litern, unter dem Portugals, Frankreichs oder Deutschlands. In den offiziellen Zahlen freilich fehlen zwei wichtige Quellen des russischen Alkoholkonsums: Selbstgebranntes und Schmuggelware.

Experten gehen davon aus, dass der tatsächliche Verbrauch bei 15 bis 19 Litern liegt. 85 Prozent der russischen Männer trinken regelmäßig. Üblicherweise Wodka. Zwar hat auch der Bierkonsum erheblich zugenommen, doch der Gerstensaft ist eher ein Zusatzgetränk. "Bier ohne Wodka", verkünden russische Männer augenzwinkernd, "ist rausgeschmissenes Geld".

Solche Witzchen freilich sind vom ersten Mann im Staate öffentlich nicht zu hören. Im Gegenteil: Anders als sein Vorgänger Boris Jelzin legt Präsident Wladimir Putin Wert auf ein sportliches, ein nüchternes Image. Dazu passt, dass er - wie schon so mancher Moskauer Herrscher zuvor - dem Alkohol nun den Kampf angesagt hat.

Kampf dem Alkohol! - Also dem schlechten zumindest
Jedenfalls dem schlechten. "Eine der wichtigsten Fragen ist die Qualitätskontrolle des Alkohols, denn in Folge des jetzigen Systems sterben jährlich 40.000 Menschen", sagte Putin bei einem Treffen mit den Gouverneuren des Landes und kündigte eine stärkere Kontrolle des Staates über die Alkoholproduktion an.

Tatsächlich verhält es sich mit dem Wodka wie mit allen anderen Bereichen des Lebens in Russland: das Wohlstandsgefälle ist gewaltig. Wer es sich leisten kann, unter den Kronleuchtern im opulenten Moskauer Delikatessengeschäft Jelissejew einzukaufen, findet zehn Meter verschiedener Wodkamarken vor - vom gewöhnlichen Prasdnitschnaja zu 97,10 Rubel (2,80 Euro) bis zum extravaganten Kauffmann Tschastnaja für 4289 Rubel (124Euro).

Die meisten der knapp 370 russischen Spirituosenhersteller richten sich freilich an ein anderes Publikum. Mancherorts ist eine Flasche für weniger als einen Euro zu bekommen - bei entsprechender Qualität. Und wem das immer noch zu teuer ist, dem bleibt Samogon, das Selbstgebrannte.

Der beachtliche Schwarzmarktanteil erschwert Schätzungen, wie viel Geld mit hartem Alkohol in Russland verdient wird. Auf 7,5 Milliarden Euro wird allein der legale Wodka-Markt beziffert. Aus den Abgaben auf Wodka fließen 1,4 Milliarden Euro jährlich in den Staatshaushalt.

Nach einer durchzechten Nacht

Diese Rechnung freilich ist irreführend, denn enorm sind auch die Kosten. Die Zeitung Kommersant schätzt, dass 20 Prozent der Ausgaben im Gesundheitswesen in die Rauschbehandlung fließen. Hinzu kommen die schwer zu beziffernden Verluste, die jene verursachen, die nach einer durchzechten Nacht nicht zur Arbeit erscheinen.

Das alles ist schlimm, doch für mehrere Forscher ist der Alkoholkonsum Ursache eines noch viel gravierenderen Übels: dem dramatischen Rückgang der Bevölkerung. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion ist sie ständig geschrumpft. Bis zur Mitte des Jahrhunderts, so schätzen die Vereinten Nationen, wird die Einwohnerzahl Russlands von 144 auf 112 Millionen sinken. Schuld ist vor allem die hohe Sterblichkeit.

Von 10,4 Sterbefällen auf 1000 Einwohner 1986 stieg diese Ziffer 2005 auf 16,9. "Das ist eine Rate, die in afrikanischen Staaten vorgefunden wird, die unter einer Aids-Epidemie leiden", schreiben Darija Chalturina und Andrej Korotajew in einem Aufsatz über "Wodka und die demografische Krise". Die Forscher vom Zentrum für zivilisatorische und regionale Studien in Moskau zeichnen ein ernüchterndes Bild.

"Jeder dritte Todesfall ist die direkte oder indirekte Folge von Alkoholkonsum. Das sind mehr als 700.000 Todesfälle im Jahr." Die Lebenserwartung russischer Männer liegt nur bei knapp 60 Jahren, ihre deutschen Geschlechtsgenossen werden im Schnitt 74,5 Jahre, russische Frauen immerhin 73 Jahre alt.

"Alkohol ist eine Gefahr für die nationale Sicherheit"
"Alkohol ist zu einer Gefahr für die nationale Sicherheit geworden. Zwischen 1990 und 2001 spielte er eine Rolle beim Tod von sieben Millionen Menschen. Das übertrifft die Zahl der Opfer von Terroranschlägen außerhalb Tschetscheniens mehrere tausend Mal", mahnen Chalturina und Korotajew. Das dramatische Ausmaß des Problems hat womöglich auch Putin erkannt.

"Für uns wäre es die beste Lösung des Problems, wenn die Regierung das staatliche Alkoholmonopol wieder einführen würde", verkündete er während seines Treffens mit den Gouverneuren. Seitdem rätselt Russland, was er damit gemeint hat. Eine Verstaatlichung der Alkohol-Industrie? Staatliche Alkoholläden?

Der Parlamentsvorsitzende Boris Gryslow trug kaum zur Aufklärung bei, als er ein neues Alkoholgesetz bereits für Herbst ankündigte. "Ende des Jahres werden wir eine Situation haben, in welcher der Alkoholmarkt vollständig transparent sein wird und sich die staatliche Regulierung verstärkt", orakelte er.

Der Chef des Wirtschaftssausschusses, Walerij Draganow, präzisierte, es werde ein "staatliches Informationssystem" geben, das die produzierte Alkoholmenge reguliere. Nach einem anderen Modell würde der Staat den Alkohol von den Produzenten aufkaufen, um ihn dann wieder an die Getränkehersteller zu verkaufen.

Die Einnahmen der Zaren

Solche Überlegungen freilich nähren das Misstrauen, der Staat wolle nur noch mehr Geld mit dem Alkohol verdienen. Das wäre nicht neu. Im zaristischen Russland des 18.Jahrhunderts lieferte die Schnapssteuer zeitweise die Hälfte der indirekten Steuereinnahmen.

Experten sind sich einig, dass nur ein wirklich erschwerter Zugang zum Alkohol Erfolg hätte. Der letzte Kremlchef, der das ernsthaft versucht hat, war Michail Gorbatschow. Mit seinem "trockenen Gesetz" wollte er die "Vernichtung des Volkes" beenden. Die Alkoholproduktion wurde stark gedrosselt, Schnaps zur Mangelware gemacht.

Viele Russen griffen daraufhin freilich zu Selbstgebranntem oder zu gepantschtem Wodka. Noch heute kursieren Schauergeschichten darüber, was in jener Zeit in den Kehlen landete. Einmal wurde der Tod von 30 sibirischen Waldarbeitern gemeldet.

Sie hatten Bremsflüssigkeit getrunken. Dennoch sei Gorbatschows Kampagne anfangs ein Erfolg gewesen, behaupten Chalturina und Korotajew. Zwischen 1984 und 1987 sei der Alkoholkonsum um 27 Prozent gesunken. Auch heute könnten drastische Maßnahmen helfen.

Regulär soll Wladimir Tscherwotschkin 2007 aus dem Gefängnis entlassen werden. Dann wünscht er sich ein "normales Leben". Die neuen Alkoholgesetze müssten dann schon in Kraft sein.
Das Leben ist hart in Russland, vorallem in Grosstädten und in extrem kalten Regionen in dennen man vielleicht nur 1 Monat "angenehme" Temperaturen hat. Das kann aufs Gemüt schlagen, viele Menschen ertragen das halt nur mit dem Alkohol. Schlimm ist auch, dass das Vodka selbst keinen eigenen Geschmack hat, auf jeden Fall nicht so wie Kirsch-Zwetschgen oder Apfelschnaps. Da denkt man, dass es nicht soviel ausmacht, wenn man das Zeug literweise runterschüttet. Es klingt jetzt vielleicht weit hergeholt aber das Klima macht vieles aus, natürlich gibt es in Südrussland auch tolle und warme Landschaft und da sind die Menschen auch glücklich aber das Klima kann den Menschen und auch sein Verstand stark beeinflussen. Naja eine Misere, aus der das Russische Volk nicht soleicht rauskommen kann, ich wünsche es ihnen auf jeden Fall.
 
Alltag in Russland. Die Jugend weiß auch nicht wohin mit sich. Saufen, kiffen, fahren mit der Bahn außerhalb vom Zug, klettern überall hoch. Jedes Auto hat ne Kamera, weil die Bprger sich gegenseitig bescheissen.

Echt furchtbare Mentalität.
 
Alltag in Russland. Die Jugend weiß auch nicht wohin mit sich. Saufen, kiffen, fahren mit der Bahn außerhalb vom Zug, klettern überall hoch. Jedes Auto hat ne Kamera, weil die Bprger sich gegenseitig bescheissen.

Echt furchtbare Mentalität.
vielleicht erbarmst du dich der situation da drüben und hältst seminare, in denen du mitteleuropäische werte vermittelst?
 
In Russland ist die Anzahl der Raucher und Trinker rückläufig

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In Russland hat sich die Anzahl der Raucher und Trinker in den letzten Jahren verringert. Die russische Statistikbehörde veröffentlichte nun Zahlen für die Jahre 2008 – 2013.

Für den Zeitraum 2008 – 2013 hat sich die Anzahl der Raucher von 33,7 Prozent der Bevölkerung auf 28,3 Prozent verringert. Die Anzahl der Nichtraucher unter den Jugendlichen im Alter ab 15 Jahren hat sich im gleichen Zeitraum erhöht. Waren im Jahre 2011 noch 61,8 Prozent der Jugendlichen Nichtraucher, so waren es im Jahre 2014 schon 63,5 Prozent.

Die Angaben von soziologischen Instituten sind etwas anders, aber auch mit positiver Tendenz. WZIOM spricht von einem Anteil der Raucher unter der Bevölkerung im Jahre 2009 von 41 Prozent und im Jahre 2013 von nur noch 34 Prozent.

Im Zeitraum 2008 – 2013 hat sich auch der mittlere Verbrauch von Alkohol pro Person von 16,2 Liter auf 11,6 Liter verringert. Die Todesfälle im Ergebnis von Alkoholmissbrauch sind 2014 ebenfalls auf 8,9 Personen pro 100.000 Einwohner gesunken (2013 waren es noch 9,7 Personen). Die Anzahl der Jugendlichen im Alter ab 15 Jahren die keinen Alkohol trinken, hat sich vergrößert. Im Jahre 2011 haben 38,2 Prozent keinen Alkohol getrunken, 2014 waren es schon 41,6 Prozent.


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In den oberen geposteten wird wohl absichtlich auf ältere statistiken zugegriffen.

"Die Lebenserwartung russischer Männer liegt nur bei knapp 60 Jahren"

So hoch lag sie genau im jahr 2006...
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn man kein Para mehr hat,dann trinkt man eben weniger mein lieber druck.Oder man lügt damit der Russe sich beleidigt fühlt und sagt " Wie die zahl der trinker ist weniger geworden?" :D

Emmm ja wie soll man eigentlich feststellen ob sich der Konsum von (Alkohol) verringert hat?
 
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