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Schatten über Kroatiens EU-Weg

Yutaka

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[FONT=Arial,Helvetica,sans-serif][FONT=Arial,Helvetica,sans-serif]Schatten über Kroatiens EU-Weg

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[FONT=Arial,Helvetica,sans-serif]Von Brüssel gelobt, hat Zagreb mit der Deindustrialisierung zu kämpfen[/FONT]

[/FONT][FONT=Arial,Helvetica,sans-serif]2005 beschloss der EU-Ministerrat, Beitrittsverhandlungen mit Kroatien aufzunehmen. Seither befindet sich das Land im so genannten Screening-Verfahren, das die 31 Kapitel des Acquis communautaire, des EU-Rechtsbestandes, auf die Legislative des Beitrittskandidaten übertragen soll. Nach zwei Jahren herrscht in Zagreb Euphorie. Die Gespräche gehen zügig voran, auch Weltbank und Währungsfonds sind zufrieden – und über die Schattenseiten wird der Mantel des Schweigens gelegt.

[/FONT][FONT=Arial,Helvetica,sans-serif] Die EU-Kommission zeigt sich zufrieden über den Kurs, den die kroatische Koalitionsregierung eingeschlagen hat: »Der politische Konsens über die Essenz der Wirtschaftspolitik konnte erreicht werden«, heißt es da im »Fortschrittsbericht 2006«. Was die Brüsseler Kommissare unter der Essenz des Wirtschaftens verstehen, liest sich so: »Stabilitätsorientierte makroökonomische Politik hat zu niedriger Inflation, stabilem Wechselkurs und einem leichten Wachstumsschub beigetragen.« Kroatiens Wirtschaft sei gut in die EU integriert. Im Wettlauf der Wachstumsraten lag man zwar im Vorjahr mit einem Plus von 4,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gegenüber 2005 knapp hinter den meisten EU-Neulingen (außer Ungarn), doch die Vorschau auf 2007 lässt die Frequenz von Ökonomencomputern höher schlagen.

»Unsere derzeitige Wachstumsrate von sieben Prozent im ersten Quartal ist hausgemacht«, erklärt die Wirtschaftswissenschaftlerin Valerija Botric vom »Ökonomischen Institut« in Zagreb nicht ohne Skepsis. Denn ihr wäre ein exportinduziertes Wachstum lieber. Privater Konsum und Regierungsinvestitionen in die Infrastruktur treiben Kroatiens Wirtschaft zwar an. Doch kurbelt ersterer einen Kreditmarkt an, der ausschließlich durch ausländische Banken bedient wird, und endet bei fehlenden adäquaten Einkommensmöglichkeiten oft mit persönlichen Schicksalsschlägen. Die Staatsnachfrage im Bausektor freut derweil die großen österreichischen und italienischen Straßenbauer, trägt aber ad hoc zu einem Defizit des Staatshaushaltes bei.

Am fehlenden Export liest sich der entscheidende Strukturdefekt der kroatischen Wirtschaft: Das Land steht so gut wie ohne nennenswerte Industrie da, nimmt man die sechs Werften aus, von denen fünf immense Verluste schreiben und zu den größten Sorgenkindern des »Screening-Verfahrens« gehören. Die Desintegration Jugoslawiens, der »Heimatkrieg« und Tudjmans spezifische Art der Privatisierung haben Kroatien deindustrialisiert. Indiziert man das Jahr 1990 mit 100, dann steht 2006 die Industrieproduktion bei 85! Wer sich erinnert, dass die 1980er Jahre als großes Krisenjahrzehnt des südslawischen Staatenbundes galten, kann sich ein Bild von der Größenordnung der industriellen Wüstungen machen. In Lebensschicksalen gerechnet: Waren es 1990 noch 561 000 Männer und Frauen, die auf dem Gebiet Kroatiens einer industriellen Beschäftigung nachgegangen sind, nennt die Statistik für das Jahr 2006 nunmehr 284 000 Arbeiter und Arbeiterinnen.

Viele Metall- und Chemie-Kombinate haben ihre Pforten geschlossen. Im ehemaligen Vorzeigebetrieb »Borovo» im gleichnamigen Ort etwa ging mit dem Bruderkrieg zwischen Kroaten und Serben im Jahr 1991 eine 60 Jahre dauernde Industriegeschichte zu Ende. 1931 wurden hier, zehn Kilometer außerhalb von Vukovar, Fabriken und Wohnhäuser vom tschechoslowakischen Fabrikanten Tomas Bat'a planmäßig auf die grüne Wiese gesetzt. Nach seiner Nationalisierung unter den jugoslawischen Kommunisten beschäftigte das Schuh- und Gummiwerk Ende der 1980er Jahre 22 000 Menschen, bis zu 8000 von ihnen lebten direkt in Borovo selo, viele davon in britisch anmutenden Backsteingebäuden für zwei oder vier Familien mit quadratischen Grundrissen.

Heute liegen die meisten Fabrikgebäude und viele Wohnblocks von Borovo in Schutt und Asche. Zwischen den zerbombten Fabrikhallen werken noch 500 Arbeiter unter kroatisch-staatlicher Ägide. Die Bat'aschen Wohnblocks werden da und dort wieder renoviert. Drei Viertel der Bewohner sind allerdings nach dem großen Morden nicht mehr zurückgekehrt. Arbeit gibt es hier keine mehr.
Dem Problem der Arbeitslosigkeit begegnen die einzelnen Akteure der kroatischen Politik unterschiedlich. Sinkende Raten in den Jahren 2006 und 2007 geben einen falschen Eindruck. Denn zum einen ist der Rückgang auf die von der EU ausgegebene neue Berechnungsgrundlage zurückzuführen. Heimische Institute berechnen den Anteil an sämtlichen Erwerbstätigen und damit 16,6 Prozent Arbeitslose für das Jahr 2006, während Brüssel »nur« auf 11,1 Prozent kommt, weil man allein die Unselbstständigen als Bezugsgröße heranzieht. Seit 1991 schied eine halbe Million Kroaten aus dem Arbeitsprozess aus, damit steht das Land 2007 an letzter Stelle in der EU-Liste der Beschäftigungsraten.

Die Lissaboner Vorgaben, wonach eine gesunde Marktwirtschaft im weltweiten kapitalistischen Wettbewerb 70 Prozent ihrer arbeitsfähigen Menschen im Alter zwischen 15 und 64 beschäftigt sehen sollte, erfüllt Kroatien mitnichten. Hier sind es nur 54,7 Prozent, die einer bezahlten Arbeit nachgehen. Für die Weltbank Grund genug, mahnend den Zeigefinger zu erheben und die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes einzufordern. Die Regierung ist diesem Ansinnen bereits im Jahre 2003 mit einem neuen Arbeitsgesetz nachgekommen. Ein guter Teil der Kriegsgeneration hat sich freilich schon zuvor in die Frührente verabschiedet, deren generöse Auslegung Franjo Tudjman als eine spezifische Form der Sozialpolitik betrieben hatte.
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[FONT=Arial,Helvetica,sans-serif][FONT=Arial,Helvetica,sans-serif]Schatten über Kroatiens EU-Weg[/FONT]

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[FONT=Arial,Helvetica,sans-serif]»Unsere derzeitige Wachstumsrate von sieben Prozent im ersten Quartal ist hausgemacht«, erklärt die Wirtschaftswissenschaftlerin Valerija Botric vom »Ökonomischen Institut« in Zagreb nicht ohne Skepsis. Denn ihr wäre ein exportinduziertes Wachstum lieber. Privater Konsum und Regierungsinvestitionen in die Infrastruktur treiben Kroatiens Wirtschaft zwar an. Doch kurbelt ersterer einen Kreditmarkt an, der ausschließlich durch ausländische Banken bedient wird, und endet bei fehlenden adäquaten Einkommensmöglichkeiten oft mit persönlichen Schicksalsschlägen. Die Staatsnachfrage im Bausektor freut derweil die großen österreichischen und italienischen Straßenbauer, trägt aber ad hoc zu einem Defizit des Staatshaushaltes bei. [/FONT]

diese aussage ist der springende punkt.

schön zu sehen, dass es doch einige gibt die nichts totschweigen.
gelingt es dieses problem zu lösen, sieht's gut aus. wenn nicht, gibt's eines tages ein sehr böses erwachen.
nämlich genau dann, wenn die globale kredit-luftblase platzt - und die muss zwangsläufig irgendwann platzen!
 
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