Bazy
Boss der Bosse
Schweizer Jodler wider das "Jugopack"
18. September 2009
Ein Jodlerchor trat im Schweizer Fernsehen auf und jodelte rassistische Verse - Die Entgleisung dürfte nur die Spitze des Eisbergs sein
"Sönd willkomm", steht ganz oben auf der Website der Gemeinde Urnäsch - und diesem "Willkommen" folgt eine Einladung: "Lernen Sie unser familienfreundliches Dorf näher kennen oder besuchen Sie Urnäsch am Fuße des Säntis." Doch in dem kleinen Ostschweizer Dorf im idyllischen Appenzellerland sind offenbar nicht alle Menschen gleich beliebt. Besucher, insbesondere wenn sie vom Balkan kommen, scheint man im idyllischen Dorf nicht so recht zu mögen.
Das konnten bereits Mitte August die Schweizer Fernsehzuschauer mitansehen, als sie die TV-Übertragung des "Schwingfests" auf der Schwägalp mitverfolgten. Schwingen ist ein urtümlicher und sehr volkstümlicher Schweizer Sport, dem Ringen nicht unähnlich. Insbesondere die "Bergfeste" auf dem Brünig, der Rigi oder eben auf der Schwägalp in der Ostschweiz sind beim ländlichen Publikum äußerst populär und locken große Zuschauermengen an.
Zuseher empört
Zwischen den Kämpfen treten Fahnenschwinger, Alphornbläser und Jodler auf - Brauchtum pur. Doch der Auftritt des Jodlerchörlis Urnäsch sorgte für Wirbel. Denn die Sänger gaben nicht nur harmlose Volkslieder zum Besten, sondern auch einen plumpen rassistischen Vers: "Denn in der Bibel steht geschrieben, du sollst deine Feinde lieben: Damit ist gemeint der Schnupftabak und nicht das gottverdammte Jugo-Pack!" Empörte Fernsehzuschauer meldeten sich daraufhin beim Fernseh-Ombudsmann. Der Sportchef des Fernsehens bedauerte öffentlich die Entgleisung - und die eidgenössische Justiz prüft nun, nachdem die Wogen der Empörung auch über die Schweizer Grenzen hinwegschwappen, ob die Sänger nicht nur den falschen Ton getroffen, sondern auch das Anti-Rassismus-Gesetz verletzt haben.
Kein Einzelfall
Das Beispiel zeigt: Auch wenn die Gesetzgebung in der Schweiz rassistische Äußerungen in der Öffentlichkeit verbietet - rassistisches Gedankengut lässt sich nicht verbieten. Immer wieder bricht es durch, wie bei den (sich natürlich zu Unrecht gescholten fühlenden) Jodlern vom Schwingfest. Und auch wenn das Schweizer Ausländergesetz Integration von Ausländern als Ziel nennt, gibt es weiterhin die alltägliche und subtile Diskriminierung der ausländischen Mitbürger auf dem Arbeitsmarkt oder bei der Wohnungssuche.
Denn der Jodlerskandal stellt nur die weithin sicht- oder vielmehr hörbare Spitze eines Eisberges dar: Es kommt vor, dass Ausländer höhere Haftpflichtprämien bei der Motorfahrzeugversicherung bezahlen müssen als Einheimische. Abends oder im Nachtleben kann es schon passieren, dass Angehörige bestimmter Nationen von Türstehern am Eintritt in die Disco gehindert werden. Und zu den "bevorzugten" Opfern solcher Diskriminierungen gehören "Jugos", Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien. 320.000 von ihnen leben in der Schweiz. Sie sind damit die größte Ausländergruppe.
Auch die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz mahnte am Dienstag: "Die im Schweizer Recht angewandten Bestimmungen sind augenscheinlich unzureichend, um diesen Formen der Diskriminierung zu begegnen." Zwar hätten die Schweizer Behörden in den letzten Jahren eine Reihe von Integrationsmaßnahmen ergriffen, doch genügten diese offensichtlich nicht. Als besonders bedenklich beurteilt die Kommission in der Schweiz die "gefährliche Polarisierung im politischen Diskurs": Insbesondere die stärkste Partei, die rechtskonservative Volkspartei SVP, habe "in den vergangenen Jahren einen rassistischen und fremdenfeindlichen Ton angenommen".
18. September 2009
Ein Jodlerchor trat im Schweizer Fernsehen auf und jodelte rassistische Verse - Die Entgleisung dürfte nur die Spitze des Eisbergs sein
"Sönd willkomm", steht ganz oben auf der Website der Gemeinde Urnäsch - und diesem "Willkommen" folgt eine Einladung: "Lernen Sie unser familienfreundliches Dorf näher kennen oder besuchen Sie Urnäsch am Fuße des Säntis." Doch in dem kleinen Ostschweizer Dorf im idyllischen Appenzellerland sind offenbar nicht alle Menschen gleich beliebt. Besucher, insbesondere wenn sie vom Balkan kommen, scheint man im idyllischen Dorf nicht so recht zu mögen.
Das konnten bereits Mitte August die Schweizer Fernsehzuschauer mitansehen, als sie die TV-Übertragung des "Schwingfests" auf der Schwägalp mitverfolgten. Schwingen ist ein urtümlicher und sehr volkstümlicher Schweizer Sport, dem Ringen nicht unähnlich. Insbesondere die "Bergfeste" auf dem Brünig, der Rigi oder eben auf der Schwägalp in der Ostschweiz sind beim ländlichen Publikum äußerst populär und locken große Zuschauermengen an.
Zuseher empört
Zwischen den Kämpfen treten Fahnenschwinger, Alphornbläser und Jodler auf - Brauchtum pur. Doch der Auftritt des Jodlerchörlis Urnäsch sorgte für Wirbel. Denn die Sänger gaben nicht nur harmlose Volkslieder zum Besten, sondern auch einen plumpen rassistischen Vers: "Denn in der Bibel steht geschrieben, du sollst deine Feinde lieben: Damit ist gemeint der Schnupftabak und nicht das gottverdammte Jugo-Pack!" Empörte Fernsehzuschauer meldeten sich daraufhin beim Fernseh-Ombudsmann. Der Sportchef des Fernsehens bedauerte öffentlich die Entgleisung - und die eidgenössische Justiz prüft nun, nachdem die Wogen der Empörung auch über die Schweizer Grenzen hinwegschwappen, ob die Sänger nicht nur den falschen Ton getroffen, sondern auch das Anti-Rassismus-Gesetz verletzt haben.
Kein Einzelfall
Das Beispiel zeigt: Auch wenn die Gesetzgebung in der Schweiz rassistische Äußerungen in der Öffentlichkeit verbietet - rassistisches Gedankengut lässt sich nicht verbieten. Immer wieder bricht es durch, wie bei den (sich natürlich zu Unrecht gescholten fühlenden) Jodlern vom Schwingfest. Und auch wenn das Schweizer Ausländergesetz Integration von Ausländern als Ziel nennt, gibt es weiterhin die alltägliche und subtile Diskriminierung der ausländischen Mitbürger auf dem Arbeitsmarkt oder bei der Wohnungssuche.
Denn der Jodlerskandal stellt nur die weithin sicht- oder vielmehr hörbare Spitze eines Eisberges dar: Es kommt vor, dass Ausländer höhere Haftpflichtprämien bei der Motorfahrzeugversicherung bezahlen müssen als Einheimische. Abends oder im Nachtleben kann es schon passieren, dass Angehörige bestimmter Nationen von Türstehern am Eintritt in die Disco gehindert werden. Und zu den "bevorzugten" Opfern solcher Diskriminierungen gehören "Jugos", Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien. 320.000 von ihnen leben in der Schweiz. Sie sind damit die größte Ausländergruppe.
Auch die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz mahnte am Dienstag: "Die im Schweizer Recht angewandten Bestimmungen sind augenscheinlich unzureichend, um diesen Formen der Diskriminierung zu begegnen." Zwar hätten die Schweizer Behörden in den letzten Jahren eine Reihe von Integrationsmaßnahmen ergriffen, doch genügten diese offensichtlich nicht. Als besonders bedenklich beurteilt die Kommission in der Schweiz die "gefährliche Polarisierung im politischen Diskurs": Insbesondere die stärkste Partei, die rechtskonservative Volkspartei SVP, habe "in den vergangenen Jahren einen rassistischen und fremdenfeindlichen Ton angenommen".