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Serbien - älteste Kupfergegenstände der Welt gefunden

DZEKO

Besa Bese
Archäologen rätseln über 7000 Jahre alte Kupferfunde

Forscher haben in Serbien die ältesten Kupfergegenstände der Welt gefunden. Vor gut 7000 Jahren lebten auf dem Balkan äußerst reiche Händler. Sie geben den Archäologen Rätsel auf: Warum begann die Kupferzeit dort so früh - und wieso fand sie ein abruptes Ende?

Im 5. Jahrtausend vor Christus war noch nicht sonderlich viel los in Europa. Nach und nach freundeten sich die Menschen auf dem Kontinent mit der neuen Idee des Ackerbaus an, die Fremde aus dem Osten mitgebracht hatten. Von Großbauprojekten wie Megalithkreisen war man noch weit entfernt. Langsam wuchs die Zahl der Menschen auf der Welt von fünf auf sieben Millionen.

Doch weit im Südosten Europas, in der Nähe des heutigen serbischen Dorfs Plochnik, gab es vor rund sieben Jahrtausenden schon eine Großstadt. Ihre Bewohner lebten in dicht aneinandergedrängten Hütten - und gossen Kupfer zu Schmuck, Werkzeugen und Waffen. Diese überraschende Erkenntnis haben Archäologen jetzt gewonnen.

Bis zu 7300 Jahre alt sind die frühesten Stücke, die sie in der Siedlung gefunden haben. Rund acht Jahrhunderte älter als alle Kupfergegenstände, die bisher auf der Welt gefunden wurden.

Bisher gingen viele Forscher davon aus, dass die Metallgewinnung und -verarbeitung in Nordmesopotamien erfunden wurde und sich von dort gen Osten ausbreitete. Doch die neuen Funde aus Plochnik erzählen eine andere Geschichte. Sie waren auch nicht das Ergebnis von Experimenten. Die Menschen vom Balkan wussten ziemlich genau, wie sie aus kupferhaltiger Erde Schmuck, Werkzeuge und Waffen herstellen können.

Veilchen verraten, wo das Kupfer liegt

"Der Boden um Plochnik ist reich an Kupfer, das reine Metall lagert oft direkt an der Oberfläche", sagt Raiko Krauß, Archäologe und Kupferzeitspezialist von der Universität Tübingen. Ideale Bedingungen also zum Experimentieren.

Überall blühen die sogenannten Kupferveilchen. "Die sind mit den Alpenveilchen verwandt, die wir in Deutschland in Blumentöpfen kennen", sagt Krauß. "Allerdings wachsen sie nur auf stark kupferhaltigem Boden. Dort, wo es anderen Pflanzen zu giftig ist, blühen sie in weiten Teppichen - und zeigen so an, wo das Kupfer liegt."

Schon in der Jungsteinzeit sammelten die Menschen die schönen Steine auf. Malachit zum Beispiel. Das grünschimmernde Mineral gehört zur Klasse der Karbonate. Kupfergehalt: rund 57 Prozent. Unsere Vorfahren experimentierten mit den verschiedenen Steinen über dem Feuer. Von dort aus war es nur noch ein kleiner Schritt vom Schmuck zu praktischeren Gegenständen.

In Plochnik fanden die Ausgräber Beile aus Kupfer. Und Waffen: Äxte und Keulenköpfe. Mit ihnen begann eine neue Ära. Die Steinzeit war vorbei, die Kupferzeit hatte begonnen.

Plochnik war nicht das einzige urbane Zentrum auf dem Balkan. An der Schwarzmeerküste im heutigen Bulgarien lag nur etwas später ebenfalls eine florierende Großstadt, ganz in der Nähe des heutigen Varna. Archäologen haben den Friedhof dieser Siedlung gefunden. Die Gräber waren voller Schätze: Schmuck - vor allem aus Gold, aber auch aus Kupfer -, Muscheln aus der Ägäis und Werkzeuge aus Steinsorten, die von weit her kamen.

Reich und vernetzt

Aus einem Grab bargen die Ausgräber 1,516 Kilogramm Goldschmuck. Das ist mehr Gold, als im gesamten Rest der Welt von diesem Edelmetall aus dieser Epoche gefunden wurde. Die Einwohner von Varna waren aber nicht nur reich. Offenbar unterhielten sie auch ein weitreichendes Handelsnetzwerk.

Mit den Funden von Plochnik wird das Bild dieses Netzwerks klarer: Auf der einen Seite lagen die Siedlungen des Balkans, auf der anderen saßen die Metallschmiede von Nordmesopotamien. "Im 5. Jahrtausend vor Christus lebten auch dort die Menschen in komplexen Zentralsiedlungen mit bis zu tausend Einwohnern", sagt Krauß. Sie erfanden einen neuen Töpferofen mit zwei Kammern, der sich hervorragend für die Metallgewinnung eignete. "Es ist stark zu vermuten, dass es Verbindungen zwischen dem Balkan und Nordmesopotamien gab."

Doch noch fehlen riesige Puzzlesteine in der Mitte. Zwischen dem Balkan und Nordmesopotamien liegt die unendliche Weite Anatoliens. Archäologisch gesehen sind diese dünn besiedelten Gebiete Niemandsland. "Anatolien ist die große Unbekannte", sagt Krauß.

Der Beginn der Kupferzeit wird wohl noch lange ein Rätsel bleiben. Denn es fehlen die Gelder, um entsprechende Grabungen in abgelegenen Regionen zu beginnen. Für eine Zusammenarbeit zwischen dem Balkan, Anatolien, dem heutigen Syrien und Iran müssen außerdem Sprachbarrieren überwunden werden.

Ein gewaltiges Feuer zerstörte die florierende Stadt

Um schon mal einen Eindruck davon zu vermitteln, wie das Leben im kupferzeitlichen Plochnik aussah, hat Ausgräberin Julka Kuzmanovic-Cvetkovic eine Modenschau mit Kleidung initiiert, wie sie die Menschen dort vor 7500 Jahren getragen haben. Die Kleidungsstücke kennt man von kleinen Tonstatuetten - Miniröcke und lange Wollumhänge waren damals en vogue. Außerdem kämmte man das Haar zu feinen Frisuren und schmückte sich mit Halsketten.

Das Ende von Plochnik allerdings war unschön. Ein gewaltiges Feuer wütete um 5000 vor Christus in der Stadt. Die Erde verkohlte, die Häuser stürzten ein und begruben alle Habseligkeiten der Einwohner unter ihren Mauern. Als die Flammen erstarben, existierte die Stadt nicht mehr.

Das Ausmaß der Zerstörung war gewaltig. Niemand kehrte wieder zurück, um den Platz wieder für sich zu beanspruchen.

Auch die Kupferzeit hatte ein Ende, und ihr Schluss ist ebenso mysteriös wie ihr Anfang. Sämtliche urbane Hochburgen wurden aufgegeben. Keiner befeuerte mehr die Öfen, niemand formte mehr Schmuck oder Werkzeug aus den Bodenschätzen. Das Wissen der Vorfahren geriet in Vergessenheit.

"In einem Zeitraum von nur 100 bis 200 Jahren endete auf dem gesamten Balkan die Kupferzeit", sagt Krauß. Danach herrschte große Stille. Fast tausend Jahre lang - bis die Menschen begannen, die Bronze für sich zu entdecken. Wobei das Loch zwischen Kupfer- und Bronzezeit riesig ist.

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Rekonstruktion von Grab 43 des kupferzeitlichen Gräberfeldes von Varna im Museum Varna: Es handelt sich um eine der reichsten Bestattungen des Fundplatzes. Bemerkenswert ist auch die mehr als 50 Zentimeter lange Feuersteinklinge, die wie ein Schwert an der rechten Seite des Mannes liegt. Die Klinge war als solche aber nicht benutzbar, da sie schon bei kleinster Belastung zerbrochen wäre. Es ist ein reines Prestigeobjekt, das aber die Fertigkeit der damaligen Handwerker vor Augen führt.


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Eine Auswahl der Kupfergeräte aus dem Gräberfeld von Varna: An der Schwarzmeerküste im heutigen Bulgarien lag nur eine florierende Großstadt, ganz in der Nähe des heutigen Varna. Archäologen haben den Friedhof dieser Siedlung gefunden. Die Gräber waren voller Schätze: Schmuck - vor allem aus Gold, aber auch aus Kupfer, Muscheln aus der Ägäis und Werkzeuge aus Steinsorten, die von weit her kamen.


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Funde aus Komplex I von Varna: Die Materialien wurden zufällig bei Bauarbeiten gefunden und führten zur Entdeckung des bedeutenden Fundplatzes.

Balkan: Archäologen rätseln über 7000 Jahre alte Kupferfunde - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Wissenschaft
 
Zuletzt bearbeitet:
Hat man den irgendwelche Inschriften gefunden?
Das Grab war sicher das eines mächtigen Herrschers.
 
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